Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: darstellung des sachverhaltes, mutwilligkeit, zustellung, link, quelle, sammlung, beweislast, abweisung, jugendamt, staat

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 WF 197/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 114 ZPO
Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren für den Beklagten im
Unterhaltsprozess: Mutwilliges Verhalten bei unterlassenem
Verhalten zur Vermeidung des Rechtsstreits
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige
Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat mit zutreffenden
Erwägungen die Mutwilligkeit des Verhaltens des Beklagten, die dieser auch nicht in
Begründung seiner Beschwerde entkräften konnte, bejaht. Dies führt zur Versagung der
Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO.
1. Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige
Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Brandenburgisches OLG
Jugendamt 2003, 374). Eine Partei, welche Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will,
ist grundsätzlich gehalten, von mehreren gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen
zu beschreiten, welcher die geringsten Kosten verursacht (Brandenburgisches OLG,
FamRZ 2001, 1083, 1084). Diese Grundsätze gelten nicht allein für den Antragsteller
bzw. Kläger eines Verfahrens, sondern gleichermaßen wie für den Antragsgegner bzw.
Beklagten (Brandenburgisches OLG, FamRZ 2005, 1914).
Die Mutwilligkeit des Verhaltens kann deshalb auch dann gegeben sein, wenn die Partei
bereits vorprozessual oder in dem der Klage vorgeschalteten
Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ihr Verhalten nicht auf eine möglichste
Vermeidung des Rechtsstreites ausrichtet, indem sie insbesondere auf
Aufforderungsschreiben der klagenden Partei oder des Gerichtes nicht reagiert. Unter
Berücksichtigung dessen ist der Antragsgegner des
Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens gehalten, in bestmöglicher Weise Bedenken
jeglicher Art gegen den geltend gemachten Anspruch vorzubringen, um dem Gericht
bereits so die Möglichkeit zu bieten, die (tatsächlichen) Erfolgsaussichten der Klage der
Antrag stellenden Partei zu überprüfen. Hält sich der Antragsgegner für zu Unrecht in
Anspruch genommen, erhält er so bereits im Vorfeld des Prozesses die Gelegenheit,
ganz oder teilweise unbegründeten Ansprüchen durch die eigene Darstellung des
Sachverhaltes entgegenzutreten. Eine verständige, ihre finanziellen Interessen
wahrende Partei nimmt diese Gelegenheit auch wahr. Mit einer fristgerecht
eingereichten Erwiderung kann sie einerseits verhindern, persönlich - also unmittelbar -
mit Kosten eines unnötigen Prozesses belastet zu werden, andererseits auch, dass der
Staat die Finanzierung trägt und damit die Partei als Teil der Allgemeinheit mittelbar an
den Kosten beteiligt wird. Widerspricht das Verhalten der Partei im
Prozesskostenhilfeverfahren diesen Anforderungen, so stellt sich dies als mutwillig im
Sinne von § 114 ZPO dar (OLG Oldenburg, FamRZ 2006, 349; FamRZ 2002, 1712, 1713;
OLG Düsseldorf, FamRZ 1997, 1017; Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl. 2004 § 114 Rn. 36
a. E.; teilw. a. A. OLG Schleswig, OLGReport 2006, 501).
2. Die geschilderten Voraussetzungen der Mutwilligkeit treffen unzweifelhaft auf das
Verhalten des Beklagten im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zu. Nach Übersendung
der Antragsschrift im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens hat sich für
den Beklagten dessen Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 18. Oktober 2006
gemeldet und erklärt, nach Prozesskostenhilfebewilligung und förmlicher Zustellung der
Klageschrift erwidern zu wollen. Nachdem das Amtsgericht sodann unter dem 19.
Oktober 2006 auf eine möglicherweise gegebene Mutwilligkeit eines solchen Verhaltens
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Oktober 2006 auf eine möglicherweise gegebene Mutwilligkeit eines solchen Verhaltens
und der daraus bestehenden Möglichkeit der Zurückweisung der Prozesskostenhilfe
hingewiesen hat, ist gleichwohl eine entsprechende Stellungnahme des Beklagten
unterblieben. Nach Zustellung der Klageschrift hat er sodann mit Schriftsatz vom 5.
Februar 2007 die Abweisung der Klage begehrt, gleichwohl aber in der Sache selbst nicht
vorgetragen, soweit man davon absieht, dass er - ohne schriftsätzliche Erläuterung -
Anlagen eingereicht hat.
Ein solches Verhalten ist erkennbar mutwillig. Dem Beklagten oblag es hier, möglichst
frühzeitig auf seine Bedenken an der Schlüssigkeit der Klageforderung hinzuweisen. Das
gilt auch dann, wenn man unter Beachtung der komplizierten Berechnungsweisen, die
Unterhaltsverfahren mittlerweile in sich tragen, nur unter Beachtung der persönlichen
Kenntnisse und Fähigkeiten der Partei von ihr ein solches Verhalten erwartet (so
jedenfalls OLG Schleswig, OLGR 2006, 501, 502). Bedenken an dem durch die Klägerin
mitgeteilten eigenen Einkommen der Klägerin konnte jedenfalls auch der Beklagte
persönlich bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren mitteilen; dass er dafür
anwaltlicher Hilfe bedurfte, ist nicht erkennbar. In jedem Fall trifft dies aber auf den durch
ihn nunmehr geltend gemachten Einwand der Verwirkung zu, da es sich hierbei um rein
tatsächliche Grundlagen handelt, die der Beklagte ohne weiteres vorzutragen in der
Lage war. Das derartige wie von ihm dargestellte Verhaltensweisen der Klägerin
möglicherweise zu einer Beeinflussung des Unterhaltsanspruches führen, liegt auf der
Hand und ist auch für die nicht im Unterhaltsrecht bewanderte Partei erkennbar.
Zumindest ist aber zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Bewilligung von
Prozesskostenhilfe die um Prozesskostenhilfe ersuchende Partei die volle Darlegungs-
und Beweislast trägt. Dass der Antragsgegner seinerseits von seinen persönlichen
Fähigkeiten und Kenntnissen nicht in der Lage war, einen derartigen Sachvortrag
abzugeben, hat dieser in keiner Weise dargetan.
Aus diesen Gründen ist die begehrte Prozesskostenhilfe insgesamt zu versagen.
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