Urteil des OLG Brandenburg vom 02.04.2017

OLG Brandenburg: stufenklage, arbeitsstelle, quelle, sammlung, link, abschlusszeugnis, unterhaltspflicht, berufsausbildung, betriebswirtschaft

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 WF 88/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1601 BGB, § 1610 BGB
Ausbildungsunterhalt: Notwendiger zeitlicher Zusammenhang
zwischen Abitur und Studium
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige
Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat mit zutreffenden
Erwägungen die Erfolgsaussichten für die angestrengte Stufenklage verneint. Soweit es
dabei zunächst um die Auskunftsstufe geht, ist zu beachten, dass der Antragstellerin
nach derzeitigem Stand kein Ausbildungsunterhaltsanspruch gemäß §§ 1601 ff., 1610
BGB zusteht, weshalb der Stufenklage insgesamt der Erfolg zu versagen ist.
1.
Zunächst ist zu beachten, dass ein ausreichender Vortrag der Antragstellerin dazu fehlt,
inwieweit sie nicht ihren Unterhaltsanspruch zumindest teilweise durch Inanspruchnahme
des Vaters ihres nichtehelichen Kindes decken konnte. Zu einem evtl. Anspruch aus §
1615 l Abs. 2 BGB hat sie insoweit nur vorgetragen, der Vater ihres nichtehelichen
Kindes sei mittellos und daher nicht in Anspruch zu nehmen. Soweit sie insoweit über
einen Titel verfügt, hat sie aber nicht zu den einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen
Stellung genommen, weshalb nicht im Einzelnen überprüft werden kann, inwieweit sie
sich tatsächlich ausreichend um die Inanspruchnahme bemüht hat. Dabei ist zu
beachten, dass die Verpflichtung des Vaters des nichtehelichen Kindes der Verpflichtung
der Verwandten der Kindesmutter vorgeht, § 1615 l Abs. 3 Satz 2 BGB.
Letztendlich mag dies aber auf Grund der nachfolgenden Erwägungen dahinstehen.
2.
Ein Ausbildungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin kann nicht mehr festgestellt
werden. Die Antragstellerin hat ihren Ausbildungsweg nicht mit der gebotenen
Zielstrebigkeit beschritten, weshalb insoweit ihr Anspruch entfallen ist.
a.
Soweit ihr ein Anspruch auf eine Gesamtausbildung zusteht ist zu beachten, dass die
Antragstellerin hier der grundlegenden Konstellation "Abitur - Lehre - Studium" unterfüllt.
Bei derartigen Ausbildungswegen muss ein enger sachlicher und zeitlicher
Zusammenhang zwischen den einzelnen Stadien bestehen (grundlegend BGH, FamRZ
1989, 853, 854). Es gehört zu den schützendwerten Belangen des Unterhaltspflichtigen,
sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die
Unterhaltslast dauern wird. Insoweit kommt eine Unterhaltspflicht umso weniger in
Betracht, je älter der Ausbildende bei Abschluss seiner Berufsausbildung ist (BGH,
FamRZ 1998, 671, 672 linke Spalte).
Hier ist zu bedenken, dass die Antragstellerin unter Beachtung des im Jahre 2000 mit
dem Antragsgegner geschlossenen Vergleiches gehalten war, den Antragsgegner
möglichst frühzeitig über ihre weiteren Pläne zu informieren. Ein substantiiertes
Vorbringen hierzu fehlt.
b.
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I. Ü. kann zwar der sachliche Zusammenhang zwischen den einzelnen
Ausbildungsabschnitten hier nicht ohne weiteres verneint werden, da die Ausbildung zur
Informatikkauffrau noch im Zusammenhang mit dem sodann aufgenommenen Studium
der Betriebswirtschaft steht. Es fehlt aber der notwendige zeitliche Zusammenhang.
Dabei ist zu beachten, dass das Studium zum einem möglichst frühen Zeitpunkt
begonnen werden muss (BGH, FamRZ 1990, 149, 150). Insoweit ist der Vortrag der
Antragstellerin bereits widersprüchlich und daher unbeachtlich. Ursprünglich hat sie
behauptet, nach dem Abschluss der theoretischen Fachhochschulreife im Juli 2004 die
Anmeldung zum Wintersemester (gemeint ist 2004) des Betriebswirtschaftsstudiums
deswegen nicht vornehmen zu können, weil ihr das Abschlusszeugnis nicht ausgehändigt
worden sei. Nachfolgend hat sie sich darauf nicht mehr bezogen und vielmehr dazu
vorgetragen, sich um einen Arbeitsplatz bemüht und Bewerbungen geschrieben zu
haben, was aber nicht von Erfolg gekrönt gewesen sei. Insoweit ist ihr Vorbringen bereits
nicht widerspruchsfrei. Im Übrigen ist, legt man den letztgenannten Vortrag zu Grunde,
zu beachten, dass es gerade dann an der notwendigen Zielstrebigkeit, die auch für den
engen zeitlichen Zusammenhang von Erforderlichkeit ist, fehlt. Arbeitet das Kind
zunächst im erlernten Beruf, entfällt ein weiterer Unterhaltsanspruch für ein nachfolgend
aufgenommenes Studium (BGH, NJW 1994, 2362, 2363). Nichts anderes gilt, wenn das
volljährige Kind den Willen zur Arbeit im erlernten Beruf hat und daran nur gehindert wird,
weil es - gleich aus welchen Gründen - keine Arbeitsstelle findet. Nimmt es dann später
ein Studium auf, so kann im Regelfall ein enger zeitlicher Zusammenhang nicht
festgestellt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies für einen länger andauernden
Zeitraum festzustellen ist. Die Grenze wird etwa bei einem Jahr liegen, kann aber auch
bereits zuvor feststellbar sein (allgemein dazu BGH, NJW-RR 1989, 1156). Da hier bis zur
Aufnahme des Studiums etwa ein Jahr und zwei Monate liegen, ist der zeitliche
Zusammenhang nicht mehr gegeben.
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