Urteil des OLG Brandenburg vom 08.12.2005
OLG Brandenburg: auskunftspflicht, form, darlehen, prozess, eherecht, vollstreckungsverfahren, vollstreckbarkeit, link, sammlung, quelle
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 WF 142/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 260 Abs 1 BGB, § 1379 Abs 1
S 1 BGB, § 888 ZPO
Auskunftspflicht bei Beendigung des Güterstandes: Vorlage
eines vollständigen Verzeichnisses; Anforderungen an eine
Verurteilung zur Belegvorlage
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 8. Dezember 2005 behält Gültigkeit.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf zwischen 901 Euro und 1.200 Euro festgesetzt.
Gründe
Die gemäß § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl.,
§ 888, Rz. 15) ist begründet. Zu Unrecht hat das Amtsgericht seinen Beschluss vom
8.12.2005, durch den es dem Kläger ein Zwangsgeld auferlegt hat, aufgehoben. Denn
die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Zwangsgeldes liegen vor.
Wird ein Ehegatte im Verfahren über den Zugewinnausgleich gemäß § 1379 Abs. 1 BGB
zur Auskunftserteilung verurteilt, findet die Vollstreckung nach § 888 ZPO statt
(Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Große-Boymann, § 9, Rz. 183). Bei der
Erteilung der Auskunft handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, die
ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt (vgl. FamVerf/Große-Boymann, § 1,
Rz. 612; Zöller/Stöber, a.a.O., § 88, Rz. 3 "Auskunft"). Der Schuldner kann zwar im
Verfahren nach § 888 ZPO Erfüllung einwenden (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 888, Rz. 11).
Damit kann der Kläger vorliegend aber nicht durchdringen.
Durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 7.10.2002 ist der Kläger verurteilt worden, der
Beklagten Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen per 14.11.1998 durch Vorlage
eines vollständigen, übersichtlich geordneten Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage
der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen, die in den Buchstaben a bis h im
Einzelnen bezeichnet sind. Bei diesen Unterlagen handelt es sich, jedenfalls soweit
Aufstellungen verlangt werden, wiederum um die Erteilung von Auskünften, nicht aber
um die Vorlage von Belegen. Jedenfalls soweit es die Auskunftspflicht betrifft, hat der
Kläger die ihm durch das Urteil auferlegte Verpflichtung nicht gehörig erfüllt.
Auskunft im Sinne von § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB wird durch Vorlage eines
Vermögensverzeichnisses gemäß § 260 Abs. 1 BGB erteilt, in welchem die am
maßgeblichen Stichtag vorhandenen Aktiva und Passiva des Endvermögens geordnet
und übersichtlich zusammengestellt sind (Senat, FamRZ 1998, 174), sodass der
auskunftsberechtigte Ehegatte das Endvermögen des anderen Ehegatten ungefähr
selbst berechnen und so den Zugewinn ermitteln kann (BGH, FamRZ 1982, 682, 683;
FamRZ 1989, 157, 159). Die Auskunft ist grundsätzlich durch Vorlage eines einzigen
Verzeichnisses zu erteilen (BGHZ 33, 373, 376; OLG Hamm, FamRZ 1981, 482, 483;
Senat, a.a.O.). Die Verteilung der relevanten Angaben auf mehrere Schriftsätze wahrt
die einem einzigen Verzeichnis inne wohnende Übersichtlichkeit nicht (vgl. OLG Hamm,
FamRZ 2006, 865). Vor diesem Hintergrund hat der Kläger seiner Auskunftspflicht schon
deshalb nicht genügt, weil er, nachdem er in seinem Schriftsatz vom 5.1.2006 zunächst
darauf hingewiesen hatte, seiner Verpflichtung bereits mit Schreiben vom 2.7.2003
nachgekommen zu sein, auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 21.1.2006 in seinem
Schriftsatz vom 17.2.2006 ausgeführt hat, eine Aufstellung über die Verwendung der von
der Volks- und Raiffeisenbank … eG erhaltenen Darlehen über 100.000 DM und 60.000
DM nebst Belegen überreicht zu haben. Damit hat der Kläger selbst eingeräumt, der
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DM nebst Belegen überreicht zu haben. Damit hat der Kläger selbst eingeräumt, der
Verpflichtung nach Buchstabe h des Urteilstenors vom 7.10.2002 bis dahin nicht
nachgekommen zu sein. Eine vollständige Gesamterklärung im Sinne eines einzigen
Verzeichnisses liegt somit nicht vor.
Soweit es den Schriftsatz vom 17.2.2006 betrifft, ist ferner festzustellen, dass dieser
auch für sich betrachtet, keine systematische Aufstellung enthält. Vielmehr handelt es
sich der Form nach um Vortrag im Prozess, wie schon der Umstand deutlich macht,
dass Beweisantritte erfolgen. Auch soweit der Kläger auf die Frage eingeht, wie er die
Kreditbeträge in Höhe von 60.000 DM bzw. 100.000 DM verwendet hat, geschieht dies
nicht in übersichtlicher Weise. So wird hinsichtlich der Investitionen auf dem Grundstück
… Straße … auf eine Anlage, also auf ein weiteres Schriftstück, Bezug genommen. Diese
Anlage wiederum, die Tabelle 3, lässt nicht erkennen, wann die einzelnen Beträge
abgeflossen sind.
Da nach alledem eine Auskunft in Form eines übersichtlichen Verzeichnisses nicht
vorliegt, ist die Festsetzung eines Zwangsgeldes gerechtfertigt. Somit kommt es nicht
darauf an, ob die vom Kläger im Schriftsatz vom 17.2.2006 gemachten Angaben auch
deshalb unzureichend sind, weil Formulierungen wie, es seien Rechnungen an
Lieferanten gezahlt worden, "z. B. mit Sammelauftrag vom 25.10.1993", die Vermutung
nahe legen, der Kläger habe nicht vollständig, sondern nur beispielhaft Auskunft erteilt.
Ferner kann offen bleiben, ob auch eine im Prozess abgegebene Erklärung als Auskunft
genügen kann (vgl. hierzu Erman/Kuckuck, BGB, 11. Aufl., §§ 259, 260, Rz. 12).
Schließlich bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob die Angaben eines
Prozessbevollmächtigten im Auftrag der Partei ausreichen, obwohl es um eine
Wissenserklärung der Partei selbst geht, sodass die Richtigkeit der Angaben durch die
Unterschrift der Partei zu bestätigen ist (vgl. Staudinger/Büttner, BGB, 2004, § 259, Rz.
38).
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine Zwangsgeldfestsetzung, soweit es darum
geht, die in Buchstabe h des Urteils genannte Auskunft zu belegen, nicht in Betracht
kommt. Denn insoweit ist die Verurteilung zur Belegvorlage nicht genügend bestimmt
und daher zur Zwangsvollstreckung ungeeignet.
Beim Zugewinnausgleich sieht das Gesetz, anders als im Unterhaltsrecht, § 1605 Abs. 1
Satz 2 BGB, einen Anspruch des Berechtigten auf Vorlage von Belegen nicht vor, sodass
die Vorlage von Belegen oder sonstigen Unterlagen nicht zu bloßen Kontrollzwecken,
sondern nur ausnahmsweise verlangt werden kann, wenn die geschuldeten Information
über das Endvermögen und damit über dessen Bewertung ohne Belege und Unterlagen
nicht möglich ist (FamVerf/Schael, § 9, Rz. 100). Jedenfalls muss der
Auskunftsberechtigte, soweit die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Belegvorlage
überhaupt gegeben sind, die Belege nach Art und Anzahl der Unterlagen so konkret
bezeichnen, dass der Umfang der Verurteilung für das Vollstreckungsverfahren klar und
eindeutig ist (OLG Karlsruhe, FamRZ 1980, 1119, 1121; FamVerf/Große-Boymann, § 1,
Rz. 612; vgl. auch BGH, FamRZ 1983, 584). Ein gegen dieses Bestimmtheitserfordernis
verstoßendes Urteil, das etwa zur Auskunft über das am Stichtag vorhandene
Endvermögen nebst Vorlage dazugehöriger Belege verurteilt, ist wegen der Belege nicht
vollstreckungsfähig und daher unwirksam (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., §
1379, Rz. 7). Eine konkrete Bezeichnung der Belege nach Art und Anzahl der Unterlagen
enthält das Teilurteil vom 7.10.2002 hinsichtlich der Aufstellung über die Verwendung der
Darlehen über 10.000 DM und 60.000 DM nicht. Vollstreckbarkeit ist daher insoweit nicht
gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 891 Satz 3 ZPO aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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