Urteil des OLG Brandenburg vom 26.09.2006

OLG Brandenburg: darlehensvertrag, wirtschaftliche einheit, verbraucher, geschäft, negative feststellungsklage, widerrufsrecht, provision, gegenleistung, versicherer, missverhältnis

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 141/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 358 Abs 1 BGB, § 358 Abs 2 S
2 BGB, § 358 Abs 3 BGB
Anforderungen an die Widerrufsbelehrung bei verbundenen
Verträgen
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts
Frankfurt (Oder) vom 12.11.209 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegenüber den Klägern zu 1. und 2. aus dem
Kreditvertrag Nr. 2642916143 vom 26.09.2006 über die am 09., 10. und 11.11.2008
jeweils gezahlten 5.000,00 €, die weiteren am 12.11.2008 gezahlten 15,53 € und 327,57
€ (= Ablösebetrag über gesamt 15.343,10 €) und über die vom 01.12.2006 bis zum
30.09.2008 weiter gezahlten Kreditraten in Höhe von insgesamt 12.648,68 € hinaus
keine weiteren Ansprüche zustehen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.177,62 € nebst
Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 17.12.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Kläger vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerrufs eines am 26.09.2006
abgeschlossenen Darlehensvertrages, der mit einer Restschuldversicherung kombiniert
war.
Am 26.09.2006 schlossen die Kläger und die Beklagte einen Darlehensvertrag, in dem
sich die Beklagte verpflichtete, den Klägern einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von
27.991,78 € zu einem effektiven Jahreszins von 11,98 % zur Verfügung zu stellen. Das
Darlehen sollte in 84 monatlichen Raten à 574,94 € getilgt werden.
Auf der Darlehensurkunde stellten die Kläger gleichzeitig einen Antrag auf
Restschuldversicherung bei der „C…“, wofür sie eine Prämie in Höhe von 5.237,11 € zu
zahlen hatten, die in dem Gesamtbetrag der Darlehenssumme in Höhe von 48.294,96 €
enthalten war.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte von dem
Versicherungsunternehmen eine Provision für die Vermittlung der
Restschuldversicherung erhielt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2008 (Anlage 3, Bl. 11 f d. A.) erklärten die Kläger
den Widerruf ihrer auf Abschluss der beiden Verträge gerichteten Willenserklärungen und
kündigten an, lediglich den Nettokreditbetrag zu erstatten.
Die Beklagte widersprach dem Widerruf mit Schreiben vom 07.10.2008 (Anlage 6, Bl. 19
f d. A.) und erinnerte die Kläger mit Schreiben vom 27.10.2008 an die Zahlung der noch
ausstehenden Rate.
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In der Folge zahlten die Kläger in Teilbeträgen den aus ihrer Sicht noch offenen restlichen
Nettokreditbetrag in Höhe von 15.343,10 €.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass Ansprüche
zwischen ihnen und der Beklagten nicht mehr bestehen.
Sie haben hierzu erstinstanzlich vorgetragen, durch die Zahlung des
Nettokreditbetrages seien sämtliche Ansprüche der Beklagten erloschen. Insbesondere
habe die Beklagte keinerlei Ansprüche auf Zinsen auf den Nettokreditbetrag, da infolge
des Widerrufs der beiden Verträge eine Rückabwicklung dergestalt stattzufinden habe,
dass an die Beklagte lediglich der Nettokreditbetrag zurückzuzahlen sei.
Sie seien zum Widerruf ihrer Willenserklärungen gerichtet auf den Abschluss der beiden
Verträge berechtigt gewesen, da es sich bei dem Darlehensvertrag und dem
Restschuldversicherungsvertrag um ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 358 Abs. 1 BGB
gehandelt habe. Die Beklagte habe den Abschluss der Restschuldversicherung für die
Gewährung des Darlehens bzw. den Abschluss des Darlehensvertrags zur Bedingung
gemacht.
Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, da sie nicht den Hinweis darauf enthalte, dass
auch ein isolierter Widerruf des Restschuldversicherungsvertrages möglich sei.
Auch entspreche die Widerrufsbelehrung nicht dem Deutlichkeitsgebot und sei im
Hinblick auf die Fristbestimmung für die Kläger verwirrend. Die Gebühr für die
Restschuldversicherung übersteige die marktüblichen Kosten für
Restschuldversicherungen um ein Vielfaches; die Beklagte habe darüber hinaus für die
Vermittlung des Versicherungsvertrages eine Vermittlungsprovision kassiert, so dass ein
auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliege.
Die Beklagte hat sich erstinstanzlich in erster Linie dagegen gewandt, dass ein
verbundenes Geschäft vorliege. Sie hat vorgetragen, dass der Abschluss der
Restschuldversicherung nicht Voraussetzung für den Abschluss des Darlehensvertrages
gewesen sei; die Restschuldversicherung sei vielmehr nur empfohlen worden. Darüber
hinaus war sie der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß erfolgt sei.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen und hierzu
ausgeführt, dass ein wirksamer Widerruf des Darlehensvertrages nicht vorliege, da der
Widerruf nicht innerhalb der Ausschlussfrist gem. § 355 Abs. 3 BGB vorgenommen
worden sei. Die Kläger seien ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden.
Darlehensvertrag und Restschuldversicherung stellten keine verbundenen Verträge i.S.v.
§ 358 BGB dar. Eine wirtschaftliche Einheit zwischen den Verträgen könne nicht
festgestellt werden, darüber hinaus habe das Darlehen nicht der Finanzierung der
Vereinbarung über die Restschuldversicherung gedient, vielmehr stelle das Darlehen den
Grund für den Abschluss der Restschuldversicherung dar.
Vor diesem Hintergrund begründe der zusätzliche Abschluss einer vom Darlehensgeber
ebenfalls finanzierten Restschuldversicherung kein Aufspaltungsrisiko.
Die Belehrung über das Widerrufsrecht entspreche den Anforderungen des § 355 Abs. 2
BGB, insbesondere dem Deutlichkeitsgebot.
Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei von Klägerseite
nicht hinreichend vorgetragen worden, so dass nicht von einer Nichtigkeit des Vertrages
gem. § 138 Abs. 1 BGB auszugehen sei.
Eine Verletzung von Aufklärungspflichten hinsichtlich der Zahlung einer Provision für die
Restschuldversicherung liege nicht vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die - form- und fristgerecht eingelegte - Berufung der
Kläger.
Sie rügen die Verletzung des materiellen Rechts und wiederholen insbesondere ihren
erstinstanzlichen Vortrag, wonach es sich bei den beiden Verträgen um ein verbundenes
Geschäft i.S.v. § 358 BGB gehandelt habe. Sie verweisen diesbezüglich auf eine neue
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.12.2009. Weiterhin wiederholen sie ihren
erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Widerrufsbelehrung der Beklagten im
Darlehensvertrag nicht den gesetzlichen Erfordernissen zur äußeren Form der Belehrung
genüge. Weder sei sie ihrer Bedeutung nach angemessen hervorgehoben, noch lasse
sich hieraus für die Kläger entnehmen, ob neben dem Widerruf des Darlehensvertrages
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sich hieraus für die Kläger entnehmen, ob neben dem Widerruf des Darlehensvertrages
auch ein Widerruf der auf derselben Urkunde beantragten Restschuldversicherung
möglich sei und wenn ja, welche Rechtsfolgen ein Widerruf der Restschuldversicherung
für das Darlehen habe. Sie sind der Ansicht, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung hinsichtlich der Kosten der Restschuldversicherung bestehe.
Es liege eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten vor; die
Beklagte sei für ein- und dieselbe Leistung sowohl von den Klägern als auch von der
Versicherung und damit indirekt dem Beklagten bezahlt worden, worüber die Klägerin
habe aufklären müssen.
Das Landgericht habe auf seine Ansicht, wonach die Höhe der Provision nicht
hinreichend dargelegt worden sei, nicht vorab hingewiesen, so dass die Kläger nicht mit
der Zurückweisung ihres Vorbringens als nicht hinreichend konkretisiert hätten rechnen
müssen.
Die Kläger beantragen,
1. unter Abänderung des am 12.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts
Frankfurt (Oder) zum Az. 14 O 377/08 wird festgestellt, dass der Beklagten gegenüber
den Klägern zu 1. und 2. aus dem Kreditvertrag Nr. 2642916143 vom 26.09.2006 über
die am 09., 10. und 11.11.2008 jeweils gezahlten 5.000,00 €, die weiteren am
12.11.2008 gezahlten 15,53 € und 327,57 € (= Ablösebetrag über gesamt 15.343,10 €)
und über die vom 01.12.2006 bis zum 30.09.2008 weiter gezahlten Kreditraten in Höhe
von insgesamt 12.648,68 € hinaus keine weiteren Ansprüche zustehen.
2. Unter Abänderung des am 12.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts
Frankfurt (Oder) zum Az. 14 O 377/08 wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger zu 1. und
2. 1.177,62 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Für den Fall, dass die Kläger mit ihren vorstehenden Anträgen unterliegen, beantragen
sie hilfsweise
ebenfalls unter Abänderung des am 12.11.2009 verkündeten Urteils des
Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Az. 14 O 377/08
die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zu 1. und 2. über das Darlehen Nr.
2642916143 vom 26.09.2006 unter Berücksichtigung der bis zum 30.11.2008 erfolgten
Darlehensrückführung und Zinsrückvergütung eine Kreditabrechnung ohne
Berücksichtigung der 5.237,11 € für die Restschuldversicherung und ohne die hierauf
entfallende Verzinsung und Verarbeitungsgebühr zu erteilen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sind nach wie vor der Ansicht, dass die Kläger durch die Widerrufsbelehrung im
Darlehensvertrag ordnungsgemäß belehrt worden seien, so dass die Widerrufsfrist gem.
§ 355 Abs. 2 BGB zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits abgelaufen gewesen sei. Die
streitgegenständliche Widerrufsbelehrung enthalte insbesondere den Hinweis auf die
Rechtsfolgen nach § 358 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und S. 2 BGB. Da aus der
Widerrufsbelehrung eindeutig hervorgehe, dass die Darlehensnehmer im Falle eines
Widerrufs des Darlehensvertrages auch an den Restschuldversicherungsantrag nicht
mehr gebunden sind, bestünden für den Verbraucher keine Zweifel, welche
Auswirkungen der Widerruf des Darlehensvertrages auf den Versicherungsvertrag habe.
Insoweit könne dahinstehen, ob es sich bei dem Darlehensvertrag und der
Restschuldversicherung um ein verbundenes Geschäft gehandelt habe.
Selbst wenn von einem wirksamen Widerruf auszugehen sei, seien die Kläger
verpflichtet, auch die marktüblichen Zinsen als Nutzungsersatz zu zahlen, so dass die
Berufung der Kläger auch vor diesem Hintergrund abzuweisen sei.
Eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages liege nicht vor; dies werde von Klägerseite
nicht hinreichend konkret vorgetragen.
Auch habe die Beklagte Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht verletzt.
Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im
angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. I Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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II.
Die Berufung der Kläger ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form-
und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. I, Abs. II Nr. 1 ZPO; §§
517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Die negative Feststellungsklage ist begründet, da der Beklagten aus dem mit den
Klägern abgeschlossenen Darlehensvertrag vom 26.09.2006 nach der Zahlung des
Ablösebetrages in Höhe von 15.343,10 € keine Ansprüche mehr zustehen.
Infolge des Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensvertrages und der
Restschuldversicherung gerichteten Willenserklärungen der Kläger ist der zwischen den
Parteien geschlossene Darlehensvertrag gemäß § 358 Abs. I i.V.m. §§ 358 Abs. IV, 347,
346 ff BGB rückabzuwickeln.
Der mit Schriftsatz vom 26.08.2008 erklärte Widerruf der entsprechenden
Willenserklärungen ist wirksam erfolgt.
Zu diesem Zeitpunkt war das den Klägern zustehende Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs.
III Satz 3 BGB ungeachtet des Umstandes, dass die reguläre Widerrufsfrist von 2 Wochen
gemäß § 355 Abs. I Satz BGB bereits abgelaufen war, noch nicht erloschen, da die
Kläger eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung noch nicht erhalten hatten.
Die auf dem Formular zum Darlehensantrag enthaltene Widerrufsbelehrung war nicht
ordnungsgemäß, da diese der gemäß § 358 Abs. 5 BGB notwendigen erweiterten
Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. I und Abs. II S. 1 und S. 2 BGB nicht
entsprach.
Gem. § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des
Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag, hier dem
Restschuldversicherungsvertrag, durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen
Vertrages auch nicht mehr an den anderen Vertrag gebunden.
Hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden
Widerrufsrecht zwar Vorrang zu, durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die
Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§§ 358 Abs. II S. 2, 358
Abs. I BGB). Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte
verdeutlichen soll, darf daher jedenfalls kein Missverständnis dahingehend entstehen
lassen, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamen Widerruf des einen Geschäfts
entgegen § 358 Abs. I, 358 Abs. II S. 2 BGB an das andere Geschäft gebunden (vgl.
hierzu BGH, Urt. v. 23.06.2009, XI ZR 156/08).
Bei den hier streitgegenständlichen Verträgen in Gestalt des Darlehensvertrages
einerseits und der Restschuldversicherung andererseits handelt es sich um ein
verbundenes Geschäft im Sinne von § 358 BGB.
Die Frage, ob ein Verbraucherdarlehen und eine entsprechende Restschuldversicherung
eine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 355 Abs. III BGB bilden, war in der Rechtsprechung und
im Schrifttum lange Zeit hoch umstritten (vgl. zur Darstellung die Ausführungen des
BGH im Urt. v. 15.12.2009, XI ZR 45/09, Rn. 16).
In der Entscheidung vom 15.12.2009 hat der BGH diese Frage nunmehr jedoch
dahingehend geklärt, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag und ein
Restschuldversicherungsvertrag als verbundenes Geschäft i.S.v. § 358 Abs. III BGB
anzusehen sein können.
Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen sind im hier vorliegenden Fall erfüllt, da das
Darlehen teilweise, nämlich in Höhe der Versicherungsprämie (5.237,11 €), der
Finanzierung des Restschuldversicherungsvertrags und damit eines Vertrages über die
Erbringung einer „anderen Leistung“ i.S.v. § 358 Abs. 3 S. 1 BGB gedient hat.
Das Darlehen war daher zweckgebunden, da der Darlehensvertrag jedenfalls eine
teilweise Verwendung des Darlehensbetrages zur Zahlung der Prämie der am selben
Tag abgeschlossenen Restschuldversicherung vorsah; den Klägern als
Darlehensnehmern wurde daher die freie Verfügungsbefugnis über diesen unmittelbar
an den Versicherer gezahlten Teil der Darlehensvaluta in Höhe von 5.237,11 €
genommen.
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Weiterhin ist zwischen den Parteien unstreitig, dass eine unternehmerische Verbindung
zwischen der Beklagten und dem Versicherer, der C..., besteht, so dass es nahe liegt,
dass Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag über ein Zweck-Mittel-
Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden sind, dass der eine Vertrag nicht ohne
den anderen geschlossen worden wäre. Jedenfalls aus Sicht der Kläger als
Darlehensnehmer bedingten sich die Aufnahme des Darlehens und der Antrag auf
Restschuldversicherung, so dass von einer wirtschaftlichen Einheit der beiden Verträge
auszugehen ist.
Vor diesem Hintergrund ist die auf dem Darlehensformular abgedruckte
Widerrufsbelehrung nicht hinreichend, da in ihr nicht darauf hingewiesen wird, dass der
Darlehensnehmer bei Widerruf des finanzierten Geschäfts in Gestalt der
Restschuldversicherung auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist.
Das Widerrufsrecht bezweckt den Schutz des Verbrauchers; der Schutz wird nur dadurch
gewährleistet, dass eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher
eindeutige Belehrung erteilt wird, durch die der Verbraucher nicht nur von seinem
Widerrufsrecht in Kenntnis gesetzt wird, sondern er auch in die Lage versetzt wird, dieses
auszuüben (so BGH, Urt. v. 23.06.2009, XI ZR 156/08). Maßstab für die Beurteilung der
Frage, ob eine wirksame Belehrung vorliegt, ist die Regelung des § 358 BGB, wonach der
Verbraucher durch einen wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrages auch
nicht an den anderen Vertrag gebunden bleibt. Durch die wirksame Ausübung des
Widerrufsrechts hinsichtlich der Restschuldvereinbarung wird auch die Bindung des
Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§§ 358 Abs. 2 S. 2, 358 Abs. 1 BGB)
und umgekehrt. Eine wirksame Widerrufsbelehrung darf daher kein Missverständnis
dahingehend wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamen Widerruf des
finanzierten Geschäfts (hier der Restschuldversicherung) entgegen § 358 Abs. 1 und
Abs. 2 S. 2 BGB an den Darlehensvertrag gebunden.
Eine missverständliche Formulierung ist bereits darin zu sehen, dass sich die
Widerrufsbelehrung nach ihrem Wortlaut nur auf den Darlehensvertrag bezieht, was
daran deutlich wird, dass sie mit der Formulierung „ “
beginnt. Entscheidend ist aber, dass der Widerrufsbelehrung darüber hinaus nur
entnommen werden kann, dass der Darlehensnehmer bei einem Widerruf des
Darlehensvertrages an den mit dem Darlehensvertrag gegebenenfalls verbundenen
Restschuldversicherungsantrag nicht mehr gebunden ist.
Die Widerrufsbelehrung enthält indes keine Belehrung darüber, dass der
Darlehensnehmer bei Widerruf des finanzierten Geschäfts in Gestalt der
Restschuldversicherung auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist.
Insoweit wird in der Belehrung die in § 358 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Verweisung auf §
358 Abs. 1 BGB und damit die Information, dass der Verbraucher bei einem wirksamen
Widerruf des finanzierten Geschäfts auch an den mit diesem verbundenen
Darlehensvertrag nicht mehr gebunden ist, nicht erwähnt. Ohne einen Hinweis auf diese
Erstreckungswirkung wird bei dem Verbraucher ein Missverständnis erweckt
dahingehend, dass der Widerruf der Willenserklärung zum
Restschuldversicherungsantrag die Wirksamkeit der Willenserklärung zum
Darlehensvertrag unberührt lässt.
Der von der Beklagten dargelegten Ansicht, dass es für den Lauf der Widerrufsfrist auf
die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall ankommt, ist
nicht zu folgen.
Zwar ergibt sich aus der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung des §
8 Abs. IV Satz 1 VVG bei Versicherungsverhältnissen, die eine längere Laufzeit als 1 Jahr
aufweisen, ein Widerrufsrecht des Kunden, hierauf kommt es indes nicht an:
Entscheidend ist allein, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung -
wie hier - objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den
Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (so BGH, Urt. v. 23.06.2009,
Rn. 25).
Da das Widerrufsrecht noch nicht erloschen war, konnten die Kläger ihre auf den
Abschluss des Darlehensvertrages und der Restschuldversicherung gerichteten
Willenserklärungen wirksam widerrufen, so dass die beiden Verträge gem. § 358 Abs. I
i.V.m. §§ 358 Abs. IV, 347, 346 ff BGB rückabzuwickeln sind.
Der Darlehensgeber tritt dabei gem. § 358 Abs. IV S. 3 BGB in die Rechte und Pflichten
aus dem verbundenen Vertrag ein und wird mithin auch hinsichtlich des
Versicherungsvertrages zum Rückabwicklungsschuldner des Darlehensnehmers mit der
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Versicherungsvertrages zum Rückabwicklungsschuldner des Darlehensnehmers mit der
Folge einer Aufrechenbarkeit der wechselseitigen Rückabwicklungsansprüche. Insoweit
soll die gesetzliche Regelung den Verbraucher im Falle des Widerrufs vor den Folgen
einer Aufspaltung des Rückabwicklungsverhältnisses in zwei gesonderte
Rückabwicklungsverhältnisse gegenüber verschiedenen Personen schützen (vgl. hierzu
OLG Schleswig, Urt. v. 23.07.2009, 5 U 36/09). Der Verbraucher muss insoweit nicht den
Kreditbetrag, der als Versicherungsprämie an den Unternehmer geflossen ist, an den
Darlehensgeber zurückzahlen, er ist vielmehr lediglich zur Rückzahlung des
Darlehensbetrages ohne Kosten (Nettokreditbetrag) verpflichtet.
Die Kläger haben aus dem Darlehensvertrag die folgenden Beträge als Nettokredit
erhalten:
Darüber hinaus haben die Kläger gemäß §§ 357 Abs. I Satz 1 i. V. m. § 346 Abs. I und
347 BGB Wertersatz zu leisten. Für die Berechnung des Wertersatzes ist im Rahmen von
§ 346 BGB grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Gegenleistung zugrunde zu legen.
Gemäß § 346 Abs 2 S 2 HS 2 BGB kann der Verbraucher bei einem Verbraucherdarlehen
aber nachweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils aus dem Darlehen niedriger ist
als die vereinbarte Gegenleistung, so dass er im Ergebnis verpflichtet ist, nur
marktübliche Zinsen als Nutzungsersatz an den Darlehensgeber zu zahlen (vgl. OLG
Schleswig Beschluss v. 17.03.2010, 5 U 2/10; BGH, Urteil v. 16.05.2006 XI ZR 6/04).
Aus der EWU-Zinsstatistik für Konsumentenkredite und sonstige Kredite an private
Haushalte mit einer Laufzeit von mehr als 5 Jahren (einzusehen unter
www.bundesbank.de/statistik) ergibt sich, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im
September 2006 ein Effektiv-Zinssatz von 6,07 % marktüblich war. Auf dieser Grundlage
konnte der Senat den zu berücksichtigenden marktüblichen Zinssatz schätzen und den
Vertrag entsprechend abrechnen.
Ausgehend von einem Nettokreditbetrag in Höhe von 27.459,58 € errechnet sich für die
Zeit vom Vertragsschluss am 26.09.2006 bis zur letzten Zahlung am 12.11.2008 bei
einem Zinssatz von 6,07 % p.a. ein von den Klägern zu zahlender Zinsbetrag in Höhe
von 3.553,40 €, wobei zugunsten der Beklagten der Umstand, dass bereits am 09., 10.
und 11.11.2008 Zahlungen der Kläger in Höhe von jeweils 5.000,00 € geleistet worden
sind, die letztlich zu einer Reduzierung der Zinszahlung führen würden, außer Betracht
bleiben kann.
Demgemäß errechnet sich ein zugunsten der Beklagten einzustellender Betrag in Höhe
von 31.012,98 € (= 27.459,58 + 3.553,40 €).
Im Gegenzug steht den Klägern aber der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten
Zins- und Tilgungsraten zu; diese belaufen sich nach dem von den Klägern nicht
bestrittenen Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung auf 27.991,78 €.
Darüber hinaus ist auch die Restschuldversicherung rückabzuwickeln.
Die Rückabwicklung eines Versicherungsvertrages ist in § 9 VVG gesondert geregelt
insoweit, als der Versicherer grundsätzlich nur den auf die Zeit nach Zugang des
Widerrufs entfallenden Teil der Prämien zu erstatten hat. Diese Sonderregelung des VVG
geht der Konkretisierung der allgemeinen Widerrufsfolgen gemäß §§ 358, 357, 346 ff.
BGB und damit den allgemeinen Vorschriften vor (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom
17.03.2010).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Prämie für die Restschuldversicherung in Höhe
von 5.237,11 € die gesamte Laufzeit des Darlehens von 7 Jahren abdecken sollte.
Der Beklagten ist hierbei zuzugeben, dass das Risiko des Versicherers zu Beginn des
Darlehensvertrages größer sein dürfte als zu späteren Zeitpunkten, zu denen ein Teil
des Kredits bereits zurückgezahlt worden ist. Der Versicherer wird dieses Risiko aber bei
seiner Kalkulation mit berücksichtigen und seiner Prämienberechnung einen
versicherungsmathematischen Mittelwert zugrunde legen, so dass der Senat keine
Bedenken hat, eine rein zeitanteilige Berechnung vorzunehmen in der Weise, dass pro
Monat ein Prämienanteil von 62,35 € (= 5.237,11 € / 84 Monate) in Ansatz zu bringen
ist.
Mit der letzten Zahlung am 12.11.2008 war das Darlehensverhältnis beendet, so dass
die Kläger den wirtschaftlichen Vorteil aus der Restschuldversicherung für den Zeitraum
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die Kläger den wirtschaftlichen Vorteil aus der Restschuldversicherung für den Zeitraum
26.09.2006 bis 12.11.2008, d.h. für 25 ½ Monate, genossen. Zugunsten der Kläger ist
daher der überschießende Betrag in Höhe von 3.647,47 € in Ansatz zu bringen, da die
Prämie für die Restschuldversicherung unmittelbar nach Darlehensgewährung mit dem
Darlehensbetrag beglichen worden ist.
Es ergibt sich demgemäß die folgende Abrechnung:
Der Beklagten stehen daher keine Ansprüche aus dem beendeten Darlehensverhältnis
zu, so dass sich der von den Klägern geltend gemachte Feststellungsantrag als
begründet darstellt.
Auf die übrigen Erwägungen der Klägerseite kommt es daher nicht letztlich nicht mehr
an.
Soweit sich die Kläger darauf berufen, die Prämie für die Restschuldversicherung sei
sittenwidrig überhöht gewesen, stellt sich ihr Vortrag ohnehin als nicht hinreichend dar,
da sie keinerlei nachvollziehbare Vergleichszahlen aufgezeigt haben. Hierauf hatte das
erstinstanzliche Gericht in dem angefochtenen Urteil bereits hingewiesen, entgegen §§
520 Abs. III Satz 2 Nr. 2, 530 ZPO haben die Kläger mit der Berufung hierzu nicht konkret
vorgetragen.
Gleiches gilt bezüglich der Frage, ob seitens der Beklagten eine Aufklärungspflicht
hinsichtlich der an sie geflossenen Provision verletzt worden ist.
Jedenfalls im angefochtenen Urteil sind die Kläger darauf hingewiesen worden, dass sie
einen möglichen Schadensersatzanspruch insoweit nicht hinreichend schlüssig dargelegt
haben, so dass sie mit der Berufung hätten konkret darlegen müssen, welche Provision
die Beklagte verdient hat. Das Vorbringen der Kläger zu der Höhe der – unstreitig
gezahlten – Provision ist jedoch nach wie vor nicht hinreichend substantiiert, da die
Kläger lediglich darauf verweisen, es sei eine „stattliche“ Provision gezahlt worden.
2.
Den Klägern steht ferner aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zahlung der
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.177,62 € zu. Insoweit kann
dahinstehen, ob die Beklagte sich bereits im Zeitpunkt der Beauftragung des
Prozessbevollmächtigten der Kläger in Verzug befunden hat, denn die geltend
gemachten Rechtsverfolgungskosten sind gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. II BGB von der
Beklagten zu erstatten. Nach dem oben Gesagten war die von der Beklagten erstellte
Widerrufsbelehrung fehlerhaft; die Beklagte hat sich insoweit vertragswidrig verhalten
und daher den Klägern auch den weitergehenden, hierdurch entstandenen Schaden in
Gestalt der Rechtsverfolgungskosten, die der Höhe nach nicht angegriffen worden sind,
zu ersetzen.
3.
Der Zinsanspruch der Kläger ergibt sich aus §§ 291 Abs. I, 288 Abs. I BGB.
4.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 91 Abs. I ZPO.
5.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus 708 Nr. 10, 711 ZPO.
6.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die der Entscheidung zugrunde liegende
Rechtsfrage, ob es sich bei dem Darlehensvertrag einerseits und den
Versicherungsvertrag um ein verbundenes Geschäft handeln kann, höchstrichterlich
geklärt ist und daher eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht mehr erforderlich
ist (§ 543 Abs. II Nr. 2 ZPO). Darüber hinaus fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§ 543 Abs. II Nr. 1 ZPO). Die Bewertung der Widerrufsbelehrung als
unzureichend ergibt sich nämlich als zwangsläufige Folge der – einzelfallbezogenen –
Einordnung von Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsabrede als verbundenes
Geschäft.
83 Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 18.303,18 € festgesetzt.
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