Urteil des OLG Brandenburg vom 20.11.2009

OLG Brandenburg: grundbuchamt, kaufpreis, nachlass, kaufvertrag, gegenleistung, form, eigentümer, unentgeltlichkeit, vertreter, urkunde

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 Wx 35/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 181 BGB, § 182 Abs 1 BGB, §
2205 BGB
Testamentsvollstreckung: Geltung des
Selbstkontrahierungsverbots für den Testamentsvollstrecker;
Erstreckung auf die Genehmigung der rechtsgeschäftlichen
Erklärungen eines Dritten
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts
Potsdam vom 20. November 2009 – Az.: 5 T 586/08 – wird zurückgewiesen.
Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde: 20.000 €.
Gründe
I
Die Antragstellerin begehrt die Eintragung von Sicherungszwangshypotheken in einer
Gesamthöhe von 20.000 € und zwar im Einzelnen zulasten des in Blatt 8059
verzeichneten Grundbesitzes in Höhe von 3.750 €, zulasten des in Blatt 8117 und 8120
verzeichneten Grundbesitzes in Höhe von jeweils 7.000 € und zulasten des in Blatt 8234,
8235 und 8246 verzeichneten Grundbesitzes in Höhe von jeweils 750 € sowie die
Wiedereintragung des Schuldners Dr. R… Ro… als Eigentümer und des vormaligen
Testamentvollstreckervermerks in Abteilung II Nr. 6.
Der zu diesem Zeitpunkt als Eigentümer eingetragene Schuldner Dr. R… Ro… schloss
mit der nunmehr eingetragenen Eigentümerin am 21. Dezember 2005 zur UR.-Nr.
257/05 des Notars … mit Amtssitz in B… einen notariellen Kaufvertrag über die in den
Grundbüchern von P…, Blatt 8059, 8117, 8120, 8234, 8235 und 8246 eingetragenen drei
Eigentumswohnungen nebst den dazugehörigen Tiefgaragenstellplätzen. Die Eintragung
der neuen Eigentümerin erfolgte am 10. August 2006 in den genannten Grundbüchern.
Am 27. September 2006 erwirkte der vormals eingetragene Eigentümer Dr. R… Ro… im
Wege der einstweiligen Verfügung durch das Amtsgericht Potsdam die Eintragung eines
Widerspruchs gegen die Richtigkeit der Eintragung der neuen Eigentümerin. In Abteilung
II des Grundbuchs wurden Widersprüche zugunsten des vormaligen Eigentümers gegen
die erfolgte Umschreibung des Eigentums sowie gegen die Richtigkeit der Löschung des
Testamentsvollstreckervermerks in Abteilung II lfd. Nr. 6 eingetragen. Der Beschluss des
Amtsgerichts Potsdam wurde in der Folgezeit durch Urteil des Landgerichts Potsdam
vom 12. Januar 2007 aufgehoben und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung
zurückgewiesen. Die Widersprüche wurden am 20. Juni 2006 im Grundbuch gelöscht. Ein
hiergegen gerichtetes Beschwerdeverfahren des vormaligen Eigentümers bleib auch vor
dem Senat (5 WX 36/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht) ohne Erfolg.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2008 beantragte die Beschwerdeführerin unter Vorlage der
vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunden des Notars K… vom 11. April 2008 zur UR-Nr.
1658/08 die Eintragung von Einzelzwangshypotheken zulasten des oben bezeichneten
Grundbesitzes sowie die Wiedereintragung des Eigentums des Schuldners Dr. R… Ro…
und des Testamentsvollstreckervermerks.
Zur Begründung hat die Antragstellerin geltend gemacht, dass der Schuldner zwar
derzeit nicht im Grundbuch eingetragen sei und es an den notwendigen Voreintragungen
des Betroffenen fehle. Die Eintragung der Frau M… J… als Eigentümerin im Grundbuch
habe das Grundbuch jedoch unrichtig gemacht. Insoweit werde die
Grundbuchberichtigung beantragt. Die in dem notariellen Kaufvertrag vom 21.
Dezember 2005 erklärte Auflassung sei unwirksam, weil der Testamentsvollstrecker
nicht wirksam zugestimmt habe. Der Testamentsvollstrecker habe unentgeltlich verfügt.
Dem Nachlass sei keine Gegenleistung zugeflossen. Der Kaufpreis sei ausschließlich der
H… AG zugeflossen, was sich aus der eingereichten Abrechnung ergebe, die der Form
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H… AG zugeflossen, was sich aus der eingereichten Abrechnung ergebe, die der Form
des § 29 GBO genüge. Aus der Urkunde vom 21. Dezember 2005 gehe hervor, dass nur
der Schuldner persönlich Verkaufspartei gewesen sei, nicht auch der
Testamentsvollstrecker. Demgemäß habe der Testamentsvollstrecker am 5. Januar
2006 nur dem Verkauf und der Auflassung durch einen nicht verfügungsberechtigten
Verkäufer und Eigentümer zugestimmt, also einem Fremdgeschäft. Die gegenüber dem
Verkäufer erklärte Zustimmung sei gemäß § 181 BGB unwirksam. Die gegenüber der
Käuferin erklärte Zustimmung scheitere daran, dass es sich um ein Geschäft handele,
an dem der Schuldner ein persönliches und erhebliches Eigeninteresse gehabt habe
oder hätte haben können. Die Zustimmung sei aufgrund dieses Interessenkonfliktes
unwirksam.
Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 23. Juli 2008 zurückgewiesen. Die
hiergegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem Landgericht ohne Erfolg. Zur
Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam
vom 23. Juli 2008 sei nicht zu beanstanden. Die Eintragung zur Berichtigung des
Grundbuchinhaltes erfolge in dem von Antragsgrundsatz und Bewilligungsgrundsatz
beherrschten Grundbuchverfahren, wenn neben dem Eintragungsantrag und der
Zustimmung des wahren Eigentümers die Eintragungsbewilligung des Buchberechtigten
vorliege. An letzterem fehle es. Der Bewilligung des von der berichtigten Eintragung
Betroffenen bedürfe es ausnahmsweise nur dann nicht, wenn die tatsächlich bestehende
Unrichtigkeit des Grundbuchinhaltes nachgewiesen sei (§ 22 GBO). Dies erfordere den
Nachweis aller Tatsachen, die nach der Rechtsüberzeugung des Grundbuchamtes die
Grundbuchunrichtigkeit ergebe. An diesen Nachweis seien strenge Anforderungen zu
stellen, weil er die Grundbucheintragung ohne Zustimmung des Betroffenen ermögliche.
Gemessen hieran sei der Unrichtigkeitsnachweis nicht erfolgt. Die von der Antragstellerin
geltend gemachte Unwirksamkeit der Auflassung vom 21. Dezember 2005 sei nicht
gemäß § 29 GBO nachgewiesen. Die nunmehr vorgelegte Abrechnung der H… AG
erbringe bereits den Beweis der Unentgeltlichkeit der Verfügung nicht. Im Gegenteil
ergebe sich aus der Abrechnung, dass der Kaufpreis in Höhe von 400.000 € geschuldet
und auch gezahlt worden sei. Dass dieser dann bei der H… eingegangen sei, nähme der
Verfügung aus dem Kaufvertrag nicht ihre Entgeltlichkeit. Aus der Urkunde ergebe sich
nicht, dass der Kaufpreis nicht zunächst in den Nachlass gelangt sei, bevor er auf das
Konto bei der H… gelangt sei. Darüber hinaus lasse sich dem Kaufvertrag in Verbindung
mit der im Rahmen der Nachbeurkundung vom 5.Januar 2006 erklärten Zustimmung
des Testamentsvollstreckers nicht entnehmen, dass ein unzulässiges In-sich-Geschäft
des Testamentsvollstreckers vorliege.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie im
Einzelnen geltend macht, die Grundstücksveräußerungsvollmacht vom 27. Juli 2005 sei
formnichtig, weil sie nur beglaubigt und nicht beurkundet sei. Für diese
Verkaufsvollmacht zugunsten der Bank sei ausnahmsweise die Form der öffentlichen
Urkunde erforderlich gewesen, weil die Vollmacht bereits die gleiche oder ähnliche
Wirkung gehabt habe, wie der Vertrag selbst, der aufgrund der Vollmacht habe
abgeschlossen werden sollen. Die Bank sei daher nur als vollmachtloser Vertreter
aufgetreten und habe als solcher auch die Auflassung erklärt. Eine Genehmigung des
vollmachtlosen Handelns der Bank sei nicht wirksam erfolgt. Die Zustimmungserklärung
des Testamentsvollstreckers vom 5. Januar 2006 sei wegen Unentgeltlichkeit oder
möglicher Unentgeltlichkeit der Verfügung unwirksam. Mit dem Kaufvertrag vom 21.
Dezember 2005 sei urkundlich nachgewiesen, dass der Kaufpreis 400.000 € betragen
habe. Durch die Abrechnung des Notars … vom 12. Februar 2008 nebst Auszug aus
dessen Massekonto sei nachgewiesen, dass der Kaufpreis von 400.000 € am 1. März
2008 von der Käuferin auf das Anderkonto des Notars eingezahlt worden sei und am 19.
Juni 2008 als für Rechnung von Dr. R… Ro… ausgezahlt gebucht worden sei und – wie die
H… AG mit ihrer notariell beglaubigten Erklärung vom 10./13. Juni 2008 bestätigt habe –
am 16. Juni 2006 bei ihr eingegangen sei. Der Betrag sei in vollem Umfang zur Tilgung
des bei der H… AG bestehenden Schuldsaldos des Schuldners Dr. R… Ro… persönlich
aus den bestehenden Darlehensverträgen verwendet worden. Der Nachlass sei weder
Schuldner, Mitschuldner oder Vertragspartner der Bank gewesen. Bei dieser Sachlage
sei nicht vorstellbar, dass der Kaufpreis zunächst in den Nachlass gelangt sei, bevor er
auf dem Konto der H… eingegangen sei. Dies werde auch durch die nunmehr vorgelegte
eidesstattliche Versicherung des Schuldners Dr. R… Ro… belegt. Damit sei der
urkundliche Strengbeweis gemäß §§ 22, 29 GBO geführt, dass dem Nachlass kein
Gegenwert aus dem Verkauf zugeflossen sei. Selbst wenn dem nicht so sei, ergebe sich,
dass weder die Unentgeltlichkeit noch die Entgeltlichkeit der Verfügung nachgewiesen
sei, die Unentgeltlichkeit aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne. In einem
solchen Falle sei das Grundbuchamt verpflichtet gewesen, den seinerzeitigen
Eigentumsumschreibungsantrag nur stattzugeben, wenn die Bewilligung der nur
mittelbar und nur möglicherweise Betroffenen durch Zwischenverfügung eingefordert
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mittelbar und nur möglicherweise Betroffenen durch Zwischenverfügung eingefordert
worden und vorgelegt worden sei.
Auch am Vorliegen eines Interessenkonflikts analog § 181 BGB bestehe kein vernünftiger
Zweifel. Jedenfalls könne ein Interessenkonflikt und ein pflichtwidriges Handeln des
Testamentsvollstreckers nach der Sachlage nicht ausgeschlossen werden.
Durch den Mietspiegel 2006 der Landeshauptstadt Potsdam sei darüber hinaus
nachgewiesen, dass der Verkehrswert des Verkaufsobjektes am 21. Dezember 2005, 5.
Januar 2006 und 10. August 2006 höher gewesen sei als der für das Jahr 2002 mit
1.137.000 € ermittelte Verkehrswert. An der Nichtigkeit von Kaufvertrag und Auflassung
nach § 138 BGB bestehe daher ebenfalls kein Zweifel.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Potsdam vom
20. November 2009 – 5 T 586/08 – und des Beschlusses des Amtsgerichts Potsdam –
Grundbuchamt – vom 24. Juli 2008 das Amtsgericht Potsdam – Grundbuchamt -
anzuweisen, die am 20. Juli 2008 beantragte Eintragung folgender (Einzel-)
Sicherungszwangshypotheken zulasten des beim Amtsgericht Potsdam eingetragenen
Grundbesitzes der Gemarkung P… vorzunehmen,
sowie die Wiedereintragung des Eigentums des Schuldners Dr. R… Ro… und des
vormaligen Testamentsvollstreckervermerks (Abt. II Nr. 6) vorzunehmen.
II.
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin – auf das Verfahren findet die
Grundbuchordnung in ihrer bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung Anwendung
(Artikel 111 Abs. 1 FGG-RG) – ist gemäß §§ 78, 80 GBO zulässig; das Rechtsmittel bleibt
in der Sache ohne Erfolg.
Das Grundbuchamt hat zutreffend die Eintragung der beantragten
Einzelsicherungszwangshypotheken zulasten des Grundbesitzes des Schuldners Dr. R…
Ro… unter gleichzeitiger Wiedereintragung des Schuldners als Eigentümer
zurückgewiesen; die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruches
liegen ebenfalls nicht vor.
1.
Der Antrag auf Eintragung des Schuldners Dr. R… Ro… als Eigentümer des
verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentums war zurückzuweisen, weil es an der
Eintragungsbewilligung der Buchberechtigten fehlt und die behauptete Unrichtigkeit des
Grundbuches nicht nachgewiesen ist.
a) Da für die beantragte (Wieder-) Eintragung des Schuldners Dr. R… Ro… unter
gleichzeitiger (Wieder-) Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks die nach § 19
GBO erforderliche Bewilligung der eingetragenen Eigentümerin fehlt, kommt eine
Eintragung nur unter den Voraussetzungen des § 22 GBO in Betracht. Der Antragsteller
muss in einem solchen Fall die Unrichtigkeit des Grundbuches lückenlos nachweisen. Da
gegen bzw. ohne den Willen des Betroffenen eine Änderung des Buchinhaltes
vorgenommen werden soll, ist seitens des Grundbuchamtes ein strenger Maßstab
anzulegen. Es genügt weder irgendein Grad der Wahrscheinlichkeit oder gar nur
Glaubhaftmachung, das Grundbuchamt muss vielmehr von der gegenwärtigen
Grundbuchunrichtigkeit voll und ganz überzeugt sein. Unklarheiten und Zweifel gehen
zulasten des Antragstellers, dem dann nur der Weg der Klage nach § 894 BGB verbleibt.
Der Antragsteller hat alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der Eintragung
entgegenstehen können; lediglich ganz entfernte Möglichkeiten brauchen nicht widerlegt
zu werden, da das Grundbuchamt von dem nach der allgemeinen Lebenserfahrung
regelmäßig ausgehen darf, sofern nicht im Einzelfall konkrete Umstände auf das
Gegenteil hinweisen (m.w.N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung Meikel/Böttcher,
Grundbuchordnung, 10. Aufl. 2009, § 22 GBO Rn. 113).
Grundbuchrechtlich ist der Nachweis der Unrichtigkeit in der Form des § 29 GBO zu
führen (BayObLGZ 1971, 336, 339; Rpfleger 1980, 1981; 1984, 463, Meikel/Böttcher,
a.a.O., Rn. 117). Die Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO ist grundsätzlich auch dann
einzuhalten, wenn die Möglichkeit, einen formgerechten Unrichtigkeitsnachweis
vorzulegen im Einzelfall erschwert oder unzumutbar ist oder sogar unmöglich sein sollte
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vorzulegen im Einzelfall erschwert oder unzumutbar ist oder sogar unmöglich sein sollte
(BayOblGZ, Rpfleger 2003, 177; Meikel/Böttcher, a.a.O., Rn. 117).
b)Der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuches hinsichtlich der eingetragenen
Eigentümerin hat die Antragstellerin danach nicht geführt.
aa) Die Unrichtigkeit der Eintragung der neuen Eigentümerin kann nicht darauf gestützt
werden, die der H… AG am 27. Juli 2005 erteilte Verkaufsvollmacht sei unwirksam, weil
sie nicht der Form des § 311 b Abs. 1 BGB genüge.
Bei Beurkundung des Kaufvertrages vom 21. Dezember 2005 (UR-Nr. 257/2005 des
Notars … mit Amtssitz in B…) ist der seinerzeit eingetragene Eigentümer von der H…
vertreten worden aufgrund der beim Beurkundungstermin nicht vorliegenden
Verkaufsvollmacht vom 27. Juli 2005.
Selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin davon ausgeht, diese Vollmacht habe
entgegen des in § 167 Abs. 2 BGB normierten Grundsatzes ausnahmsweise der Form
bedurft, die für das Rechtsgeschäft bestimmt ist und sei deswegen formunwirksam, weil
nur lediglich die Unterschrift des Schuldners Dr. R… Ro… unter die Vollmacht vom 27. Juli
2005 notariell beglaubigt ist, folgt hieraus nicht die Unwirksamkeit der Auflassung. Die
H… hätte dann nämlich lediglich als vollmachtloser Vertreter gehandelt und der
schwebend unwirksame Vertrag (§ 177 Abs. 1 BGB) wäre durch die zur UR-Nr. 4/2006
des Notars … erklärte Genehmigung des Testamentsvollstreckers vom 5. Januar 2006
(Bl. 158 d. A.) wirksam geworden. Dies gilt gerade auch hinsichtlich der in der Urkunde
vom 21. Dezember 2005 in § 7 Ziff. 1 erklärten Auflassung.
Zwar muss die Auflassung nach § 925 Abs. 1 S. 1 BGB bei gleichzeitiger Anwesenheit
beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden, diesem Erfordernis ist aber auch
dann Genüge getan, wenn die Veräußerungserklärung durch einen Nichtberechtigten
erfolgte, wobei es unerheblich ist, ob sich der Nichtberechtigte seiner Nichtberechtigung
bewusst ist. Bei fehlender Vertretungs- bzw. Verfügungsmacht gelten ohne weiteres die
§§ 172 ff., 182 ff. BGB, durch die Rückwirkung der Genehmigung wird dem Erfordernis
des § 925 Abs. 1 S. 1 BGB genügt (BGHZ 19, 138, 139; Palandt/Bassenge, 69. Aufl.
2010, § 925 BGB, Rn. 5).
bb) Die in der Urkunde vom 5. Januar 2006 enthaltene Genehmigung des Vertrages vom
21. Dezember 2005 durch den Testamentsvollstrecker ist nicht deswegen unwirksam,
weil der Testamentsvollstrecker in entsprechender Anwendung von § 181 BGB an der
Vertretung des Nachlasses gehindert gewesen wäre.
Nach § 181 BGB kann ein Vertreter ohne Gestattung im Namen des Vertretenen mit
sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten nicht kontrahieren, es sei denn,
das Rechtsgeschäft dient ausschließlich der Erfüllung einer Verbindlichkeit. Die Vorschrift
ist zwar wegen der Stellung des Testamentsvollstreckers als Treuhänder, der seine
Befugnis im eigenen Namen ausübt und nicht Vertreter der Erben ist, unmittelbar nicht
anwendbar. Die dem Verbot des § 181 BGB zugrundeliegende Konfliktsituation tritt beim
Testamentsvollstrecker aber in gleicher Weise auf, wenn er in seiner Person auf beiden
Seiten des Rechtsgeschäftes mitwirkt (Staudinger/Zimmermann, Aufl. 2003, § 2205
BGB, Rn. 82; BGHZ 30, 67, 68). Die entsprechende Anwendung des § 181 BGB auf In-
sich-Geschäfte des Testamentsvollstreckers ist daher allgemein anerkannt (BGH NJW
1959, 1429). Die Voraussetzungen des Selbstkontrahierens sind vom
Testamentsvollstrecker grundsätzlich aber nur dann erfüllt, wenn er als
Testamentsvollstrecker entweder mit sich selbst als Privatmann oder als Vertreter eines
Dritten ein Rechtsgeschäft vornimmt. Die Vornahme eines unzulässigen In-sich-
Geschäftes, sei es ein Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäft, wird von der
Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers nicht umfasst und ist unwirksam
(Staudinger/Zimmermann, a.a.O., Rn. 88).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn der Schuldner Dr. R… Ro… hat in seiner
Funktion als Testamentsvollstrecker lediglich die rechtsgeschäftlichen Erklärungen auf
der Verkäuferseite genehmigt, ist also lediglich auf einer Seite des Rechtsgeschäftes
tätig geworden. Die gemäß § 182 Abs. 1 2. Alternative BGB gegenüber der Käuferin
erklärte Zustimmung ist auch nicht wegen einer vergleichbaren Konfliktlage unwirksam.
Eine solche vergleichbare Konfliktlage, die dem Sinn und Zweck nach unter das Verbot
des § 181 BGB fallen kann (BGHZ 51, 209, 214), ist im vorliegenden Fall in einer den
oben dargestellten Anforderungen des § 29 GBO genügenden Form nicht dargetan. Für
eine solche die Vertretungsmacht einschränkende Konfliktlage genügt es nicht, dass die
Grundschulden, die auf dem veräußerten Wohnungseigentum lasteten, Forderungen
absicherten, deren Schuldner der Testamentsvollstrecker persönlich war. Die insoweit
möglicherweise bestehende Konfliktlage betrifft nicht unmittelbar die Veräußerung des
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möglicherweise bestehende Konfliktlage betrifft nicht unmittelbar die Veräußerung des
oben bezeichneten Wohnungseigentums, sondern allein die Art und Weise der
Verwendung des vereinnahmten Kaufpreises von 400.000 €. Auf die insoweit bestehende
Konfliktlage kommt es aber im vorliegenden Zusammenhang gerade nicht an.
cc) Die Zustimmungserklärung des Testamentsvollstreckers vom 5. Januar 2006 ist nicht
deswegen unwirksam, weil es sich um eine (mögliche) unentgeltliche Verfügung handelt.
Auch in diesem Zusammenhang ist die rechtliche Ausgangsposition der Antragstellerin
zutreffend. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist der Testamentsvollstrecker nur
berechtigt, wenn entweder die Voraussetzungen des § 2205 S. 3 BGB vorliegen oder alle
Erben, Nacherben und Vermächtnisnehmer zugestimmt haben (BGHZ 57, 54, 92;
Münchner Kommentar/Zimmermann, 5. Aufl. 2010, § 2205 Rn. 80 f.). Eine Verfügung
über einen Erbschaftsgegenstand ist dann unentgeltlich, wenn objektiv keine
gleichwertige Gegenleistung in den Nachlass gelangt. Die Gegenleistung muss in den
vom Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlass gelangen. Ein Gegenwert, der nicht in
den Nachlass, sondern etwa in das freie Vermögen eines einzelnen Miterben gelangt,
genügt nicht (BGHZ 7, 274, 277; Münchner Kommentar/Zimmermann, a.a.O., Rn. 75).
Bei Verfügungen über seiner Verwaltung unterliegende Grundstücke oder Rechte an
Grundstücken muss der Testamentsvollstrecker gegenüber dem Grundbuchamt die
Unentgeltlichkeit nachweisen. Diese Frage muss das Grundbuchamt von Amts wegen
prüfen (OLG Zweibrücken, DNotZ 2001, 399). Wurde die Prüfung nicht in der gebotenen
Weise vorgenommen, ist wegen dieses Verfahrensmangels nach § 53 GBO ein
Amtswiderspruch einzutragen. Die Prüfung macht es erforderlich, auf den Rechtsgrund
der Verfügung einzugehen. Der Nachweis der Entgeltlichkeit braucht nicht den strengen
Anforderungen nach § 29 Abs. 1 GBO zu entsprechen, weil der Beweis durch öffentliche
oder öffentlich beglaubigte Urkunden regelmäßig unmöglich wäre. Es genügt, wenn der
Testamentsvollstrecker den Rechtsgrund der Verfügung darlegt, so dass das
Grundbuchamt in der Lage ist, die Frage der Entgeltlichkeit nach allgemeinen
Erfahrungssätzen zu beurteilen (BayOblGZ 1956, 55; OLG Zweibrücken, RPfleger 1968,
88). Bei Vorliegen eines entgeltlichen Veräußerungsgeschäftes kann das Grundbuchamt
regelmäßig davon ausgehen, dass die in den Nachlass gelangte Gegenleistung
gleichwertig ist, wenn keine begründeten Zweifel erkennbar sind (RGZ 65, 214, 223). Das
Grundbuchamt muss allerdings weiter beachten, ob die Gegenleistung dem Nachlass
zufließt, also z. B. nicht an einen einzelnen Miterben gelangt. Ohne Belang für das
Grundbuchamt ist hingegen, wie der Testamentsvollstrecker die in den Nachlass
gelangte Gegenleistung verwendet (m.w.N. Münchner Kommentar/Zimmermann, a.a.O.,
Rn. 100).
Danach durfte das Grundbuchamt ohne verfahrensfehlerhaft zu handeln davon
ausgehen, dass mit dem vom Testamentsvollstrecker genehmigten Kaufvertrag vom 21.
Dezember 2005 ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft mit einer gleichwertigen
Gegenleistung vorliegt. Aus der Kaufvertragsurkunde vom 21. Dezember 2005 ergibt
sich ohne Weiteres, dass es sich um ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft, nämlich
um einen Kaufvertrag handelt; Anhaltspunkte dafür, dass die in dem Kaufvertrag
vereinbarte Gegenleistung nicht angemessen sein könnte, lassen sich der Urkunde nicht
entnehmen.
Den Nachweis der Unentgeltlichkeit hat die Antragstellerin nicht in der Form des § 29
Abs. 1 GBO erbracht. Hierfür genügt es insbesondere nicht, darzulegen, dass der
vereinbarte Kaufpreis auf das Notaranderkonto eingezahlt worden ist, von dort aus
unmittelbar an die H… geflossen ist und zur Tilgung von Forderungen verwendet wurde,
die gegen den Testamentsvollstrecker Dr. R… Ro… persönlich bestanden. Es ist auch
unter Berücksichtigung der insoweit vorgelegten Urkunden und der eidesstattlichen
Versicherung des Schuldners Dr. R… Ro… nicht ersichtlich, dass der vereinbarte
Kaufpreis von 400.000 € mit der Einzahlung auf das Notaranderkonto nicht in die
Verfügungsmacht des Nachlasses, handelnd durch den Testamentsvollstrecker, gelangt
ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Testamentsvollstrecker, der den Vertrag vom 21.
Dezember 2005 seinem Inhalt nach genehmigt hat, keine Kenntnis davon gehabt hätte,
dass der Kaufpreis auf das Notaranderkonto eingezahlt worden ist oder er daran
gehindert gewesen wäre, über den dort eingezahlten Betrag zu verfügen, und zwar in
seiner Funktion als Testamentsvollstrecker, sind in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nicht
dargetan. Dass insoweit die Handlungsmöglichkeiten des Testamentsvollstreckers, ein
vertragstreues Verhalten unterstellt, deswegen eingeschränkt waren, weil sich der
Verkäufer in dem notariellen Kaufvertrag vom 21. Dezember 2005 zur lastenfreien
Übertragung des Wohnungseigentums verpflichtet hatte und der Betrag von 400.000 €
zur Erfüllung dieser Pflicht aus dem Kaufvertrag dazu verwendet werden musste, die in
Abteilung III unter der lfd. Nummer 2 eingetragene Grundschuld über 3.032.000 DM
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Abteilung III unter der lfd. Nummer 2 eingetragene Grundschuld über 3.032.000 DM
nebst 15 % Jahreszinsen zur Löschung zu bringen, nimmt dem Rechtsgeschäft nicht die
Entgeltlichkeit. Der Umstand, dass dem Nachlass kein (Rest-) Kaufpreis zugeflossen ist,
ist allein dem Umstand geschuldet, dass der gesamte Kaufpreis zur Lastenfreistellung
verwendet werden musste.
Dass der Testamentsvollstrecker und Schuldner dann den vereinnahmten Kaufpreis
dazu verwendet hat, nicht auf die Grundschuld zu zahlen, sondern auf die gegen ihn
persönlich gerichtete gesicherte Forderung ohne dass dem Nachlass insoweit eine
Gegenleistung, etwa in Form der Abtretung der gesicherten Forderung, zugeflossen
wäre, betrifft wiederum allein die Verwendung der in die Verfügungsmacht des
Nachlasses gelangten Gegenleistung und musste, wie oben ausgeführt, vom
Grundbuchamt nicht geprüft werden.
dd) Die von der Antragstellerin behauptete Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages vermag
der im Kaufvertrag vom 21. Dezember 2005 erklärten Auflassung nicht die Wirksamkeit
zu nehmen. Die Antragstellerin behauptet insoweit, ein grob auffälliges Missverhältnis
zwischen Kaufpreis und dem veräußerten Wohnungseigentum; der Kaufpreis soll nur
rund 35 % des damals maßgeblichen Verkehrswertes betragen haben. Die
Antragstellerin macht danach die Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages nach § 138 Abs. 1
BGB wegen eines wucherähnlichen Rechtsgeschäftes geltend.
Eine solche Nichtigkeit betrifft in der Regel aber nur das Verpflichtungsgeschäft, nicht
aber gleichzeitig auch das Verfügungsgeschäft. Das abstrakte Verfügungsgeschäft wird
von der Nichtigkeitsfolge nicht erfasst, weil das für die Sittenwidrigkeit entscheidende
Missverhältnis allein das Kausalgeschäft betrifft (BGH WM 1997, 1155, 1156; NJW 1973,
613, 615; Staudinger/Sack, a.a.O., § 138 BGB Rdnr. 140). Selbst wenn danach ein grob
auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden haben sollte,
mit der Folge, dass für die verwerfliche Gesinnung des Käufers eine tatsächliche
Vermutung spricht, wäre hierdurch das Grundbuch nicht unrichtig geworden.
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Aus den unter 1. dargelegten Gründen kommt auch eine Wiedereintragung des
Testamentsvollstreckervermerkes nicht in Betracht. Mangels Eintragung des Schuldners
Dr. R… Ro… als Eigentümer kann aus dem notariellen Schuldanerkenntnis des
Schuldners Dr. R… Ro… vom 11. April 2008 zur UR-Nr. 1658/2008 des Notars K…
schließlich nicht die Eintragung der beantragten Einzelzwangssicherungshypotheken
verlangt werden, der Eintragsantrag ist insoweit zu Recht zurückgewiesen worden.
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Da, wie oben bereits dargelegt, dass Grundbuchamt bei der Umschreibung des
verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentums Verfahrensvorschriften nicht verletzt
hat, insbesondere aus Sicht des Grundbuchamtes bei Beantragung der
Eigentumsumschreibung – entscheidend für die Beurteilung einer Verletzung
gesetzlicher Vorschriften ist die dem Grundbuchamt zur Zeit der Eintragung
unterbreitete Sachlage (m. w. Nachw. Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 53 GBO Rdnr.
22) - keine Zweifel an der Entgeltlichkeit der Verfügung und damit der Wirksamkeit der
Genehmigung des Kaufvertrages durch den Testamentvollstrecker bestanden bzw.
bestehen mussten, kommt die Eintragung eines Amtswiderspruches, der eine
Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfordert (§ 53 Abs. 1 GBO),
gleichfalls nicht in Betracht.
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin war danach insgesamt zurückzuweisen. Da
der Senat bei seiner Entscheidung von den rechtlichen Grundsätzen der in der weiteren
Beschwerde vom 7. Dezember 2009 unter VI. zitierten Entscheidungen nicht abweicht,
bestand kein Anlass, die weitere Beschwerde dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung
vorzulegen. Hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich die Kostenfolge aus dem Gesetz;
eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
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