Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: wesentliche veränderung, elterliche sorge, eltern, umzug, sorgerecht, lebensmittelpunkt, haushalt, kindeswohl, vorverfahren, einverständnis

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 226/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1696 BGB, § 114 ZPO, § 119
Abs 1 ZPO
Prozesskostenhilfe; Sorgerecht: Erfolgsaussicht des Anspruchs
auf eine das Sorgerecht betreffende Abänderungsentscheidung
Tenor
Die Prozesskostenhilfegesuche des Antragsgegners und der Antragstellerin werden
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Antragsgegner
Prozesskostenhilfe (PKH) nicht zu bewilligen. Sein zulässiges Rechtsmittel hat aus den
zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf die zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug ge-nommen wird, in der Sache keine Erfolgsaussicht.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung der angefochtenen
Entscheidung. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
1.
Hinblick auf den im Anschluss an die Vereinbarung der Eltern vom Amtsgericht
Sorgerechtsbeschluss vom 27.3.2006
Abänderungsentscheidung.
messen. § 1696 BGB verlangt eine Steigerung der auch sonst im Rahmen von § 1671
BGB maßgeblichen Kindeswohlerfordernisse, um zu vermeiden, dass bereits
abgeschlossene Verfahren nach Belieben erneut aufgerollt werden. Die
Änderungsgründe der von § 1696 BGB vorausgesetzten Gewichtigkeit müssen im
Streitfall dabei gerade hinsichtlich des am 27.3.2006 festgelegten Lebensmittelpunkts
von L. im Haushalt der Mutter und hinsichtlich des ihr allein übertragenen
Aufenthaltsbestimmungsrechts gegeben sein. Derartige Feststellung lassen sich hier
nicht treffen.
a)
12.6.2006
Für die Entscheidung kann zu Gunsten des Vaters davon ausgegangen werden, dass es
am Wochenende 8. bis 12.6.2006 zu keiner vorwerfbaren Pflichtverletzung in seinem
Obhutsbereich gekommen ist. Auf der anderen Seite ist aber auch kein vorwerfbares
.
12.6. festgestellten und bei Beginn des Besuchswochenendes nach den eigenen Bildern
des Vaters noch nicht vorhandenen ungeklärten Hautverletzungen bei L. gemacht hat
sowie die von ihr daraus gezogenen Konsequenzen, sind verständlich und
nachvollziehbar. Ein Handeln im Kindeswohlinteresse erschien nach den äußeren
Umständen geboten. Die Mutter hat sich insoweit auch in einem nicht zu
beanstandenden Rahmen berechtigter Interessenwahrnehmung gehalten. Sie hat bei
ihrem Vorgehen insbesondere nicht die Grenze überschritten, die den Schluss auf eine
mangelnde Erziehungsfähigkeit rechtfertigen könnte. Das gilt sowohl hinsichtlich der
Körperverletzungsanzeige gegenüber der Polizei als auch hinsichtlich der im Wege der
einstweiligen Anordnung beantragten Umgangsaussetzung. Im Termin vom 3.7.2006 hat
die Mutter sich nach Erörterung des Sachverhalts sodann auch mit der Aufhebung des
Beschlusses über die Umgangsaussetzung einverstanden erklärt und zugesagt, für eine
Fortsetzung der Umgangskontakte zwischen Vater und Tochter Sorge zu tragen. Dass
dies abredewidrig nicht erfolgte, ist nicht vorgetragen. Angesichts der ungeklärten
Umstände handelte es sich am 13.6.2006 jedenfalls nicht um mutwillige Anträge der
Mutter. Sachliche und an sich nahe liegende Gespräche der Eltern untereinander
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Mutter. Sachliche und an sich nahe liegende Gespräche der Eltern untereinander
scheiterten damals - und scheitern auch heute - an der konfliktbehafteten Situation und
der den Eltern fehlenden Kommunikationsfähigkeit. Im Übrigen kann in diesem
Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Amtsgericht den Vortrag der
Mutter zu den bei L. festgestellten Verletzungen zum Anlass genommen hat, auf Grund
des ungeklärten Sachverhalts am 14.6.2006 durch einstweilige Anordnung den Umgang
des Vaters vorläufig auszusetzen.
Die Ereignisse anlässlich des Besuchswochenendes 8. bis 12.6.2006stellen folglich keine
Umstände im Sinne von § 1696 BGB dar. Sie rechtfertigen keine Änderung der Regelung
zum Aufenthaltsbestimmungsrecht.
b)
der amtsgerichtlichen Untersagungsverfügung Anfang 11/2006 vollzogen hat.
Es ist weder vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug erfolgte,
um den Umgang zwischen Vater und Tochter zu vereiteln. Erschwernisse sind
hinzunehmen. Die Umgangskontakte werden dem Vater durch den Umzug tatsächlich
nicht unmöglich gemacht. Der Umgang findet weiterhin statt. Im Übrigen hat sich die
Mutter bereit erklärt, etwaigen neuen entfernungsbedingten Erschwernissen durch eine
zeitliche Umgangsausdehnung Rechnung zu tragen. Wie dem Bericht der
Kindertagesstätte “F.“ vom 21.2.2007 zu entnehmen ist, hat sich L. zwischenzeitlich in
B. gut eingelebt. Aus dem Umzug als solchem lassen sich somit ebenfalls keine triftigen
Gründe im Sinne von § 1696 BGB zu Gunsten des Vaters herleiten.
c)
die Eltern am 27.3.2006 mit Zustimmung des Amtsgerichts eine Vereinbarung getroffen
Aufenthaltsbestimmungsrecht
übertragen worden ist. Damit ist der Lebensmittelpunkt von L. nicht bloß vorläufig und
im Einvernehmen beider Eltern bei der Mutter festgelegt worden. Er liegt dort auch
tatsächlich seit nunmehr einem Jahr. Dass neben den vorstehend angesprochenen
Umständen schwerwiegende Gründe des Kindeswohls gegen die Wahrung dieser
Aufenthaltskontinuität sprechen, ergibt sich weder aus dem Vorbringen des
Antragsgegners noch bestehen Anhaltspunkte dafür.
d)
durch das Amtsgericht am 30.8.2006
Zum einen hat sich L. im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens unterschiedlich
geäußert. Zum anderen, und das ist hier entscheidend, hat die vom Amtsgericht mit der
Erforschung des Kindeswillens beauftragte Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Frau
P., in ihrem Bericht vom 25.9.2006 festgestellt, dass L. eine ausgeprägte Bindung zu
beiden Elternteilen hat und sich in beiden Haushalten (der jeweils neuen Familie) wohl
fühlt. Es ist danach schon kein bestimmter Kindeswunsch in der einen oder anderen
Richtung feststellbar.
e)
Einholung eines neuen
Sachverständigengutachtens.
Es ist keine wesentliche Veränderung der für die ursprüngliche Regelung des
Aufenthaltsbestimmungsrechts maßgebenden tatsächlichen Umstände eingetreten, die
nach einer neuen Begutachtung verlangen. Die Streitfragen kann der Senat aus eigener
Sachkunde beantworten.
Der Einwand des fehlerhaften bzw. einseitig zu Gunsten der Mutter ausgerichteten
Gutachtens der Sachverständigen Frau K. aus dem Vorverfahren ist dem Vater im
vorliegenden Verfahren verschlossen. Der Vater hat in Kenntnis des Inhalts dieses in
2/2006 erstellten Sachverständigengutachtens am 27.3.2006 die gerichtlich genehmigte
Vereinbarung zum weiteren dauerhaften Verbleib von L. bei der Mutter und zur
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter allein geschlossen. Er
hat damit in Kenntnis des Gutachteninhalts mit dem zukünftigen Lebensmittelpunkt des
Kindes im Haushalt der Mutter einverstanden erklärt. Von diesem Einverständnis kann er
sich nicht im nachhinein mit Einwänden gegen das Sachverständigengutachten, die er
bei Vergleichsabschluss am 27.3.2006 aufgegeben hatte, lösen.
Aus dem Vorbringen des Vaters ergibt sich auch nicht, dass sich infolge nachträglich
eingetretener Umstände gezeigt hätte, dass das Gutachten von falschen tatsächlichen
Grundlagen ausgeht oder inhaltlich falsche Einschätzungen trifft, die es aus triftigen, das
Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen im Sinne von § 1696 BGB nahe legen
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Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen im Sinne von § 1696 BGB nahe legen
könnten, das frühere Gutachten als ungeeignete Entscheidungsgrundlage zu beurteilen
und ein neues Gutachten in Auftrag zu geben. Hierfür bestehen auch nach Aktenlage
keine Anhaltspunkte. Die Einwände des Antragsgegners gegen das Gutachten beruhen
allein auf seinen abweichenden persönlichen Wertungen.
2.
wechselseitigen Anschuldigungen, die sogar zu Strafanzeigen geführt haben, und vor
fehlenden
Kooperation und Kommunikation
Lage, in Zukunft die elterliche Sorge für L. weiter gemeinsam auszuüben. Die Konflikte
dauern an. Sie haben ein Ausmaß angenommen, dass die Voraussetzungen nach §
1696 BGB für die Übertragung auch der nach dem Beschluss aus 3/2006 noch
verbliebenen gemeinsamen Sorge auf einen Elternteil allein zu bejahen sind. Das wird
auch vom Antragsgegner selbst so gesehen.
3.
- einerseits eine Änderung des Lebensmittelpunkts von L. nicht aus triftigen, das
Kindeswohl berührenden Gründen erforderlich ist und
- andererseits die verbliebene gemeinsame Sorge mangels Kooperations- und
Kommunikationsfähigkeit der Eltern aufzuheben ist,
wird die Entscheidung zu Gunsten der Mutter zu treffen und ihr das verbliebene elterliche
Sorgerecht allein zu übertragen sein. Die Entscheidung des Amtsgerichts erweist sich
mithin als richtig. Dementsprechend kann dem Antragsgegner wegen fehlende
Erfolgsaussicht seiner Beschwerde die beantragte PKH nicht bewilligt werden, §§ 119,
114 ZPO.
II.
Antragstellerin
Ankündigung die aktuelle Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen gemäß § 117 ZPO nicht vorgelegt hat.
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