Urteil des OLG Brandenburg vom 04.04.2007
OLG Brandenburg: kopie, solidarische haftung, prozesskosten, darlehen, meinung, kündigung, zwangsvollstreckung, rückerstattung, einzahlung, zustellung
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 82/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 93 ZPO, § 176 ZPO, § 195
BGB, § 197 Abs 1 Nr 3 BGB, §
214 Abs 1 BGB
Klageweise Geltendmachung einer in einem inzwischen
aufgehobenen Verbraucherinsolvenzverfahren gegen den
Schuldner nicht angemeldeten Darlehensforderung während der
so genannten Wohlverhaltensperiode
Tenor
I Auf die Berufung des Klägers wird das am 04. April 2007 verkündete Teilurteil des
Landgerichts Potsdam - 6 O 219/04 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger € 3.240,12 zu zahlen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bleibt dem
Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
II. Der Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Prozessparteien streiten darum, ob der Kläger - nach Kündigung - einen Anspruch
auf Rückerstattung des Restbetrages eines Privatdarlehens gegen den Beklagten zu 1)
klageweise geltend machen kann, das diesem und dessen Ehefrau, der am
Berufungsverfahren nicht beteiligten Beklagten zu 2), zunächst gemäß Vertrag vom 04.
November 1997 (Kopie Anlage K1/GA I 6) gewährt wurde und später gemäß der
Ratenzahlungsvereinbarung vom 01. November 2000 (Kopie Anlage K2/GA I 7 f.) getilgt
werden sollte. Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung steht dabei die Frage
nach dem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage: Der Kläger hat seine Forderung in dem -
inzwischen beendeten - Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des
Beklagten zu 1), das unter dem Aktenzeichen 35 IK 241/04 beim Amtsgericht Potsdam
anhängig war, nicht angemeldet hat. Dieser befindet sich nunmehr - nach Ankündigung
der Restschuldbefreiung - in der so genannten Wohlverhaltensperiode. Zur näheren
Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die
angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage als derzeit
unzulässig abgewiesen. Begründend wurde von ihm ausgeführt, der Kläger habe
jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt kein Rechtschutzbedürfnis für eine Titulierung seiner
Forderung im Klagewege. Das Urteil der Eingangsinstanz, auf das auch wegen der
Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist dem Kläger am 10. April
2007 (GA I 77) - zu Händen seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten -
zugestellt worden. Er hat am 03. Mai 2007 (GA I 75) mit anwaltlichem Schriftsatz
Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem am 11. Juni 2007, einem Montag,
per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen
Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 86 ff.).
Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung seines
bisherigen Vorbringens - in vollem Umfange seiner Beschwer an. Dazu trägt er
insbesondere Folgendes vor:
Die Eingangsinstanz habe unberücksichtigt gelassen, dass die Klage im
Urkundenprozess bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
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Urkundenprozess bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
des Beklagten zu 1) - und zwar mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06. April 2004 -
erhoben worden und deshalb ursprünglich sowohl zulässig als auch geboten gewesen
sei. Mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung habe sich - entgegen der Auffassung
des Landgerichts - nichts daran geändert, dass ein Altgläubiger gemäß der
höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Deckung seiner Forderung aus der Masse
verzichten und statt dessen den Gemeinschuldner selbst wegen der Verbindlichkeit
verklagen könne. Wenn der Schuldner die für ihn damit verbundenen Kosten nicht tragen
wolle, so habe er die Möglichkeit, ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO zu
erklären; dieses müsse - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - keineswegs mit einer
umgehenden Zahlung verbunden werden. Wer indes - wie der Beklagte zu 1) -
Klageabweisung beantrage, mache geltend, zur Klage keinen Anlass gegeben zu haben
und auch nichts zu schulden. Beides treffe hier jedoch nicht zu. Ob dem Beklagten zu 1)
die - bislang nur angekündigte - Restschuldbefreiung tatsächlich gewährt werde, stehe
derzeit keineswegs fest; einem Gläubiger wie ihm, dem Kläger, könne es nicht
zugemutet werden, mit der Prozessführung abzuwarten, bis die so genannte die
Wohlverhaltensperiode beendet sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu 1) unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils -
gesamtschuldnerisch haftend mit der Beklagten zu 2) - zu verurteilen, an ihn, den
Kläger, € 3.240,12 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt - sein erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend -
das angefochtene Urteil. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor:
Ob die Klage zunächst zulässig gewesen sei, spiele keine Rolle. Dem Kläger fehle ein
Rechtsschutzbedürfnis, weil er die streitgegenständliche Forderung zur Insolvenztabelle
hätte anmelden können und auf diesem Wege - im Falle der Nichtgewährung der
Restschuldbefreiung - auch einen vollstreckbaren Titel erhalten würde. Es widerspreche
dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung durch die Insolvenzordnung, wenn
der Schuldner - trotz Restschuldbefreiung - mit den vermeidbaren Kosten der
klageweisen Geltendmachung von Insolvenzforderungen belastet werde. Ein sofortiges
Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO sei nicht mehr möglich. Die Durchführung des
Klageverfahrens durch den Kläger diene hier dazu, ihn - den Beklagten zu 1) - vorsätzlich
sittenwidrig zu schädigen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei dem Kläger bekannt
gewesen; er habe sich bewusst dagegen entschieden, seine Forderung dort
anzumelden. Dadurch begründe er eine neue Forderung gegen ihn, den Beklagten zu 1),
die auf Erstattung der Prozesskosten gehe und die er selbst bei Wohlverhalten im Sinne
des Gesetzes nicht abwehren könne. Es gehe nicht an, dass ein Gläubiger auf diese
Weise erreichen könne, sich die Erstattung von Prozesskosten - die hier im Übrigen dem
Grunde nach schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden waren - trotz
Restschuldbefreiung zu sichern. Einer Titulierung der Rückzahlungsschuld als solcher,
wolle er - der Beklagte zu 1) - sich jedoch nicht verschließen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen
Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen,
auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A. Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst hat das Rechtsmittel
ebenfalls Erfolg. Es führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Der Lauf des
Restschuldbefreiungsverfahrens begründet weder ein Prozesshindernis noch lässt er -
auch nur vorübergehend - das Rechtsschutzbedürfnis für die klageweise Titulierung der
streitgegenständlichen Forderung entfallen. Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1)
einen unverjährten Anspruch auf Rückerstattung des - unter Berücksichtigung der
vereinbarten Vertragszinsen verbleibenden - Restbetrages aus dem Darlehen, das er
ihm und dessen Ehefrau, der am Berufungsverfahren nicht beteiligten Beklagten zu 2),
gemäß Vertrag vom 04. November 1997 (Kopie Anlage K1/GA I 6) gewährt hat (§ 488
Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB). Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Gegen die Zulässigkeit der Klage sind - entgegen der Auffassung der Vorinstanz -
keine durchgreifenden Bedenken zu erheben.
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a) Der Senat ist bereits in seinem - unveröffentlichten - Urteil vom 05. Oktober 2005 - 3
U 172/03 (vgl. dort Abschn. II 1), das der Bundesgerichtshof durch Zurückweisung der
Nichtzulassungsbeschwerde des dortigen Schuldners bestätigt hat (vgl. BGH, Beschl. v.
17.10.2006 - XI ZR 295/05, n.v.), der Meinung des Landgerichts Arnsberg (vgl. Beschl. v.
27.02. 2004 - 3 S 22/04, NZI 2004, 515 = ZVI 2004, 699) beigetreten, wonach das
insolvenzrechtliche Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO einem zivilprozessualen
Erkenntnisverfahren grundsätzlich nicht entgegensteht. Das entspricht der inzwischen
wohl ganz herrschenden Ansicht (vgl. hierzu AG Arnsberg, Urt. v. 10.12.2003 - 12 C 7/03,
ZVI 2004, 679; Fischer, ZInsO 2005, 69, 71; FK-InsO/Ahrens, 4. Aufl., § 294 Rdn. 20;
Nerlich/Römermann/Westphal, InsO, Loseblatt, Stand 8. Erg.-Lfg., §§ 201, 202 Rdn. 17;
Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 87 Rdn. 3; differenzierend nur HK-InsO/Landfermann, 4.
Aufl., § 294 Rdn. 4). Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können die
Insolvenzgläubiger unabhängig davon, ob sie an dem Verfahren teilgenommen haben,
ihre restlichen Forderungen regelmäßig unbeschränkt gegen den jeweiligen Schuldner
geltend machen (§ 201 Abs. 1 InsO). Auch § 87 InsO gilt - wie sich ohne weiteres aus der
Systematik des Gesetzes und aus der in § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO enthaltenen
Klarstellung ergibt - nicht während des Restschuldbefreiungsverfahrens (vgl. Uhlenbruck
aaO). Die Befreiung von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten als
solche wurde dem Beklagten zu 1) bisher noch nicht gewährt, sondern lediglich
angekündigt. Ob es tatsächlich dazu kommen wird, ist derzeit ungewiss, auch wenn sich
Umstände, die dagegen sprechen, im vorliegenden Rechtsstreit nicht positiv feststellen
lassen.
b) Unter Hinweis auf den Grundsatz der Schuldnerschonung im
Restschuldbefreiungsverfahren kann in Fällen der streitgegenständlichen Art auch das
Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht verneint werden.
aa) Jedenfalls solange nicht positiv feststeht, dass aus einem erstrittenen Titel keinerlei
Zwangsvollstreckung möglich ist, hat der jeweilige Gläubiger ein schützenswertes
Interesse daran, seinen Anspruch - auch im Klagewege - titulieren zu lassen. Er kann
ohne Mitwirkung des Schuldners im Allgemeinen nur dadurch den Ablauf der kurzen
Regelverjährungsfrist verhindern und in den Genuss der dreißigjährigen Frist gemäß §
197 Abs. 1 Nr. 3 BGB kommen. Ferner bleibt zu berücksichtigen, dass mit
zunehmendem Zeitablauf grundsätzlich das Prozessrisiko steigt und für einen Gläubiger
ohne Vollstreckungstitel bei einer eventuellen Versagung der Restschuldbefreiung die
Gefahr besteht, gegenüber anderen Gläubigern ins Hintertreffen zu geraten.
Wirtschaftlich handelt der jeweilige Kläger dabei allein auf eigenes Risiko. Denn nach
zutreffender Auffassung, die der Senat teilt, können selbst die Kosten der Titulierung,
weil es sich um einen bloßen Annex zur Insolvenzforderung handelt, während der so
genannten Wohlverhaltensperiode nicht im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben
werden; eine spätere Restschuldbefreiung erfasst auch sie (vgl. Fischer, ZInsO 2005, 69,
71; FK-InsO/Ahrens aaO, § 294 Rdn. 20 und § 301 Rdn. 4). Dies gilt speziell - aber
keineswegs nur - dann, wenn sie, worauf der Beklagte zu 1) zu Recht hinweist (GA I 116,
118), bei Insolvenzeröffnung längst angefallen waren. Doch selbst wenn man dieser
Auffassung nicht beitreten würde, könnte die sich dann auftuende gesetzliche
Regelungslücke allenfalls analog § 93 ZPO - unter Verzicht auf das Merkmal des
fehlenden Klageanlasses - und keineswegs dadurch geschlossen werden, dem Gläubiger
zumindest vorübergehend die Klagemöglichkeit gänzlich zu versagen. Wenn dieser
gemäß § 38 InsO seine Forderung im Insolvenzverfahren nicht oder nicht rechtzeitig
angemeldet hat, so gereicht ihm dies nur insoweit zum Nachteil, als dass er an dem
dortigen Verfahren nicht teilnehmen und daraus auch keine Befriedigung seines
Anspruchs erlangen kann. Weitergehende Präklusionsvorschriften bestehen nicht. Auf
den materiell-rechtlichen Fortbestand einer Insolvenzforderung wirkt sich - wie § 301 Abs.
3 InsO zeigt - nicht einmal die Gewährung der Restschuldbefreiung selbst aus.
bb) Dem Gläubiger in Fällen der vorliegenden Art gerichtlichen Rechtsschutz - jedenfalls
für einen bestimmten Zeitraum - gänzlich zu versagen, würde darüber hinaus in
unzulässiger Weise in seine grundgesetzlich garantierten Rechte eingreifen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat jedermann nicht nur einen
Justizgewährungsanspruch als solchen, sondern auch Anspruch auf effektiven -
insbesondere zeitnahen - Rechtsschutz; die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie
umfasst den Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem
förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (vgl. dazu BVerfG,
Plenarbeschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395 = NJW 2003, 1924; ferner
Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Einleitung Rdn. 48 und 50, m.w.N.). Auf einen
einfacheren und billigeren Weg zur Titulierung seiner privatrechtlichen Ansprüche als den
der allgemeinen Zivilklage kann und darf ein Gläubiger deshalb nur solange verwiesen
werden, wie ihm dieser tatsächlich offen steht. Ist das Insolvenzverfahren jedoch - wie im
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werden, wie ihm dieser tatsächlich offen steht. Ist das Insolvenzverfahren jedoch - wie im
Streitfall - bereits aufgehoben worden ist, so kommt schon deshalb keine Anmeldung zur
Tabelle mehr in Betracht. Präklusionsvorschriften, die einen Gläubiger zur Teilnahme am
Insolvenzverfahren zwingen, gibt es nicht. Der Senat sieht keinen Grund, insoweit von
der Entscheidung des BGH, Urt. v. 28.03. 1996 - IX ZR 77/95 (WM 1996, 835 = NJW 1996,
2035) abzuweichen, die noch zur Konkursordnung ergangen ist. Dem Grundsatz der
Schuldnerschonung wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass das
Vollstreckungsverbot - ebenso wie später die Restschuldbefreiung - gegenüber
sämtlichen Insolvenzgläubigern wirkt, und zwar unabhängig von ihrer Teilnahme am
Insolvenzverfahren (vgl. BGH, Beschl. v. 13.07.2006 - IX ZB 288/ 03, WM 2006, 1780 =
BGH-Rp 2006, 1388; Fischer, ZInsO 2005, 69, 71). Die - vom Landgericht zitierte (LGU 6)
- Entscheidung des OLG Köln, Beschl. v. 01.12.2000 - 2 W 202/00 (NJW-RR 2001, 266 =
ZInsO 2001, 85) ist in diesem Zusammenhang nicht einschlägig: Sie betrifft das
Schuldenbereinigungsplanverfahren, bei dessen erfolgreichem Abschluss die Anträge
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung von Restschuldbefreiung kraft
Gesetzes als zurückgenommen gelten (§ 308 Abs. 2 InsO).
2. Die Einwendungen, die vom Beklagten zu 1) im Verlaufe des Rechtsstreits gegen den
Zahlungsanspruch selbst erhoben worden sind, greifen ebenfalls nicht durch.
a) Seine Verjährungseinrede bleibt erfolglos. Ein dauerndes
Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 Abs. 1 BGB steht des Beklagten zu 1) nicht zu.
Zwar ist der Rechtstreit erst am 17. März 2005 - mit Zustellung der Klageschrift vom 14.
April 2004 (GA I 21R) - rechtshängig geworden (§ 261 Abs. 1 i.V.m. § 253 Abs. 1 ZPO).
Die Rückwirkungsregelung gemäß § 167 ZPO hilft dem Kläger im Streitfall nicht weiter; er
hat - durch erheblich verspätete Einzahlung des entsprechenden Kostenvorschusses -
bewirkt, dass die Sache zunächst über einen Zeitraum von rund elf Monaten keinen
Fortgang nehmen konnte. Die Klagezustellung war aber dennoch rechtzeitig, um nach §
204 Abs. 1 Nr. 1 BGB den Ablauf der - nunmehr dreijährigen (§ 195 BGB i.V.m. Art. 229 §
6 EGBGB) - Regelverjährungsfrist zu hemmen. Denn auf die nach der
Ratenzahlungsvereinbarung vom 01. November 2000 geschuldeten Monatsbeträge hat
der Beklagte zu 1) bis einschließlich Juli 2003 Abschläge und Zinsen in Sinne des § 212
Abs. 1 Nr. 1 BGB geleistet, wodurch die volle Verjährungsfrist jeweils neu zu laufen
begann. Der Abrechnungssaldo ist sogar erst mit dem Ausspruch der Kündigung durch
das klägerische Anwaltsschreiben vom 26. März 2004 (Kopie Anlage K5/GA I 15 ff.) fällig
geworden.
b) Soweit der Beklagte zu 1) eingewendet hat, es bestehe allenfalls noch eine
Restforderung in Höhe von € 2.942,59 (GA I 49, 50), ist schlicht unberücksichtigt
geblieben, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehen nach den von den
Parteien getroffen Abreden um eine verzinsliche Schuld handelt. Gemäß der
Vertragsurkunde vom 04. November 1997 (Kopie Anlage K1/6) sind dem Kläger vom
Beklagten zu 1) und von dessen Ehefrau vier Prozent Zinsen für ein halbes Jahr
versprochen worden. Dies ergibt acht Prozent jährlich. Dass die Vertragslaufzeit
ursprünglich schon am 04. Mai 1998 enden sollte, hilft dem Beklagten zu 1) nicht weiter.
Denn die Verzinslichkeit der Rückerstattungsschuld ist von den Parteien mit der
Ratenzahlungsvereinbarung vom 01. November 2000 (Kopie Anlage K2/GA I 7 f.)
einvernehmlich fortgeschrieben worden. Eine rechnerische Überprüfung der
Forderungshöhe, die durch den Senat vorgenommen wurde, hat ergeben, dass dem
Landgericht bei seiner Berechnung, der der Kläger im Termin der mündlichen
Verhandlung erster Instanz am 07. Februar 2007 durch entsprechende
Antragsreduzierung beigetreten ist (GA I 55, 56), jedenfalls zu Lasten des Beklagten zu
1) keine Fehler unterlaufen sind.
3. Obgleich beide Darlehensnehmer, die in den Vertragsurkunden vom 04. November
1997 (Kopie Anlage K1/GA I 6) und vom 01. November 2000 (Kopie Anlage K2/GA I 7 f.)
genannt werden, dem Kläger gemäß § 427 BGB gesamtschuldnerisch haften, ist eine
entsprechende Verurteilung durch den Senat - aus prozessualen Gründen - nicht
möglich. Denn gegen die Beklagte zu 2) liegt kein Zahlungstitel vor. Über ihr Vermögen
war bereits das Insolvenzverfahren eröffnet worden, als der Rechtsstreit noch in vollem
Umfange in der Eingangsinstanz anhängig gewesen ist. Nachteile sind damit für die am
hiesigen Berufungsverfahren beteiligten Parteien nicht verbunden. Die solidarische
Haftung mehrerer Vertragsschuldner ergibt sich direkt aus dem Gesetz und wäre - falls
später Streit über die Tilgungswirkung eventueller Leistungen der Beklagten zu 2)
entstehen sollte - im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage des Beklagten zu 1)
nach § 767 ZPO zu beachten. Der Kläger erhält durch die Weglassung des Hinweises auf
die Stellung des Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner weder mehr noch weniger
zugesprochen, als er im Streitfall beantragt hat. Deshalb liegt weder ein Verstoß gegen §
308 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO vor noch bedarf es einer partiellen
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308 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO vor noch bedarf es einer partiellen
Klageabweisung.
B. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtstreits kann derzeit nur hinsichtlich der
Berufungsinstanz ergehen, die mit dem vorliegenden Urteil abgeschlossen wird. Die
hierauf entfallenden Prozesskosten, die sich gesondert ermitteln lassen, hat gemäß den
in § 91 Abs. 1 Satz 1 und § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken in jedem
Falle der Beklagte zu 1) zu tragen, weil schon jetzt feststeht, dass er insoweit die
unterlegene Partei ist. Dagegen wird nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der
Kostenentscheidung das Landgericht in seinem Schlussurteil über sämtliche in der
Eingangsinstanz entstandenen Kosten zu befinden haben. Wie diese letztendlich
ausgeht, ist derzeit offen, weil eine Entscheidung über die gegen die Beklagte zu 2)
gerichteten Klageanträge noch aussteht.
C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus
§ 708 Nr. 10 ZPO. Schutzanordnungen zugunsten des Beklagten zu 1) haben gemäß §
713 ZPO zu unterbleiben, weil die Voraussetzungen, unter denen nach § 543 Abs. 1 ZPO
i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil stattfindet,
unzweifelhaft nicht vorliegen.
D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache
hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Dass das insolvenzrechtliche
Vollstreckungsverbot gemäß § 294 Abs. 1 InsO einem zivilprozessualen
Erkenntnisverfahren grundsätzlich nicht entgegensteht, entspricht - wie bereits oben
erörtert worden ist - der inzwischen wohl ganz herrschenden Meinung, die offenbar von
der höchstrichterlichen Rechtsprechung geteilt wird. Um den Schuldner, der sich in der
so genannten Wohlverhaltensperiode befindet, vor den Kosten der klageweisen
Titulierung von Insolvenzforderungen zu bewahren, ist, wie sich ebenfalls schon aus den
obigen Ausführungen ergibt, eine Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisse für die Klage
in Fällen der streitgegenständlichen Art weder erforderlich noch ohne Verletzung des
grundrechtlich geschützten Justizgewährungsanspruchs und des Anspruch auf effektiven
Rechtsschutz möglich. Abweichende Rechtsauffassungen lassen sich weder in der
Rechtsprechung noch im Schrifttum nachweisen. Eine Divergenz zu der Entscheidung
des OLG Köln, Beschl. v. 01.12.2000 - 2 W 202/00 (NJW-RR 2001, 266 = ZInsO 2001, 85)
besteht aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht; die dort vertretene
Auffassung ist zudem lediglich im Rahmen von rechtlichen Hinweisen für das weitere
Verfahren der Vorinstanz geäußert worden.
E. Der für den beträgt gemäß § 3 ZPO i.V.m. §
47 Abs. 1 Satz 1 und § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG .
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