Urteil des OLG Brandenburg vom 29.03.2017

OLG Brandenburg: einstweilige verfügung, depot, sicherheitsleistung, erlass, auflösung, auskunftserteilung, gefährdung, zahlungsverbot, trennung, miteigentümer

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UF 149/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1378 Abs 1 BGB, § 1386 Abs 3
BGB, § 1389 BGB, § 935 ZPO
Vorzeitiger Zugewinnausgleich: Voraussetzungen des Anspruchs
auf Sicherheitsleistung für eine einstweilige
Sicherungsverfügung
Tenor
1. Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2
ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
2. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung
dieses Beschlusses gewährt.
Gründe
A.
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren um vorzeitigen Zugewinnausgleich zu
Gunsten der Klägerin.
Die Parteien haben in 1970 die Ehe geschlossen. Sie leben seit Februar 2007
voneinander getrennt.
Der Beklagte ist selbstständiger Versicherungsmakler. In den Jahren 2003 bis 2005
erwirtschaftete er einen durchschnittlichen steuerlichen Gewinn von jährlich über
100.000,00 Euro. Im Betrieb des Beklagten war die Klägerin bis zur Trennung beschäftigt
und verdiente aus geringfügiger Beschäftigung etwa 400,00 Euro monatlich.
Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer eines bebauten Grundstückes in L… …, …
weg 13. Hinsichtlich der Höhe des Grundstückswertes besteht zwischen ihnen kein
Einvernehmen. Darüber hinaus ist der Beklagte hälftiger Miteigentümer eines in S… mit
einem Einfamilienhaus bebauten Grundstückes. Zudem verfügte der Beklagte bei der
F… …bank GmbH über ein Depot mit einem Wert von über 1.2 Mio Euro. Das Depot
wurde zum 6. Juni 2007 durch den Beklagten aufgelöst.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2007 (Bl. 19 d. A.) und mit weiterem Schreiben vom 23.
Mai 2007 (Bl. 21 d. A.) forderte die Klägerin den Beklagten im Rahmen des geltend
gemachten Zugewinnausgleiches auf, über sein Vermögen Auskunft zu erteilen. Insoweit
hat der Beklagte die Einkommenssteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2003
bis 2005 der Klägerin übersandt.
Die Klägerin hat behauptet, nach der Trennung etwa im Mai diesen Jahres davon
Kenntnis erlangt zu haben, dass der Beklagte sein Depot bei der F … …bank räumen
wolle. Sie vertritt die Auffassung, der Beklagte habe ihr bislang nicht in ausreichendem
Maße Auskunft erteilt. Insoweit lägen die Voraussetzungen für die Durchführung eines
vorzeitigen Zugewinnausgleiches gemäß § 1389 BGB vor.
Die Klägerin hat Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich erhoben und zugleich einen
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 1389 BGB gestellt. Nachdem
der Beklagte zum Termin am 15. Juni 2007 nicht erschienen war, hat das Amtsgericht
unter dem gleichen Datum ein Versäumnisurteil verkündet (Bl. 63 Beiakte), mit dem der
Beklagte verurteilt worden ist, vorläufig für die Dauer von 6 Monaten eine
Sicherheitsleistung in Höhe von 600.000,00 Euro in einer der in § 232 BGB bezeichneten
Art zur Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin auf künftigen Ausgleich des
Zugewinnes zu leisten. Gegen dieses ihm unter dem 28. Juni 2007 (Bl. 70 d. A.)
zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte mit einem am 2. Juli 2007 (Bl. 72 d. A.)
eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt und diesen nachfolgend mit weiterem
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eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt und diesen nachfolgend mit weiterem
Schriftsatz vom 19. Juli 2007 begründet.
Auf Grundlage des vorgenannten Versäumnisurteils hat die Klägerin sodann ein
vorläufiges Zahlungsverbot betreffend das vorgenannte Depots veranlasst, welches erst
nach Beräumung des Depots durch den Beklagten bei der F… …bank einging (vgl. B. 82
Beiakte). Darüber hinaus hat hinsichtlich der Geschäftskonten des Beklagten die
Klägerin ein weiteres Zahlungsverbot erstritten (vgl. Bl. 83 d. A.).
Die Klägerin hat sodann beantragt,
das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, das Depotvermögen vollständig aufgebraucht zu haben
(vgl. Bl. 80 Beiakte). Darüber hinaus habe die Klägerin bereits seiner Auffassung nach
die Grundlagen eines Ausgleichsanspruches nach § 1389 BGB nicht ausreichend
dargetan, insbesondere habe er bereits ausreichende Auskunft erteilt und die Klägerin
keine Gefährdungslage dargelegt.
Mit dem am 2. August 2007 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht Zehdenick das
vorgenannte Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Amtsgericht
ausgeführt, die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1389 BGB lägen vor. Die
erhebliche Gefährdung des künftigen Anspruchs der Klägerin auf Zugewinnausgleich sei
insbesondere unter Beachtung der Auflösung des Fondsguthabens durch den Beklagten
gegeben. Darüber hinaus habe er sich beharrlich geweigert, Auskunft über sein
Vermögen zu erteilen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er in Wiederholung
und Vertiefung erstinstanzlichen Vorbringens in Abänderung des angefochtenen Urteils
seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
B.
Der Senat beabsichtigt die Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO, da die Berufung nach derzeitigem Stand keine Aussicht auf Erfolg besitzt, die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht
erfordern.
Die Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 935 ZPO hinsichtlich der
durch die Klägerin begehrten vorzeitigen Zugewinnausgleichsforderung liegen vor. Nach
dieser Vorschrift sind einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand
zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte.
I.
Bedenken an der Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung bestehen nicht.
Insbesondere ist für Ansprüche nach § 1389 BGB der vorläufige Rechtsschutz durch
einstweilige Verfügung nach § 935 ZPO zu gewähren (herrschende Meinung, vgl. nur
Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl. 2007, § 1389 Rdnr. 9). Insoweit hat das Amtsgericht
zutreffend nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 15. Juni 2007 durch
Urteil (Versäumnisurteil) entschieden, § 936 ZPO i.V.m. § 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO
entsprechend. Aufgrund des in zulässiger Weise eingelegten Einspruches des Beklagten
gegen das Versäumnisurteil war der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich
vor Eintritt der Säumnis befand, § 342 ZPO. Zutreffenderweise hat das Amtsgericht
sodann unter den zuvor genannten Voraussetzungen ein Endurteil über die durch die
Klägerin begehrte einstweilige Verfügung erlassen.
II.
Weiter liegen die Voraussetzungen für eine Sicherungsverfügung gemäß § 935 BGB, d.
h. ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund, vor.
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Der Verfügungsanspruch der Klägerin ist hier in Gestalt eines Anspruches auf
Sicherheitsleistung gemäß § 1389 BGB gegeben, der den Anspruch der Klägerin auf
vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 1386 BGB sichern soll. Nach § 1389 BGB kann
Sicherheitsleistung verlangt werden, soweit Klage auf vorzeitigen Ausgleich des
Zugewinns erhoben und wegen des Verhaltens des anderen Ehegatten zu besorgen ist,
dass seine Rechte auf den künftigen Ausgleich des Zugewinns erheblich gefährdet
werden.
a)
Die Klägerin hat im hiesigen Verfahren neben ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung auch zugleich Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich erhoben. Entgegen
der Auffassung des Beklagten kann dies gemäß dem Wortlaut des § 1389 BGB auch
außerhalb des Scheidungsverbundverfahrens, d. h. in einem isoliert geführten Verfahren
erfolgen. Die anderweitige Auffassung des Beklagten, die er im Rahmen seiner
Berufungsbegründung dargetan hat, geht insoweit fehl.
b)
Notwendig ist weiterhin eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines
Zugewinnausgleichsanspruches der Klägerin. Insoweit sind keine überspannten
Anforderungen zu stellen; scheidet allerdings ein Erfolg der Klage auf (vorzeitigen)
Zugewinnausgleich aus, ist auch der Anspruch nach § 1389 BGB zu versagen (OLG
Karlsruhe, FamRZ 1999, 663).
Insoweit bestehen anhand der durch die Klägerin dargetanen und durch den Beklagten
bislang auch nicht bestrittenen Vermögensverhältnisse hinreichende Anzeichen dafür,
dass der Klägerin ein Anspruch auf Zugewinnausgleich gemäß § 1378 BGB gegen den
Beklagten im Grundsatz zusteht. Der Beklagte stellt dies auch nicht in Abrede.
Angesichts der durch die Klägerin im Rahmen ihrer Klageschrift nachvollziehbar
dargetanen Berechnungen (vgl. dazu Bl. 6 d. A.) bestehen ferner hinreichende
Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Anspruch in Höhe von mindestens 600.000,00
Euro gegeben ist.
c)
Soweit nach § 1389 BGB weiterhin das Verhalten des anderen Ehegatten Anlass für das
Verlangen nach Sicherheit sein muss, ist dafür das Verhalten des Beklagten betreffs
seines bei der F… I…bank geführten Depots sowie bei der seitens der Klägerin
geforderten Auskunftserteilung zu berücksichtigen. Zwar genügt es im Grundsatz nicht,
wenn der Schuldner lediglich erklärt, er werde sein Vermögen abräumen und der
Bedürftige bekomme nichts (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2000, 228). Hier ist jedoch zu
beachten, dass der Beklagte den entsprechenden Aufforderungen der Klägerin zur
Auskunftserteilung zunächst allein - wie bereits dargestellt - rudimentär durch
Zurverfügungstellung der Einkommenssteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume
2003 bis 2005 nachgekommen ist. Angaben zu seinem Depot hat er in diesem
Zusammenhang zunächst nicht gemacht. Angesichts des bisherigen Verlaufes des
Rechtsstreits muss davon ausgegangen werden, dass der Klägerin tatsächlich erst im
Rahmen des hiesigen Verfahrens zur Kenntnis gelangt ist, dass der Beklagte einerseits
die Auflösung des Depots beabsichtigte und andererseits dies auch tatsächlich Anfang
Juni diesen Jahres getan hat. Hinzu tritt der Umstand, dass der Beklagte über die
Verwendung der Bestandteile des Depots mit Ausnahme des pauschalen Hinweises
darauf, dass der Depotwert nicht mehr existiere, vollständig aufgebraucht und nicht
mehr im Besitz des Antragsgegners vorhanden sei, keine nähere Angaben über die
Verwendung der erheblichen Gelder getätigt hat. In diesem Zusammenhang ist auch zu
beachten, dass der Beklagte den genauen Wert des Depots bei Auflösung bislang weder
mitgeteilt noch belegt hat; die Angabe von 1.212.140,80 Mio Euro im Schriftsatz vom 20.
Juli 2007 (Bl. 80 Beiakte) lässt jedenfalls nicht klar erkennen, ob der Beklagte diesen Wert
bestätigen wollte. Denkbar ist insoweit insbesondere, dass sogar ein darüber
hinausgehender Depotwert vorhanden war, über den der Beklagte jedenfalls nach
derzeitigem Stand keine abschließende Auskunft erteilt hat.
Bereits aufgrund dieses Verhaltens des Beklagten muss die Klägerin befürchten, dass
dieser weitere Vermögenswerte hinter sich bringt, um diese einem möglichen
Zugewinnausgleich zu entziehen.
Unabhängig davon ist auch mittlerweile von einer beharrlichen Verweigerung des
Beklagten über den Stand seines Vermögens Auskunft zu geben, auszugehen; auch
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Beklagten über den Stand seines Vermögens Auskunft zu geben, auszugehen; auch
insoweit sind die Voraussetzungen des § 1389 BGB i.V.m. § 1386 Abs. 3 BGB erfüllt. Wie
bereits zuvor dargetan, hat trotz mehrfacher Aufforderung der Beklagte bislang keine
umfassende Auskunft über sein Vermögen erteilt. Zwar stellt § 1386 Abs. 3 BGB keine
derart weitgehende Auskunftspflicht wie § 1389 BGB auf. Mit Blick auf § 1386 Abs. 3 BGB
ist es aber die Verpflichtung des in Anspruch genommenen Ehegatten, den anderen
Ehegatten wenigstens in groben Zügen über den Vermögensbestand zu informieren
(BGH, FamRZ 1978, 677). Davon muss derzeit schon angesichts der Nichtauskunft des
Beklagten betreffs der Verwendung des Depotvermögens ausgegangen werden.
Unabhängig davon hat der Beklagte jedenfalls auch nicht im Einzelnen dargetan, über
welche Vermögenswerte er in etwa unabhängig von den unstreitig im Tatbestand
dargestellten Vermögenswerten verfügt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er
nunmehr im Rahmen der Berufungsbegründung eine weitergehende Auskunft
verweigert.
2.
Der gemäß § 1389 BGB erforderlich Gefährdungsgrund als Verfügungsgrund gemäß §
935 ZPO ist ebenfalls gegeben. Insoweit korrespondiert diese Voraussetzung mit
derjenigen eines vorzeitigen Zugewinnausgleichs gemäß § 1386 Abs. 2 BGB, wonach
eine erhebliche Gefährdung der künftigen Ausgleichsforderung zu besorgen sein muss.
Wie zuvor dargestellt, sind bereits unter Beachtung des Verhaltens des Beklagten
hinsichtlich seines Depotvermögens bei dem F… I…trust erhebliche Anhaltspunkte für
eine derartige Gefährdungslage gegeben. Einer weitergehenden Begründung bedarf es
daher nicht.
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