Urteil des OLG Brandenburg vom 20.05.2009

OLG Brandenburg: gutachter, wochenendhaus, grundstück, herstellungskosten, kopie, zustand, baujahr, ddr, gebäude, immobilie

1
2
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 94/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 Abs 1 BGB, § 287 Abs 1 S
1 ZPO
Unerlaubte Handlung: Schadensersatzanspruch wegen
irrtümlichen Abrisses eines Gartenhauses
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Mai 2009 verkündete Urteil des
Landgerichts Neuruppin - 2 O 320/06 - unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Mitgläubiger € 18.236,58 zu zahlen nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
a) aus € 10.326,00 ab 09.09.2006,
b) aus € 875,00 ab 16.01.2007 und
c) aus € 7.035,58 ab 04.12.2007.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben jeder Kläger 20 % und die
Beklagte 60 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen insgesamt der
Beklagten zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Prozessparteien streiten darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange den
klagenden Eheleuten ein zum Ersatz verpflichtender Vermögensnachteil dadurch
entstanden ist, dass das beklagte Tiefbauunternehmen am 16./17. März 2004 –
irrtümlich – ein den Klägern gehörendes Wochenendhaus, belegen auf deren Grundstück
in der …allee 36, H…, abgerissen und dabei weitere Beschädigungen auf dem
klägerischen Anwesen verursacht hat. Die Beklagte verteidigt sich im Kern damit, das
Objekt und die baulichen Außenanlagen seien ohnedies marode gewesen und hätten
den Wert der Immobilie lediglich gemindert, so dass die Kläger im Ergebnis sogar einen
wirtschaftlichen Vorteil erlangt hätten. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und
der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das bisherige Prozessergebnis ist in der
nachfolgenden Tabelle dargestellt:
lfd. Nr.
Position
Betrag in €, der in der Eingangsinstanz wurde
eingeklagt
zuerkannt
abgewiesen
1
Sachschaden
21.178,00
10.326,00
10.852,00
2
Privatgutachterkosten
464,00
0,00
464,00
3
Anwaltskosten
269,41
547,62
-278,21
4
Bodenplattenabriss
1.004,00
0,00
1.004,00
5
Einebnung
875,00
875,00
0,00
6
Katasterauskünfte
21,00
21,00
0,00
7
Architektenhonorar
4.667,18
4.667,18
0,00
8
Vermessungsunterlagen 100,00
100,00
0,00
9
Vermessungskosten
285,60
285,60
0,00
10
Lagepläne
1.451,80
1.451,80
0,00
3
4
5
6
7
8
9
10
11
10
Lagepläne
1.451,80
1.451,80
0,00
11
Kampfmittelüberprüfung 200,00
200,00
0,00
12
Baugenehmigung
100,00
100,00
0,00
13
bautechnische Nachweise210,00
210,00
0,00
Differenz
-9,00
0,00
-9,00
Vom Landgericht Neuruppin, das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde der Klage –
nach umfangreicher Beweisaufnahme – in dem aus der obigen Tabelle ersichtlichen
Umfange stattgegeben. Das angefochtene Urteil, auf das auch wegen der
Entscheidungsgründe verwiesen wird, ist der Beklagten am 27. Mai 2009 (GA II 333) – zu
Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten – zugestellt worden. Sie hat am
26. Juni 2009 (GA II 335) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr
Rechtsmittel – nach antragsgemäßer Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27.
August 2009 (GA II 345) – mit einem am 25. August 2009 per Telekopie bei dem
Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA
II 347 ff.).
Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
bisherigen Vorbringens in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Dazu trägt sie
insbesondere Folgendes vor:
Die hauptsächliche Schadensersatzposition, die das Landgericht mit € 10.326,00
beziffert habe, sei von ihm – ohne Differenzierung nach Einzelpositionen sowie ohne
tatsächliche und rechtliche Prüfung – aus dem Gutachten des Sachverständigen F…
übernommen worden. Dieses beruhe jedoch auf falschen Prämissen, weil es allein auf
theoretische Standards abstelle und die Besonderheiten des konkreten Falles außer
Acht lasse. Das streitgegenständliche Gartenhaus sei schon vor seinem irrtümlichen
Abriss stark beschädigt und nicht mehr nutzbar gewesen. Die äußeren Umstände –
insbesondere die Entfernung der Dämmung und der Platten von der Decke sowie die
starke Verwilderung des Gartens – sprächen deutlich dafür, dass der asbestbelastete
Bau nicht mehr für den weiteren Gebrauch vorgesehen gewesen sei, sondern bereits vor
längerem auf Veranlassung der Eigentümer seine Entkernung begonnen hatte. Ein
fiktives Baujahr 1979 anzunehmen, wie im Gutachten geschehen, sei willkürlich. Welchen
Einfluss ein Baujahr vor 1974 auf die Wertbestimmung hätte, sei vom Sachverständigen
– entgegen dem gerichtlichen Auflagenbeschluss – nicht mitgeteilt worden. Er habe
zudem eine falsche Restnutzungsdauer in Ansatz gebracht. Ohnehin könne der
Wiederherstellungswert eines unbenutzbaren Gebäudes nicht mit Hilfe einer aus
Tabellen abgelesenen Restnutzungsdauer bestimmt werden. Eben sowenig dürften dazu
Normalherstellungskosten und die Alterswertminderung herangezogen werden. Statt
des mittleren Herstellungswertes hätte der Gutachter allenfalls den Wert für die einfache
Ausführung zugrunde legen dürfen. Die Verwendung von Asbestbaustoffen und die
Verwilderung des Anwesens seien zweifelsfrei wertmindernde Faktoren. Die Grundfläche
des Wochenendhauses könne nicht größer gewesen sein als das Fundament, auf dem es
gestanden habe. Dass statt maximal 10 m ganze 20 m des Jägerzaunes von ihr – der
Beklagten – abgebaut worden seien, stehe nicht fest. Der Elektroanschluss habe keinen
Schaden genommen; nur der Stromzähler und die Elektroleitungen zur
Hausanschlusssäule seien aus Sicherheitsgründen entfernt worden. Einen neuen
Trinkwasserbrunnen könne man für nicht mehr als € 1.000,00 errichten lassen. An
Abbruchkosten für das Fundament fielen maximal € 6,00 pro m² an. Dass sich die
Planungskosten auf ein mit dem ursprünglichen Gartenhäuschen vergleichbares Objekt
bezögen, müssten die Kläger dartun und nachweisen; substanziiertes Bestreiten könne
von ihr, der Beklagten, nicht verlangt werden.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen – ihr bisheriges Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend – das
landgerichtliche Urteil, soweit es ihnen günstig ist; im Übrigen nehmen sie es hin. Sie
tragen insbesondere Folgendes vor:
Die Angriffe der Beklagten gegen das Gutachten des Sachverständigen F… und gegen
die Beweiswürdigung der Zivilkammer seien unbegründet. Selbstverständlich dürfe sich
das Gericht auf plausible und nachvollziehbare Feststellungen eines Sachverständigen
12
13
14
das Gericht auf plausible und nachvollziehbare Feststellungen eines Sachverständigen
stützten; hierin bestehe der Sinn und Zweck einer solchen Beweiserhebung. Von der
Möglichkeit, dem Gutachter Ergänzungsfragen zu stellen, habe die Beklagte keinen
Gebrauch gemacht. Seine Äußerungen seien auf den Streitfall zugeschnitten und
beruhten keineswegs auf falschen Prämissen. Der Privatsachverständige Dipl.-Ing. W…
L… habe sogar einen höheren Schaden festgestellt. Keineswegs sei das
streitgegenständliche Gartenhäuschen zum Abriss vorgesehen gewesen. Grundstück
und Gebäude hätten damals – durch Zeugenaussagen bestätigt – einen soliden
Eindruck gemacht. Die Aussage des Klägers zu 1) bei der Polizei, wonach das Haus
vermutlich in den 1930er Jahren errichtet worden sei, beinhalte lediglich eine Annahme.
Ein fiktives Baujahr 1979 zugrunde zu legen – wie im Gutachten des Sachverständigen
F… geschehen – erweise sich keineswegs als willkürlich. Betreffend den Jägerzaun habe
der Gutachter lediglich ausgeführt, wie viele Meter davon zu erneuern seien. Den
Elektroanschluss habe die Beklagte insgesamt unbrauchbar gemacht; zudem sei wegen
des Abrisses der Bestandschutz für die Altanlage aus DDR-Zeiten fallen. Die Kosten für
den Neubau eines Trinkwasserbrunnens mit höchstens € 1.000,00 zu veranschlagen,
erweise sich als viel zu gering. Dass das neu zu errichtende Gebäude im Wesentlichen
dem abgerissenen entspreche, folge schon aus der Baugenehmigung, die andernfalls
nicht erteilt worden wäre.
Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage
mit den Prozessbevollmächtigten beider Seiten eingehend erörtert. Der Senat hat im
Rahmen von § 139 ZPO auf alle entscheidungserheblichen Punkte hingewiesen. Die vom
Kläger zu 1) überreichte Bauplanmappe (Kopie GA III 429 ff.) ist in Augenschein
genommen worden. Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) H… F… wurde ergänzend zu
seinem schriftlichen Gutachten und zu den Fragen der Beklagten gehört; das
Ergebnisses ist im Protokoll vom 07. April 2010 (GA II 408, 409 ff.) festgehalten. Im
Übrigen wird zur Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen
Prozessgeschichte auf die anwaltlichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf
sämtliche Terminsprotokolle sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A. Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig; es wurde von ihr insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt die
Berufung allerdings ganz überwiegend erfolglos. Die Beklagte ist vom Landgericht zu
Recht verurteilt worden, den Klägern Schadensersatz zu leisten, weil ihre Arbeitnehmer –
irrtümlich – das klägerische Wochenendhaus in B… abgerissen und dabei auch bauliche
Außenanlagen auf dem Grundstück zerstört respektive beschädigt haben. Abzuweisen
bleibt die Klage in der Berufungsinstanz zunächst insoweit, wie der Ersatzanspruch den
Klägern von der Zivilkammer antragsgemäß als im Sinne von § 428
Satz 1 BGB zuerkannt wurde; als Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft sind sie
lediglich Mitgläubiger einer – wegen der gemeinschaftlichen Empfangszuständigkeit –
aus rechtlichen Gründen unteilbaren Leistung (§ 432 Abs. 1 BGB; vgl. hierzu
Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 423 Rdn. 1 f., m.w.N.). Dass die Vorinstanz die –
sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils zweifelsfrei ergebende – Abweisung der
Klage betreffend den die zugesprochenen € 18.784,20 übersteigenden Betrag nicht in
den Tenor seiner Entscheidung aufgenommen hat, konnte der Senat nach § 319 Abs. 1
ZPO korrigieren, weil es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt. Hinsichtlich der €
9,00, um die sich die Kläger gemäß der obigen Tabelle bei der Addition der Einzelposten
zu ihren Gunsten vertan haben, ist die Klage bereits im ersten Rechtszug abgewiesen
worden. Prozessual unschädlich bleibt im Ergebnis zwar, dass das Landgericht den
Klägern hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten einen höheren Betrag zuerkannt
hat, als ursprünglich von ihnen beantragt wurde; der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist
in zweiter Instanz durch eine entsprechende – zumindest konkludente – Genehmigung
der Kläger geheilt worden, die in ihrem Antrag auf Zurückweisung der gegnerischen
Berufung liegt (vgl. dazu BGHZ 111, 158, 161; ferner Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 308 Rdn.
20; jeweils m.w.N.). Auch insoweit ist die Klage aber vom Senat abzuweisen, weil die
Geschäftsgebühr schon gemäß dem klägerischen Vorbringen noch nach § 118 Abs. 1 Nr.
1 BRAGO angefallen ist und § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO deren vollständige Anrechnung
vorsah (vgl. dazu OLG München, Beschl. v. 06.05.2005 - 11 WF 1000/05, OLG-Rp 2005,
600 = Rpfleger 2005, 571). Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Der klägerische Schadensersatzanspruch findet seine gesetzliche Grundlage in § 831
Abs. 1 Satz 1 und in § 823 Abs. 1 BGB. Die Verrichtungsgehilfen der Beklagten hätten
sich – unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt – vor dem Beginn der
Abrissarbeiten darüber vergewissern können und müssen, dass diese tatsächlich auf
Anwesen durchgeführt werden, für das ihrem Arbeitgeber ein entsprechender
Auftrag vorlag. Der Beklagten selbst fällt zur Last, keine geeigneten organisatorischen
15
16
Auftrag vorlag. Der Beklagten selbst fällt zur Last, keine geeigneten organisatorischen
Vorkehrungen getroffen zu haben, durch die sichergestellt wird, dass ihr erteilte
Abrissaufträge durch ihre Beschäftigten auch dann auf der richtigen Liegenschaft
ausgeführt werden, wenn sich in der Nähe andere Grundstücke befinden, die entweder
nicht oder nur unzureichend durch ein Namens- beziehungsweise Hausnummernschild
gekennzeichnet sind. Mit dem Einwand, sie habe den Klägern – bei wirtschaftlicher
Betrachtung – durch den eigenmächtigen Abriss im Ergebnis eine Wohltat erwiesen, weil
die Aufbauten ohnedies marode gewesen seien und den Wert der Immobilie gemindert
hätten, kann die Beklagte bereits deshalb nicht durchdringen, weil es nicht ihr, sondern
allein den Klägern als Eigentümern obliegt, darüber zu entscheiden, ob sich die ihnen
gehörende Immobilie in einem bebauten oder einem unbebauten Zustand befinden soll.
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB gilt im Schadensersatzrecht primär der Grundsatz der
Naturalrestitution und nicht allein das Prinzip der vergleichenden Wertbetrachtung. Dies
dient dazu, das Integritätsinteresses des jeweiligen Geschädigten zu schützen (vgl. dazu
MünchKommBGB/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rdn. 313.). Da es im Streitfall um die
Beschädigung einer Sache geht, haben die Kläger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB
unmittelbar – also auch ohne eine vorherige Fristsetzung im Sinne des § 250 BGB –
Anspruch auf Zahlung des Geldbetrages, der erforderlich ist, um den Zustand
herzustellen, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand – hier die
Gewalteinwirkung auf das Grundstück durch unbefugte Abrissarbeiten – nicht eingetreten
wäre.
2. Mit Blick auf die so genannte haftungsausfüllende Kausalität, also die Frage, ob den
Klägern durch die – an sich unstreitige – widerrechtliche Gewalteinwirkung seitens der
Beklagten auf das Anwesen in B… ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich dieser
beziehungsweise das zu ersetzende Interesse beläuft, durfte das Landgericht gemäß §
287 Abs. 1 Satz 1 ZPO – unter Würdigung aller Umstände – nach freier Überzeugung
entscheiden. Dahinter steht der Gedanke, dass insbesondere bei einer feststehenden
Rechtsgutverletzung – wie hier – ein Ersatzanspruch des Inhabers der geschützten
Rechtsposition nicht deshalb aus prozessualen Gründen scheitern soll, weil sich der
Eintritt eines Vermögensnachteils und dessen Höhe im Einzelnen kaum oder nur schwer
nachweisen lassen. Ergänzend bleibt im Streitfall zu berücksichtigen, dass es die
deliktischen Handlungen der Beklagten und ihrer Verrichtungsgehilfen sind, die zu
erheblichen Beweisschwierigkeiten bei den Klägern geführt haben; es gab für Letztere
keinerlei Anlass, den Zustand ihres Gartenhauses und der baulichen Außenanlagen vor
dem plötzlichen Abriss zu dokumentieren. Von der Zivilkammer, die im angefochtenen
Urteil von der gesetzlichen Möglichkeit der Schadensschätzung Gebrauch gemacht hat,
sind – nach umfangreicher Beweisaufnahme – alle Umstände des Streitfalles hinreichend
gewürdigt worden. Die Schätzung stützt sich im Kern auf das Gutachten des
gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H… F… vom 12. August 2008 (GA I 203 ff.)
und auf dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 12. November 2008 (GA
II 272 ff.). Der Sachverständige hatte zuvor – im Termin am 18. Juni 2008 (GA I 179 ff.) –
an der mündlichen Verhandlung erster Instanz vor dem Landgericht teilgenommen, in
dem die Zeugen gehört wurden (LGU 4). Ihm standen einige Fotos zur Verfügung, die
jedenfalls einem Fachmann objektive Anhaltspunkte dafür liefern, um was für eine Art
von Baulichkeit es sich bei dem klägerischen Gartenhaus handelte (GA I 232 ff.). In dem
Stadtarchiv von H… konnte der Gutachter zudem Bauunterlagen aus den Jahren 1987/
1988 finden (GA I 205, 216 ff.). Schon deshalb geht der Einwand der Beklagten fehl, der
Sachverständige habe bei der Schadensermittlung – ohne Rücksicht auf die Umstände
des konkreten Falles – allein auf theoretische Standards abgestellt. Das
streitgegenständliche Wochenendhaus mag sich vor seinem Abriss gewiss in einem
erheblich sanierungsbedürftigen Zustand befunden haben; seine gänzliche
Unbenutzbarkeit und Abbruchreife lassen sich jedoch ebenso wenig feststellen wie
erwiesen ist, dass die Kläger das Objekt ohnehin entkernen wollten und damit schon
begonnen hatten.
3. Zu den Herstellungskosten im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB, die die Kläger von der
Beklagten verlangen können, gehören zunächst die € 10.326,00, die der gerichtliche
Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) H… F… in seinem Gutachten als Sachwert des
Gartenhauses nebst Zaun, Stromzähler und Brunnen ermittelt hat (GA I 203, 212 f.). Die
Angriffe, die dagegen mit der Berufungsbegründung erhoben werden, bleiben –
insbesondere nachdem der Senat den Sachverständigen im Termin am 07. April 2010
mündlich gehört hat, wobei für die Beklagte die Möglichkeit bestand, ihre Fragen
unmittelbar an den Gutachter zu richten (Protokoll GA II 408, 409 ff.) – erfolglos. Der
Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich der Sachverständige als Fachmann aufgrund
seiner besonderen Sachkunde anhand der im vorliegenden Zivilprozess zu Tage
getretenen Umstände und Fakten ein für die Wertermittlung hinreichend zuverlässiges
Bild von dem streitgegenständlichen Objekt verschaffen konnte, ohne das
Wochenendhaus und die baulichen Außenanlagen vor ihrem Abriss selbst in
17
Wochenendhaus und die baulichen Außenanlagen vor ihrem Abriss selbst in
Augenschein genommen zu haben. Warum er die Restnutzungsdauer des Gartenhauses
– unter Berücksichtigung aller Umstände – auf zehn Jahre geschätzt und wie er das
fiktive Baujahr 1979 ermittelt hat, ist durch den Gutachter sowohl in seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 12. November 2008 (GA II 272 f.) als auch bei seiner Vernehmung
in der Berufungsverhandlung nachvollziehbar erläutert worden. Von Willkür kann in
diesem Zusammenhang – anders als die Beklagte meint – keine Rede sein. Die
wirtschaftliche Restnutzungsdauer nach dem Verständnis des § 16 Abs. 4 WertV darf
nicht mit der verbleibenden technischen Restlebensdauer des betreffenden Objekts
verwechselt werden (vgl. hierzu Kleiber in Kleiber/Simon, Verkehrswertermittlung von
Grundstücken, 5. Aufl., Teil V, § 16 WertV Rdn. 101). Auch bei einer Baulichkeit, die
gegenwärtig weder bewohnt wird noch bewohnbar ist, reduziert sich – anders als
möglicherweise die Beklagte meint – die Restnutzungsdauer keineswegs ohne weiteres
auf Null. Anhaltspunkte dafür, dass das streitgegenständliche Gartenhaus bereits in den
1930er Jahren errichtet worden sein könnte, hat der Sachverständige nicht finden
können; nach seinen Bekundungen deutet vielmehr die Ausführung der Bodenplatte auf
eine in der ehemaligen DDR ab den 1970er verbreitete Bauweise hin und auch ein
Wochenendhaus der hier streitgegenständlichen Art sei – so der Gutachter – zu DDR-
Zeiten typisch gewesen. Bei der Alterswertminderung handelt es sich um einen vom
Sachverständigen interpolierten Tabellenfaktor, der im Ergebnis zu einem unter den
Normalherstellungskosten liegenden Gebäudezeitwert führt. Dass deren Grundwert in
der hierfür einschlägigen Tabelle (Kopie GA I 231) der Spalte „ “ zu
entnehmen ist, hat der Gutachter überzeugend mit den entsprechenden
Beschaffenheitsangaben erklärt und durch eine im Termin der mündlichen Verhandlung
zweiter Instanz überreichte Übersicht betreffend Lauben und Wochenendhäuser im
Beitrittsgebiet untersetzt (GA II 414a). Nachvollziehbar sind ebenfalls seine
Ausführungen, wonach die Verwendung asbesthaltiger Baustoffe unter den hier gegeben
Umständen keine weitere Wertminderung rechtfertigt. Eine Verwilderung des
Grundstücks wäre, was gleichermaßen einleuchtet, nur bei der Ermittlung des
Bodenwertes zu berücksichtigen gewesen, der hier nicht zu bestimmen war. Dem
Einwand, dass die Grundfläche eines Gartenhauses nicht größer sein könne als das
Fundament, auf dem es steht, ist der Gutachter plausibel unter Hinweis darauf
entgegengetreten, dass ein Gebäude – aus technischen Gründen – sogar regelmäßig
jedenfalls geringfügig überstehe. Auch wenn die Beklagte lediglich 10 m des so
genannten Jägerzaunes zerstört hat, können die Kläger Ersatz für die Kosten der
Erneuerung der gesamten Zaunseite verlangen, weil nach den Bekundungen des
Sachverständigen die für eine bloße Teilinstandsetzung erforderlichen Baumaterialien
auf dem Markt nicht mehr erhältlich sind. Mit der Entfernung des Stromzählers und der
Elektroleitungen haben die Mitarbeiter der Beklagten die Stromversorgung zerstört.
Auch insoweit steht den Klägern ein Anspruch auf Ersatz der Herstellungskosten zu; sie
müssen sich keineswegs mit der Herausgabe von Einzelteilen der früheren Elektroanlage
durch die Beklagte begnügen, zu der es – nach dem Sach- und Streitstand im Termin
der mündlichen Verhandlung – ohnedies nicht gekommen ist. Bei der Ermittlung der
Werte für den Trinkwasserbrunnen und die Fundamentabbruchkosten hat der Gutachter
sich auf Standardwerke aus dem Bereich der Immobilienbewertung gestützt und
hinsichtlich des Brunnens – ebenso wie bei dem Wochenendhaus – eine
Alterswertminderung in Abzug gebracht, was keinen durchgreifenden Bedenken
begegnet. Ob die Beklagte selbst entsprechende Leistungen zu einem geringeren Preis
anbieten könnte, spielt schon deshalb keine Rolle, weil sie keinen Anspruch darauf hat,
Naturalrestitution leisten zu dürfen. Plausibel ist ferner der Hinweis des
Sachverständigen betreffend die Abbruchkosten, wonach Kleinstaufträge besonders
aufwändig und teuer sind; ferner bleibt – so der Gutachter – der Entsorgungs- und
Verfüllungsaufwand bei der Kalkulation zu berücksichtigen.
4. Die Herstellungskosten im Sinne des Gesetzes umfassen ferner, wie das Landgericht
zutreffend angenommen hat, den finanziellen Aufwand für die Planung und sonstige
Vorbereitung der Errichtung eines neuen Wochenendhauses. Schon die durch den
Landkreis … als untere Bauaufsichtsbehörde mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 (Kopie
Anlage K11/GA I 110 ff.) ausnahmsweise – entgegen § 4 BauNV – für einen Ersatzneubau
erteilte Genehmigung spricht dafür, dass das Bauvorhaben mit der von Beklagtenseite
abgerissenen Baulichkeit vergleichbar ist. Die Errichtung eines Gebäudes zu
Dauerwohnzwecken ist weder von den Klägern beantragt noch ihnen genehmigt worden.
Eventuell noch verbliebene Zweifel sind jedenfalls durch die Bauplanmappe ausgeräumt
worden, die der Kläger zu 1) im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz
vorgelegt hat und in der sich sowohl nähere Angaben zum Typ der geplanten Baulichkeit
als auch bildliche Darstellungen davon befinden (Kopie GA III 429, 467 und 475 ff.). Dass
nach den eingereichten Unterlagen auch Platz für die spätere Bebauung mit einem
Wohnhaus bleiben soll, erweist sich als unschädlich; es obliegt der Dispositionsfreiheit
der Kläger, wie sie in Zukunft mit ihrem Eigentum verfahren wollen. Auch aus dem
18
19
20
21
der Kläger, wie sie in Zukunft mit ihrem Eigentum verfahren wollen. Auch aus dem
Umstand, dass sie mit dem Bau des neuen Gartenhauses noch nicht begonnen haben,
vermag die Beklagte nichts Günstiges für sich herzuleiten; sie ist den Klägern die
Zahlung der erforderlichen Herstellungskosten bislang schuldig geblieben. Dass die
Honorarrechnungen des Architekten W… T… den Neubau eines Wochenendhauses auf
dem streitgegenständlichen Grundstück betreffen, ergibt sich bereits aus ihrem Inhalt
(Kopien Anlagen K13 bis 15/GA I 188 ff.).
B. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Nr. 1 sowie § 97 Abs. 1 ZPO. Danach haben die Parteien die Kosten des
erstinstanzlichen Verfahrens entsprechend dem Verhältnis ihres Unterliegens zu tragen.
Die Kosten des nahezu in vollem Umfange erfolglosen Rechtsmittels fallen dagegen
allein der Beklagten zur Last, weil sie es eingelegt hat; die Zuvielforderung der Kläger
war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst.
C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus
§ 708 Nr. 10 ZPO. Von Schuldnerschutzanordnungen sieht der Senat gemäß § 713 ZPO
ab, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen die
Berufungsentscheidung stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen (§ 543 Abs. 1 i.V.m. §
544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache
hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen
auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall und auf der Würdigung von dessen
tatsächlichen Umständen. Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder
zu Entscheidungen anderer Oberlandesgericht ist nicht ersichtlich.
E. Der für den beträgt bis (§ 3 ZPO
i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum