Urteil des OLG Brandenburg vom 06.04.2009

OLG Brandenburg: treu und glauben, unterhalt, aufnahme einer erwerbstätigkeit, trennung, ohne erwerbstätigkeit, beitragssatz, elterliche sorge, leichtfertiges verhalten, private krankenversicherung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 69/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 1360 Abs 3 BGB, §
1361 Abs 2 BGB, § 1570 BGB, §
1574 BGB
Ehegattenunterhalt: Unterhaltsanspruch wegen
Kinderbetreuung, Erwerbsobliegenheit, Zurechnung eines
fiktiven Einkommens, Ermittlung des Unterhaltsbedarfs im
Wege der Dreiteilung
Tenor
Auf Berufung und Anschlussberufung wird das am 6. April 2009 verkündete Urteil des
Amtsgerichts Bernau wird hinsichtlich der Entscheidung über den Trennungsunterhalt
und hinsichtlich der Kostenentscheidung abgeändert und insoweit neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlichen Trennungsunterhalt, wie folgt,
zu zahlen:
Der Betrag von 52 € ist für die Zeit vom 1. Mai bis zum 29. Juli 2009 an die
Arbeitsgemeinschaft D…, zu zahlen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab
dem 2. eines jeden Monats aus jeweils 196,16 € von Februar bis April 2005, aus jeweils
192,16 € von Mai bis Juni 2005, aus 642,16 € für Juli 2005, aus jeweils 640,88 € von
August bis November 2005, aus jeweils 727,57 € von Dezember 2005 bis Januar 2006,
aus jeweils 336,38 € von Februar bis Juli 2006, aus jeweils 422,41 € von August 2006 bis
Januar 2007, aus jeweils 415,07 € von Februar bis Juli 2007, aus jeweils 1.155,07 € von
August bis Dezember 2007, aus jeweils 1.006 € von Januar bis Juni 2008, aus 396 € für
Juli 2008, aus jeweils 1.136 € von August bis Dezember 2008 und aus jeweils 52 € für die
Zeit vom 1. Januar bis zum 29. Juli 2009.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden
zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten haben die Klägerin 45 % und der Beklagte 55 % zu
tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 82 % und dem
Beklagten zu 18 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Trennungsunterhalt und in Prozessstandschaft Kindesunterhalt
geltend, wobei im Berufungsverfahren nur noch der Trennungsunterhalt ab September
2004 im Streit ist.
Die am ….5.1972 geborene Klägerin und der am ….10.1964 geborene Beklagte haben
am 27.8.1996 geheiratet. Am ….9.1996 wurde die gemeinsame Tochter L… geboren,
am ….4.1999 die Tochter V…. Der Beklagte ist zudem Vater der am ….1.2007
geborenen Tochter S…. Die Trennung der Parteien erfolgte nach den
übereinstimmenden Angaben der Parteien im Scheidungsverfahren am 1.7.2004. Die
Klägerin zog mit den Kindern zunächst nach B… und im April 2007 nach D….
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Durch Anwaltsschreiben vom 15.9.2004 forderte die Klägerin den Beklagten auf,
Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zur Geltendmachung und Bemessung
des zu leistenden Unterhalts zu erteilen.
Durch Urteil vom 6.4.2009 (6 F 714/05) hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien
geschieden, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf die Klägerin übertragen, das
Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 VAÜG ausgesetzt und den
Antrag der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt unter Hinweis auf den Grundsatz der
Eigenverantwortung abgewiesen. Das diesbezügliche Berufungsverfahren ist dem Senat
unter dem Aktenzeichen 10 UF 65/09 angefallen.
Das vorliegende Verfahren ist unter dem 13.7.2005 im Wege der Stufenklage eingeleitet
worden. Durch Teilurteil vom 15.5.2006 hat das Amtsgericht den Beklagten zur Erteilung
einer Auskunft über seine Einkünfte verurteilt. Mit Schriftsatz vom 29.6.2007, beim
Amtsgericht eingegangen am 16.7.2007, hat die Klägerin den Unterhaltsanspruch
beziffert.
Durch das angefochtene Urteil vom 6.4.2009 in der durch Senatsbeschluss vom
29.3.2010 berichtigten Fassung hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt,
1. an die Klägerin Kindesunterhalt und Krankenversicherungsbeiträge für die
Kinder L… und V… wie folgt zu zahlen:
Im Übrigen hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen
Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil
Bezug genommen.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts bezüglich des Trennungsunterhalts wendet
sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor:
Das Amtsgericht habe schon nicht beachtet, dass nicht die Vorschriften der §§ 1569 ff.
BGB Anwendung fänden, sondern es um einen Anspruch auf Trennungsunterhalt nach §
1361 BGB gehe.
Solange sie mit den Kindern auf dem Land gelebt habe, habe sie diese zu verschiedenen
Betreuungseinrichtungen bringen müssen; eine Nachmittagsbetreuung sei nicht
vorhanden gewesen. Schon mit Rücksicht auf das Alter der Kinder von damals sechs und
neun Jahren sei ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar gewesen.
Erst mit dem Umzug nach D… habe sie ein städtisches Umfeld vorgefunden. Sie habe
die Kinder aber wegen der dauerhaft belastenden Trennungssituation der Eltern und der
mit dem Umzug einhergehenden Umgewöhnung nicht einer Fremdbetreuung
überlassen wollen. Die Kinder seien nach wie vor erheblich psychisch belastet. Während
der Ehe der Parteien seien sie es gewohnt gewesen, dass die Mutter ihnen durchgängig
zur Verfügung stehe. Diese Zuwendung benötigten sie jetzt umso mehr. Unter
Berücksichtigung dieser besonderen Umstände sei ihr eine Erwerbstätigkeit nicht
zuzumuten.
Die Kinder seien inzwischen 10 und 12 Jahre alt und besuchten die Schule, in der Regel in
der Zeit von 7:30 bis 13:00 bzw. 14:00 Uhr. Am Nachmittag finde keine Hortbetreuung
statt. Die Kinder kämen, so wie sie es gewohnt gewesen seien, um die Mittagszeit nach
Hause. Sie, die Klägerin, versorge die Kinder, kümmere sich um die Hausaufgaben und
organisiere deren Freizeitbeschäftigung. Auf Grund des während der Ehe gewachsenen
Vertrauens in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die Ausgestaltung der
Kinderbetreuung könne sie sich darauf verlassen, dass sich dies in der Trennungszeit so
fortsetze. Man habe während der 12 Jahre dauernden Ehe eine klassische
Hausfrauenehe geführt. Der Beklagte sei seiner Karriere nachgegangen, weshalb die
Familie mehrfach umgezogen sei.
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Wenn man ihr überhaupt eine Beschäftigung ansinnen wollte, so könne dies nur eine
geringfügige Beschäftigung, ein sogenannter 400 € - Job sein. Auch die Aufnahme einer
solchen Tätigkeit könne man mit Rücksicht auf den Umzug nach D… im Frühjahr 2007
nicht vor Ablauf des Jahres 2007 erwarten.
Soweit sie einen Unterhaltsanspruch wegen der Betreuung der Kinder nicht mehr haben
sollte, sei jedenfalls ein Aufstockungsunterhaltsanspruch gegeben.
In ihrem Ausbildungsberuf als Schreinerin habe sie nie gearbeitet. Auch das wegen der
Eheschließung und der darauffolgenden Schwangerschaft abgebrochene Studium
Möbeldesign habe keine Basis für eine ernsthafte Aussicht auf eine ihren Bedarf
sichernde Tätigkeit geboten. Sie habe sich deshalb verschiedentlich fortgebildet,
insbesondere mit Computerkursen und einer Ausbildung zur Rettungssanitäterin bzw.
Rettungsassistentin. Diese Maßnahmen hätten jedoch nicht zu einer tatsächlichen
Erwerbsaussicht geführt.
Der Beklagte sei seit 2007 leitender Angestellter bei der Privatbank … in F…. Die Höhe
seines derzeitigen Einkommens habe er nicht dargelegt. Sein Einkommen belaufe sich
aber im Jahr 2007 infolge des Arbeitsplatzwechsels auf 400.000 € und erhöhe sich um
Boni, Tantiemen und Sondervergütungen. Es sei davon auszugehen, dass die
Änderungskündigung zum 1.1.2009 nie umgesetzt worden sei und der Beklagte ein
unverändert hohes Einkommen beziehe.
Eine Begrenzung oder Befristung des Anspruchs nach § 1361 BGB komme nicht in
Betracht. Das Vorliegen eines Verwirkungsgrundes habe das Amtsgericht zutreffend
verneint.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu
verurteilen,
Trennungsunterhalt für den Zeitraum von September 2004 bis 29. Juli 2009 in
Höhe von weiteren 69.489,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz für bestimmte Zeiträume, wobei wegen der Zinsstaffel auf den Schriftsatz
vom 22.3.2010 verwiesen wird,
davon an die ARGE D…
zu zahlen
und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und im Wege der Anschlussberufung
das angefochtene Urteil teilweise dahin abzuändern, dass er verurteilt wird, an
die Klägerin rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum von September 2004
bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 18.846,74 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in
Höhe von 5 % über dem Basiszins.
Er trägt vor:
Für die Zeit von September 2004 bis September 2007 sei der Klägerin ein fiktives
Einkommen von 700 € zuzurechnen. Spätestens mit der Vollendung des achten
Lebensjahres der jüngeren Tochter im September 2007 sei die Klägerin verpflichtet
gewesen, ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten und eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Von
diesem Zeitpunkt an sei ihr ein Einkommen von 1.100 € netto zuzurechnen.
Zu Recht habe das Amtsgericht entschieden, dass ab Januar 2009 Trennungsunterhalt
nicht mehr geschuldet werde. Auf Grund der langen Trennungszeit und des Alters der
Kinder sei die Klägerin gehalten gewesen, nunmehr ihren Lebensunterhalt durch eigene
Einkünfte sicherzustellen.
Er bestreite, dass eine Kinderbetreuung in B… nicht möglich gewesen sei. Auch in D…
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Er bestreite, dass eine Kinderbetreuung in B… nicht möglich gewesen sei. Auch in D…
hätte die Klägerin einer Erwerbstätigkeit nachgehen können.
Durch die Trennung der Parteien seien die Kinder nicht stark belastet gewesen. Die
Trennung sei vor fünf Jahren erfolgt und im Alltag der Kinder nicht mehr präsent. Mit
ihren 10 und 13 Jahren seien die Kinder schon sehr selbständig. So habe sich die
Klägerin im Juni 2008 für die Dauer von einem Monat bei einer Fortbildung in einer
anderen Stadt befunden und sei nur an den Wochenenden bei den Kindern in D…
gewesen. Die Kinder seien während ihrer Abwesenheit von einem Freund betreut worden,
den die Kinder zuvor nur wenige Male gesehen hätten. Auch als die Klägerin im
Schichtdienst gearbeitet habe, hätten sich die Kinder allein in der Wohnung aufgehalten
und seien nachts völlig unbetreut geblieben.
Die Rollenverteilung während der Ehe sei irrelevant. Dabei sei auch zu beachten, dass
die Ehe der Parteien zwar 12 Jahre gedauert habe, davon habe man aber bis zur
Trennung nur 6 ½ Jahre gemeinsam verbracht.
Bei den von der Klägerin durchgeführten Fortbildungsmaßnahmen habe es sich
überwiegend um Computerkurse gehandelt. Es sei nicht ersichtlich, welchen konkreten
Berufswunsch die Klägerin hiermit verfolgt habe. Dies gelte auch für die Ausbildung zur
Rettungssanitäterin. Die Klägerin sei so zu behandeln, als habe sie die Trennungszeit für
eine Fortbildung genutzt bzw. sie sei hinsichtlich ihres eigenen Lebensbedarfs als
ungelernte Kraft einzustufen, sodass ihr die Aufnahme jeder Arbeitstätigkeit zuzumuten
sei.
Hinsichtlich des geltend gemachten Trennungsunterhalts sei er im Übrigen nicht mehr
.
Sommer 2008 habe er eine Änderungskündigung mit Wirkung zum 1.1.2009 erhalten.
Diese Änderungskündigung sei auch umgesetzt worden. Aufgrund dessen erhalte er seit
1.1.2009 nur noch ein monatliches Nettoeinkommen von 3.551,21 €. Über weitere
Einkünfte verfüge er nicht. Angesichts der Wirtschaftskrise sei er froh, überhaupt einen
Arbeitsplatz zu haben.
Die Anschlussberufung sei wegen Rechenfehlern im angefochtenen Urteil berechtigt.
Zudem habe das Amtsgericht, obwohl von ihm zwei ehebedingte Darlehen abzuzahlen
seien, nur eines dieser beiden Darlehen berücksichtigt.
Für den Zeitraum von September 2004 bis März 2005 habe das Amtsgericht darüber
hinaus seine monatlichen Trennungsunterhaltszahlungen von 1.190 € nicht
berücksichtigt. Gleiches gelte für die seit Januar 2007 bestehende weitere Verpflichtung
zur Zahlung von Kindesunterhalt für das Kind S….
Jedenfalls habe die Klägerin einen etwaigen Unterhaltsanspruch verwirkt. Sie sei aus
intakter Ehe ausgebrochen. Sie habe ihn im Frühjahr 2004 verlassen, sich dem Zeugen
J… zugewandt und mit ihm ein außereheliches Verhältnis aufgenommen. Da die Klägerin
einen Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht konsequent und zeitnah geltend gemacht
habe, sei darüber hinaus eine Verwirkung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB
gegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien angehört und die Zeugen H… und J… vernommen. Wegen
der Angaben der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den
Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 23.3.2010 verwiesen.
II.
Trotz Inkrafttretens des FamFG (Art. 1 des FGG-Reformgesetzes – FGG-RG - vom
17.12.2008, BGBl. I, S. 2586, 2587) am 1.9.2009 findet vorliegend das bisherige
Verfahrensrecht Anwendung. Denn das Verfahren ist in erster Instanz vor dem 1.9.2009
eingeleitet worden, vgl. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG (BGBl. 2008 I, S. 2586, 2743; 2009 I, S.
700, 723; siehe auch BGH, NJW 2010, 1138, Tz. 6; NJW 2010, 440, Tz. 5).
Auf die somit gemäß §§ 511 ff ZPO zulässige Berufung und die gemäß § 524 ZPO
zulässige Anschlussberufung ist das angefochtene Urteil hinsichtlich des
Trennungsunterhalts abzuändern. Der Beklagte schuldet der Klägerin
Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen
Umfang.
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1.
Mit Rücksicht auf das Anwaltsschreiben vom 15.9.2004 ist die Klägerin grundsätzlich
berechtigt, Trennungsunterhalt ab September 2004 geltend zu machen.
2.
Die Klägerin ist unterhaltsbedürftig. Ein Eigeneinkommen muss sie sich erst ab Juli 2008
zurechnen lassen, und zwar aus halbschichtiger Tätigkeit.
a)
Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf
verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise
selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen,
insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer
der Ehe und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden
kann. Erforderlich ist daher eine Zumutbarkeitsabwägung aller maßgeblichen
persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Einzelfalls (Wendl/Pauling, Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 16). Soweit es um die
Betreuung gemeinschaftlicher Kinder geht, sind die gesetzlichen Wertungen des § 1570
BGB zu berücksichtigen (Wendl/Pauling, a.a.O., § 4, Rz. 19 a). Im Hinblick darauf, dass
der Unterhaltszeitraum im September 2004 beginnt und am 1.1.2008 das Gesetz zur
Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl. I, Seite 3189) in Kraft getreten
ist, muss die Übergangsvorschrift des § 36 Nr. 7 EGZPO beachtet werden. Danach
bleiben Unterhaltsleistungen, die vor dem 1.1.2008 fällig geworden sind, unberührt. Das
heißt, insoweit bleibt das alte Recht weiterhin maßgeblich (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 28.
Aufl., § 36 EGZPO, Rz. 1; Wendl/Pauling, § 4, Rz. 63 a; Gerhardt, in: Gerhardt/von
Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 7. Aufl., 6. Kapitel,
Rz. 957). Daher kann auch die Frage der Erwerbsobliegenheit bei Betreuung
gemeinschaftlicher Kinder in ein und demselben Fall unter Umständen unterschiedlich zu
beurteilen sein, je nachdem, ob es den bis einschließlich 2007 oder den ab 2008
geschuldeten Unterhalt betrifft (Borth, Unterhaltsänderungsgesetz, Rz. 380; Gutjahr,
NJW 2008, 1985). So liegt es hier.
aa)
Am 1.1.2008 waren die Kinder der Parteien 11 und 8 Jahre alt. Nach dem bis zum
31.12.2007 geltenden sogenannten Altersphasenmodell bestand daher für die Klägerin
noch keine Erwerbsobliegenheit (vgl. Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der
familienrechtlichen Praxis, § 4, Rz. 82).
bb)
Anders verhält es sich für die Zeit ab Januar 2008. Auf Grund der Neufassung des § 1570
BGB mit Wirkung ab 1.1.2008 ist es dem betreuenden Elternteil nur für die ersten drei
Lebensjahre des Kindes freigestellt, sich ohne Erwerbstätigkeit auf die Kindesbetreuung
zu beschränken. In dieser Zeit steht dem betreuenden Elternteil der sogenannte
Basisunterhalt zu (vgl. Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen
Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 64). Eine Verlängerung der Dauer des Unterhaltsanspruchs
kommt aus Billigkeitsgründen in Betracht, wobei die Belange des Kindes und die
bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen sind, vgl. § 1570
Abs. 1 S. 2, 3 BGB n.F. Wenn es aus ehebezogenen Gründen der Billigkeit entspricht,
kann der Unterhaltsanspruch auch darüber hinaus zu verlängern sein, vgl. § 1570 Abs. 2
BGB.
Mit Rücksicht darauf, dass am 1.1.2008 die Vollendung des dritten Lebensjahres der
1996 und 1999 geborenen Kinder lange zurücklag, war von der Klägerin die Ausübung
einer jedenfalls halbschichtigen Erwerbstätigkeit ungeachtet der Kinderbetreuung
grundsätzlich zu erwarten. Dass die Klägerin im Hinblick auf fehlende
Kinderbetreuungsmöglichkeiten an der Ausübung einer solchen Erwerbstätigkeit
gehindert war, hat sie trotz des Hinweises in der Ladungsverfügung des Senats vom
2.2.2010 nicht substantiiert dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Am 1.1.2008
haben beide Kinder bereits die Schule besucht, so dass eine Betreuungsnotwendigkeit
jedenfalls bis zur Mittagszeit entfallen ist. Zu dieser Zeit lebte die Klägerin mit den
beiden Kindern bereits in D…. Dass in den dortigen Schulen eine Hortbetreuung nach
Ende der Schulzeit grundsätzlich möglich ist, kann ohne weiteres angenommen werden.
Die Klägerin selbst hat in ihrem Schriftsatz vom 3.3.2010 angegeben, dass die Tochter
V… einen Grundschulhort hätte besuchen können. Die Tochter L… ist am ….3.2008 12
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V… einen Grundschulhort hätte besuchen können. Die Tochter L… ist am ….3.2008 12
Jahre alt geworden, so dass sie einer ständigen Betreuung durch die Mutter ohnehin
nicht mehr bedurfte.
Auch die Belange der Kinder im Übrigen stehen einer Erwerbstätigkeit der Klägerin ab
Januar 2008 nicht entgegen. Soweit die Klägerin auf die Belastung der Kinder durch die
zu Beginn des Jahres 2008 immerhin 3 ½ Jahre zurückliegende Trennung der Parteien
hinweist, mag die angeführte Gesprächstherapie erforderlich gewesen sein. Dass und
weshalb die in diesem Zusammenhang notwendige Vor- und Nachbereitung einer
halbschichtigen Tätigkeit entgegenstand, lässt sich dem Vortag der Klägerin nicht
entnehmen.
Allerdings konnte die Ausübung einer Erwerbstätigkeit von der Klägerin nicht bereits ab
Januar 2008 erwartet werden. Denn ihr ist im Hinblick darauf, dass sie nach dem bis zum
31.12.2007 geltenden Recht mit Rücksicht auf die Kinderbetreuung zu einer
Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet war, eine Übergangszeit (vgl. dazu auch OLG Hamm,
FamRZ 2003, 177; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des
Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 670 i.V.m. Rz. 667) zuzubilligen. Da bereits seit längerem
absehbar war, dass es zu einer Unterhaltsrechtsreform kommen würde und das
Altersphasenmodell dann nicht mehr gelten würde, ist eine Übergangszeit von einem
halben Jahr ausreichend. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin jedenfalls ab
1.1.2008 mit Bemühungen, eine Beschäftigung für die Zeit ab 1.7.2008 zu finden,
beginnen müssen. Wäre dies in ausreichendem Maße geschehen, hätte die Klägerin ab
1.7.2008 eine Erwerbstätigkeit ausüben können.
Mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin am 1.7.2008 bereits seit 4 Jahren vom Beklagten
getrennt gelebt hat und sich inzwischen auf die Situation einstellen konnte, spricht auch
die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 1570 Abs. 2 BGB nicht gegen die
Ausübung einer Erwerbstätigkeit an sich. Der Umstand, dass die Parteien eine
sogenannte Hausfrauenehe geführt haben, die Klägerin also während der gesamten Ehe
nicht berufstätig war, sondern sich um die Haushaltsführung sowie Pflege und Erziehung
der gemeinsamen Kinder gekümmert hat, und dabei wegen der Arbeitstellenwechsel des
Beklagten auch örtliche Veränderungen in Kauf genommen hat, ist aber bei der Frage, in
welchem Umfang die Klägerin einer Erwerbstätigkeit nachzugehen hatte, zu
berücksichtigen (siehe dazu auch Wendl/Pauling, a.a.O., § 4, Rz. 73 f.). Denn die
Neuregelung verlangt nicht den abrupten übergangslosen Wechsel von der elterlichen
Betreuung zur Vollzeiterwerbstätigkeit (vgl. BT-Drucks. 16/6980, S. 9). Im Hinblick auf die
Aufgabenverteilung in der Ehe war die Klägerin daher, beginnend ab 1.7.2008, zunächst
nur gehalten, einer halbschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Dies gilt jedenfalls für das
erste Jahr ihrer Erwerbstätigkeit und damit bis zum Ende des Unterhaltszeitraumes am
29.7.2009 (Rechtskraft der Scheidung).
Nach alledem ist der Klägerin für die Zeit von Juli 2008 bis zur Rechtskraft der Scheidung
ein fiktives Einkommen aus halbschichtiger Tätigkeit zuzurechnen. Dem steht die bloß
pauschale Behauptung der Klägerin, für sie bestehe eine reale Beschäftigungschance
nicht, nicht entgegen (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1532, Tz. 36).
b)
Von der Klägerin kann entsprechend § 1574 Abs. 1, 2 BGB die Ausübung einer
angemessenen Erwerbstätigkeit erwartet werden. Mit Rücksicht auf die von ihr
absolvierten Computerkurse und die Ausbildung als Rettungssanitäterin sowie die
frühere Ausbildung zur Schreinerin kann die Klägerin jedenfalls auf Anlernberufe im
Bürobereich und auf Tätigkeiten als Verkäuferin verwiesen werden. Legt man bei
haltschichtiger Tätigkeit einen Bruttostundenlohn von rund 7 € zugrunde, ist bei
Versteuerung nach Lohnsteuerklasse I ein bereinigtes Nettoeinkommen von rund 500 €
erzielbar. Dieses muss sich die Klägerin ab Juli 2008 fiktiv zurechnen lassen. Anders als
vom Amtsgericht angenommen, erfolgt die fiktive Zurechnung aber nach der
Differenzmethode und nicht nach der Anrechnungsmethode. Denn eine nun ausgeübte
Erwerbstätigkeit stellt sich als Surrogat für die Haushaltstätigkeit während der Ehe dar
(vgl. Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 410).
3.
Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach dem Halbteilungsgrundsatz (vgl. Nr.
15.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand
1.1.2008) ist das Einkommen des Beklagten maßgeblich.
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Der Beklagte war während des gesamten Unterhaltszeitraumes erwerbstätig. Da der
Unterhaltszeitraum im September 2004 beginnt, können für die
Einkommensberechnung im Jahr 2004 die Einkünfte ab August 2004, als der Beklagte
eine Tätigkeit bei der H… KGaA aufgenommen hat, zugrunde gelegt werden. Ausweislich
der vorgelegten Verdienstbescheinigungen hat der Beklagte in der Zeit von August bis
Dezember 2004 insgesamt 33.312,28 € ausgezahlten erhalten. Auf die
Auszahlungsbeträge anstelle der Nettobeträge kann hier wie auch während des
Unterhaltszeitraums im Übrigen abgestellt werden, obwohl in den Ausgangsbeträgen
noch zusätzlich der Arbeitgeberzuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung enthalten
ist. Denn die vom Beklagten insgesamt erbrachten Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge sind gesondert abzusetzen.
Angesichts eines Auszahlungsbetrages von insgesamt 33.312,28 € für die letzten fünf
Monate des Jahres 2004 ergibt sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund
6.662 € (= 33.312,28 €: 5 Monate).
Im Jahr 2005 hat der Beklagte, wie der Entgeltabrechnung für Dezember 2005 zu
entnehmen ist, ein Gesamtbruttoeinkommen von 126.287,57 € erzielt. Zieht man
hiervon, wie in der Entgeltabrechnung im Einzelnen ausgewiesen, die Lohnsteuer, den
Solidaritätszuschlag und die Beiträge für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung
ab, setzt andererseits aber den Zuschuss des Arbeitgebers für die private Kranken- und
Pflegeversicherung hinzu, errechnet sich ein Auszahlungsbetrag von insgesamt
84.115,73 €. Dies ergibt einen Monatsdurchschnitt von rund 7.010 € (= 84.115,73 €: 12
Monate).
Nach der Entgeltabrechnung für Dezember 2006 belief sich das
Gesamtbruttoeinkommen des Beklagten in jenem Jahr auf 173.867,21 €. Nach Abzug
von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Beiträgen zur Renten- und
Arbeitslosenversicherung sowie nach Hinzusetzen des Arbeitgeberzuschusses für die
private Kranken- und Pflegeversicherung errechnet sich ein Auszahlungsbetrag von
101.204,59 €. Auf den Monat umgelegt sind dies rund 8.434 € (= 101.204,59 €: 12
Monate).
Bei der Einkommensermittlung für das Jahr 2007 ist zu berücksichtigen, dass der
Beklagte in den ersten vier Monaten des Jahres noch für die HH… … AG gearbeitet hat
und es ab Mai 2007 zu einem Wechsel zur …. KGaA gekommen ist. Das
durchschnittliche Monatseinkommen im Jahr 2007 ist daher unter Heranziehung der
Einkünfte, die von beiden Arbeitgebern bezogen worden sind, zu errechnen.
In der Zeit von Januar bis April 2007 beläuft sich das Gesamtbruttoeinkommen laut
Entgeltabrechnung „R April 2007“auf 248.824,64 €. Zieht man hiervon Lohnsteuer und
Solidaritätszuschlag sowie die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung ab und
setzt wiederum den Arbeitgeberzuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
hinzu, ergibt sich für die ersten vier Monate des Jahres 2007 ein Auszahlungsbetrag von
140.086,14 €. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass in dem Gesamtbruttobetrag nicht
nur eine Bonuszahlung von 50.000 €, die unterhaltsrechtlich in jedem Fall als
Einkommen anzusehen ist, enthalten ist, sondern auch mit Rücksicht auf die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der HH… … AG eine steuerpflichtige Abfindung
von 91.816,15 € brutto. Dieser Betrag hat bei der Einkommensermittlung außer
Betracht zu bleiben.
Allerdings dient eine Abfindung als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens
regelmäßig dazu, dass eine zeitlang die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse aufrecht
erhalten werden können, so dass die Abfindung zeitlich so zu verteilen ist, dass der
angemessene Bedarf in bisheriger Höhe sichergestellt wird (Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz.
17). Anders verhält es sich aber, wenn der Zeitraum der Arbeitslosigkeit früher als
vermutet endet. In diesem Fall ist der verbliebene Teil der Abfindung nicht zu dem neuen
Arbeitseinkommen hinzuzurechnen, sondern verbleibt dem Unterhaltspflichtigen als
gewöhnliches Vermögen (OLG Frankfurt, OLGR 2001, 262; Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz.
72). Dasselbe gilt, wenn die Arbeitslosigkeit nicht früher als vermutet endet, sondern
eine Arbeitslosigkeit erst gar nicht eintritt, weil unmittelbar nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses, das zur Zahlung der Abfindung geführt hat, ein neues
Arbeitsverhältnis begründet wird. So liegt es hier. Denn der Beklagte ist nach
Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der HH… … AG nicht arbeitslos
geworden, sondern hat unmittelbar im Anschluss daran ab Mai 2007 ein neues
Beschäftigungsverhältnis aufgenommen, und zwar zu seinerzeit zumindest ebenso
günstigen finanziellen Bedingungen wie beim vorangegangenen
Beschäftigungsverhältnis. Die Abfindung ist daher nicht als Einkommen, sondern als
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Beschäftigungsverhältnis. Die Abfindung ist daher nicht als Einkommen, sondern als
Vermögen des Beklagten zu behandeln.
Der Abfindungsbetrag von 91.816,15 € brutto entspricht unter Beachtung der
steuerlichen Größen, wie sie der Entgeltabrechnung „R April 2007“ zugrunde liegen,
einem Nettobetrag von rund 51.000 €. Für die Zeit von Januar bis April 2007 ergibt sich
so anstelle eines Auszahlungsbetrages von 140.086,14 € ein solcher von 89.086,14 €.
Seit Mai 2007 arbeitet der Beklagte bei … KGaA. Von diesem Zeitpunkt an wird ihm vom
Arbeitgeber ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Hierbei handelt es sich um
zusätzliches Einkommen in Form eines geldwerten Vorteils. Dieser Vorteil ist auch
unterhaltsrechtlich angemessen durch Abstellen auf das „Steuer-Brutto“ unter
Einbeziehung der Sachbezüge erfasst, so dass es keiner Korrektur der
Auszahlungsbeträge bedarf.
In der Zeit von Mai bis Dezember 2007 hat der Beklagte ausweislich der
Entgeltabrechnung für Dezember 2007 ein „Steuer-Brutto“ von 156.099,02 € erzielt.
Zieht man hiervon Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag sowie die Beiträge zur Renten-
und Arbeitslosenversicherung ab und setzt wiederum den Arbeitgeberzuschuss zur
privaten Kranken- und Pflegeversicherung hinzu, wobei hier die Monatsbeträge von
150,06 € bzw. 10.71 € mit 8 zu multiplizieren sind, um Jahreswerte zu erhalten, ergibt
sich ein Auszahlungsbetrag von 89.967,66 €.
Insgesamt sind dem Beklagten als Einkommen im Jahr 2007 daher 179.053,80 € (=
89.086,14 € + 89.967,66 €) ausgezahlt worden. Dies ergibt einen Monatsdurchschnitt
von rund 14.921 € (=179.053,80 €: 12 Monate).
Für das Jahr 2008 ergibt sich, ausgehend von einem „Steuer-Brutto“ von 142.735,99 €,
wie in der Entgeltabrechnung für Dezember 2008 ausgewiesen, nach Abzug von Steuern
und Sozialversicherungsbeiträgen und Hinzusetzen des Arbeitgeberzuschusses zur
privaten Kranken- und Pflegeversicherung ein Auszahlungsbetrag von 84.369,06 €. Auf
den Monat umgelegt sind dies rund 7.031 € (=84.369,06 €: 12 Monate).
Zur Ermittlung des Einkommens des Beklagten im Jahr 2009 kann die
Entgeltabrechnung für den Monat Dezember dieses Jahres herangezogen werden. Die
vorgelegten Entgeltabrechnungen bestätigen das Vorbringen des Beklagten, dass die im
Sommer 2008 mit Wirkung ab 1.1.2009 erklärte Änderungskündigung seines
Arbeitgebers im Hinblick auf die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch
tatsächlich umgesetzt worden ist, es also zu einem deutlichen Einkommensrückgang auf
Seiten des Beklagten gekommen ist. Dies ist auch von der Klägerin unterhaltsrechtlich
hinzunehmen, da keine Anhaltspunkte für ein unterhaltsrechtlich leichtfertiges Verhalten
des Beklagten vorliegen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 968, Tz. 45).
Ausgehend von einem „Steuer-Brutto“ von 77.141,94 € errechnet sich nach Abzug von
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie Hinzusetzen des Arbeitgeberzuschusses
zur Kranken- und Pflegeversicherung ein Auszahlungsbetrag von 48.156,81 €. Das
monatliche Durchschnittseinkommen für 2009 beläuft sich somit auf rund 4.013 €
(=48.156,81 €: 12 Monate).
b)
Vom Einkommen abzusetzen sind die Beiträge für die private Kranken- und
Pflegeversicherung. Der Beklagte hat nun im Berufungsverfahren eine Bescheinigung
der Versicherungsgesellschaft vom 16.2.2010 vorgelegt, aus welcher sich die in den
einzelnen Jahren geleisteten Beträge ergeben. Danach hat er, gerundet, durchschnittlich
folgende Monatsbeiträge geleistet:
c)
Die berufsbedingten Aufwendungen des Beklagten sind, wie auch schon vom
Amtsgericht angenommen und von den Parteien nicht beanstandet, mit 5 % des
Nettoeinkommens anzusetzen (vgl. Nr. 10.2.1 der genannten Unterhaltsleitlinien). Da
der Beklagte privat kranken- und pflegeversichert ist, müssen aber die Nettoeinkünfte
um die Versicherungsbeiträge bereinigt werden, um eine Ungleichbehandlung mit
Unterhaltsschuldnern, die gesetzlich kranken- und pflegeversichert sind, zu vermeiden.
Danach ergibt sich folgende Berechnung:
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d)
Als weiteres Einkommen des Beklagten sind die Steuererstattungen, die er infolge des
Lohnsteuerjahresausgleichs erhalten hat, zu berücksichtigen. Insoweit errechnen sich
aufgrund der vorgelegten Steuerbescheide folgende monatliche Erstattungsbeträge:
Im Jahr 2009 ergibt sich so ein Erstattungsbetrag von insgesamt 535 € (= 56 € + 479 €).
e)
Weiterhin abzusetzen sind die Beiträge, die der Beklagte für eine zusätzliche
Altersvorsorge aufwendet, soweit diese Aufwendungen nicht 4 % des Bruttoeinkommens
übersteigen (vgl. Nr. 10.1 der Unterhaltsleitlinien). Das Amtsgericht hat insoweit
Beiträge für zwei Lebensversicherungen von 162,33 € und 65,50 € sowie den Beitrag für
eine sogenannte Riester-Rente von 162,33 €, also insgesamt rund 390 €, berücksichtigt.
Auf der Grundlage der vom Beklagten in den Jahren 2004 bis 2008 erzielten
Bruttoeinkünfte halten sich seine Aufwendungen für die zusätzliche Altersvorsorge in
dem unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Rahmen.
f)
Vom Einkommen des Beklagten abzusetzen sind die Kreditraten, die er monatlich im
Hinblick auf die ehebedingten Verbindlichkeiten leistet. Dies gilt nicht nur für eine
Darlehensrate in Höhe von rund 398 €, wie sie das Amtsgericht bereits berücksichtigt
hat. Vielmehr ist eine weitere Kreditrate in Höhe von rund 474 € abzusetzen. Der
diesbezügliche Darlehensvertrag vom 18.6.2004 führt beide Parteien als
Darlehensnehmer auf. Zu dieser Zeit war die Trennung der Parteien noch nicht erfolgt.
Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung durch den Senat bestätigt, dass sie den
diesbezüglichen Darlehensvertrag mit unterschrieben hat. Dazu hat sie angeführt, das
Verhältnis zum Beklagten sei im Juli 2004 noch nicht so gewesen, dass sie einen Anlass
gehabt hätte, nicht zu unterschreiben. Demnach sind im Hinblick auf die Kreditraten
insgesamt 872 € (= 398 € + 474 €) vom Einkommen des Beklagten abzusetzen.
g)
Unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist weiterhin die Abfindung, die der Beklagte aus
Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April 2007 von der HH… … AG
erhalten hat. Hierbei handelt es sich, wie bereits ausgeführt, nicht um unterhaltsrechtlich
bedeutsames Einkommen, sondern um Vermögen des Beklagten. Dessen Erträge
erhöhen das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Verpflichteten (vgl.
Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 404) und beeinflussen, soweit sie die ehelichen
Lebensverhältnisse geprägt haben, bereits den Bedarf der Ehegatten (vgl. Wendl/Dose,
a.a.O., § 1, Rz. 406). Entsprechend sind dem Beklagten Vermögenserträge zuzurechnen.
Bei einem Nettobetrag der Abfindung von rund 51.000 €, wie ausgeführt, und einem
erzielbaren durchschnittlichen Jahreszins von 3 % können, unter Berücksichtigung der
Kapitalertragsteuer und des Steuerfreibetrages, monatliche Erträge von rund 110 €
erzielt werden. Dieser Betrag ist dem Beklagten ab Mai 2007 zuzurechnen.
h)
Nach alledem ergibt sich auf Seiten des Beklagten das folgende bereinigte Einkommen:
4.
Die ehelichen Lebensverhältnisse sind durch den Unterhaltsbedarf der gemeinsamen
Kinder geprägt worden. Mit Rücksicht auf die wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse
gilt dies aber auch für das am 8.1.2007 geborene, aus einer neuen Verbindung des
Beklagten stammende Kind S… (vgl. BGH, FamRZ 2008, 968, Tz. 47).
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a)
Hinsichtlich des Unterhalts für die beiden ehelichen Kinder ist von den Beträgen
auszugehen, wie sie im angefochtenen Urteil in der Fassung des
Berichtigungsbeschlusses des Senats vom 29.3.2010 genannt sind. Denn keine Partei
hat insoweit ein Rechtsmittel eingelegt. Vor diesem Hintergrund besteht eine
entsprechende Verpflichtung des Beklagten solange, bis die Beträge durch ein etwaiges
Verfahren abgeändert werden.
In die Berechnung des Trennungsunterhalts ist jeweils der volle geschuldete Unterhalt
einzustellen, auch wenn das Amtsgericht in seinem Urteil bei der Tenorierung des
Kindesunterhalts die vom Beklagten gezahlten Beträge berücksichtigt hat. Daher ist
neben dem Mehrbedarf in Form der Krankenversicherungsbeiträge der Barunterhalt, der
sich nach der jeweiligen Unterhaltstabelle ergibt, anzusetzen. Für die Zeit bis
einschließlich 31.12.2007 ist der Tabellenunterhalt ohne Abzug von Kindergeld
maßgeblich (vgl. Nr. 15.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen
Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005). Ab 1.1.2008 hingegen ist nur der Zahlbetrag, also
der Tabellenunterhalt nach Abzug von Kindergeld, abzuziehen (vgl. Nr. 15.1 der
Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008).
Hinsichtlich des Kindes V… ist zu berücksichtigen, dass nach den nicht angegriffenen
Feststellungen des Amtsgerichts der Beklagte für den Zeitraum von September 2004
bis März 2005 Unterhalt in Höhe von 405 €, wie ihn ein Kind der zweiten Altersstufe
beanspruchen könnte, geleistet hat, obwohl V… erst im April 2005 das 6. Lebensjahr
vollendet hat. Dieser höhere geleistete Unterhalt hat die ehelichen Lebensverhältnisse
für den betreffenden Zeitraum geprägt. Eine Rückforderung scheidet aus. Daher ist von
diesem Betrag auszugehen. Gleiches gilt für den Unterhalt der beiden Kinder in der Zeit
von Juli bis Dezember 2007. Für das Jahr 2007 ist das Amtsgericht durchgängig von einer
Unterhaltsschuld in Höhe von 417 € (= 494 € Tabellenunterhalt – 77 € Kindergeld)
ausgegangen, obwohl sich der Tabellenbetrag ab 1.7.2007 auf 490 € vermindert hat.
Nach alledem ist von folgendem auf Seiten des Beklagten zu berücksichtigenden
Kindesunterhalt auszugehen:
V…
Für die Jahre, in denen nicht durchgängig für jeden Monat derselbe Kindesunterhalt
anzusetzen ist, können Durchschnittsbeträge gebildet werden. Im Jahr 2005 sind daher
für L… durchschnittlich 592 € [=(586 € x 6 Monate + 598 € x 6 Monate): 12 Monate] und
für V… 574 € [=(504 € x 3 Monate + 588 € x 3 Monate + 601 € x 6 Monate): 12 Monate]
zu berücksichtigen. Im Jahr 2008 ergibt sich für L… ein Durchschnittsbetrag von 586 €
[=(563 € x 8 Monate + 631 € x 4 Monate): 12 Monate].
b)
Ferner abzusetzen ist der Unterhalt für das Kind S… des Beklagten. Der Beklagte hat für
dieses Kind zunächst unstreitig 530 € geleistet, wobei davon ausgegangen werden
muss, dass es sich um Unterhalt in angemessener Höhe handelt. Bedenken hiergegen
hat jedenfalls auch die Klägerin nicht erhoben. Für die Zeit ab Juli 2009 hat der Beklagte
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hat jedenfalls auch die Klägerin nicht erhoben. Für die Zeit ab Juli 2009 hat der Beklagte
die Zahlungen an das Kind S… und dessen Mutter reduziert und insgesamt nur noch
570 € geleistet. Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat er angegeben, dass der
Unterhalt für S… aber unverändert 530 € beträgt. Darauf, ob diese Verteilung des
Gesamtbetrages, den der Beklagte an Mutter und Kind leistet, zutrifft, kommt es nicht
an. Denn es ist zu berücksichtigen, dass sich das Einkommen des Beklagten ab Januar
2009 infolge der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Änderungskündigung erheblich
verringert hat. Unter Beachtung der Bedarfskontrollbeträge (vgl. BGH, FamRZ 2008,
968, Rz. 48) und im Hinblick darauf, dass der Beklagte nicht nur den drei Kindern,
sondern auch der Klägerin und, wie sogleich auszuführen ist, der Mutter des Kindes S…
zum Unterhalt verpflichtet ist, besteht ein Unterhaltsanspruch des Kindes S… gegen den
Beklagten nur in Höhe des Mindestunterhalts zuzüglich der Kindergartenbeiträge als
Mehrbedarf (vgl. zum Bedarfskontrollbetrag Nr. 11.2 der Unterhaltsleitlinien des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Danach sind für das Kind S…
zwar bis einschließlich Dezember 2008 monatlich 530 € abzusetzen. Ab Januar 2009
verringert sich aber der abzusetzende Betrag auf 379 € (= 199 € Tabellenunterhalt
abzüglich hälftigen Kindergeldes + 180 € Kindergartenbeitrag).
c)
Nach alledem verbleiben auf Seiten des Beklagten nach Abzug des Kindesunterhaltes
folgende Beträge:
Betrachtet man die Zinseinkünfte des Beklagten von 110 € gesondert, was, wie noch
auszuführen ist, im Hinblick auf den Erwerbstätigenbonus erforderlich ist, verbleiben
10.928 €.
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Lässt man die Zinseinkünfte des Beklagten von 110 € außer Betracht, verbleiben 4.269
€.
Lässt man die Zinseinkünfte des Beklagten von 110 € außer Betracht, verbleiben 1.195
€.
5.
Ferner ist zu beachten, dass die Mutter des Kindes S… gegen den Beklagten einen
Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l BGB hat. Dieser Anspruch ist aber
nicht schon vom Zeitpunkt der Geburt des Kindes S… im Januar 2007 an zu
berücksichtigen, sondern erst ab 1.1.2008.
Der Unterhaltsanspruch der Mutter des Kindes S… war im Jahr 2007 nach dem damals
geltenden Recht gegenüber dem Anspruch der Klägerin nachrangig, § 1615 l Abs. 3 S. 3
BGB a.F. Diese Nachrangigkeit führte nach dem bisherigen Recht bereits dazu, dass der
Bedarf des nach § 1615 l BGB Unterhaltsberechtigten keinen Einfluss auf den Bedarf des
vorrangigen Ehegatten hatte (vgl. Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 390), war also nicht
erst im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.
Anders verhält es sich für die Zeit ab 1.1.2008, in der die Klägerin und die Mutter des
Kindes S… nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig sind. Schuldet der Unterhaltspflichtige
sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach
den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 BGB, zu bemessende
Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens
des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln (BGH, FamRZ
2008, 1911). Nichts anderes gilt, wenn der Unterhaltsschuldner neben dem (früheren)
Ehegatten einem betreuenden Elternteil nach § 1615l BGB zum Unterhalt verpflichtet ist,
auch wenn der Unterhaltsbedarf des Letzteren nicht nach den ehelichen
Lebensverhältnissen zu bemessen ist (vgl. Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 401).
Der Unterhaltsbedarf der Mutter des Kindes S… kann mit 970 € angenommen werden.
Denn die Mutter des Kindes S… hat in einem Schreiben vom 22.2.2010 angegeben, der
Beklagte habe ihr altes Gehalt von 970 € weiter gezahlt. Dieses ist für die Bemessung
des Unterhaltsbedarfs nach § 1615 l BGB maßgebend (vgl. Johannsen/Henrich/Graba,
Familienrecht, 5. Aufl., § 1615 l BGB, Rz. 14).
6.
Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beläuft sich – jedenfalls bis einschließlich Dezember
2007 – grundsätzlich auf 3/7 der Differenz des unterhalsrechtlich bedeutsamen
Einkommens der Parteien nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts (vgl. Nr. 15.2 der
Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005). Der
Abzug von 1/7 als Erwerbstätigenbonus ist aber im Hinblick auf die Zinseinkünfte des
Beklagten, die nicht aus Erwerbstätigkeit herrühren, nicht gerechtfertigt. Zu beachten ist
ferner, dass die Klägerin auch Alters- und Krankenvorsorgeunterhalt geltend macht. Bei
gleichzeitiger Geltendmachung von Krankheitsvorsorgeunterhalt und
Altersvorsorgeunterhalt wird ersterer zunächst ermittelt (Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4,
Rz. 514).
Ein Anspruch auf Krankheitsvorsorgeunterhalt ist, wenn eine private
Krankenversicherung besteht, bereits vom Zeitpunkt der Trennung an gegeben
(Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 498). Die Beiträge sind in der entsprechenden Höhe,
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(Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 498). Die Beiträge sind in der entsprechenden Höhe,
das sind unstreitig rund 288 €, weiter zu zahlen (Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 506).
Ein Anspruch auf Krankheitsvorsorgeunterhalt besteht aber dann nicht, wenn dem
Unterhaltsberechtigten ein fiktives Einkommen aus abhängiger Beschäftigung
zugerechnet wird (OLG Hamm, FamRZ 1994, 107). Denn bei tatsächlicher Ausübung
einer solchen Beschäftigung wäre der Unterhaltsberechtigte gesetzlich
krankenversichert und bedürfte insoweit keiner Leistungen durch den
Unterhaltspflichtigen. Demnach kann die Klägerin Krankheitsvorsorgeunterhalt nur bis
einschließlich Juni 2008 verlangen. Denn ab Juli 2008 ist ihr, wie bereits ausgeführt, ein
fiktives Einkommen aus halbschichtiger Tätigkeit zuzurechnen.
Altersvorsorgeunterhalt kann – entgegen der Handhabung des Amtsgerichts – erst ab
Rechtshängigkeit der Scheidung, also ab 22.11.2005, verlangt werden
(Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 449). Zur Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts
ist die Bremer Tabelle in ihrer jeweiligen Fassung heranzuziehen.
Wegen des Vorrangs des Krankenvorsorgeunterhalts vor dem Altersvorsorgeunterhalt ist
Ersterer im Wege einer dreistufigen Elementarunterhaltsberechnung vorweg abzuziehen
(vgl. Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 514 ff.). Für die Ermittlung des Altersvorsorge-
und des Elementarunterhalts ist der an sich zu zahlende Elementarunterhalt, also die
Quote vom bereinigten Nettoeinkommen, die Bemessungsgrundlage. Dieser Betrag wird
als (fiktives) Nettoeinkommen des Berechtigen angesehen, das durch Zuschlag (fiktiver)
Lohnsteuern und des Arbeitnehmeranteils der Sozialabgaben (aber ohne
Krankenversicherung) auf ein Bruttoeinkommen hochgerechnet wird. Hierzu kann die
Bremer Tabelle herangezogen werden. Der Altersvorsorgeunterhalt ergibt sich, wenn
man von dem so errechneten Bruttobetrag einen Anteil ermittelt, der dem jeweils
geltenden Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Bei der
Berechnung des wirklich zu zahlenden Elementarunterhalts ist nun zu berücksichtigen,
dass diese Vorsorgeleistungen wie die Vorsorgeleistungen für den Verpflichteten selbst
vom unterhaltspflichtigen Einkommen abzuziehen sind, bevor vom bereinigten
Nettoeinkommen die Quote für den laufenden Lebensbedarf gebildet wird (Kalthoener/
Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 407 f.). Danach ergibt sich bis einschließlich Dezember
2007 folgende Berechnung:
Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 1.682 € (= 1.394 €
Elementarunterhalt + 288 € Krankheitsvorsorgeunterhalt).
Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 1.871 € (= 1.583 €
Elementarunterhalt + 288 € Krankheitsvorsorgeunterhalt).
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Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 2.116 € (= 1.399 €
Elementarunterhalt + 429 € Altersvorsorgeunterhalt + 288 €
Krankheitsvorsorgeunterhalt).
Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 2.858 € (= 1.919 €
Elementarunterhalt + 651 € Altersvorsorgeunterhalt + 288 €
Krankheitsvorsorgeunterhalt).
Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 5.717 € (= 3.908 €
Elementarunterhalt + 1.521 € Altersvorsorgeunterhalt + 288 €
Krankheitsvorsorgeunterhalt).
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Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 5.783 € (= 3.956 €
Elementarunterhalt + 1.539 € Altersvorsorgeunterhalt + 288 €
Krankheitsvorsorgeunterhalt).
Ab 1.1.2008 ist, wie ausgeführt, der Unterhaltsanspruch der Mutter des Kindes S… zu
berücksichtigen, so dass die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin im Wege
der Dreiteilungsmethode erfolgt. Auch in diesem Fall ist der Vorsorgeunterhalt vorab zu
ermitteln und erhöht den Unterhaltsbedarf desjenigen Unterhaltsberechtigten, der
diesen Vorsorgebedarf geltend macht (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 15.5.2009 – 4
WF 50/09 -, BeckRS 2009 28330; OLG Celle, Urteil vom 11.03.2010 - 17 UF 154/09 -,
BeckRS 2010, 11045). Danach ergibt sich folgende Berechnung:
Da der Unterhaltsbedarf der Mutter des Kindes S… mit 970 € unter dem im Wege der
Dreiteilung ermittelten Betrag von 1.174 € liegt, kann dieser geringere Bedarf vorweg
abgezogen werden (vgl. Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 401), so dass sich für die
Klägerin ein höherer Bedarf ergibt:
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Der geringere Bedarf der Mutter des Kindes S… kann wiederum vorweg abgezogen
werden:
Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 1.746 € (= 1.140 €
Elementarunterhalt + 318 € Altersvorsorgeunterhalt + 288 €
Krankheitsvorsorgeunterhalt).
Da der Unterhaltsbedarf der Mutter des Kindes S… mit 970 € unter dem im Wege der
Dreiteilung ermittelten Betrag von 1.399 € liegt, kann dieser geringere Bedarf vorweg
abgezogen werden, so dass sich für die Klägerin ein höherer Bedarf ergibt:
Hiervon abzusetzen ist das um den Erwerbstätigenbonus bereinigte Einkommen der
Klägerin von 429 €, so dass 1.185 € verbleiben.
Der geringere Bedarf der Mutter des Kindes S… kann wiederum vorweg abgezogen
werden:
Damit beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf insgesamt 1.136 € (= 847 €
Elementarunterhalt + 289 € Altersvorsorgeunterhalt).
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Da der Unterhaltsbedarf der Mutter des Kindes S… mit 970 € über dem im Wege der
Dreiteilung ermittelten Betrag von 521 € liegt, ist Letzterer maßgebend (vgl.
Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 401). Derselbe Betrag entfällt auch auf die Klägerin,
so dass nach Abzug ihres Einkommens ein restlicher Bedarf von 92 € (= 521 € - 429 €)
verbleibt.
Damit ergeben sich insgesamt 106 € (= 86 € Elementarunterhalt + 20 €
Altersvorsorgeunterhalt).
7.
Für die Zeit ab Januar 2009 ist der Beklagte nur eingeschränkt leistungsfähig. Nach
Abzug des gemäß § 1609 Nr. 1 BGB vorrangigen Kindesunterhalts verbleiben nur 1.305
€. Angesichts eines billigen Selbstbehalts gegenüber dem Ehegatten bzw. in den Fällen
des § 1615 l BGB von 1.000 € (vgl. Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2009) stehen nur 305 € für
Unterhaltsansprüche der Klägerin und der Mutter des Kindes S… zur Verfügung. Da die
Klägerin im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 1570 BGB im Jahr 2009, jedenfalls bis
zur Rechtskraft der Scheidung, einen Unterhaltsanspruch wegen Betreuung des Kindes
hat, sind die Unterhaltsansprüche der beiden Frauen gleichrangig, § 1609 Nr. 2 BGB,
ohne dass es darauf ankommt, ob die Ehe der Parteien von langer Dauer war. Der
Betrag von 305 € im Jahr 2009 ist daher im Verhältnis der Einsatzbeträge auf die beiden
Frauen aufzuteilen. Dabei ist nach der soeben durchgeführten Dreiteilung unter
Berücksichtigung des (fiktiven) Einkommens der Klägerin bei ihr von einem ungedeckten
Bedarf von 106 € (= 86 € Elementarunterhalt + 20 € Altersvorsorgeunterhalt)
auszugehen, während sich der Bedarf der Mutter des Kindes S… auf 515 € beläuft. Es
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auszugehen, während sich der Bedarf der Mutter des Kindes S… auf 515 € beläuft. Es
ergibt sich folgende Berechnung:
Auf die Klägerin entfallen rund 52 € (= 106 € x 305 € : 621 €). Hierbei handelt es sich um
Elementarunterhalt, weil dieser gegenüber dem Altersvorsorgeunterhalt vorrangig ist
(vgl. Wendl/Gutdeutsch, a.a.O., § 4, Rz. 454).
8.
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB
verwirkt.
Hinsichtlich der Verwirkung, also der Frage, ob sich die Geltendmachung rückständigen
Unterhalts unter dem Gesichtspunkt illoyal verspäteter Rechtsausübung nach Treu und
Glauben gemäß § 242 BGB als unzulässig darstellt, bedarf es des Zeit- und des
Umstandsmoments (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 6, Rz. 135 ff.). Beim Unterhalt sind an
das Zeitmoment keine großen Anforderungen zu stellen. Das Zeitmoment kann bereits
für Zeitabschnitte, die mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit der Klage oder einem
erneuten Tätigwerden liegen, bejaht werden (BGH, FamRZ 1988, 370, 372f.; FamRZ
2007, 453, Tz. 22). Da ein Unterhaltsanspruch nicht verwirkt sein kann, bevor er
überhaupt fällig geworden ist, müssen gegebenenfalls die in Frage kommenden
Zeitabschnitte gesondert betrachtet werden (BGH, FamRZ 1988, 370).
Danach kommt eine Verwirkung wegen nicht zeitnaher Geltendmachung des Unterhalts
allenfalls dann in Betracht, wenn ein Zeitraum von mehr als einem Jahr vergangen ist,
bevor der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltschuldner erneut mit seiner Forderung
konfrontiert hat. Daran fehlt es vorliegend. Zwischen der erstmaligen Aufforderung zur
Zahlung von Trennungsunterhalt vom 15.9.2004 und der Einreichung der Klage durch
Schriftsatz vom 13.7.2005 liegt ein Zeitraum von weniger als zehn Monaten. Auch im
Verlauf des gerichtlichen Verfahrens ist ein Zeitraum von einem Jahr und mehr, ohne
dass die Klägerin auf ihr Begehren zurückgekommen wäre, nicht entstanden.
Allerdings ist die Klägerin sehr spät in die zweite Stufe der Stufenklage eingetreten,
nämlich mit Schriftsatz vom 29.6.2007, beim Amtsgericht eingegangen am 16.7.2007,
dem Beklagten zugestellt am 31.7.2007. Das Teilurteil des Amtsgerichts über die erste
Stufe vom 15.5.2006 war der Klägerin bereits am 19.6.2006 zugestellt worden. Damit
liegt zwischen dieser Zustellung und dem beziffernden Schriftsatz, durch den in die
zweite Stufe der Stufenklage eingetreten worden ist, ein Zeitraum von mehr als einem
Jahr. Dies hat vorliegend jedoch nicht zur Folge, dass die Klägerin Unterhaltsansprüche
bis einschließlich Juni 2006 im Hinblick auf eine Verwirkung nach § 242 BGB nicht mehr
geltend machen könnte.
Zu berücksichtigen ist nämlich, dass parallel zum vorliegenden Verfahren auf
Trennungsunterhalt die Klägerin im Scheidungsverbundverfahren Ehegattenunterhalt
beantragt hat. Im Scheidungsverfahren (Amtsgericht Bernau, 6 F 714/05) hat die
Klägerin mit Schriftsatz vom 22.10.2006 ausgeführt, dass Klage hinsichtlich des
Ehegattenunterhalts geboten sei, da der Antragsteller nicht einmal Trennungsunterhalt
zahlen wolle. Damit ist dem Beklagten im Oktober 2006, also rund fünf Monate nach
Erlass des Teilurteils, noch einmal hinreichend deutlich vor Augen geführt worden, dass
die Klägerin von ihm Trennungsunterhalt beansprucht. Vom 22.10.2006 bis zum Eintritt
der zweiten Stufe der Stufenklage im Juni bzw. Juli 2007 lag ein kürzerer Zeitraum als ein
Jahr. Daher ist es dem Beklagten verwehrt, sich nach Treu und Glauben auf eine –
teilweise - Verwirkung des Unterhaltsanspruchs zu berufen. Auf die Frage, ob das
Umstandsmoment gegeben ist, kommt es daher nicht mehr an.
9.
Die Klägerin hat den Unterhaltsanspruch nicht gemäß § 1361 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1579
BGB wegen grober Unbilligkeit verwirkt.
a)
Dass ein Verwirkungsgrund nach § 1579 Nr. 7 BGB gegeben ist, also der Berechtigten
ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den
Verpflichteten zur Last fällt, kann nicht angenommen werden.
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Allerdings macht der Beklagte insoweit geltend, die Klägerin sei aus der intakten Ehe
ausgebrochen und habe eine Beziehung mit dem Zeugen J… aufgenommen. Damit
kann der Beklagte, den insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. Wendl/Dose,
a.a.O., § 6, Rz. 712), nicht durchdringen. Denn er hat einen solchen Ausbruch der
Klägerin aus intakter Ehe nicht beweisen können. Es steht nicht zur Überzeugung des
Senats fest, dass die Klägerin, noch bevor es zur Trennung der Parteien gekommen ist,
eine außereheliche Beziehung zum Zeugen J… aufgenommen hat, so dass der
Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt wäre.
Die Klägerin hat sowohl schriftsätzlich als auch bei ihrer Anhörung durch den Senat
angegeben, mit dem Zeugen A… J… habe sich, nachdem sie diesen auf einer
Fahrradtour im Jahr 2003 kennengelernt habe, eine Freundschaft entwickelt; der Zeuge
J… habe auch versucht, sich ihr körperlich zu nähern, zu einem sexuellen Austausch sei
es aber nicht gekommen. Dies steht im Einklang mit den Angaben des Zeugen J… selbst
sowohl bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht als auch bei derjenigen durch den
Senat. Der Zeuge hat ebenso wie die Klägerin im Einzelnen geschildert, wie man sich
kennengelernt habe und auch, wie sich das Zusammenleben in ein und demselben Haus
in B… etwa ab Mitte 2005 gestaltet habe. Mit Rücksicht auf diese widerspruchsfreien
Angaben hat sich der Senat nicht die Überzeugung bilden können, dass es zwischen der
Klägerin und dem Zeugen J… eine über eine freundschaftliche Beziehung hinausgehende
intime Beziehung gegeben hat.
Von widerspruchsfreien Angaben der Klägerin einerseits und des Zeugen J…
andererseits ist auch unter Berücksichtigung des Umstands auszugehen, dass sie den
gemeinsamen Skiurlaub zu Beginn des Jahres 2004 nicht völlig deckungsgleich
geschildert haben. Die Klägerin hatte insoweit angegeben, sie habe die Reise zunächst
allein geplant und dann relativ spontan mit dem Zeugen J… entschieden, dass man
zusammen verreise. Der Zeuge J… hat insoweit darauf hingewiesen, dass man nach
Südtirol in den Ort gefahren sei, in dem sich seine Eltern ohnehin schon befunden
hätten. Dies stellt sich lediglich als Ergänzung und nicht als Widerspruch zu den Angaben
der Klägerin dar. Denn auch der Zeuge J… hat davon gesprochen, dass die
Entscheidung, gemeinsam zu verreisen, relativ kurzfristig gefallen sei. Übereinstimmend
haben die Klägerin und der Zeuge J… auch angegeben, dass man in getrennten
Zimmern gewohnt habe, wobei der Zeuge J…, wiederum ergänzend, darauf hingewiesen
hat, dass es zwischen den getrennten Zimmern eine Verbindungstür gegeben habe.
Das Bestehen einer intimen Beziehung der Klägerin zum Zeugen J… steht zur
Überzeugung des Senats auch nicht aufgrund der Aussagen des Zeugen H… sowohl in
erster als auch in zweiter Instanz fest. Zwar hat der Zeuge H… bei seinen beiden
Vernehmungen angegeben, er habe mit der Klägerin etwa im Juni 2004 von K… aus ein
längeres Telefongespräch geführt, bei dem ihm die Klägerin von sexuellen Kontakten mit
dem Zeugen J…, insbesondere von Oralverkehr, berichtet habe. Die Klägerin hat dies
aber in Abrede gestellt und lediglich eingeräumt, sie habe sich bei den
Telefongesprächen mit dem Zeugen H… auf dessen Nachfrage u.a. zu Sexualpraktiken
geäußert, jedoch nicht zu eigenen Praktiken, es sei vor allem um die Beziehung des
Zeugen H… zu Frau J…, der Schwester des Zeugen J…, gegangen. Insoweit hat die
Klägerin die Vermutung geäußert, der Zeuge H… könne ihre Äußerungen
missverstanden haben.
Diese Einlassung der Klägerin sieht der Senat nicht als widerlegt an. Der Zeuge H… hat
bei seiner Vernehmung durch den Senat zwar betont, das Telefongespräch sei ein
eindeutiger Hinweis auf eine intime Beziehung der Klägerin zum Zeugen J… gewesen;
das Gespräch sei hinsichtlich der Sexpraktiken nicht abstrakt gewesen, sondern es sei
detailliert um bestimmte Dinge gegangen. Damit steht für den Senat aber nicht fest,
dass die Klägerin in dem Telefongespräch mit dem Zeugen H… tatsächlich Intimverkehr
mit dem Zeugen J… eingeräumt hat. Dabei ist berücksichtigt, dass die Aussage des
Zeugen H… nicht in jedem Punkt nachvollziehbar war. Insbesondere hat er hinsichtlich
verschiedener Aussagen zunächst bekräftigt, es sei ganz sicher so gewesen, wie er es
gesagt habe, danach hat er die Aussagen auf Nachfrage dann doch relativiert.
Vor diesem Hintergrund sind auch die übrigen Angaben des Zeugen H…, die ohnehin
allenfalls Indizien im Hinblick auf die vom Beklagten behauptete intime Beziehung der
Klägerin zum Zeugen J…, darstellen könnten, nicht geeignet, Beweis für die Behauptung
des Beklagten zu erbringen. Dies gilt zunächst für die Beobachtung, Anfang des Jahres
2004 sei der Zeuge H… mit der Klägerin und dem Zeugen J… zusammen im Auto
gefahren und die Klägerin habe einen Titel einer CD ausgesucht, wobei er, der Zeuge
H…, den Eindruck gehabt habe, die Klägerin habe mit diesem Titel dem Zeugen J…
gegenüber etwas zum Ausdruck bringen, ihm eine Botschaft übermitteln wollen. Dies will
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gegenüber etwas zum Ausdruck bringen, ihm eine Botschaft übermitteln wollen. Dies will
der Zeuge H… anhand der Blicke der Beiden bemerkt haben. Doch eine konkrete
Tatsache, die Rückschlüsse auf eine Beziehung der Klägerin zum Zeugen J… zuließe, ist
damit nicht gegeben.
Ebenso verhält es sich mit der Angabe des Zeugen H…, ihm sei in B… eines Morgens
von seiner Freundin, der Zeugin J…, und deren Vater eröffnet worden, die Klägerin und
der Zeuge J… hätten eine Liaison. Abgesehen davon, dass es sich dabei um
Behauptungen Dritter handelt, geht es um die Beziehung in einer Zeit, in der die
Klägerin in B… gewohnt hat und die Trennung vom Beklagten vollzogen war. Ein
Ausbruch aus einer intakten Ehe konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr stattfinden.
Schließlich sind auch die Anhaltspunkte, die aus Sicht des Beklagten dafür sprechen,
dass die Klägerin eine intime Beziehung zum Zeugen J… aufgenommen hat, nicht
eindeutig. Dies bezieht sich zum einen darauf, dass die Mutter der Klägerin in einem
Telefonat berichtet habe, die Klägerin sei zu dem Skiurlaub Anfang 2004 mit ihrem
Liebhaber, dem Zeugen J…, gefahren. Der Beklagte hat trotz Bestreitens der Klägerin
schon nicht unter Beweis gestellt, dass es dieses Telefonat mit der Mutter der Klägerin
gegeben hat. Er hat vielmehr selbst angegeben, dass die Klägerin die Vorwürfe in
Abrede gestellt und ihre Mutter am Telefon in seinem Beisein zur Rede gestellt habe. Ein
konkreter Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin damals eine intime Beziehung zum
Zeugen J… unterhalten hat, ist damit nicht gegeben.
Gleiches gilt für die Äußerung, die der Beklagte im Juni 2004 von seinem Freund J… S…
erhalten haben will. Hierbei handelt e sich um einen Zeugen vom Hörensagen. Konkrete
Tatsachen, die für eine intime Beziehung der Klägerin zum Zeugen J… sprechen, sind
auch insoweit nicht erkennbar.
Den letzten Hinweis will der Beklagte im Herbst 2004 erhalten haben, als seine Tochter
V… am Telefon erklärt habe, ihre Mutter und A…, der Zeuge J…, lägen noch im Bett. Im
Herbst 2004 hat die Klägerin schon in einer Wohnung des Hauses gewohnt, in dem auch
der Zeuge J… gewohnt hat. Die Trennung vom Beklagten war bereits vollzogen. Einen
Ausbruch aus einer intakten Ehe kann es in dieser Zeit nicht mehr gegeben haben.
Die gemeinsamen Urlaubsreisen der Klägerin mit dem Zeugen J… beweisen ebenfalls
nicht, dass es zwischen ihnen eine intime Beziehung gegeben hat. Die beiden haben
ohnehin nur zwei Reisen allein miteinander verbracht, im Übrigen hat es Reisen in einer
größeren Gruppe gegeben, wie die Angaben der erstinstanzlich vernommenen Zeugen
im Einklang mit den Angaben der Klägerin und des Zeugen J… belegen. Nur eine Reise,
nämlich der Skiurlaub in Südtirol, fand vor der Trennung der Parteien statt, könnte also
die Bedeutung eines Ausbruchs der Klägerin aus intakter Ehe haben. Dass es bei diesem
Urlaub in Südtirol aber zum Austausch von Zärtlichkeiten zwischen der Klägerin und dem
Zeugen J… gekommen ist, steht, wie bereits ausgeführt, im Hinblick auf die
widerspruchsfreien Angaben der Klägerin und des Zeugen J…, nicht zur Überzeugung
des Senats fest.
Soweit der Zeuge H… und in erster Instanz auch andere Zeugen den Eindruck vermittelt
haben, sie seien davon ausgegangen, dass die Klägerin und der Zeuge J… ein Paar
seien, reicht dies nicht aus, um sich eine sichere Überzeugung davon zu bilden, dass
eine intime Beziehung tatsächlich bestanden hat. Derartige Eindrücke Dritter mögen von
entsprechenden Erwartungshaltungen geprägt sein. Jedenfalls lässt sich dadurch nicht
automatisch auf das Vorhandensein einer solchen Beziehung schließen. Im Übrigen
kommt es, wie bereits ausgeführt, ohnehin nur auf etwaige intime Begegnungen der
Klägerin zum Zeugen J… vor der Trennung vom Beklagten an. Ob später, als die Klägerin
mit dem Zeugen J…, aber auch mit anderen Personen, unter einem Dach gelebt hat, der
Eindruck entstanden ist, die beiden seien ein Paar, ist unerheblich.
Zu beachten ist ferner, dass der Zeuge J… am Ausgang des vorliegenden Rechtstreits
kein Interesse haben dürfte. Die Klägerin ist nach seinen Angaben im Jahr 2007 aus dem
Haus in B… ausgezogen. Sie lebt jetzt in D…. Selbst wenn es früher eine intime
Beziehung zum Zeugen J… gegeben haben sollte, existiert sie nicht mehr. Es ist daher
kein Grund dafür ersichtlich, warum der Zeuge J…, wenn es tatsächlich einen intimen
Austausch gegeben haben sollte, diesen nicht eingeräumt, sondern vielmehr
eingestanden hat, die Klägerin habe seine Versuche, körperliche Nähe herzustellen,
zurückgewiesen.
b)
Ein Verwirkungsgrund nach § 1579 Nr. 2 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Voraussetzung
dafür wäre, dass die Klägerin mit dem Zeugen J… in einer verfestigten
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dafür wäre, dass die Klägerin mit dem Zeugen J… in einer verfestigten
Lebensgemeinschaft gelebt hätte. Dies wird vom Beklagten selbst nicht geltend
gemacht und ist nach den zutage getretenen Umständen nicht anzunehmen, zumal die
Klägerin im April 2007 nach D… gezogen ist.
10.
Begrenzt wird der Unterhaltsanspruch der Klägerin insoweit, als für die Geltendmachung
des Unterhalts für in der Vergangenheit liegende Zeiträume die Voraussetzungen nach
§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360 a Abs. 3, 1613 BGB gegeben sein müssen. Mit
Anwaltsschreiben vom 6.12.2004 hat die Klägerin den geltend gemachten
Trennungsunterhalt zunächst mit 1.643 € beziffert. Höheren Unterhalt kann sie erst mit
Zugang des Schriftsatzes vom 29.6.2007, mit dem sie in die zweite Stufe der
Stufenklage eingetreten ist, also ab Juni 2007, verlangen. Die dort für die Zeit von
September 2004 bis Mai 2007 begehrten Beträge sind danach auf 1.643 € zu
begrenzen. Der von Juni bis Dezember 2007 zu leistende Unterhalt kann nach den
gestellten Anträgen 2.378,15 € nicht übersteigen. Für die Zeit ab Januar 2008 liegt der
errechnete Unterhalt unter dem Betrag von 2.378,15 € und kann daher in vollem
Umfang beansprucht werden.
11.
Zu berücksichtigen ist der vom Beklagten geleistete Trennungsunterhalt, nämlich 1.190
€ monatlich von September 2004 bis Mai 2005 und 740 € monatlich von Juni 2005 bis Juli
2008. Damit verbleiben folgende Monatsbeträge:
12.
Entsprechend dem Antrag der Klägerin ist der Unterhalt von 52 € monatlich, wie er sich
im Wege der Mangelberechnung im Jahr 2009 ergibt, für die Zeit vom 1.5. bis zum
29.7.2009 im Hinblick auf den Anspruchsübergang gemäß § 33 SGB II an die ARGE D…
zu leisten.
13.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Zinsen können wegen der Fälligkeit
des Unterhaltsanspruchs am Ersten eines jeden Monats, vgl. § 1585 Abs. 1 Satz 2 BGB,
erst vom Zweiten eines jeden Monats an verlangt werden.
14.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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