Urteil des OLG Brandenburg vom 11.12.2007
OLG Brandenburg: zwangsvollstreckung, schenkung, rechtsschutzversicherung, widerruf, wider besseres wissen, schenker, zahlungsaufforderung, rückzahlung, herausgabe, durchsuchung
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 5/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 530 Abs 1 BGB, § 532 BGB
Widerruf einer Schenkung: Zwangsvollstreckung gegen den
Schenker als grober Undank; Jahresfrist als Einwendung
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom
11.12.2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die 88-jährige, in einem Seniorenwohnheim lebende Klägerin nimmt ihren Enkel, den
Beklagten, nach Widerruf erfolgter Schenkungen wegen groben Undanks auf
Rückzahlung überlassener Geldbeträge in Anspruch.
Die Klägerin übertrug dem Beklagten im Jahr 1992 im Rahmen einer Schenkung ein
Guthaben auf einem Konto bei der …-Bank G. in Höhe von 38.000,00 DM. Außerdem
übertrug sie dem Beklagten im Jahr 1993 mit notariellem Vertrag schenkweise ein
Grundstück in B. im Wert von etwa 85.000,00 DM, welches der Beklagte, der im Jahr
1997 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden war, im Jahr 1998 für 85.000,00
DM veräußerte.
In einem Rechtsstreit gleichen Rubrums vor dem Landgericht Landshut zum
Aktenzeichen 43 O 919/03 begehrte die Klägerin wegen Nichtvollziehung einer Auflage
und Verarmung von dem Beklagten die Zahlung des von diesem erzielten
Verkaufserlöses für das Grundstück in B.. Die Klage wurde sowohl durch das Landgericht
(Urteil vom 27.03.2005, Bl. 133 ff. der BA zum Az. 43 O 919/03 – LG Landshut) als auch
in der zweiten Instanz durch das Oberlandesgericht München (Urteil vom 22.12.2005 –
20 U 3557/05, Bl. 197 ff. der BA zum Az. 43 O 919/03 – LG Landshut) abgewiesen.
Nachfolgend betrieb der Beklagte aus den im vorbezeichneten Rechtsstreit ergangenen
Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Landshut vom 29.06.2005 über einen
Betrag in Höhe von 3.412,72 € nebst Zinsen und vom 03.03.2006 über einen Betrag in
Höhe von 3.262,15 € nebst Zinsen die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin wegen
der von ihr zu erstattenden und von der Rechtsschutzversicherung des Beklagten
verauslagten Kosten, nachdem die Klägerin dem Beklagten zuvor mit Schreiben ihres
Prozessbevollmächtigten vom 12.07.2005 und vom 22.03.2006 mitgeteilt hatte, wegen
Vermögenslosigkeit zu einer Begleichung der festgesetzten Kosten nicht in der Lage zu
sein. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung erließ das Amtsgericht München auf Antrag
des Klägervertreters am 23.05.2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Bl. 1
ff. der BA zum Az. 1537 M 18704/06 – AG München). Mit Beschluss vom 07.09.2006
setzte das Amtsgericht München den pfandfreien Betrag hinsichtlich des Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses vom 23.05.2006 auf die Höhe des damaligen
Renteneinkommens der Klägerin herauf, um ihr die Begleichung der Heimkosten zu
ermöglichen (Bl. 27 f. der BA zum Az. 1537 M 18704/06 – AG München).
Am 16.10.2006 erteilte der Beklagte der Obergerichtsvollzieherin T. einen
Vollstreckungsauftrag zur Herausgabe eines Sparbuches bezüglich des gepfändeten
Sparkontos Nr. 904-4188878, der zunächst erfolglos blieb. Der Beklagte erwirkte
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Sparkontos Nr. 904-4188878, der zunächst erfolglos blieb. Der Beklagte erwirkte
daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss bei dem Amtsgerichts Laufen vom
24.10.2006, welchen die Obergerichtsvollzieherin T. am 20.11.2006 vollstreckte, indem
sie das von der Klägerin bewohnte Zimmer im Altenheim B. öffnen ließ und durchsuchte.
Da auch diese Vollstreckungsmaßnahme erfolglos blieb, ließ der Beklagte die Klägerin
mit Schreiben vom 02.01.2007 unter Androhung des Erlasses eines Haftbefehls zur
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 11.01.2007 laden. In dem Termin erschien
die Klägerin und übergab der Gerichtsvollzieherin das Sparbuch mit einem Guthaben von
etwa 2.500,00 €.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Vorstand der
Rechtsschutzversicherung des Beklagten, die A. Allgemeine Rechtsschutz-
Versicherungs-AG, über die finanzielle Situation der Klägerin und ein weiteres Verfahren
gegen den Versicherungsnehmer in Kenntnis gesetzt hatte, unterrichtete die
Versicherung den Klägervertreter mit Schreiben vom 19.04.2007 (vgl. Bl. 64 GA)
darüber, dass sie aus Verständnis für die Klägerin und wegen der Absicht, den Ausgang
des weiteren Verfahren abzuwarten, die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gebeten
habe, die Zwangsvollstreckung einzustellen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich von dem Beklagten die Rückzahlung des diesem
schenkweise überlassenen Betrages auf einem Anlagekonto bei der …-Bank G. in Höhe
19.429,00 EUR und die Auszahlung des durch die Veräußerung des Grundstücks in B.
erzielten Erlöses in Höhe von 43.460,00 € begehrt. Mit einem Teil dieses Anspruches,
nämlich 7.302,00 €, hat die Klägerin die Aufrechnung gegen die Forderung des
Beklagten auf Erstattung der Kosten des vorangegangenen Rechtsstreits vor dem
Landgericht Landshut und dem Oberlandesgericht München aus den beiden
Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 29.05.2005 und vom 03.03.2006 erklärt. Der
erstinstanzlich geltend gemachte Gesamtforderungsbetrag belief sich somit auf
55.587,00 €. Zudem hat die Klägerin den Beklagten auf Herausgabe des Sparbuches in
Anspruch genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie sei inzwischen zu 100 %
schwerbehindert, schwerhörig, sehbehindert, gehbehindert, auf fremde Hilfe angewiesen
und vertrage nur glutenfreie Kost. Die Zwangsvollstreckung sei von dem Beklagten
persönlich und nicht von dessen Rechtsschutzversicherung betrieben worden. Diese
Zwangsvollstreckung sei vor dem Hintergrund der dem Beklagten zuvor geschenkten
Vermögenswerte und unter Berücksichtigung ihres Alters und ihres
Gesundheitszustandes, des ihr verbliebenen Vermögens sowie der Einkünfte und der
Vermögenssituation des Beklagten und der Tatsache, dass ihm durch den Vorprozess
kein Schaden entstanden sei, da seine Rechtsschutzversicherung die Prozesskosten
verauslagt habe, moralisch verwerflich und sittenwidrig gewesen. Da ihr für den
Vorprozess Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden sei und ihr
Prozessbevollmächtigter den Beklagten auf ihre Vermögenslosigkeit hingewiesen habe,
habe die Zwangsvollstreckung nicht der Befriedigung seiner Forderungen, sondern nur
dem Zweck gedient, sie seelisch zu belasten, so dass der Widerruf der Schenkungen
gerechtfertigt sei.
Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, nicht er, sondern die
Rechtsschutzversicherung habe die Zwangsvollstreckung aus den
Kostenfestsetzungsbeschlüssen betrieben. Die Durchsuchung sei auf Anregung der
Gerichtsvollzieherin erfolgt, da die Klägerin falsche Angaben zur pfändbaren Habe,
insbesondere dem Sparbuch, gemacht habe. An der Verhandlung vor dem
Oberlandesgericht München habe die Klägerin aktiv teilnehmen können und einen
rüstigen Eindruck gemacht. Ein moralisch verwerfliches Verhalten könne ihm nicht
vorgeworfen werden; letztlich sei die Zwangsvollstreckung allein auf das Verhalten der
Klägerin zurückzuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen
in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem am 11.12.2007 verkündeten Urteil abgewiesen
und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einleitung von
Vollstreckungsmaßnahmen keinen Grund für einen Widerruf der streitgegenständlichen
Schenkungen darstelle, da hierin keine schwere Verfehlung des Beklagten liege. Der
Beklagte habe mit der Zwangsvollstreckung nur von den ihm als obsiegender Partei
zustehenden Rechten Gebrauch gemacht. Davon seien selbst die Durchsuchung der
Räume der Klägerin und die Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung
umfasst, da diese als Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gesetzlich vorgesehen
seien. Es wäre zwar möglich und vielleicht auch wünschenswert gewesen, dass der
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seien. Es wäre zwar möglich und vielleicht auch wünschenswert gewesen, dass der
Beklagte aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung und der ihm zumindest
erkennbaren wirtschaftlichen Situation der Klägerin auf die Einleitung von
Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet hätte. Dies wäre jedoch – auch angesichts der
Tatsache, dass die Klägerin ihn mit dem Ausgangsprozess überzogen habe – nicht die
einzig richtige und moralisch zwingende Verfahrensweise gewesen. Hieran ändere auch
die Einschaltung der Rechtsschutzversicherung nichts, da der Beklagte selbst bei einem
Anspruchsübergang verpflichtet gewesen wäre, diese bei der Vollstreckung zu
unterstützen, um keine Rechtsnachteile zu erleiden. Dass der Beklagte der Klägerin mit
der Vollstreckung einen seelischen Schaden habe zufügen wollen, könne die Kammer
dagegen nicht erkennen.
Auch ein Anspruch auf Herausgabe des im Rahmen der berechtigten
Zwangsvollstreckung erlangten Sparbuches bestehe aus keinem rechtlichen
Gesichtspunkt.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter; die
Berufung wegen des erstinstanzlich abgewiesenen Herausgabeanspruchs hat sie im
Termin der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2008 zurückgenommen. Zudem macht
sie klageerweiternd gegen den Beklagten wegen des Widerrufs einer weiteren Schenkung
einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 20.451,00 € nebst Zinsen geltend.
Sie rügt, dass das Landgericht den vorgetragenen Sachverhalt in wesentlichen Punkten
nicht ausgeschöpft und das Gesamtverhalten des Beklagten nicht ausreichend
gewürdigt habe. Der Beklagte habe bei der Beauftragung der
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen keinerlei Ansprüche auf Erstattung der festgesetzten
Kosten gegen sie gehabt, da ihm die Rechtsschutzversicherung diese aufgrund ihrer
Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag erstattet habe und die Ansprüche aus den
Kostenfestsetzungsbeschlüssen gemäß § 67 VVG auf den Versicherer übergegangen
seien. Dies sei von dem Landgericht nicht berücksichtigt worden, welches auf diesen
Aspekt nur insoweit eingegangen sei, als es auf die Verpflichtung des Beklagten, die
Rechtsschutzversicherung bei der Vollstreckung zu unterstützen, verwiesen habe. Der
Beklagte habe seine Rechtsschutzversicherung bei der Vollstreckung jedoch nicht nur
unterstützt, sondern die Vollstreckung selbst betrieben und von der Versicherung hierfür
auf Bitten seines Prozessbevollmächtigten sogar Deckungsschutz erhalten. Zudem
gehe die Verpflichtung zur Unterstützung auf keinen Fall so weit, ohne jede Betrachtung
der Erfolgsaussichten und ungeachtet der persönlichen Umstände
Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Hätte der Beklagte dem
Versicherungsunternehmen ihre schlechte finanzielle Situation mitgeteilt, hätte die
Versicherung die mangelnden Erfolgsaussichten und die Mutwilligkeit der
Vollstreckungsversuche erkannt und für die beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahmen
keine Deckungszusage erteilt. Selbst wenn eine Vollstreckung durch den Versicherer
erfolgt wäre, hätte es dem Beklagten angesichts der hohen finanziellen Zuwendungen
oblegen, seine Versicherung zu bitten, in Anbetracht der persönlichen und
wirtschaftlichen Situation von der Vollstreckung gegen sie, also die Klägerin, abzusehen,
was diese ausweislich der Reaktion auf die Intervention ihres Prozessbevollmächtigten
auch getan hätte. In Anbetracht dieser Umstände könne eine schwere Verfehlung nicht
deshalb verneint werden, weil der Beklagte nur von ihm gesetzlich zustehenden Rechten
Gebrauch gemacht habe.
Das Landgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte sie ohne
jedes eigene wirtschaftliche Interesse und in Kenntnis ihrer Vermögenslosigkeit nicht nur
außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert, sondern einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss erwirkt habe, mit dem ihr die Möglichkeit jeglicher
Barabhebungen genommen worden sei, sowie nachfolgend eine Durchsuchung ihres
Appartements und eine Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Auftrag
gegeben und damit besonders schwerwiegend in ihr Leben eingegriffen habe.
Ferner habe die Kammer außer Acht gelassen, dass sie dem Beklagten innerhalb von
wenigen Jahren ganz erhebliche Werte habe zukommen lassen. Jedenfalls im Falle des
Sparguthabens und des Depotwertes, dessen Rückzahlung klageerweiternd geltend
gemacht werde, seien die Schenkungen mit der Auflage verbunden gewesen, die
Guthabenbeträge zu ihren Lebzeiten nicht für sich oder andere zu verwenden, sondern
sie erst nach ihrem Ableben gleichmäßig unter sich und den weiteren drei Enkeln zu
verteilen. Den hohen schenkweise überlassenen Vermögenswerten hätten Forderungen
aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen in verhältnismäßig geringer Höhe
gegenübergestanden, die das rigorose Vorgehen des Beklagten, dem sie, die Klägerin,
bei den Schenkungen ein hohes Vertrauen entgegengebracht habe, nicht zu
rechtfertigen vermochten.
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Ob der Beklagte von den einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen Kenntnis gehabt habe,
sei unerheblich, da er die Pfändung der Bankkonten und der Rente jedenfalls veranlasst
habe. Im Übrigen müsse sich der Beklagte das Verhalten seines
Prozessbevollmächtigten, den er mit der Vollstreckung beauftragt habe, zurechnen
lassen, zumal im Schriftsatz vom 04.04.2007 in dem vor dem Landgericht Landshut
geführten weiteren Rechtsstreit zwischen den Parteien (Az. 73 O 653/07) die
Beklagtenseite eingeräumt habe, dass der Beklagte zu den
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen „seinen Segen“ gegeben habe.
Bezüglich der Klageerweiterung trägt die Klägerin vor, sie habe dem Beklagten im Jahr
1992 den Gegenwert eines Depots im Wert von 40.000,00 DM (20.451,00 EUR)
geschenkt. Diesen Betrag fordere sie nunmehr ebenfalls zurück.
Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin die dem Beklagten gegenüber
gemachten Schenkungen, insbesondere die streitgegenständlichen, mit Schreiben vom
29.09.2008 (Anlage KK 8, Bl. 404 f. GA) erneut widerrufen. Den Widerruf begründete die
Klägerin mit den – aus ihrer Sicht – unwahren Ausführungen des Beklagten im Termin
zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2008 zu ihrem Gesundheitszustand und dessen
Vorbringen im vorliegenden Rechtsstreit. Insoweit wirft sie dem Beklagten und seinem
Prozessbevollmächtigten vor, im Rechtsstreit wider besseres Wissen vorgetragen zu
haben, um sich der drohenden Zahlungspflicht aufgrund des bereits erklärten Widerrufs
zu entziehen.
Nach der teilweisen Rücknahme der Berufung im Hinblick auf den vom Landgericht
abgewiesenen Herausgabeanspruch beantragt die Klägerin,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 11.12.2007 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin – unter Erweiterung der Klage um 20.451,00 € –
insgesamt 76.038,00 € nebst Zinsen aus 55.587,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2007 sowie aus 20.451,00 € in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich auf die Entscheidungen des
Landgerichts Landshut vom 12.06.2007 (Az. 73 O 653/07) und des Oberlandesgerichts
München vom 01.08.2007 (Az. 20 W 2035/07), in denen übereinstimmend festgestellt
worden sei, dass die Vollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüsse kein
sittenwidriges Verhalten darstelle, welches zum Widerruf der Schenkung berechtige. Der
Einwand der Klägerin, er habe wegen der Zahlungen der Rechtsschutzversicherung aus
den Kostenfestsetzungsbeschlüssen keine Ansprüche gegen die Klägerin besessen, sei
nicht zutreffend. Auch sei seine Rechtsschutzversicherung bei der Deckungszusage für
die Vollstreckung über die finanzielle Lage der Klägerin informiert gewesen. Dem von der
Klägerin vorgelegten Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 19.04.2007 liege –
unstreitig – ein direkt an den Vorstand der Versicherung gerichtetes Schreiben des
Klägervertreters zugrunde; dieser habe auch mit der Presse, konkret der M., Kontakt
aufgenommen, in der eine Berichterstattung erfolgt sei. Ihn selbst habe die Klägerin
hingegen zu keinem Zeitpunkt gebeten, von den Vollstreckungsmaßnahmen Abstand zu
nehmen.
Die Zwangsvollstreckung sei durch die entsprechende Zwangsvollstreckungsabteilung
der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten durchgeführt worden, die einzelnen
Maßnahmen seien mit ihm nicht abgestimmt gewesen und ihm auch nicht Kenntnis
gebracht worden. Vielmehr sei etwa die Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses
auf Vorschlag der Gerichtsvollzieherin erfolgt. Diese und die weiteren
Vollstreckungsmaßnahmen wären im Übrigen allein aufgrund des Verhaltens der
Klägerin geboten und erforderlich gewesen, da diese fehlerhafte Angaben zur
vollstreckbaren Habe getätigt habe.
Das ihm übertragene Grundstück in B. habe er in Abstimmung mit der Klägerin
veräußert habe, um den Verkaufserlös zur Finanzierung einer Immobilienerwerbs in Be.
zu nutzen. Es sei beabsichtigt gewesen, der Klägerin in dem Haus in Be. eine Wohnung
als Altersruhesitz einzurichten; die von der Klägerin zu entrichtende Miete habe der
Finanzierung des Kaufpreises dienen sollen. Die Klägerin sei jedoch schon nach wenigen
Wochen wieder ausgezogen, was ihn, also den Beklagten, in erhebliche Schwierigkeiten
bei der Finanzierung der Immobilie gebracht habe. Ab Ende 1997 hätten sich die
Beziehungen der Parteien dann verschlechtert, der Kontakt sei abgebrochen. Die
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Beziehungen der Parteien dann verschlechtert, der Kontakt sei abgebrochen. Die
Klägerin habe in der Folgezeit seinen Bruder A. B. zu überreden versucht, als Zeuge
auszusagen, dass einige der ihm, dem Beklagten, überlassenen Geldbeträge nicht
schenkweise übergeben worden seien, was dieser in Kenntnis des wahren Sachverhalts
jedoch abgelehnt habe. Die Klägerin habe ihn, den Beklagten, daraufhin mit
Strafanzeigen überzogen; die Ermittlungsverfahren seien jedoch eingestellt worden.
Hinsichtlich der Klageerweiterung verweigert der Beklagte seine Zustimmung und trägt
vor, dass diese auch nicht sachdienlich sei, da die Klägerin insoweit neue Tatsachen
vortrage, die nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen seien. Im Übrigen bestreitet er,
im Jahr 1992 den Gegenwert eines Depots im Wert von 40.000,00 DM von der Klägerin
geschenkt bekommen zu haben.
Der Senat hat zu dem Termin der mündlichen Verhandlung am 27.08.2008 die Akten zu
den Az. 44 O 2157/02 – LG Landshut, 43 O 919/03 – LG Landshut, 73 O 633/07 – LG
Landshut, 1537 M 18704/06 – AG München, 2 M 1429/06 – AG Laufen und 1 DR II
1279/06 der Obergerichtsvollzieherin J. T. beigezogen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg; die Klageerweiterung im
Berufungsverfahren ist dagegen bereits unzulässig.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung von
55.587,00 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 818, 530 Abs. 1, 531 BGB bezüglich des
von ihr dem Beklagten im Wege der Schenkung überlassenen Guthabens auf einem
Konto bei der …-Bank G. in Höhe von 38.000,00 DM und des ebenfalls schenkweise
übertragenen Grundstücks in B..
Die Voraussetzungen für einen Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks sind
nicht gegeben.
Nach der Vorschrift des § 530 Abs. 1 BGB kann der Schenker eine Schenkung
widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem
Schenker oder einem nahen Angehörigen des Schenkers des groben Undanks schuldig
gemacht hat. Eine schwere Verfehlung setzt nach der Rechtsprechung des BGH objektiv
ein gewisses Maß an Schwere und subjektiv eine tadelnswerte Gesinnung voraus; die
Verfehlung muss Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem
Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Beschenkte erwarten kann (vgl. etwa
BGH, Urteil vom 27.09.1991 – V ZR 55/90, Rn. 12, juris; BGH, Urteil vom 11.07.2000 – X
ZR 89/98, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 14.12.2004 – X ZR 3/03, Rn. 18, juris; BGH, Urteil
vom 11.10.2005 – X ZR 270/02, Rn. 13, juris).
Dabei ist der Berufung zuzugeben, dass der Annahme groben Undanks nicht
entgegensteht, wenn ein Beschenkter mit seinem gegen den Schenker gerichteten
Verhalten – hier der Beklagte mit der Zwangsvollstreckung aus den
Kostenfestsetzungsbeschlüssen – nur von ihm zustehenden Rechten Gebrauch
gemacht. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 30.06.1993 – XII ZR
210/91 – (FamRZ 1993, 1297) festgestellt, dass in der rücksichtlosen Ausübung von
Eigentümerrechten durch die Kündigung eines Mietvertrages über Werkstatträume und
dem Verlangen nach sofortiger Räumung mit der Folge beruflicher Existenzgefährdung
des Schenkers eine schwere Verfehlung liegen könne, die zum Widerruf der Schenkung
berechtige. In einer Entscheidung vom 04.12.2001 – X ZR 167/99 – (juris) hat der
Bundesgerichtshof dargelegt, dass die Gründung eines Konkurrenzunternehmens durch
den Beschenkten in derselben Stadt und die Aufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit in
derselben Branche wie das Unternehmen des Schenkers auch beim Fehlen eines
gesetzlichen Wettbewerbsverbots eine schwere Verfehlung diesem gegenüber darstellen
können, und zwar vor allem dann, wenn der Beschenkte zudem versuche, Kunden des
Unternehmens des Schenkers abzuwerben und für sich zu gewinnen. In einem solchen
Verhalten – mit welchem der Beschenkte letztlich nur sein (verfassungsrechtlich
abgesichertes) Recht auf freie Berufsausübung wahrnimmt – kann nach dem BGH ein
erheblicher Mangel an Dankbarkeit zum Ausdruck kommen, der den Widerruf der
Schenkung wegen groben Undanks rechtfertigt.
Wie diese Entscheidungen zeigen, kann auch die Ausnutzung einer formalen
Rechtsposition den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks begründen. Allein
die Tatsache, dass der Beklagte in einer rechtlich an sich unbedenklichen Art und Weise
Ansprüche aus einem Vollstreckungstitel gegen die Klägerin durchgesetzt hat bzw.
versucht hat, durchzusetzen, steht somit einem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung
der geltend gemachten 55.587,00 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 818, 530 Abs. 1,
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der geltend gemachten 55.587,00 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 818, 530 Abs. 1,
531 BGB nicht entgegen.
Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 BGB gegeben sind, ist
vielmehr eine Gesamtwürdigung des Verhaltens des Beschenkten erforderlich; im
Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist dann unter anderem zu berücksichtigen, ob der
Beschenkte im Verhältnis zum Schenker im Rahmen der ihm zustehenden Rechte
gehandelt oder aber sich außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat.
Unter Beachtung dieser Grundsätze stellt sich weder die Zahlungsaufforderung nach
Erlangung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse bzw. die Einleitung der
Zwangsvollstreckung durch Erwirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
noch das spätere Betreiben der Herausgabevollstreckung als grober Undank dar.
In der Zahlungsaufforderung im Schreiben vom 21.03.2006 (vgl. Bl. 61 f. GA) bzw. der
dem Schreiben des Klägervertreters vom 12.07.2005 (vgl. Bl. 43 GA) offensichtlich
zugrunde liegende, hier jedoch nicht vorliegende Zahlungsaufforderung vom 08.07.2005
und in der Einleitung der Zwangsvollstreckung drückt sich keine Gesinnung des
Beschenkten aus, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der
Schenker erwarten kann. Dabei ist unbeachtlich, dass die dem Kläger entstandenen
Prozesskosten mit insgesamt 6.674,87 € zzgl. Zinsen nur etwas über 10 % der
gegenständlichen Schenkungen in einem Gesamtumfang von etwa 123.000,00 DM
ausmachten. Denn es sprechen bereits gute Gründe für die Annahme, dass der
Beschenkte zur Vermeidung eines Widerrufs der Schenkung wegen groben Undanks
nicht verpflichtet ist, von der Geltendmachung eines ihm zustehenden
Kostenerstattungsanspruchs gegen den Schenker generell Abstand zu nehmen, selbst
wenn der Wert der Schenkung diesen weit übersteigt. Hier kommt jedoch noch hinzu,
dass ursächlich für den Erstattungsanspruch eine von der Klägerin selbst angestrengte
Klage war, die Klägerin den Beklagten zuvor – unstreitig – bei der Staatsanwaltschaft
München I wegen Untreue angezeigt hatte, das Ermittlungsverfahren jedoch nach § 170
Abs. 2 StPO eingestellt wurde, und sie ihn nur kurze Zeit vor dem dem
Erstattungsanspruch zugrunde liegenden Rechtsstreit in einem weiteren Verfahren vor
dem Landgericht Landshut (Az. 44 O 2157/02) im Wesentlichen erfolglos auf
Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung eines
Vermögensverwaltungsvertrages in Anspruch genommen hatte. In dieser Situation
konnte die Klägerin nicht ernsthaft erwarten, dass der Beklagte aus Dankbarkeit darauf
verzichtet, die entstandenen Prozesskosten geltend zu machen.
Dass die Kosten von der Rechtsschutzversicherung verauslagt worden sind, ist ebenfalls
ohne Belang. Denn der Beklagte war auch nach dem Übergang der Forderung auf die
Versicherung (§ 67 VVG) verpflichtet, diese bei der Geltendmachung der
Kostenforderung zu unterstützen. Die Rechtsschutzversicherung wird im Rahmen dieser
Verpflichtung zumindest erwarten dürfen, dass ihr Versicherungsnehmer dem
Prozessgegner, gegen den er einen Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt hat, eine
Zahlungsaufforderung übersendet und einen Versuch unternimmt, den Anspruch
durchzusetzen (in diesem Sinne auch OLG München, Beschluss vom 01.08.2007 – 20 W
2035/07).
Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht München in seinem Urteil vom 22.12.2005 –
20 U 3557/05 – dezidiert Bedenken gegen die im dortigen Rechtsstreit getätigten
Angaben der Klägerin zum Eintritt der von ihr behaupteten Bedürftigkeit geäußert hat,
indem es auf Seite 9 der Urteilsabschrift (Bl. 205 der BA zum Az. 43 O 919/03 – LG
Landshut) wörtlich ausführte:
Auch wenn derselbe Senat in dem der Klägerin Prozesskostenhilfe für das
Berufungsverfahren bewilligenden Beschluss vom 04.10.2005 (Bl. 171 ff. der BA zum Az.
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Berufungsverfahren bewilligenden Beschluss vom 04.10.2005 (Bl. 171 ff. der BA zum Az.
43 O 919/03 – LG Landshut) ausdrücklich festgestellt hat, dass die notwendigen
Ausgaben der Klägerin deren Einnahmen übersteigen (wobei allerdings auch darauf
hingewiesen werden soll, dass die Klägerin in der Erklärung über ihre persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse das Vorhandensein des Spatguthabens verschwiegen hat),
durften die im Urteil vom 22.12.2005 geäußerten Bedenken gegen die Lauterkeit der
Klägerin und ihres Vorbringens zu ihren Vermögensverhältnisse den Beklagten – so er
denn von der Einleitung der Zwangsvollstreckung überhaupt Kenntnis hatte – zu der (im
Ergebnis begründeten) Annahme führen, eine Vollstreckung des Erstattungsanspruchs
sei wegen der behaupteten Vermögenslosigkeit nicht von vornherein völlig aussichtslos.
Die im Rahmen der Zwangsvollstreckung eingeleiteten einzelnen Maßnahmen
begründen ebenfalls nicht die Annahme des Vorliegens eines zum Widerruf der
Schenkungen berechtigenden groben Undanks, wobei letztlich offen bleiben kann, ob
diese jeweils mit oder ohne Billigung des Beklagten ergriffen worden sind.
Für einen groben Undank könnte – jedenfalls wenn die Vollstreckungsmaßnahmen mit
Billigung der Beklagten erfolgt sind – zwar sprechen, dass dem Beklagten durch die
Schenkungen verhältnismäßig hohe Werte zugeflossen sind und er jedenfalls um das
hohe Lebensalter und den eingeschränkten Gesundheitszustand der Klägerin wusste
und ihm auch bewusst gewesen sein musste, welche Folgen eine
Herausgabevollstreckung für die hoch betagte und im Seniorenheim lebende Klägerin
haben würde.
Jedoch kann im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung das Verhalten der Klägerin
nicht unberücksichtigt bleiben. So beruhte der Kostenerstattungsanspruch des
Beklagten auf der von ihr angestrengten Klage und der von ihr gegen das
erstinstanzliche Urteil erfolglos eingelegten Berufung. Zudem gingen der Klage – wie
bereits dargelegt – ein weiterer von der Klägerin angestrengter, aber im Wesentlichen
erfolgloser Rechtsstreit zwischen den Parteien und eine – aus Sicht der
Staatsanwaltschaft München I unbegründete – Strafanzeige der Klägerin gegen den
Beklagten voraus. Die Klägerin ist nach dem Entzweiung der Parteien wiederholt
zivilrechtlich und auch strafrechtlich gegen ihren Enkel, den Beklagten, vorgegangen, um
an die ihm schenkweise überlassenen Vermögenswerte zu gelangen.
Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die (unberechtigte) Inanspruchnahme des
Beschenkten das nach dem Grundgedanken des § 530 Abs. 1 BGB bestehende Gebot
der besonderen Rücksichtnahme auf den Schenker nicht entfallen lässt. Jedoch bemisst
sich das Maß der Dankbarkeit, die der Schenker von dem Beschenkte erwarten kann,
auch nach dem der Schenkung nachfolgenden Verhalten des Hingebenden; die
Vermeidung einer Konfrontation „um jeden Preis“ kann von dem Beschenkten nicht
erwartet werden.
Entscheidend gegen die Annahme, der Beklagte habe sich durch die Vollstreckung des
groben Undanks schuldig gemacht, spricht aber, dass die Klägerin durch die Erhebung
der unbegründeten Klage und die erfolglos eingelegte Berufung mit der – immerhin
absehbaren – Folge einer Pflicht zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des
Beklagten, nicht nur die Ursache für dessen Zahlungsaufforderung und die Einleitung der
Zwangsvollstreckung als solche gesetzt hat, sondern dass diese dem Beklagten auch
noch unrichtige Angaben zu ihrem Vermögen gemacht und die Ergreifung der einzelnen
Vollstreckungsmaßnahmen geradezu herausgefordert hat; diese waren – worauf der
Senat bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.08.2008 ausführlich
hingewiesen hat – letztlich jeweils eine Reaktion auf ein vorangegangenes (Fehl-)
Verhalten der Klägerin.
So entsprachen schon die Angaben der Klägerin zu ihren Vermögensverhältnissen in
den der Einleitung der Zwangsvollstreckung vorausgehenden Schreiben ihres
Prozessbevollmächtigen vom 12.07.2005 und 22.03.2006 nicht der Wahrheit. Denn die
Klägerin war gerade nicht vermögenslos, sondern verfügte über ein Sparguthaben von
immerhin etwa 2.500 €. Aber anstatt das Sparguthaben nach der Zahlungsaufforderung
offen zu legen – und möglicherweise an die Einsicht des Beklagten zu appellieren, ihr
dieses in Anbetracht ihrer Lebensumstände zu belassen – ließ sie dem Beklagten über
ihren Prozessbevollmächtigten wahrheitswidrig mitteilen, dass Vollstreckungsversuche
erfolglos bleiben werden. Auch nach der Einleitung der Zwangsvollstreckung sah sich die
Klägerin nicht veranlasst, „mit offenen Karten zu spielen“ und gegebenenfalls den
Beklagten und/oder dessen Rechtsschutzversicherung darum zu bitten, ihr das
Sparguthaben zu belassen und die Zwangsvollstreckung einzustellen. Im Gegenteil:
Ausweislich der Unterlagen der Obergerichtsvollzieherin T. hat sich die Klägerin erst nach
erfolgloser Durchsuchung ihres Apartments und der daraufhin erfolgten Anberaumung
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erfolgloser Durchsuchung ihres Apartments und der daraufhin erfolgten Anberaumung
eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entschlossen, das
Sparbuch herauszugeben, und zwar selbst dies offensichtlich nur unter dem Eindruck der
von der Gerichtsvollzieherin wegen der Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung
angedrohten Erholung eines Haftbefehls. Erst nach Herausgabe des Sparbuches hat die
Klägerin dann über ihren Prozessbevollmächtigten die gegnerische
Rechtsschutzversicherung um eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ersucht.
Wenn die Klägerin sich allerdings selbst nicht so verhält, wie dies nach einem verlorenen
Rechtsstreit geboten gewesen wäre, kann sie auch nicht erwarten, dass der Beklagte
besondere Rücksicht auf ihre persönlichen Umstände nimmt, selbst wenn sie ihm zuvor
nicht unerhebliche Geldbeträge geschenkt hat. Auf die in der mündlichen Verhandlung
vom 27.08.2008 thematisierte Frage, ob ein Widerruf der Schenkungen wegen groben
Undanks überhaupt in Betracht kommt, wenn der Beklagte – wie von ihm behauptet – in
die einzelnen von der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten beauftragten
Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Klägerin nicht involviert war, oder ein solcher in
diesem Fall ausscheiden würde, weil der Vorwurf groben Undanks ein höchstpersönliches
Fehlverhalten voraussetzt, kommt es mithin nicht an.
Auch die im Berufungsverfahren von der Klägerin geltend gemachten neuen Gründe,
nämlich der angeblich bewusst unwahre Tatsachenvortrag des Beklagten bzw. seines
Prozessbevollmächtigten und dessen – aus ihrer Sicht – unwahre Ausführungen zu ihrem
Gesundheitszustand im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2008, vermögen
einen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks nicht zu rechtfertigen.
Die angeblich unwahren Angaben des Beklagten zum Gesundheitszustand der Klägerin
können einen Schenkungswiderruf schon deshalb nicht rechtfertigen, weil der Beklagte –
aus Sicht des Senats durchaus in sachlicher Form – nur über seine von der Klägerin
anlässlich seines Besuches nach der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2008
gewonnenen Eindrücke berichtet hat. So hat der Beklagte dem Senat nachvollziehbar
seine, im Ergebnis gescheiterten, Versuche geschildert, mit der Klägerin persönlich und
über Dritte Kontakt aufzunehmen; diesem Vortrag ist die Klägerin im Übrigen auch nicht
entgegengetreten. Im Rahmen seiner Ausführungen hat er unter anderem dargelegt,
dass er den Eindruck gehabt habe, dass die Klägerin ihn (akustisch) gut verstanden
habe. Wie diese klägerischen Schilderungen eines höchst subjektiven Eindrucks (und als
solchen auch erkennbaren) die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesenden
Klägerin in einem Maße verletzen konnten, dass sie glaubt, die Schenkungen (erneut)
widerrufen zu müssen, ist dem Senat nicht ersichtlich. Weder stellt sich das Verhalten
als objektiv schwere Verfehlung dar, noch kann in ihm der Ausdruck einer tadelnswerten
Gesinnung erblickt werden.
Der angeblich bewusst unwahre Vortrag des Beklagten zu den Umständen der
Veräußerung des Grundstückes in B. und des Erwerbes des Hausgrundstücks in Be.
vermag einen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks ebenfalls nicht zu
rechtfertigen. Denn unabhängig davon, welcher Parteivortrag zutreffend ist, scheitert ein
Schenkungswiderruf schon an der Ausschlussfrist des § 532 Satz 1 2. Alt. BGB, die nach
der vorzugswürdigen Auffassung eine Einwendung und keine Einrede darstellt (vgl. OLG
Hamm, 22.07.2001, 22 U 1/01, Rn. 44, juris). Der angeblich unzutreffende Vortrag des
Beklagten zu der Veräußerung des Grundstückes in B. und dem gemeinsam geplanten
Erwerb des Hausgrundstücks in Be..., welcher letztlich nach dem Auszug der Klägerin
aus dem Haus zur Entzweiung der Parteien geführt haben soll, war nämlich bereits
Gegenstand des Vorbringens des Beklagten in dem Verfahren zum Az. 43 O 919/03 vor
dem Landgericht Landshut und dem diesbezüglichen Berufungsverfahren vor dem
Oberlandesgericht München, welches in seinem Urteil vom 22.12.2005 ausdrücklich
festgestellt hat, dass die Klägerin der Behauptung des Beklagten, sie sei mit der
Veräußerung des Grundstücks in B. im Hinblick auf die gemeinsamen Pläne, dass der
Beklagte ein Haus in Be. erwerben und die Klägerin dieses als ihren Alterswohnsitz
bewohnen sollte, nicht entgegengetreten. Die Klägerin hat das nunmehr angeblich
unzutreffende Vorbringen des Beklagten – welches auch in dem dortigen Rechtsstreit
offensichtlich in der Absicht erfolgte, einer Verurteilung zur Zahlung zu entgehen –
erstmals in dem Schreiben vom 29.09.2008 (Anlage KK 8, Bl. 404 f. GA), mithin knapp
drei Jahre nach der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München am
23.11.2005, zum Anlass genommen, die Schenkungen zu widerrufen; der Widerruf ist
daher außerhalb der Jahresfrist des § 532 Satz 1 2. Alt. BGB erfolgt.
Letztlich sind auch die weiteren im Schriftsatz vom 29.09.2008 angeführten Gründe,
nämlich der angeblich unzutreffende Vortrag des Beklagtenvertreters zu einer fehlenden
Einflussnahme auf die Vollstreckungshandlungen der Obergerichtsvollzieherin T. und
zum Ausgang des vor dem Landgericht Landshut geführten Rechtsstreits der Parteien
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zum Ausgang des vor dem Landgericht Landshut geführten Rechtsstreits der Parteien
zum Az. 44 O 2157/02 nicht geeignet, das Vorliegen eines Widerrufsrechts nach §§ 530,
531 BGB zu begründen.
Soweit nämlich der unrichtige Vortrag des Beklagtenvertreters zum Ausgang des
Rechtsstreits zum Az. 44 O 2157/02 (Klage rechtskräftig abgewiesen, statt richtigerweise
Klage überwiegend rechtskräftig abgewiesen) gerügt wird, vermag der Senat schon nicht
zu erkennen, aus welchem Grund dieser als eine zum Widerruf wegen groben Undanks
berechtigende schwere Verfehlung des Beklagten gegen die Klägerin zu qualifizieren ist,
die subjektiv Ausdruck seiner tadelnswerten Gesinnung ist; Gleiches gilt für das
klägerseits als unrichtig bezeichnete Vorbringen des Beklagtenvertreters zur angeblich
fehlenden Einflussnahme auf die Vollstreckungshandlungen der Obergerichtsvollzieherin
T.. Im Übrigen entstammt das von der Klägerin gerügte Zitat bezüglich des Ausgangs
des Verfahrens vor dem Landgericht Landshut zum Az. 44 O 2157/02 („rechtskräftig
abgewiesen“) einem Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 09.07.2007, dessen
Abschriften dem Klägervertreter ausweislich des „ab-Vermerks“ auf Bl. 94 c der
Gerichtsakte am 11.07.2007 übermittelt worden sind. Daher erfolgte der
Schenkungswiderruf insoweit ebenfalls außerhalb der Jahresfrist des § 532 Satz 1 2. Alt.
BGB.
2. Die Erweiterung der Klage um die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs von
weiteren 20.451,00 € ist bereits unzulässig.
Die Klägerin stützt den erweiterten Teil ihrer Klage auf einen neuen Lebenssachverhalt,
indem sie vorträgt, sie habe dem Beklagten im Jahr 1992 den Gegenwert eines Depots
im Wert von 40.000,00 DM geschenkt. Somit liegt kein Fall des über § 525 ZPO im
Berufungsverfahren anwendbaren § 264 Nr. 2 ZPO, sondern eine nach § 533 ZPO zu
beurteilende Klageänderung vor.
Eine solche Klageänderung ist im Berufungsverfahren nur zulässig, wenn der Beklagte
einwilligt (was dieser vorliegend nicht getan hat) oder das Gericht dies für sachdienlich
hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner
Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu
legen hat.
Ob die Klageänderung vorliegend sachdienlich ist, kann offen bleiben, da jedenfalls nicht
die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die von der Klägerin
behauptete Schenkung eines Depots im Wert von 40.000,00 DM stellt sich nämlich als
neuer Tatsachenvortrag dar; in der Klageschrift hat sie nur allgemein (und vom
Beklagten bestritten) zur Schenkung eines Aktiendepots vorgetragen, um die
behauptete schwere Verfehlung zu begründen. Gründe für eine Berücksichtigung des im
Übrigen auch unsubstantiierten Vorbringens nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO sind
nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht vorgebracht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 i.V.m.
709 Satz 2 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Wertstufe bis zu 80.000,-- €
festgesetzt.
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