Urteil des OLG Brandenburg vom 10.05.2000

OLG Brandenburg: ordre public, vollstreckbarerklärung, unvereinbarkeit, anerkennung, link, quelle, sammlung, unterhalt, zwangsvollstreckung, abweisung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 W 42/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 5 HaagÜbkG, § 12 Abs 1
AVAG
Anwendung des Haager Übereinkommens über die
Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen
Tenor
Die Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 10.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 21.4.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.
Gründe
I.
Der Gläubiger, der der Sohn des Schuldners ist, erwirkte gegen den Schuldner das Urteil
des Amtsgerichts Wolsztyn vom 10.5.2000, Az.: III R C 56/00, durch das der Schuldner
zur Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe von 250 Zloty für die Zeit ab 16.2.2000
verurteilt wurde. Durch Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 8.6.2006,
Az.: 43 F 109/05, wurde das Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage des
Gläubigers abgeändert und der Schuldner zur Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe
von 200 € für die Zeit ab 1.3.2005 an den Gläubiger verurteilt.
Der Gläubiger hat unter dem 20.9.2005 einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung des
Urteils des Amtsgerichts Wolsztyn vom 10.5.2000 gestellt. Durch Beschluss des
Vorsitzenden der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 21.4.2006 ist dem
Antrag stattgegeben worden.
Gegen diesen Beschluss hat der Schuldner am 18.5.2006 Beschwerde zum
Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegt.
II.
Die nach § 11 AVAG statthafte Beschwerde ist zulässig, nachdem sie insbesondere
fristgerecht eingelegt worden ist. Die Vorschriften der Art. 43 ff. EuGVVO finden gemäß
Art. 66 Abs. 1, 76 Satz 1 EuGVVO keine Anwendung, da die Klage, die zum Erlass des
Urteils des Amtsgerichts Wolsztyn vom 10.5.2000 geführt hat, ausweislich des Datums
des Urteils vor dem Inkrafttreten der EuGVVO am 1.3.2002 erhoben worden ist.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn es liegt kein Grund vor, aus
dem nach Art. 5 des hier anzuwendenden Haager Übereinkommens über die
Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (BGBl. II
1983, 825) in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des deutschen Anerkennungs- und
Vollstreckungsausführungsgesetzes (AVAG) die Vollstreckbarerklärung des Urteils des
Amtsgericht Wolsztyn verweigert werden darf.
Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass der Bezug von Unterhaltsvorschussleistungen
der Z. … … (im Folgenden: Z.) durch den Gläubiger nicht zu einer Unvereinbarkeit der
Vollstreckbarerklärung mit dem ordre public nach Art. 5 Nr. 1 des Haager
Übereinkommens führt. Denn die Zahlungen haben nicht einen Anspruchsübergang auf
die Z. ausgelöst (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 7.8.2002, Az.: 3 W 21/02 [Bl. 48 - 52
d.A.]). Dazu hat der Schuldner die Auskunft des polnischen Justizministeriums vom
4.4.2001 (Bl. 84 ff. d. A.) vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass das polnische Recht einen
gesetzlichen Anspruchübergang nicht vorsieht. Nach den Ausführungen auf der vierten
Seite des Schreibens (Bl. 87 d. A.), an deren inhaltlicher Richtigkeit ein Anlass zu
Zweifeln nicht besteht, findet der Ausgleich im Verhältnis zur Z. derart statt, dass der
Gläubiger in Höhe der vom Schuldner erlangten Zahlungen die empfangenen
Unterhaltsvorschüsse an diese zurückzuführen hat. Daraus folgt weiter, dass die
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Unterhaltsvorschüsse an diese zurückzuführen hat. Daraus folgt weiter, dass die
Inanspruchnahme des Gläubigers durch die Z. nicht auf der Grundlage einer
Anspruchsinhaberschaft der Z. erfolgt ist, sondern ersichtlich im Vorgriff auf die
Teilnahme der Z. an einer Zwangsvollstreckung (vgl. OLG Nürnberg a.a.O.), weshalb
davon auszugehen ist, dass der Schuldner im Falle einer doppelten Inanspruchnahme
die an die Z. gezahlten Geldbeträge als nach materiellem Recht zur Zahlung an jene
nicht geschuldet wird zurückerlangen können. Eine zwischenzeitliche Änderung des
polnischen Rechts behauptet der Schuldner nicht.
Das aus den vom Senat beigezogenen Akten des Amtsgerichts Brandenburg an der
Havel, Aktenzeichen: 43 F 109/05, ersichtliche Urteil vom 8.6.2006, durch das auf eine
Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Wolsztyn für die Zeit ab 1.3.2005 erkannt
worden ist, führt nicht zum Vorliegen eines Falles des Art. 5 Nr. 4 des Haager
Übereinkommens, wonach die Vollstreckbarerklärung wegen einer Unvereinbarkeit des
Titels mit einem später entstandenen Titel verweigert werden kann; erst recht ist ein Fall
des Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens nicht gegeben. Denn das Urteil des Amtsgerichts
Brandenburg an der Havel lässt die Zahlungspflichten des Schuldners nach dem Urteil
des Amtsgerichts Wolsztyn unberührt, da es lediglich zugunsten des Gläubigers eine
Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbetrags auf 200 € ausspricht; nach dem
Vorbringen des Gläubigers stellt sich der durch das Amtsgericht Wolsztyn titulierte
monatliche Unterhalt auf umgerechnet 120,35 DM, entsprechend 61,53 €.
Andere Einwendungen erhebt der Schuldner nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13 Abs. 4 Satz 2, 8 Abs. 1 Satz 4 AVAG, 788 ZPO.
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