Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: rechtliches gehör, vertretung, erlass, link, quelle, sammlung, waffengleichheit, gerichtsbarkeit, beschwerdeschrift, begriff

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 WF 317/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 121 Abs 2 ZPO, § 890 ZPO, §
14 FGG, § 64b Abs 4 FGG
Prozesskostenhilfe: Beiordnung eines Anwalts im Verfahren
betreffend die Zwangsvollstreckung wegen Verstoßes gegen
Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Antragstellerin wird Rechtsanwalt J… W… in S… beigeordnet.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß §§ 14 FGG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist
begründet. Das Amtsgericht, das der Antragstellerin durch den angefochtenen
Beschluss Prozesskostenhilfe bewilligt hat, hat die Beiordnung eines Rechtsanwalt zu
Unrecht abgelehnt.
Gemäß § 121 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 14 FGG auch im Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit grundsätzlich Anwendung findet (vgl. Keidel/Zimmermann, FGG, 15.
Aufl., § 14, Rz. 21 ff.), ist der Partei, wenn eine Vertretung nicht vorgeschrieben ist, auf
ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beizuordnen, wenn die
Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich scheint oder der Gegner durch einen
Rechtsanwalt vertreten ist. Danach ist der Antragstellerin vorliegend ein Rechtsanwalt
beizuordnen.
Der Begriff der Erforderlichkeit einer Vertretung ist weit auszulegen. Der Partei ist in der
Regel ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, der Einzelfall ist so einfach und der
Hilfsbedürftige ist so geschäftsgewandt, dass anwaltliche Unterstützung entbehrlich ist
(Zöller/Philippi, a.a.O., § 121, Rz. 4). Vorliegend ist der Fall nicht einfach gelagert. Dabei
kann dahinstehen, ob eine Beiordnung im Erkenntnisverfahren betreffend Anordnungen
nach dem Gewaltschutzgesetz erforderlich ist. Denn vorliegend geht es um die
Zwangsvollstreckung wegen Verstoßes gegen Anordnungen nach dem
Gewaltschutzgesetz. Angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei
nahezu jedem Vollstreckungsvorgang ist im Vollstreckungsverfahren die
Anwaltsbeiordnung die Regel (Zöller/Philippi, a.a.O., § 121, Rz. 8). Im Übrigen hat die
Antragstellerin jedenfalls in der Beschwerdeschrift Umstände vorgetragen, die darauf
hindeuten, dass sie nicht ausreichend geschäftsgewandt ist. Sie hat nicht nur auf ihre
fehlende juristische Vorbildung hingewiesen, sondern darüber hinaus vorgetragen, der
deutschen Sprache nicht mächtig zu sein, weshalb sie stets von einer Bekannten
begleitet werde, die hinreichend deutsch spreche. Der Annahme fehlender
Geschäftsgewandtheit steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin den Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz am 8.8.2005 ohne
anwaltliche Hilfe direkt bei der Rechtsantragstelle des Amtsgericht angebracht hat. Denn
damals ging es nur um den Antrag auf Erlass eines Beschlusses ohne vorherige
mündliche Verhandlung. Im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren hingegen
bedurfte es weitergehenden Sachvortrags, zumal damit gerechnet werden musste, dass
sich der Antragsgegner, dem vor Festsetzung eines Ordnungsgeldes grundsätzlich
rechtliches Gehör zu gewähren ist (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 890, Rz. 14 sowie § 891,
Rz. 1), gegen den Antrag wendet.
Da die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach alledem erforderlich erscheint, bedarf
es keiner Entscheidung darüber, ob die Beiordnung auch deshalb vorzunehmen ist, weil
der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Der Antragsgegner wird allerdings
erst im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten. Ob auch dies ein Fall ist, in dem das
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erst im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten. Ob auch dies ein Fall ist, in dem das
Erfordernis der Anwaltsbeiordnung, um Waffengleichheit zu schaffen, nachträglich
eintreten kann (vgl. hierzu Zöller/Philippi, a.a.O., § 121, Rz. 10), bedarf aber keiner
Entscheidung. Denn die Beiordnung ist schon aus den angeführten anderen Gründen
geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 14 FGG, 127 Abs. 4 ZPO.
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