Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UF 171/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1587 Abs 2 BGB, § 2 Abs 1
VAÜG, § 2 Abs 3 VAÜG, § 1 Abs
4 VAÜG, § 114 ZPO
Versorgungsausgleich: Aussetzung des Verfahrens bis zur
Einkommensangleichung; Prozesskostenhilfe bei Beschwerde
des Rententrägers
Tenor
Auf die befristete Beschwerde wird das angefochtene Urteil betreffend die Regelung zum
Versorgungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wird ausgesetzt.
Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges. Die außergerichtlichen
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten
für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.
Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das
Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat auch in der Sache Erfolg. Zu Recht
hat sie sich darauf berufen, das Amtsgerichts habe den Versorgungsausgleich zu
Unrecht bereits jetzt durchgeführt.
Die Antragstellerin hat während der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB (1. März
1986 bis 31. August 2005) ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 13.
Februar 2006 angleichungsdynamische Anwartschaften in der Rentenversicherung der
Arbeiter und Angestellten in Höhe von monatlich 71,03 €, denen Entgeltpunkte (Ost)
zugrunde liegen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG i.V.m. § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB) und
nichtangleichungsdynamische Anwartschaften in der Rentenversicherung der Arbeiter
und Angestellten in Höhe von monatlich 2,15 €, denen Entgeltpunkte zugrunde liegen (§
1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB), erworben.
Der Antragsgegner hat ausweislich der berichtigten Auskunft der Beteiligten zu 2. vom
28. September 2006 während der vorbenannten Ehezeit angleichungsdynamische
Anwartschaften in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten in Höhe von
monatlich 422,27 €, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen, und
nichtangleichungsdynamische Anwartschaften in der Rentenversicherung der Arbeiter
und Angestellten in Höhe von monatlich 0,52 €, denen Entgeltpunkte zugrunde liegen,
erworben.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bestehen auch keine Bedenken an der
Richtigkeit dieser Auskunft für den Antragsgegner. Die Beschwerdeführerin hat ihre
Beschwerde damit begründet, dass in der früheren Auskunft aufgrund einer falschen
Datenübermittlung Rentenanwartschaften fehlerhaft berücksichtigt worden seien und
demzufolge eine Berichtigung erforderlich sei. Zwar ist dem Antragsgegner insoweit
zuzustimmen, dass die Beteiligte zu 2. nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, worin konkret
die fehlerhafte Berücksichtigung zu sehen ist. Jedoch ergibt sich aus den vorliegenden
Rentenauskünften, dass der Antragsgegner während der Zeit vom 1. Dezember 2003
bis 25. April 2004 Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezogen hat und darüber
hinaus einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung nachgegangen ist. In der
Auskunft vom 2. Dezember 2005 sind diese Zeiten als solche im früheren Bundesgebiet,
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Auskunft vom 2. Dezember 2005 sind diese Zeiten als solche im früheren Bundesgebiet,
in der nunmehr berichtigten Auskunft hingegen als solche im Beitrittsgebiet
berücksichtigt worden. Dies führt in logischer Konsequenz zur Erhöhung der
angleichungsdynamischen und zur Verringerung der nichtangleichungsdynamischen
Anwartschaften. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft vom 28.
September 2006 begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus
dem in der Folgesache Kindesunterhalt eingereichten Bescheid des Arbeitsamtes C…
vom 26. April 2004 (Bl. 41 SH-UK), dass der Antragsgegner während der Zeit der
Arbeitslosigkeit tatsächlich in den neuen Bundesländern wohnhaft war. Der Vortrag des
Antragsgegners im Beschwerdeverfahren ist daher unbeachtlich, da er seine Auffassung,
dass die ursprüngliche Auskunft richtig sei, nicht weiter begründet hat, obwohl ihm dies
möglich gewesen wäre.
Bei dieser Sachlage kann gemäß § 2 Abs. 1 VAÜG der Versorgungsausgleich nicht
durchgeführt werden. Nach dieser Vorschrift ist der Versorgungsausgleich vor der
Einkommensangleichung nur dann durchzuführen, wenn
1. die Ehegatten in der Ehezeit keine angleichungsdynamischen Anwartschaften
minderer Art erworben haben und
a) nur angleichungsdynamische Anwartschaften zu berücksichtigen sind oder
b) der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anwartschaften auch
die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften erworben hat.
2. Die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vorliegen, aus einem im Versorgungsausgleich
zu berücksichtigenden Anrecht aufgrund des Versorgungsausgleichs jedoch Leistungen
zu erbringen oder zu kürzen wären.
Da der Antragsgegner lediglich über die werthöheren angleichungsdynamischen
Anwartschaften verfügt, liegen diese Voraussetzungen nicht vor, sodass die
angefochtene Entscheidung abzuändern und das Verfahren über den
Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG auszusetzen ist.
Nach der Einkommensangleichung gemäß § 1 Abs. 4 VAÜG ist das ausgesetzte
Verfahren wieder aufzunehmen. Antragsberechtigt sind u.a. die Ehegatten. Das
Familiengericht soll das ausgesetzte Verfahren binnen 5 Jahren nach der
Einkommensangleichung von Amts wegen wieder aufnehmen (§ 2 Abs. 3 VAÜG).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a Abs. 1 ZPO, 8 GKG. Die Entscheidung zum
Beschwerdewert beruht auf § 49 Nr. 1 GKG.
II.
Dem Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das
Beschwerdeverfahren war nicht stattzugeben, da die Voraussetzungen für die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen.
Zwar wäre ihm grundsätzlich gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO notwendige
Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen eine eingelegte befristete Beschwerde zu
bewilligen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn lediglich ein Träger der gesetzlichen
Versorgungssysteme Rechtsmittel eingelegt hat, da der am Verfahren über den
Versorgungsausgleich beteiligte Ehegatte im Rahmen eines solchen
Beschwerdeverfahrens lediglich eine verfahrensbegleitende Beteiligung wahrnimmt.
Demzufolge kann ihm weder Prozesskostenhilfe bewilligt, noch ein Rechtsanwalt
beigeordnet werden, da er nicht die Stellung eines Antragsgegners im Sinne der §§ 114,
119 Abs. 1 ZPO einnimmt.
Nach ihrem Sinn und Zweck greifen die §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO nur für den Gegner eines
eingelegten Rechtsmittels ein. An dieser Stellung fehlt es aber dann, wenn ein
gesetzlicher Versorgungsträger das Beschwerdeverfahren führt und ein am Verfahren
beteiligter Ehegatte mangels aktiver Beteiligung nicht wie ein Rechtsmittelgegner
auftritt. Da das Beschwerdegericht auf die zulässige Beschwerde des
Versorgungsträgers von Amts wegen ohne Bindung an die gestellten Anträge zur
Entscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher rechtlicher Gesichtspunkte gehalten ist,
ist eine aktive Beteiligung der Ehegatten an dem Verfahren auch nicht geboten. Daher
käme selbst eine Anschlussbeschwerde des Ehegatten mangels eines
Rechtsschutzbedürfnisses nicht in Betracht (vgl. insgesamt Brandenburgisches OLG,
OLG-Report 2003, 400 m.w.N.).
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