Urteil des OLG Brandenburg vom 20.06.2003
OLG Brandenburg: auszug, trennung, grundsatz der gegenseitigkeit, zerrüttung der ehe, pension, persönliche verhältnisse, eheähnliche gemeinschaft, umzug, zusammenleben, gespräch
1
2
3
4
5
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 166/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1361 Abs 3 BGB, § 1579 Nr 7
BGB
Trennungsunterhalt: Herabsetzung wegen der Aufnahme einer
gleichgeschlechtlichen Beziehung vor der Trennung und des
Zurücklassens dreier Kinder
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Schwedt vom 20. Juni
2003 unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin zu 64 % und dem
Beklagten zu 36 % auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 60 % und dem Beklagten zu
40 % zur Last.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 48 % und der Beklagte zu 52 %
zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die begrenzte Zeit vom 1. Mai 2001 bis
zu der am 11. März 2003 rechtskräftig gewordenen Scheidung ihrer Ehe.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen in dem Urteil des Senats vom
30. November 2004 und in demjenigen des BGH vom 16. April 2008 Bezug genommen.
Nach Zurückverweisung der Sache durch den BGH an den Senat geht es im
Wesentlichen nur noch um die Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der
Klägerin, weil sie aus intakter Ehe ausgebrochen sei und ein intimes Verhältnis zu einer
Frau aufgenommen habe. Nachdem der BGH die im Wege der Anschlussrevision geltend
gemachte Mehrforderung grundsätzlich für begründet erklärt hat, beantragt die Klägerin
nunmehr, ihr in Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Schwedt vom
20. Juni 2003 einen ungekürzten monatlichen Trennungsunterhalt wie folgt
zuzusprechen:
Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Berufung.
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen sowie den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Der
Senat hat im Verhandlungstermin vom 20. Januar 2009 Beweis erhoben durch
Vernehmung der Zeuginnen K. K. und A. M..
B.
Die Berufung der Klägerin ist nach Zurückverweisung der Sache durch den BGH an den
Senat und der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nur teilweise begründet. Die
Klägerin muss nach § 1361 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 1579 Nr. 7 BGB eine
Herabsetzung ihres Anspruchs auf Trennungsunterhalt hinnehmen. Der Beklagte hat
den ihm obliegenden Nachweis erbracht, dass der hier allein in Betracht kommende
Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt ist. Der Klägerin fällt ein eindeutig
bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Beklagten zur Last. Dieses Fehlverhalten lässt
die uneingeschränkte Heranziehung des Beklagten zum Trennungsunterhalt als grob
und billig erscheinen. Die Klägerin kann deshalb nur einen herabgesetzten
Trennungsunterhalt in Höhe der aus dem Tenor ersichtlichen Beträge beanspruchen.
I.
Für die Berechnung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin nach den ehelichen
Lebensverhältnissen sind die vom Senat in den Gründen seines ersten Urteils bereits
getroffenen Feststellungen in Verbindung mit den Ausführungen und Berechnungen des
BGH betreffend die Anschlussrevision der Klägerin zu Grunde zu legen.
1.
mit dem Urteil des BGH vom 16. April 2008 steht fest, dass sich für die Klägerin ein
ungekürzter Anspruch auf Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich
errechnen würde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden
Ausführungen zur Berechnung des jeweiligen monatlichen Unterhaltsanspruchs der
Klägerin in den beiden genannten Entscheidungen verwiesen.
2.
Januar 2002 (als Leiter „Rechnungswesen und Finanzen“) sei als Karrieresprung zu
werten, sodass seine darauf beruhende Einkommenssteigerung für die ehelichen
Lebensverhältnisse nicht als prägend anzusehen und damit auch nicht in die
Unterhaltsbemessung einzubeziehen sei.
Der Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 30. November 2004 eingehend mit dem
schon damals vorgebrachten entsprechenden Einwand des Beklagten auseinander
gesetzt. Dagegen hat der Beklagte in seiner Revisionsbegründung vom 25. Juli 2005
keine Einwendungen geltend gemacht. Auch der BGH hat gegen die Berechnung des
Senats betreffend das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten, das auf die
tatsächlichen Verhältnisse abstellt, sowie die daraus resultierende
Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber der der Klägerin nach seinen
Ausführungen unter Ziffer 2.a der Revisionsentscheidung vom 16. April 2008 -
abgesehen von der von der Klägerin beanstandeten Kindergeldanrechnung - keine
rechtlichen Bedenken erhoben. Dementsprechend hat der BGH die im Wege der
Anschlussrevision geltend gemachte Mehrforderung der Klägerin in dem Tenor sowie in
den Gründen seiner Entscheidung in vollem Umfang für gerechtfertigt erklärt, falls der
Klägerin ein Anspruch auf ungekürzten Trennungsunterhalt zusteht.
Soweit sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2008 erneut auf eine
unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigende Einkommenssteigerung beruft, die er nur
durch einen Karrieresprung erreicht habe, geht sein Vorbringen im Wesentlichen nicht
über seinen früheren Sachvortrag hinaus. Ihn hat der Senat bereits rechtlich gewürdigt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen. Auch die weiteren
Lehrgänge sowie der Sprachkurs, die der Beklagte nach seiner Darstellung absolvieren
musste, „um die notwendige Führungsmethodik und weitere Fachkenntnisse zu
erwerben“, führen schon unter zeitlichen Gesichtspunkten zu keiner abweichenden
Beurteilung. Der streitige Trennungsunterhaltszeitraum endet bereits am 10. März 2003.
Die vom Beklagten genannten Weiterbildungsmaßnahmen fanden dagegen erst in den
Jahren 2004/2005 statt.
15
16
17
18
19
20
21
22
II.
Die nach der Zurückverweisung der Sache durch den BGH nur noch zur Überprüfung
stehende streitentscheidende Frage geht dahin, ob und gegebenenfalls in welchem
Umfang der errechnete volle Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt nach der
vom Beklagten allein geltend gemachten Härteklausel des § 1361 Abs. 3 BGB in
Verbindung mit § 1579 Nr. 7 BGB in der Fassung des
Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes (= § 1579 Nr. 6 BGB a.F.) verwirkt ist.
Ein Verwirkungstatbestand im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB, der ein offensichtlich
schwerwiegendes, eindeutig bei dem Berechtigten liegendes Fehlverhalten gegen den
Verpflichteten voraussetzt, kann erfüllt sein, wenn der Berechtigte gegen den Willen des
anderen Ehegatten eine eheähnliche Gemeinschaft begründet oder ein nachhaltiges, auf
längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt. Darin
ist eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen, dass nach
dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zu Grunde liegt,
die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (vgl.
Urteil des BGH vom 16. April 2008 - XII ZR 7/05 - S. 12 = FamRZ 2008, 1414/1416 f.).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
1.
Berechtigten von der Ehe erforderlich. An einer solchen Einseitigkeit der Abwendung fehlt
es, wenn sich die Eheleute einvernehmlich getrennt haben und der Berechtigte sich erst
danach einem anderen Partner zugewandt und mit ihm ein nachhaltiges, auf längere
Dauer angelegtes intimes Verhältnis aufgenommen hat (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rn. 746;
Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl.,
Rn. 1144). In diesem Zusammenhang gewinnt vorliegend die schriftliche
Trennungsvereinbarung der Parteien für die Entscheidung Bedeutung.
Die Parteien haben bereits unter dem 12./15. März 2000 - also nur etwa fünf Wochen
nach dem Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung am 7. Februar 2000 - eine
schriftliche „Vereinbarung über das Getrenntleben“ von B. und U. K. „im gegenseitigen
Einvernehmen“ abgeschlossen bzw. unterzeichnet. Nach Regelungen zum elterlichen
Sorgerecht und der gemeinsamen finanziellen Angelegenheiten heißt es unter Ziffer 8.:
„Die getrennt lebenden Eheleute streben die Scheidung zum frühest möglichen
Zeitpunkt an.“
Nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien im Senatstermin vom 28. Oktober
2008 war es der Beklagte, der die Trennungsvereinbarung vom 12./15. März 2000 an
dem früheren Wohnort S. der Familie entworfen bzw. formuliert hat.
Die schriftliche Trennungsvereinbarung der Parteien macht deutlich, dass der Beklagte
Mitte März 2000 selbst Scheidungsabsichten hatte. Beide Eheleute strebten eine
„frühest mögliche“ Scheidung an. Der für § 1579 Nr. 7 BGB erforderliche Schuldvorwurf
kann der Klägerin daher nur dann gemacht werden, wenn die am 12./15. März 2000
schriftlich festgehaltene Scheidungsabsicht des Beklagten sich als das Ergebnis eines
bereits vorangegangenen einseitigen Fehlverhaltens der Klägerin darstellt. Dieses
Fehlverhalten kann nicht in der Trennung als solcher gesehen werden, sondern nur in der
Aufnahme und Unterhaltung intimer Beziehungen zu der Zeugin M., so wie dies vom
Beklagten behauptet wird. Aus einer erst nach dem 15. März 2000 aufgenommenen
intimen Beziehung zu der Zeugin M. könnte der Klägerin vor dem Hintergrund der
schriftlichen Trennungsvereinbarung nicht mehr der Vorwurf eines einseitigen
Fehlverhaltens gegenüber dem Beklagten gemacht werden, der die Anwendung der
Härteklausel des § 1579 Nr. 7 BGB rechtfertigt.
2.
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Voraussetzungen der Härteklausel des
§ 1579 Nr. 7 BGB hier vorliegen. Der Beklagte hat den ihm obliegenden Nachweis
geführt, dass sich die Klägerin vor der einverständlichen Trennungsvereinbarung und
noch vor ihrem am 7. Februar 2000 erfolgten Auszug aus der Ehewohnung in S. einseitig
von den ehelichen Bindungen abgekehrt und einer neuen Partnerin zugewendet hat. Sie
hat am 4./5. Februar 2000 eine auf längere Dauer angelegte intime Beziehung zu der
Zeugin M. aufgenommen. Dieses Verhältnis hat die Klägerin nach der Trennung bis
mindestens März 2003 fortgesetzt. Wegen ihrer neuen Beziehung zu der Zeugin M. hat
sich die Klägerin am 7. Februar 2000 aus der bis dahin noch als intakt im Sinne von §
1579 Nr. 7 BGB zu behandelnden Ehe einseitig abgewendet.
23
24
25
26
27
28
29
a)
dass die Klägerin seit dem 4./5. Februar 2000 eine auf Dauer angelegte intime
Beziehung zu der Zeugin M. unterhalten hat.
Die Zeugin K. K. hat ausgesagt, zwei Tage bevor ihre Mutter ausgezogen sei, habe sie
ein Gespräch mit ihr geführt. Die Mutter habe ihr mitgeteilt, dass sie sich von dem Vater
trennen werde und Geld sowie das Auto mitnehmen wolle. Sie habe verlangt, dass die
Zeugin dem Vater von dem beabsichtigten Auszug nichts mitteile. Im Verlauf des
Gesprächs habe die Klägerin der Tochter dann als Grund für ihre Trennung angegeben,
dass sie jemanden kennen gelernt habe. In diesem Zusammenhang habe ihr die Mutter
auch erzählt, dass sie die betreffende Person gerade in einer Pension in B. getroffen und
mit ihr intime Kontakte gehabt habe. Für dieses Treffen habe sie sich extra ein neues
Nachthemd gekauft. Nach der Aussage der Zeugin habe die Mutter bei diesem ersten
Gespräch angegeben, sie sei in der Pension mit einem Mann - einem Arzt -
zusammengetroffen. Nach dem Auszug habe sie ihr dann jedoch eingestanden, dass es
sich bei der Person dieser Begegnung nicht um einen Mann sondern um die Zeugin M.
gehandelt habe.
b)
Bruders M. K..
M. ist am 3. Juni 2003 vom Amtsgericht als Zeuge vernommen worden. Er hat damals
ausgesagt, er habe einen Tag, bevor die Mutter ausgezogen sei, von der Trennung
erfahren. Sie selbst habe ihm ihre Absicht auszuziehen mitgeteilt und als Grund
angegeben, dass sie zu einer Freundin wollte. Später habe er mit der Mutter noch mal
über ihren Auszug gesprochen. Sie habe bei dieser Gelegenheit als Grund für ihren
Weggang angegeben, dass sie eine Beziehung zu einer anderen Frau aufgenommen
habe. Diese Information habe er sowohl von seiner Mutter als auch von seiner
Schwester.
c)
darstellen, sprechen für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Auszug der
Klägerin aus der Ehewohnung und der gemeinsamen Übernachtung der beiden Frauen in
der Pension in B.. Diese Umstände rechtfertigen den Schluss, dass die Klägerin bereits
am 4./5. Februar 2000 ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis
zu der Zeugin M. aufgenommen hat, das die Klägerin zu einem spontanen Auszug aus
der Ehewohnung am 7. Februar 2000 und ihrem Umzug nach L. zu der Zeugin M.
veranlasste.
aa)
dass die Klägerin vor allem wegen ihrer sexuellen Umorientierung und
gleichgeschlechtlichen Neigung am 7. Februar 2000 die Trennung vom Beklagten
vollzogen hat. Er geht davon auch für die vorliegende Entscheidung aus. In diesem
Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei ihrer persönlichen
Anhörung durch den Senat am 16. Dezember 2003 selbst angegeben hat, dass sie sich
schon vor der Trennung in andere Frauen verliebt habe. So habe es in der Nachbarschaft
der ehelichen Wohnung eine Frau N. gegeben, mit der sie viel unternommen habe.
Beispielsweise sei man gemeinsam an die Ostsee gefahren. Als sie - die Klägerin - der
Nachbarin ihre Gefühle eingestanden habe, sei diese allerdings erschreckt gewesen und
habe sich von ihr zurückgezogen. Die Klägerin hat auch den Vortrag des Beklagten nicht
in Abrede gestellt, dass sie noch während des ehelichen Zusammenlebens mit einer
Frau B. erste gleichgeschlechtliche sexuelle Erfahrungen gemacht habe. Es kann für die
Entscheidung offen bleiben, ob diese Aufnahme eines intimen Kontaktes zu einer
anderen Frau bereits als ehewidriges Verhalten zu beurteilen sein könnte, durch das sich
die Klägerin von den ehelichen Bindungen abgekehrt hat. Jedenfalls war die sexuelle
Umorientierung der Klägerin schon längere Zeit vor der Trennung erfolgt. Sie befand sich
nicht mehr in einer Überlegungs- und Orientierungsphase. Die Klägerin war sich nach
den eigenen schriftsätzlichen und mündlichen Angaben ihrer gleichgeschlechtlichen
Neuorientierung bewusst und hatte sie für sich auch akzeptiert. Die beiden früheren
gleichgeschlechtlichen Kontaktaufnahmen bzw. das Bemühen darum sprechen deshalb
dafür, dass die Klägerin noch während des Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft
und vor der Trennung auf der Suche nach einer Partnerin war, mit der sie ihre neue
gleichgeschlechtliche Neigung verwirklichen konnte.
bb)
glaubhaft, wonach die von der Klägerin in der Zeitschrift „Br.“ aufgegebene Annonce
unter der Rubik „Kontakte/Bekanntschaften“ bloß auf eine Hilfestellung bei der
Bewältigung ehelicher Probleme gerichtet gewesen sei.
30
31
32
33
34
35
36
Nach ihrem eigenen schriftsätzlichen Vorbringen hielt die Klägerin subjektiv die Ehe
bereits für gescheitert, als sie ihre Zeitungsannonce aufgab. Sie hat ausdrücklich
geltend gemacht, schon im Jahr 1999 habe keine intakte Ehe mehr vorgelegen. Bereits
das spricht dagegen, dass es der Klägerin bei Aufgabe ihrer Kontaktanzeige Ende 1999
noch um die Bewältigung ehelicher Konflikte und Spannungen bzw. um eine
Aufrechterhaltung ihrer Ehe mit dem Beklagten ging. Vielmehr legt die eigene Sichtweise
der Klägerin von der ehelichen Beziehung einen Zusammenhang zwischen der
Zeitungsannonce und ihrer Suche nach einem gleichgeschlechtlichen Kontakt nahe.
Auch die aus ihrer sexuellen Umorientierung sich ergebende persönliche Lebenssituation
der Klägerin Ende 1999 spricht für die Annahme, dass das Motiv der Anbahnung eines
gleichgeschlechtlichen Kontakts für die Anzeige der Klägerin weit im Vordergrund stand.
Hinzu kommt der Umstand, dass die Klägerin selbst nicht vorgetragen hat, dass und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sie sich unter Berücksichtigung ihrer
sexuellen Neuorientierung sowie der vorhandenen Probleme in der in ihren Augen
bereits zerrütteten Ehe längerfristig eine Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens
mit dem Beklagten überhaupt hätte vorstellen können. Schließlich ist zu
berücksichtigen, dass es weder Anzeichen dafür gibt noch von der Klägerin selbst
behauptet wird, dass sie Ende 1999 überhaupt noch bereit war, Bemühungen zur
Rettung der bereits für gescheitert gehaltenen Ehe zu unternehmen bzw. welche
Veränderungen in der ehelichen Beziehung erforderlich gewesen wären, um noch einmal
über eine gemeinsame Zukunft der Parteien nachzudenken .
Die Zeugin M. hat zwar sowohl bei ihrer erstinstanzlichen Aussage als auch bei der zweit-
instanzlichen Vernehmung von bedeutenden ehelichen Problemen gesprochen, die die
Klägerin seinerzeit beschäftigt hätten. Sie konnte jedoch im Senatstermin vom 20.
Januar 2009 auf Nachfrage nicht angeben, welche konkreten Eheprobleme von einigem
Gewicht im Zeitpunkt der Kontaktanzeige und auch bei dem Zusammentreffen der
beiden Frauen in der Pension am 4. Februar 2000 zur Bewältigung im Raum standen, bei
deren Lösung die Klägerin dringender Hilfe bedurft hätte bzw. sie der Klägerin Hilfe
leisten wollte. Die Zeugin konnte lediglich allgemeine eheliche Probleme im
Zusammenhang mit der Zuteilung von Haushaltsgeld durch den Beklagten an die
Klägerin sowie mit Ereignissen anlässlich des Geburtstages der Klägerin im Jahr 1999
und mit einer Erkrankung der Klägerin benennen. Vor diesem Hintergrund erscheint die
Aussage der Zeugin M. nicht glaubhaft, der Klägerin sei es bei der Zeitungsannonce nur
um eine Hilfestellung bei der Bewältigung von anstehenden großen Probleme in ihrer
ehelichen Beziehung zum Beklagten gegangen. Die Umstände sprechen vielmehr dafür,
dass die Annonce der Klägerin in der Zeitschrift „Br.“ als partnerschaftliche
Kontaktanzeige aufgegeben sowie gewollt war und dass dieses Motiv am 4. Februar 2000
zu der gemeinsamen Übernachtung der beiden Frauen in der Pension in B. geführt hat.
cc)
sprechen ferner die Ausführungen in dem vom Senat eingeholten arbeitsmedizinischen
und sozialmedizinischen Gutachten vom 8. April 2004.
In dem schriftlichen Gutachten, in dem der Sachverständige, Dr. C., zugleich
Fremdbefunde ausgewertet hat, ist davon die Rede, dass die Klägerin nach ihrer
Trennung vom Beklagten nach L. gekommen und zu ihrer Freundin gezogen sei. Die
Anfangszeit mit ihrer neuen Partnerin sei dabei sehr stressig und konfliktreich gewesen
und habe zusammen mit der als schmerzlich empfundenen Trennung von den Kindern
zu depressiven Verstimmungen der Klägerin geführt. Auch diese Ausführungen, die auf
den eigenen Angaben der Klägerin gegenüber unbeteiligten Dritten beruhen, und in
denen von einer konfliktreichen „Partnerschaft“ die Rede ist, rechtfertigen entgegen der
gemeinsamen Darstellung den Schluss, dass die Klägerin mit der Zeugin M. in der Zeit
bis Juni 2000 nicht in einer bloßen Wohngemeinschaft zusammenlebte, sondern dass sie
bereits am 4./5. Februar 2000 ein intimes Verhältnis zu der Zeugin aufgenommen hat,
das dann der eigentliche Anlass für den Umzug der Klägerin nach L. war.
dd)
ein besonderes Gewicht zu.
Die Zeugin M. ist am 4. Februar 2000 - einem Freitag - nach B. gekommen. Nach ihren
Angaben im Senatstermin ist sie am nächsten Tag um die Mittagszeit wieder nach L.
und die Klägerin nach S. zurückgefahren. Am Montag, dem 7. Februar 2000, erfolgte der
Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung in S. und ihr Umzug nach L. in die Wohnung
der Zeugin M..
Die Tochter K. hat bei ihrer Vernehmung am 20. Januar 2009 ausgesagt, das in Rede
stehende Gespräch mit ihrer Mutter habe zwei Tage vor dem Auszug stattgefunden. In
37
38
39
40
stehende Gespräch mit ihrer Mutter habe zwei Tage vor dem Auszug stattgefunden. In
erster Instanz hatte sie angegeben, sie sei von der Mutter ein bis zwei Tage vor dem
geplanten Weggang informiert worden. Der Zeuge M. K. hatte seinerzeit erklärt, erst
einen Tag vor dem Auszug der Mutter davon erfahren zu haben. Beide Kinder haben
angegeben, die Klägerin habe bei diesen Gesprächen von ihnen verlangt, dass sie dem
Vater nichts von dem beabsichtigten Auszug erzählten.
In zeitlicher Hinsicht ergibt sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen sowie
dem tatsächlichen Geschehensablauf, dass die Klägerin um die Mittagszeit des 5.
Februar 2000 (Samstag) von ihrer Begegnung mit der Zeugin M. in B. nach S. in die
Ehewohnung zurückgekehrt ist. Am Montag, dem 7. Februar 2000, hat sie die Trennung
und den Auszug vollzogen. Zwischen der Rückkehr der Klägerin aus B. und ihrem Auszug
lagen also nur knapp zwei Tage. Die Gespräche mit den beiden Kindern K. und M.
müssen noch am Samstag, spätestens jedoch am Sonntag stattgefunden haben.
Außerdem hat die Klägerin nach ihrem eigenen schriftsätzlichen Vorbringen am 6.
Februar 2000 zwei Geldabhebungen von dem Konto der Parteien vorgenommen. Sie hob
1.000 DM mit ihrer Euro-Card und 1.000 DM mit einer VISA-Card ab. Die beiden
Kreditkarten ließ sie dann zusammen mit ihrem Abschiedsbrief an den Beklagten am 7.
Februar 2000 in der Ehewohnung zurück. Die Klägerin war also die knapp zwei Tage
Zwischenzeit zwischen der Rückkehr aus B. und der Trennung mit der Vorbereitung ihres
Auszuges beschäftigt. Diese enge zeitliche Abfolge spricht für die Annahme eines
Zusammenhangs zwischen dem Zusammentreffen der Klägerin mit der Zeugin M. in der
Pension und dem Umzug der Klägerin nach L.. Der bereits am 5. bzw. 6. Februar 2000
geäußerte Entschluss zu dem kurzfristigen Auszug lässt sich nur dadurch verständlich
erklärt, dass die Klägerin bereits mit der Absicht nach L. umzuziehen von ihrem
Zusammentreffen mit der Zeugin M. nach S. zurückgekehrt sein muss. Schwerwiegende
Ereignisse oder konkrete Vorkommnisse in der Ehewohnung zwischen der Rückkehr der
Klägerin aus B. und dem Gespräch mit den beiden Kindern am 5./6. Februar 2000 über
den geplanten Auszug gab es nicht bzw. sind nicht vorgetragen worden. Es kann also
auch nicht eine Verschlechterung der häuslichen Situation und Atmosphäre der Auslöser
für den Entschluss zum Auszug gewesen. Es spricht daher alles für einen
Zusammenhang zwischen dem Zusammentreffen der Klägerin mit der Zeugin M. und
ihrem spontanen Umzug nach L.. Das wiederum rechtfertigt die Schlussfolgerung, dass
gerade die Person der Zeugin M. Anlass und Auslöser für die Trennung der Klägerin
gewesen ist und dass die Klägerin entgegen der Darstellung der Zeugin M. bereits mit
der festen Absicht zum Auszug am 5. Februar 2000 in die Ehewohnung
zurückgekommen ist.
Für diese Annahme spricht auch der Umstand, dass die Zeugin M. der Klägerin bereits
am 5. Februar 2000 einen Zweitschlüssel zu ihrer Wohnung in L. ausgehändigt hat. Am
Tag des Zusammentreffens in der Pension gab es jedoch keine akute Situation, die eine
vorsorgliche Schlüsselüberlassung nahe gelegt hätte, „falls die Klägerin in ihrer Not eine
Ersatzunterkunft benötigte“, wie dies die Zeugin bei ihren Vernehmungen angegeben
hat. Die Klägerin selbst hat jedenfalls hierzu nichts Konkretes vorgetragen. Eine akute
Notsituation konnte auch die Zeugin M. auf Nachfrage nicht benennen. Trotz des nach
ihrer Darstellung langen und intensiven Hilfegesprächs mit der Klägerin in der Pension
war die Zeugin bei ihrer Vernehmung am 20. Januar 2009 lediglich in der Lage, ganz
allgemeine Probleme und Enttäuschungen der Klägerin anzugeben (betreffend
Haushaltsgeld, Geburtstag, Erkrankung). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die
Zeugin M. seinerzeit an ihrem Wohnort in L. arbeitete. Selbst in einer etwaigen neuen
Konfliktsituation hätte die Klägerin also unschwer zur Arbeitsstelle fahren und sich einen
Wohnungsschlüssel von der Zeugin M. geben lassen können, falls die im Schichtdienst
tätige Zeugin nicht ohnehin zu Hause war. Auch die Schlüsselüberlassung durch die
Zeugin M. in B. spricht deshalb dafür, dass am 5. Februar 2000 zwischen den beiden
Frauen der Umzug der Klägerin nach L. bereits fest verabredet war. Die Rückkehr der
Klägerin die Ehewohnung erfolgte nur noch mit dem Ziel, die Kinder K. und M. von dem
Auszug zu informieren, ihre persönlichen Sachen zusammenzupacken, Geld abzuholen
und mit dem Familien-PKW anschließend nach L. zu fahren, so wie es dann auch
tatsächlich geschehen ist.
ee)
Kinder.
Von den drei Kindern, die im Zeitpunkt der Trennung der Parteien noch zu Hause lebten,
waren zwei minderjährig. K. war privilegiert volljährig. Alle drei Kinder befanden sich in der
allgemeinen Schulausbildung. Sie waren - wie die Klägerin wusste - angesichts der
vollschichtigen Arbeit des Beklagten und seines bis März 2000 andauernden
Fernstudiums auf die Betreuung und Versorgung durch die schon seit 1993 nicht mehr
berufstätige Klägerin angewiesen. Die Klägerin selbst hat darauf hingewiesen, dass sie
41
42
43
44
berufstätige Klägerin angewiesen. Die Klägerin selbst hat darauf hingewiesen, dass sie
für die Belange der Kinder bis zum 7. Februar 2000 allein zuständig gewesen ist. Die
Entscheidung der Klägerin zu ihrem plötzlichen Auszug und das damit verbundene
Zurücklassen der drei Kinder - ohne für diese auch nur die geringsten Vorkehrungen für
die erste Zeit nach dem Weggang zu treffen - kann deshalb bei einer
Gesamtbetrachtung der Umstände nur mit der eigenen besonderen Gefühlssituation der
Klägerin, die sich für sie aus dem Zusammentreffen mit der Zeugin M. ergeben hatte,
sinnvoll erklärt werden. Hinzu kommt, dass die Tochter K. am Freitag, dem 11. Februar
2000, ihren 19. Geburtstag feierte. Die Klägerin ist also nur vier Tage vor diesem Tag und
ohne ihre Mitverantwortung für die gemeinsamen Kinder weiter wahrzunehmen spontan
nach der Rückkehr von ihrem Treffen mit der Zeugin M. in B. aus der Ehewohnung
ausgezogen. Der Tochter K. hat sie zuvor von dem am 6. Februar abgehobenen Geld
einen Betrag von 250 DM für ihre unmittelbar bevorstehende Geburtstagsfeier gegeben.
Die Zeugin K. hat in diesem Zusammenhang beim Amtsgericht ausgesagt, sowohl sie
als auch ihren Bruder habe die Mitteilung der Mutter von ihrem Auszug sehr überrascht.
Beide Kinder seien stark betroffen gewesen und hätten geweint. Gerade das Verhalten
der Klägerin gegenüber den Kindern, an denen sie nach ihren eigenen Angaben sehr
gehangen hat, legt mit Blick auf das Fehlen einer akuten Notsituation bzw. einer
verschlechterten häuslichen Atmosphäre den Schluss auf eine neue persönliche bzw.
intime Zuwendung der Klägerin zu der Zeugin M. bereits am 4./5. Februar 2000 nahe.
ff)
der Klägerin und der Zeugin M. sprechen ebenfalls für ein von vornherein auf einen
intimen Kontakt angelegtes Zusammentreffen der beiden Frauen am 4. Februar 2000.
Wäre es der Klägerin bloß um die Erörterung ehelicher Probleme und persönlicher
Enttäuschungen sowie eine freundschaftliche, beratende Hilfestellung durch die Zeugin
M. gegangen, so hätten sich die beiden Frauen am 4. Februar 2000 unschwer in S. oder
sogar in der Ehewohnung verabreden können. Schon das Ausweichen in die ca. 30 km
entfernte Stadt B. spricht dafür, dass das Zusammentreffen nach außen verheimlicht
werden sollte. Ebenso wenig bedurfte es für eine Beratung zur Bewältigung von
Eheproblemen der Klägerin durch die Zeugin M. der Anmietung eines Doppelzimmers,
wie es tatsächlich geschehen ist. Angesichts der nur relativ kurzen Entfernung von 30
km zwischen der Ehewohnung und der Pension hätte die Klägerin nach dem
gemeinsamen Gespräch wieder nach Hause zurückfahren können, zumal nach den
Angaben der Zeugin M. im Senatstermin am Abend des 4. Februar 2000 kein Alkohol
getrunken worden war. Die Umstände sprechen danach dafür, dass das
Zusammentreffen der beiden Frauen am 4. Februar 2000 auf eine gemeinsame
Übernachtung in der Pension angelegt war. Auch die Zeugin K. hat gegenüber dem
Senat ausgesagt, die Klägerin habe von vorn herein vorgehabt, die Nacht vom 4. zum 5.
Februar 2000 nicht zu Hause zu verbringen. Ursprünglich habe sie das mit einem
Krankhausaufenthalt begründet. Im Nachhinein habe sie ein intimes Zusammentreffen
eingeräumt. Außerdem habe ihr die Klägerin von dem Kauf eines neuen Nachthemds für
diese Nacht berichtet.
In der Gesamtschau hält der Senat es nach alldem für bewiesen, dass es in der Nacht
vom 4. zum 5. Februar 2000 zu intimen Kontakten zwischen der Klägerin und der Zeugin
M. gekommen ist. Die Zuwendung der Klägerin zur Zeugin M. ist auch als ein nachhaltig
auf längere Dauer angelegtes Verhältnis zu werten. Entscheidend für die geplante
Dauerhaftigkeit ist, dass die Beziehung nach den bei der Aufnahme vorhandenen
Vorstellungen über eine flüchtige Augenblicksbeziehung hinausgehen soll. Eine (wider
Erwarten) kürzere tatsächliche Dauer ist nicht geeignet, das Merkmal der nachhaltig
geplanten Dauerhaftigkeit im Nachhinein entfallen zu lassen. Wie durch den Umzug der
Klägerin am 7. Februar 2000 nach L. in die Wohnung der Zeugin M. zum Ausdruck
kommt, hat sich die Klägerin ihre intime Beziehung zur Zeugin M. als längere Zeit
andauernd vorgestellt. Objektiv ist das Verhältnis der beiden Frauen auch tatsächlich
über eine flüchtige Augenblicksbeziehung hinausgegangen. Das folgt schon aus dem
Umstand, dass die Klägerin selbst einräumt, aus dem Zusammenwohnen habe sich ab
Juni 2000 eine intime Beziehung zur Zeugin M. entwickelt, die jedenfalls bis März 2003
andauerte.
Soweit die Zeugin M. als Zeitpunkt für die Aufnahme intimer Kontakte zur Klägerin erst
die Rückkehr aus ihrer Kur im Juni 2000 angegeben hat, hält der Senat nach den
vorstehenden Ausführungen ihre Aussage (auch) in diesem Punkt für nicht glaubhaft.
Das gilt umso mehr, als die Zeugin bei ihrer Vernehmung keine konkreten gravierenden
Eheprobleme nennen konnte, um die es in dem „Hilfegespräch“ in der Nacht vom 4.
zum 5. Februar 2000 gegangen sein soll. Die Zeugin M., die der Klägerin nach wie vor
(mindestens freundschaftlich) verbunden ist, kann ebenso wie die Tochter K. der
Parteien nicht als unbeteiligte Zeugin angesehen werden. Bei ihrer erstinstanzlichen
45
46
47
48
49
Parteien nicht als unbeteiligte Zeugin angesehen werden. Bei ihrer erstinstanzlichen
Aussage am 22. Januar 2003 lebte die Zeugin mit der Klägerin in einer
Lebenspartnerschaft zusammen. Bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 20. Januar
2009 hat die Zeugin M. im Wesentlichen nur ihre erstinstanzlichen Angaben (fast
wörtlich) wiederholt. Den Angaben der Zeugin M. kommt in der Gesamtschau deshalb
keine erhöhte Glaubhaftigkeit zu. Zudem werden sie durch die Umstände widerlegt. Der
für die Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt, wie er sich nach dem vorstehend
dargestellten Sach- und Streitstand gegenwärtig darstellt, führt mit dem erforderlichen
Grad an Gewissheit zu der Überzeugung des Senats, dass die Angaben der beiden
Zeugen K. und M. K. zutreffen. Danach steht fest, dass die Klägerin am 4./5. Februar
20000 ein auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu der Zeugin M.
aufgenommen hat. Folglich liegt auf Seiten der Klägerin eine Abkehr von der ehelichen
Solidarität vor, die den Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt.
3.
erhobenen Gegenvorwürfe Gebrauch zu machen.
Der Vorwurf des schwerwiegenden einseitigen Fehlverhaltens, der die Annahme einer
Verwirkung nach 1579 Nr. 7 BGB rechtfertigt, kann durch konkrete Gegenvorwürfe von
einigem Gewicht widerlegt werden. Soweit die Klägerin behauptet, die Ehe sei schon im
Jahr 1999 und damit vor ihrer Hinwendung zu der Zeugin M. zerrüttet gewesen, was
einen Ausbruch aus intakter Ehe ausschließe, ist das nach dem Ergebnis der mündlichen
Verhandlungen, der durchgeführten Beweisaufnahme und dem Gesamtinhalt der Akten
von dem insoweit beweisbelasteten Beklagten widerlegt worden.
a)
intakte Ehe der Parteien mehr vorgelegen, bereits mit hinreichend konkreten
Einzeltatsachen begründet worden ist (vgl. in diesem Zusammenhang Wendl/Gerhardt,
a.a.O., § 4, Rn. 751; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 1147).
Zugunsten der Klägerin kann angenommen werden, dass sie sich in der ehelichen
Beziehung unwohl fühlte sowie mit dieser unzufrieden war und dass sie nicht mehr an
der Ehe mit dem Beklagten festhalten bzw. ein Zusammenleben mit ihm nicht
fortsetzen wollte. Dies bestätigt auch ihr Abschiedsbrief vom 7. Februar 2000, in dem es
zu unter anderem heißt: „Unsere Beziehung hat mich oft krank gemacht und jetzt ist es
so weit, daß ich das ändern will und kann“. Wenn sich die Klägerin durch die eheliche
Beziehung stark belastet fühlte und sie für sich eine Lösung nur in der Trennung vom
Beklagten sah, so rechtfertigt das für sich genommen nicht den Schluss auf eine bereits
endgültig zerrüttete Ehe. Es ist schwierig, den Begriff des „endgültigen Scheiterns“ der
ehelichen Lebensgemeinschaft hinreichend klar und generell zu bestimmen (vgl. hierzu
auch Johannsen/Büttner, Eherecht, 4. Aufl., § 1579 BGB, Rn. 29). Eine sachgerechte
Abgrenzung, ob eine Ehe noch als durchschnittlich intakt oder schon als gescheitert zu
werten ist, lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung von konkreten Vorfällen und
objektiv verständlichen Gründen für die Abkehr von den ehelichen Bindungen
vornehmen. Vorliegend ist deshalb auch die besondere Problematik zu berücksichtigen,
die sich für die Klägerin aus ihrer sexuellen Neuorientierung ergab. Eine Ehe beschränkt
sich jedoch nicht auf sexuelle Kontakte. Sie begründet vielmehr auch ein Mit- und
Füreinander der Partner in vielen Lebensbereichen, auch und gerade eine
Versorgungsgemeinschaft. Das gilt vor allem dann, wenn gemeinsame Kinder im
Haushalt leben. Streitigkeiten sowie Auseinandersetzungen der Ehegatten im üblichen
Rahmen und auch das Gefühl einer Vereinsamung in der Ehe bzw. von Lieblosigkeiten
des Partners und ein wenig harmonisches Zusammenleben reichen zur Annahme einer
Zerrüttung der Ehe nicht aus (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rn. 749;
Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 1147).
Dementsprechend mag es eine Lieblosigkeit des Beklagten gewesen sein, wenn er den
Geburtstag der Klägerin am 14. August 1999 übergangen hat, so wie dies von ihr
behauptet wird. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin angeführte Erkrankung, der
der Beklagte nicht genügend Beachtung geschenkt habe. Soweit das eheliche
Zusammenleben der Parteien nach der Darstellung der Klägerin durch stärkere
Spannungen, ein Nebeneinanderleben und einen unzufriedenen Eindruck des Beklagten
geprägt worden sein soll, mögen darin durchaus Defizite in der persönlichen Beziehung
der Parteien zum Ausdruck kommen. Schwierigkeiten in der Ehe, Spannungen und
Streitigkeiten sowie ein behauptetes Auseinanderleben sind für den Begriff des
„Scheiterns“ der Ehe im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB im Regelfall aber nicht ausreichend.
Jedenfalls stellen sie für sich genommen keine Umstände dar, die die Einseitigkeit des
festgestellten schwerwiegenden Fehlverhaltens der Klägerin entfallen lassen könnten
(vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, NJW 1981, 1214/1215 und NJW 1986,
722/723; OLG Hamm, FamRZ 1997, 1484). Es darf hier auch nicht die bis März 2000
50
51
52
53
54
55
722/723; OLG Hamm, FamRZ 1997, 1484). Es darf hier auch nicht die bis März 2000
andauernde Doppelbelastung und nervliche Anspannung des Beklagten durch
vollschichtigen Beruf und Studium auf der einen Seite sowie der Umfang der mit der
Haushaltsführung und der Versorgung der 1999/2000 noch fünfköpfigen Familie durch
die Klägerin auf der anderen Seite unberücksichtigt bleiben. Hinzu kommt - was nach
Darstellung der Zeugin K. auch nach außen deutlich geworden ist - eine Unzufriedenheit
der Klägerin mit ihrer Lebenssituation. Dass diese beiderseitigen Belastungen der
Parteien wenig Raum für die Pflege der Partnerschaftsbeziehung ließen, liegt auf der
Hand. Auf der anderen Seite kann nach dem Sachvortrag der Klägerin nicht
angenommen werden, es hätte bei entsprechenden Bemühungen beider Partner keine
Chance mehr bestanden, nach dem bevorstehenden Abschluss des Studiums des
Beklagten die aufgetretenen Probleme einer Lösung zuzuführen bzw. das eheliche
Zusammenleben wieder mit neuen Inhalten zu füllen. Dass sie vor Aufkündigung der
ehelichen Gemeinschaft Anstrengungen unternommen hätte, zusammen mit dem
Beklagten etwas zur Rettung der Ehe und der Partnerbeziehung zu unternehmen, wird
von der Klägerin selbst nicht konkret behauptet. Insoweit bestehen auch keine
Anhaltspunkte.
Auch die in diesem Zusammenhang vom Amtsgericht vernommenen Zeugen K. und M.
K., die im Zeitpunkt des Auszugs der Klägerin bereits fast 19 bzw. 16 Jahre alt waren,
haben bestätigt, dass es lediglich gelegentliche Auseinandersetzungen zwischen den
Eltern gegeben habe. Ferner hat die Zeugin K. bekundet, dass die Mutter mit dem
Zusammenleben mit dem Beklagten und auch deshalb, weil sie keine Arbeit hatte,
unzufrieden und mitunter schlecht gelaunt war. Der Schluss auf eine bereits zerrüttete
Ehe lässt sich daraus jedoch noch nicht herleiten. Der Umstand, dass die Parteien im
Sommer des Jahres 1999, in dem die Ehe nach Darstellung der Klägerin bereits
gescheitert gewesen sei, noch einen gemeinsamen Urlaub verbrachten, deutet auf das
Gegenteil hin.
Dem in diesem Zusammenhang von der Klägerin gestellten Antrag, die beiden ältesten
Söhne der Parteien O. und A. als Zeugen zu vernehmen, folgt der Senat nicht.
Zugunsten der Klägerin kann ihre Behauptung als richtig unterstellt werden, beide Söhne
hätten gewusst, dass die Mutter in der Ehe unzufrieden war. Sie hätten der Klägerin
deshalb schon weit vor Februar 2000 geraten, sich von dem Beklagten zu trennen. Ein
solcher Trennungswunsch der Klägerin rechtfertigt jedoch für sich genommen nicht die
Schlussfolgerung, dass die (durchschnittlich verlaufene) lange Ehe der Parteien im
Februar 2000 tatsächlich bereits als gescheitert anzusehen war.
Unter Würdigung aller Umstände geht der Senat im Ergebnis davon aus, dass der
Beklagte die Behauptung der Klägerin widerlegt hat, die Ehe der Parteien sei Anfang
Februar 2000 nicht mehr intakt gewesen. Es bleibt deshalb dabei, dass die Aufnahme
des intimen Verhältnisses zu der Zeugin M. am 4./5. Februar 2000, das nach der
Vorstellung der Klägerin auf längere Dauer angelegt war, als schwerwiegendes
einseitiges Fehlverhalten der Klägerin zu werten ist.
b)
2000 ist auch nicht zu einer Zeit erfolgt, als sich der Beklagte bereits seinerseits durch
Aufnahme einer ehewidrigen Beziehung zu einer anderen Frau von den ehelichen
Bindungen losgesagt hatte.
Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, der Beklagte habe Mitte März 2000 eine so
intensive Beziehung zu einer Arbeitskollegin aufgebaut, dass diese die Stellung der
Klägerin eingenommen und bei ihrem Besuch der Kinder Mitte März 2000 in der Küche
der Ehewohnung am Herd gestanden habe und mit der Zubereitung des Essens
beschäftigt gewesen sei. Das reicht als Gegenvorwurf der Klägerin nicht aus, denn ein
eigenes Fehlverhalten des Beklagten lässt sich aus dieser Schilderung nicht ableiten.
Zudem hat die Klägerin ihren diesbezüglichen Sachvortrag zeitlich nicht hinreichend
konkretisiert. Es ist daher offen, ob die Klägerin die andere Frau in der früheren
Ehewohnung nicht erst zu einer Zeit angetroffen hat, nachdem beide Parteien bereits
die schriftliche Trennungsvereinbarung vom 12./15. März 2000 geschlossen hatten.
Im Übrigen kann eine ehewidrige Beziehung des Verpflichteten dem Fehlverhalten des
anderen Ehegatten nur dann den Charakter der Einseitigkeit nehmen, wenn sie diesem
Fehlverhalten den Boden bereitet hat (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rn. 747).
Das wird von der Klägerin jedoch selbst nicht behauptet. Sie hat vielmehr in erster
Instanz konkret vorgetragen, der Beklagte habe (erst) ab April 2000 eine intime
Beziehung zu einer anderen Frau aufgenommen, die andauere. Danach kann das
Verhalten des Beklagten nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin nicht für ihre
Abkehr von der Ehe im Februar 2000 von Einfluss gewesen sein. Dass der Beklagte zu
56
57
58
59
60
Abkehr von der Ehe im Februar 2000 von Einfluss gewesen sein. Dass der Beklagte zu
diesem Zeitpunkt in sonstiger Weise zum Ausdruck gebracht hätte, dass er sich von der
Klägerin bereits endgültig abgewandt hatte und an der Fortsetzung der Ehe nicht mehr
interessiert war, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
4.
mit dem zur Überzeugungsbildung erforderlichen Grad an Gewissheit fest, dass die
Klägerin Anfang Februar 2000 aus einer im Sinne der Härteklausel des § 1579 Nr. 7 BGB
noch als objektiv „normal“ intakt zu wertenden Ehe ausgebrochen ist. Selbst wenn sie
subjektiv die Ehe bereits für gescheitert hielt, so gab ihr das nicht das Recht, ihrerseits
gegen die eheliche Treuepflicht zu verstoßen und sich von den ehelichen Bindungen
loszusagen, von dem Beklagten aber weiterhin uneingeschränkt die Erfüllung seiner aus
der Ehe herrührenden Unterhaltspflicht zu verlangen. Der Anspruch der Klägerin auf
Trennungsunterhalt ist daher gemäß § 1579 Nr. 7 BGB grundsätzlich verwirkt.
III.
Das Vorliegen eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB führt im Rahmen der
gebotenen Billigkeitsabwägung dazu, dass der der Klägerin an sich für die Zeit vom 1.
Mai 2001 bis zum 10. März 2003 zustehende Trennungsunterhalt in dem unter Ziffer I.1.
genannten Umfang um die Hälfte herabzusetzen ist.
1.
Anspruchsvoraussetzung die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig sein.
Voraussetzung ist daher stets die Bejahung eines Härtegrundes und einer groben
Unbilligkeit. Der Unterhaltspflichtige ist dabei nicht nur darlegungs- und beweispflichtig
dafür, dass ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig beim Berechtigten liegendes
Fehlverhalten vorliegt. Er trägt vielmehr auch die Darlegungslast, inwieweit bei einer
Bejahung des Tatbestands des § 1579 Nr. 7 BGB im Rahmen der gebotenen Prüfung der
groben Unbilligkeit ein Unterhaltsausschluss als härteste Sanktion und nicht nur eine
Herabsetzung des Anspruchs angemessen ist. Dafür, dass im vorliegenden Fall das
Fehlverhalten der Klägerin so schwer wiegt, dass - wie von ihm geltend gemacht wird -
nur die vollständige Unterhaltsversagung angemessen ist, hat der Beklagte nichts
Ausreichendes vorgetragen. Der Umstand, dass sich die Klägerin noch während
bestehender Ehe einer neuen Partnerin zugewandt hat, reicht insoweit nicht aus. Auch
aus der sexuellen Umorientierung der Klägerin kann der Beklagte für sich genommen
nicht ein ihn persönlich ganz besonders kränkendes Fehlverhalten der Klägerin herleiten,
das unter Billigkeitsgesichtspunkten den gänzlichen Wegfall seiner
Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen könnte. Der Beklagte hat sich in seiner
Revisionsbegründung vom 25. Juli 2005 selbst darauf berufen, der Umstand dass ein
Ehegatte sich von der Ehe lossagt, um gleichgeschlechtliche Kontakte aufzunehmen, sei
„nicht anders zu beurteilen, als wenn die neue Beziehung zu einem Partner des anderen
Geschlechts aufgenommen wird“. Dieser Auffassung ist der BGH gefolgt. Die
Konsequenz ist, dass dann aber auch im Rahmen der gebotenen Billigkeitsabwägung
nicht zu Lasten der Klägerin gewertet werden kann, dass sie Anfang Februar 2000 ein
ehewidriges Verhältnis zu einer Frau begonnen hat.
2.
der Senat auf der anderen Seite für grob unbillig, den Beklagten uneingeschränkt auf
Zahlung des nach den ehelichen Lebensverhältnissen errechneten Trennungsunterhalts
in Anspruch zu nehmen, so wie dies von der Klägerin geltend gemacht wird. Die Klägerin
muss vielmehr eine Herabsetzung ihres sich rechnerisch ergebenden Anspruchs auf
Trennungsunterhalt hinnehmen. Der Senat hält unter Würdigung der Umstände des
Streitfalls eine Minderung dieses Anspruchs um die Hälfte für angemessen.
Bei der Prüfung, inwieweit eine Gewährung von Unterhalt „grob unbillig“ ist und deshalb
einen Ausschluss, eine zeitliche Begrenzung oder eine Herabsetzung des
Unterhaltsanspruchs rechtfertigt, ist auf Seiten des Verpflichteten unter anderem zu
berücksichtigen, in welcher Weise die Unterhaltslast den Verpflichteten im konkreten Fall
trifft. Dabei sind insbesondere seine wirtschaftlichen Verhältnisse in die Prüfung
einzubeziehen. Zu berücksichtigen ist auch, wie lange die Unterhaltsverpflichtung dauert
und damit den Verpflichteten wirtschaftlich belastet. Auf Seiten des Berechtigten sind
vor allem seine persönliche Verhältnisse wie Alter und Gesundheitszustand zu
berücksichtigen, seine Lebenssituation, seine persönlichen Leistungen für den
Verpflichteten sowie die Verdienste um die Familie, insbesondere bei der Pflege und
Erziehung von Kindern. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist ferner die Ehedauer, da die
wirtschaftliche Abhängigkeit des bedürftigen Ehegatten wächst, je länger eine Ehe
gedauert hat. Abzustellen ist deshalb auch auf den Verlauf der Ehe sowie die Zahl der
aus der Ehe hervorgegangenen Kinder (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rn. 619-
61
62
63
64
aus der Ehe hervorgegangenen Kinder (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 4, Rn. 619-
621).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält der Senat eine Kürzung des bereits
zeitlich sehr begrenzten Anspruchs auf Trennungsunterhalt für gerechtfertigt. Dabei
berücksichtigt der Senat, dass der Beklagte im Anspruchszeitraum über ein gutes
Einkommen verfügte. Deshalb stellt eine (zusätzliche) Unterhaltsverpflichtung
gegenüber der Klägerin wirtschaftlich keine übermäßige Belastung für den Beklagten
dar. Nach den vom Senat im Urteil vom 30. November 2004 getroffenen Feststellungen
ist für die Zeit zwischen Mai 2001 und März 2003 von einem für Unterhaltszwecke
verfügbaren Monatseinkommen des Beklagten zwischen 2.169 € und 3.735 € (gerundet)
auszugehen.
Ferner ist für die Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, dass die Parteien von der
Eheschließung (am 5. April 1975) bis zur Trennung (am 7. Februar 2000) fast 25 Jahre
lang zusammengelebt haben. Das erste gemeinsame Kind, der Sohn O., wurde schon
vor der Heirat (am 18. Dezember 1973) geboren. Die Klägerin hat während der langen
Ehedauer fünf Kinder aufgezogen und betreut. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass
die Last der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung in erster Linie auf den Schultern
der Klägerin gelegen hat. Daneben war sie in der Zeit von Januar 1975 bis Dezember
1992 überwiegend berufstätig bzw. hat ein gemeinsam beschlossenes Studium der
Finanzökonomie mit dem Abschluss „Finanzökonomin“ durchgeführt. Von Januar 1993
bis zur Trennung bzw. bis Mitte März 2000 war die Klägerin arbeitslos. Ab 11. Januar 2001
war die Klägerin arbeitsunfähig krank, wobei diese Erkrankung nach dem vom Senat
eingeholten schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. C. vom 8. April 2004 mit
Sicherheit bis Ende 2002 andauerte. Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen
verfügte die Klägerin im Trennungsunterhaltszeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 10. Juli
2002 nur über monatliche Krankengeldbezüge in Höhe von rund 526 € bzw. 534 €.
Anschließend bezog sie (subsidiäre) Sozialhilfe. Da der Klägerin keine Verletzung ihrer
Erwerbsobliegenheit vorzuwerfen ist, sind auch diese tatsächlichen wirtschaftlichen
Verhältnisse im Trennungsunterhaltszeitraum neben ihrem Gesundheitszustand und
ihrem Alter von 46 Jahren im Zeitpunkt der Trennung in die Billigkeitsabwägung
einzubeziehen.
Durch die lange Dauer der Arbeitslosigkeit der Klägerin zwischen 1993 und 2000 hat sich
mit zunehmender Ehedauer auch die Verflechtung der Lebensverhältnisse beider
Ehegatten vergrößert. Daraus resultierte eine wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit
der unterhaltsbedürftigen Klägerin, gegen die diese nur durch die unterhaltsrechtliche
Solidarität des Beklagten abgesichert war.
Im Rahmen der Billigkeit kann auf der einen Seite auch nicht unberücksichtigt bleiben,
dass nach den Bekundungen der beiden Kinder K. und M. gegenüber dem Amtsgericht
die Ehe der Parteien nicht von Harmonie geprägt war. Es kann dem Beklagten nicht
entgangen sein, dass die Klägerin mit dem ehelichen Zusammenleben unzufrieden war.
Auch wenn er selbst die eheliche Beziehung vor der Trennung nicht in Frage gestellt hat,
so ist auch von ihm offensichtlich nicht das Gespräch mit der Klägerin gesucht worden,
um die vorhandenen Probleme zu thematisieren und seinerseits etwas zur Beseitigung
der aufgetretenen Defizite in der Partnerbeziehung beizutragen. Immerhin hat der
Beklagte selbst bereits wenige Wochen nach dem Auszug der Klägerin die schriftliche
Trennungsvereinbarung aufgesetzt und am 12. März 2000 unterschrieben, in der beide
Parteien eine „frühest mögliche“ Scheidung anstrebten. Das macht deutlich, dass es
dem Beklagten schon sehr schnell nicht mehr um die Aufrechterhaltung der Ehe ging,
was den Schluss auf nicht mehr sehr starke Gefühle gegenüber der Klägerin und für die
eheliche Beziehung nahe legt. Auf der anderen Seite hat aber die Klägerin ihre
besondere Verantwortung für die Familie in gravierender Weise verletzt. Sie ist nach dem
Zusammentreffen mit der Zeugin M. spontan und im Verhältnis zum Beklagten heimlich
ausgezogen. Sie hat weder die drei noch zu Hause und in der allgemeinen
Schulausbildung befindlichen Kinder rechtzeitig auf ihren Auszug vorbereitet noch den
Beklagten selbst. Vielmehr hat sie von den beiden älteren Kindern ausdrücklich verlangt,
dem Vater von dem beabsichtigten Auszug nichts zu erzählen. Besondere Ereignisse
oder konkrete Vorkommnisse, die die Annahme einer akuten Notlage der Klägerin
rechtfertigen könnten, hat die Klägerin - wie bereits ausgeführt - für die Zeit vor dem 7.
Februar 2000 selbst nicht vorgetragen. Zwar stellt die Trennung als solche kein
Fehlverhalten der Klägerin im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB dar. Sie führt daher auch für
sich genommen nicht zu unterhaltsrechtlichen Sanktionen. Von der Klägerin wäre jedoch
zu erwarten gewesen, ihren Auszug rechtzeitig und gegenüber allen Beteiligten zu
thematisieren und entsprechend dem gemeinsam beschlossenen Aufgabenkreis der
Klägerin und ihrer daraus folgenden besonderen Mitverantwortung gegenüber den
Kindern zunächst deren weitere Versorgung und Betreuung sicherzustellen.
65
66
67
Kindern zunächst deren weitere Versorgung und Betreuung sicherzustellen.
Verständliche Gründe, die solche eigenen Bemühungen der Klägerin zur Wahrnehmung
der berechtigten Interessen der Familie und insbesondere der drei Kinder unzumutbar
erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch zu erkennen. Die Umstände ihres
Auszugs sind deshalb zu Lasten der Klägerin in die Abwägung einzubeziehen.
Unter Würdigung der genannten Umstände, die im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu
berücksichtigen sind, ist für den relativ kurzen streitbefangenen Zeitraum bis zum Tag
vor Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs, also vom 1. Mai 2001 bis zum 10.
März 2003, der Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt auf die Hälfte
herabzusetzen. Der Beklagte ist der Klägerin daher in dieser Zeit nur zur Zahlung
folgender monatlicher Unterhaltsbeträge verpflichtet:
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr.10,
713 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum