Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: gesamtstrafe, körperverletzung, gebühr, link, billigkeit, sammlung, verfahrenskosten, quelle, bewährung, aussetzung

1
2
3
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 Ss 97/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 354 Abs 1b StPO, § 460 StPO,
§ 462 StPO, § 462a Abs 3 StPO,
§ 465 Abs 1 StPO
Zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs wegen
Teileinstellung im Revisionsverfahren und zur abschließenden
Kostenentscheidung
Tenor
1. Das Verfahren wird gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit die Angeklagte im Fall
Ziffer 1 des Urteilsgründe (zum Nachteil V… R…) verurteilt worden ist.
2. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil der 2. Strafkammer -Jugendkammer-
des Landgerichts Potsdam vom 27. November 2008
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der vorsätzlichen
Körperverletzung im Amt in vier Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine
nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO
zu treffen ist.
3. Die weiter gehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
4. a) Die Kosten des Verfahrens der 1. Instanz trägt die Angeklagte, soweit sie verurteilt
worden ist (4/7), die übrigen Kosten trägt die Landeskasse. Von den notwendigen
Auslagen der Angeklagten trägt die Landeskasse 2/7. Ihre übrigen notwendigen
Auslagen trägt die Angeklagte selbst (5/7).
Die notwendigen Auslagen der Nebenkläger trägt die Angeklagte, soweit sie verurteilt
und das Verfahren eingestellt worden ist. Soweit die Angeklagte freigesprochen worden
ist (Tatvorwürfe zum Nachteil der Nebenkläger R… und Sc… in jeweils einem Fall), haben
diese Nebenkläger ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen.
b) Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Angeklagte und die Landeskasse
jeweils zu 1/2. Von den im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der
Angeklagten trägt die Landeskasse 1/3. Die Angeklagte trägt ihre übrigen notwendigen
Auslagen (2/3) und die im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der
Nebenkläger.
c) Die Gebühr des Revisionsverfahrens wird um 1/5 ermäßigt, die Kosten der
Revisionsinstanz, ihre insoweit entstandenen eigenen notwendigen Auslagen und die in
der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenkläger trägt die
Angeklagte.
Gründe
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat die Angeklagte mit Urteil vom 7. April 2008
wegen Körperverletzung im Amt in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6
Monaten unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung verurteilt. Auf die
hiergegen gerichtete Berufung der Angeklagten hat die 2. Strafkammer –
Jugendkammer – des Landgerichts Potsdam das Urteil im Rechtsfolgenausspruch
dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 150
Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt wurde.
Die Angeklagte wendet sich gegen dieses Urteil und rügt die Verletzung sachlichen und
formellen Rechts.
Nach der aus der Beschlussformel ersichtlichen Teileinstellung hat das Rechtsmittel nur
zum Gesamtstrafenausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349
4
5
6
7
8
9
10
11
12
zum Gesamtstrafenausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Landes
Brandenburg aus den in dessen Antragsschrift ausgeführten Gründen auch unter
Berücksichtigung der Revisionsgegenerklärung der Nebenkläger im Fall Ziffer 1 der
Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und den Schuldspruch entsprechend
geändert.
2. Die Teileinstellung hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Der
Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die im Fall Ziffer 1 der
Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe von 40 Tagessätzen Geldstrafe auf eine
niedrigere Gesamtgeldstrafe erkannt hätte.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b StPO zu
entscheiden. Eine Verweisung auf das Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO kann
auch dann erfolgen, wenn - wie hier - im Revisionsverfahren eine oder mehrere
Einzelstrafen durch Einstellung in Wegfall kommen und nur deshalb über die
Gesamtstrafe neu zu befinden ist (vgl. BTDrucks. 13/4541 S. 25 und 15/3482 S. 22; BGH
NJW 2005, 76). Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den verbleibenden,
nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen für die Fälle Ziffern 2 (40 Tagessätze), 3 (60
Tagessätze), 4 (60 Tagessätze) und 5 (60 Tagessätze) der Urteilsgründe obliegt somit
dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen (erstinstanzlichen) Gericht (vgl. BGH NJW
2004, 3788).
Im vorliegenden Fall ist sicher abzusehen, dass das Rechtsmittel der Angeklagten, die
ihre Verurteilung auch hinsichtlich des Schuldspruchs umfassend angegriffen hat, mit
dem Teilerfolg zur Gesamtstrafe nur einen geringfügigen Rechtsmittelerfolg erbracht
hat. Jedenfalls bei dieser Sachlage kann der Senat die abschließende
Kostenentscheidung sofort selbst treffen und hat sie nicht dem Nachverfahren nach §§
460, 462 StPO vorzubehalten.
Die Kostenentscheidung erfolgte auf der Grundlage der §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 und 4,
467 Abs. 1 analog, 472 Abs. 1 und 2; 473 Abs. 1 und 4 StPO.
Zunächst waren 7 Taten zu Anklage gelangt, von denen zwei Taten in erster Instanz
einem Freispruch und eine weitere Tat im Revisionsverfahren der Einstellung unterlagen.
a) Der Angeklagten werden die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die
Nebenklagekosten auferlegt, soweit sie verurteilt worden ist. Sie wird von ihren
notwendigen Auslagen, den Auslagen der Nebenkläger und den Kosten des Verfahrens
freigestellt, soweit sie in erster Instanz freigesprochen wurde. Dies betraf jeweils einen
Fall zum Nachteil der Nebenkläger R… und Sc…. Eine Freistellung der Angeklagten von
den Verfahrenskosten der ersten Instanz erfolgt auch, soweit das Verfahren in der
Revisionsinstanz eingestellt wurde (ein Fall zum Nachteil des Nebenklägers R…). Somit
verbleiben bei der Angeklagten 4/7 der Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Der Senat sieht hinsichtlich der Verfahrenseinstellung in der Revisionsinstanz davon ab,
die insoweit im gesamten Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen der
Angeklagten der Landeskasse aufzuerlegen, da die Einstellung aus rein
prozessökonomischen Gründen erfolgt ist. Dass es zu einer vorsätzlichen
Körperverletzung im Amt der Angeklagten auch zum Nachteil des Nebenklägers R…
gekommen war, ist nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts
nicht zweifelhaft. Die Verfahrenseinstellung erfolgt lediglich deshalb, weil der Tatzeitpunkt
nach dem erfolgten Teilfreispruch problembehaftet war. Aus denselben Gründen legt der
Senat die insoweit im gesamten Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen des
Nebenklägers R… der Angeklagten auf, da es der Billigkeit entspricht, den Nebenkläger
von diesen ihm entstandenen notwendigen Auslagen zu befreien. Die Angeklagte hatte
nämlich durch die vom Tatgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachen zum
Tatgeschehen verständlichen Anlass zur Nebenklage gegeben.
b) In der Berufungsinstanz erfolgt unter Berücksichtigung des Umfanges des Teilerfolges
im Rechtsfolgenausspruch (ursprünglich 1/3) und im Hinblick auf die
Verfahrenseinstellung (1/5) eine Kostenteilung dahingehend, dass die insoweit
entstandenen Kosten die Landeskasse und die Angeklagte jeweils zu ½ zu tragen
haben. Eine Freistellung der Angeklagten von ihren in der Berufungsinstanz
entstandenen notwendigen Auslagen um 1/3 erfolgt im Umfang des geringen Erfolges
im Rechtsfolgenausspruch. Die in diesem Rechtszug entstandenen notwendigen
Auslagen der Nebenkläger verbleiben bei der Angeklagten, da das Rechtsmittel nur
hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg hatte und es insoweit unbillig wäre, die
13
hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg hatte und es insoweit unbillig wäre, die
Nebenkläger mit ihren eigenen notwendigen Auslagen zu belasten.
c) Soweit der Senat das Verfahren im Revisionsverfahren einstellt, ermäßigt er die
Gebühr für das Revisionsverfahrens um 1/5 und legt die Kosten der Angeklagten auf. Ihre
eigenen und die in diesem Rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen der
Nebenkläger verbleiben bei der Angeklagten.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum