Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: erlöschen des anspruchs, vermieter, mietzins, handbuch, vorauszahlung, pacht, nebenkosten, fälligkeit, entstehung, bestimmtheit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 W 18/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 114 ZPO, § 253 Abs 2 Nr 2
ZPO, § 362 BGB, § 535 Abs 1 S
1 BGB, § 535 Abs 1 S 2 BGB
Klage auf rückständigen Mietzins: Unzulässigkeit wegen
mangelnder Bestimmtheit; Anforderungen an den Vortrag des
Vermieters unter Zulässigkeitsgesichtpunkten; Erlöschen des
Anspruchs auf Betriebskostenvorschuss;
Prozesskostenhilfebewilligung für Prozesskostenhilfeverfahren
Leitsatz
1. Zur Zulässigkeit einer Klage (§ 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO) auf Miete sind die Angaben der
streitgegenständlichen Mietperioden und der darauf entfallende jeweilig eingeklagte Mietzins
unverzichtbar, aber auch ausreichend.
2. Klagt ein Vermieter rückständige Mieten ein (§ 535 Abs. 2 BGB), braucht er zunächst nichts
weiter vorzutragen, als das Bestehen eines Mietvertrages, den streitgegenständlichen Monat,
die Gebrauchsmöglichkeit des Mieters in diesem Monat und die Höhe der für diesen Monat
beanspruchten Miete (§ 535 Abs. 1 S. 1, S 2 BGB).
3. Beansprucht er für einen Monat weniger als die volle Miete und sind
Betriebskostenvorschüsse vereinbart, hat er unter Zulässigkeitsgesichtspunkten
klarzustellen, ob und in welchem Umfang er Zahlung auf die Grundmiete oder auf den
Betriebskostenvorschuss beansprucht, da beide Forderungen hinsichtlich ihrer Entstehung,
ihres Untergangs und ihrer Fälligkeit nach unterschiedlichen Regeln zu beurteilen sein
können.
4. Etwaige Erfüllungen (§ 362 BGB) durch den Mieter braucht der klagende Vermieter zur
Schlüssigkeit seines Anspruchs nicht darzutun. Der Kläger ist unter keinem denkbaren
Gesichtspunkt gehalten, das Erlöschen nicht eingeklagter Forderungen darzustellen.
5. Nachträgliche Mietzinssenkungen oder Tilgungen der entstandenen Mietforderung über das
für den streitgegenständlichen Monat vom Kläger beanspruchte Entgelt oder die eingeräumte
Erfüllung hinaus hat nach allgemeinen Regeln der Mieter darzutun.
6. Der Anspruch auf Betriebskostenvorschuss erlöscht mit Abrechnungsreife. Ein Vermieter
kann für die Vergangenheit keine Vorauszahlung auf die Nebenkosten mehr verlangen, wenn
bereits Ab-rechnungsreife vorliegt (vgl. BGH-Urteil vom 04.10.2000 - XII ZR 44/98 = NZM
2001, 234, 236 am Ende; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrecht, 9. Aufl., Rn. 511 m.w.N.).
7. Für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst darf keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden
(vgl. BGHZ 91, 311 m.w.N.).
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 26.10.2005 gegen den Beschluss des
Landgerichts Neuruppin vom 16. September 2005 - 2 O 403/04 - in Gestalt des
Nichtabhilfebeschlusses vom 05. April 2006 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO).
1. Die Klage ist bereits wegen mangelnder Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO)
unzulässig. Der Kläger beansprucht rückständige Gewerbemieten und
Betriebskostenvorschüsse. Mietzinsen entstehen periodisch. Werden sie, wie hier, für
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Betriebskostenvorschüsse. Mietzinsen entstehen periodisch. Werden sie, wie hier, für
mehrere Mietperioden eingeklagt, handelt es sich sachlich um eine Klagehäufung. Zur
Zulässigkeit einer solchen Klage sind als Mindestvoraussetzung die Angaben der
streitgegenständlichen Mietperioden und der darauf entfallenden eingeklagten
Mietzinsen unverzichtbar, aber auch ausreichend. Bei Monatsmieten sind
dementsprechend die Monate anzugeben und der eingeklagte monatszugehörige
Mietzins, wobei dieser erforderlichenfalls lediglich noch in Grundmiete und
Betriebskostenvorschuss aufzugliedern ist. Eine Mietzinsklage über mehrere Monate
erfüllt demgemäß die Zulässigkeitsvoraussetzungen schon dann, wenn sie klar und
eindeutig folgende Mindestangaben enthält:
Dies ist zur Festlegung des Streitgegenstands und im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung
des Urteils unabdingbar. Klagen, die diesen Forderungen nicht genügen, sind daher
unzulässig (vgl. Fischer in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3.
Aufl., VIII, Rn. 25). Hierauf hat das Landgericht bereits im Ausgangsbeschluss vom
16.09.2005 wie auch im Nichtabhilfebeschluss vom 05.04.2006 zutreffend hingewiesen.
Diese unverzichtbaren Elementarangaben zu Monat und monatsbezogener
Klageforderung hat der Kläger trotz wiederholten Hinweises nicht vorzutragen vermocht.
Sich irgendwelche Beträge aus umfangreichen Anlagen zusammen zu suchen und auf
rechnerische Stimmigkeit mit einem Klagesaldo zu untersuchen, ist dem Prozessgegner
wie auch dem Gericht nicht zuzumuten und hier zudem auch nicht möglich, da etwaige
monatsbezogene Angaben des Antragstellers überfrachtet sind mit zusätzlichen
Berechnungen, Ergänzungen, Summenbildungen etc., die insgesamt einer klaren und
eindeutigen Zuordnung von Monat und beanspruchter Monatsmiete unüberwindbar
entgegenstehen. Auch hierauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen, im
Nichtabhilfebeschluss zudem mit der gleichfalls treffenden Klarstellung zur inhaltlichen
Unverständlichkeit irgend eines Zahlenwerks des Antragstellers.
2. Im Übrigen braucht ein klagender Vermieter auch im Rahmen der Schlüssigkeit keine
Rechenleistungen darzulegen. Klagt er rückständige Mieten ein, hat er zunächst nichts
weiter vorzutragen, als das Bestehen eines Mietvertrags, den streitgegenständlichen
Monat, die Gebrauchsmöglichkeit des Mieters in diesem Monat und die Höhe der
beanspruchten Forderung. Beansprucht er für diesen Monat weniger als die volle Miete
und sind Betriebskostenvorschüsse vereinbart, hat er unter
Zulässigkeitsgesichtspunkten klarzustellen, ob und in welchem Umfang er Zahlung auf
die Grundmiete oder auf den Betriebskostenvorschuss beansprucht, da beide
Forderungen hinsichtlich ihrer Entstehung, ihres Untergangs und ihrer Fälligkeit nach
unterschiedlichen Regeln zu beurteilen sein können. Etwaige Erfüllungen durch den
Mieter braucht der klagende Vermieter zur Schlüssigkeit seines Anspruchs nicht
darzutun. Der Kläger ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gehalten, das Erlöschen
nicht eingeklagter Forderungen darzustellen. Nachträgliche Mietzinssenkungen oder
Tilgungen der entstandenen Mietforderung über das für den streitgegenständlichen
Monat beanspruchte Entgelt hinaus hat nach allgemeinen Regeln der Beklagte darzutun.
Der Antragsteller will, wenn auch nicht ersichtlich für welchen Monat und in welcher Höhe,
wohl auch Betriebskostenvorschüsse geltend machen. Insoweit bestünden zudem,
worauf der Senat ergänzend hinweist, auch Schlüssigkeitsbedenken. Der Anspruch auf
Betriebskostenvorschuss erlöscht mit Abrechnungsreife. Ein Vermieter kann für die
Vergangenheit keine Vorauszahlung auf die Nebenkosten mehr verlangen, wenn bereits
Abrechnungsreife vorliegt (vgl. BGH-Urteil vom 04.10.2000 - XII ZR 44/98 = NZM 2001,
234, 236 am Ende; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrecht, 9. Aufl., Rn. 511 m.w.N.).
Weitere Bedenken gegen eine hinreichende Erfolgsaussicht zeichnen sich überdies
gleichfalls bereits jetzt auch im Hinblick auf die Verjährungseinrede der Antragsgegnerin
ab, die diese mit Schreiben vom 06.03.2006 erhoben hat (vgl. Bl. 158 d. GA). Hierauf hat
das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 05.04.2006 mit Recht
hingewiesen.
Soweit der Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren verschiedentlich auf
erkrankungsbedingte Leistungseinschränkungen hinweist, vermag dies die Anforderung
an die Erfolgsaussichten (§ 114 ZPO) einer beabsichtigten Klage nicht zu senken,
namentlich keine Beiordnung eines Rechtsanwalts schon im Prozesskostenhilfeverfahren
zu rechtfertigen. Für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst darf keine
Prozesskostenhilfe bewilligt werden (vgl. BGHZ 91, 311 m.w.N.). Dies erscheint auch
nicht geboten, da bei erheblichen Leistungsbeeinträchtigungen das Betreuungsrecht
und im Übrigen das Beratungshilfegesetz hier hinreichende Reaktionsmöglichkeiten und
Hilfestellungen bereit halten.
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