Urteil des OLG Brandenburg vom 26.08.2008
OLG Brandenburg: gesellschaft mit beschränkter haftung, personalstatut der gesellschaft, negatives interesse, kopie, juristische person, nordirland, passivlegitimation, pachtvertrag, herausgabe
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 146/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 535 BGB
Englische Limited: Haftung des Directors für Ansprüche aus
Mietvertrag; Wirkungen der Restitution einer gelöschten Limited
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 26. August 2008 verkündete Urteil
des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 13 O 398/07 - teilweise abgeändert und die gegen
ihn erhobene Klage abgewiesen.
II. Von den Gerichtskosten haben der Kläger und die Beklagte zu 1) jeweils die Hälfte zu
tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) werden dem Kläger auferlegt.
Die Beklagte zu 1) hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Als
Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und
selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten
Kreditinstituts.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Prozessparteien haben im Kern darum gestritten, ob und in welcher Höhe die beiden
Beklagten, eine nach britischem
Recht und ihr , dem Kläger als Gesamtschuldner rückständige
Miete respektive Nutzungsentschädigung für Februar 2007 bis inklusive August 2008,
künftige Nutzungsentschädigung ab September 2008 sowie die Herausgabe der
streitgegenständlichen Mieträume, belegen auf dem Anwesen …straße 22 in H.,
schulden. Letztere sind der Beklagten zu 1) mit einer auf den 12. April 2005 datierten
und als Pachtvertrag bezeichneten Vereinbarung zum Betrieb einer Diskothek
überlassen worden.
Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte
wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO). In der Berufungsinstanz besteht zwischen den Parteien jedenfalls kein Streit
darüber, dass am 12. April 2005 eine Vertragsurkunde mit dem Inhalt, der sich aus der
zu den Gerichtsakten gereichten Kopie ergibt (Anlage K1/GA I 10 ff.), noch nicht
vorhanden war. Unstreitig geworden ist im zweiten Rechtszug ferner, dass die Beklagte
zu 1) mittlerweile wieder in das Gesellschaftsregister für England und Wales beim
eingetragen wurde.
Vom Landgericht Frankfurt (Oder), das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde der
Klage in vollem Umfange stattgegeben. Die Passivlegitimation des Beklagten zu 2) ist
von der Zivilkammer mit der Begründung bejaht worden, er hafte dem Kläger als
Geschäftserwerber bei Firmenfortführung und habe zudem konkludent einen
Schuldbeitritt zum Mietverhältnis erklärt. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen
der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist den Beklagten – zu
Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten – am 05. September 2008 (GA I
172) zugestellt worden. Sie haben am 02. Oktober 2008 (GA I 178) mit anwaltlichem
Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einem am 05. November 2008
per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen
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per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen
Anwaltsschriftsatz begründet (GA II 187 ff.). Im Termin der mündlichen Verhandlung
zweiter Instanz ist das Rechtsmittel betreffend die Beklagten zu 1) nach Erörterung der
Sach- und Rechtslage zurückgenommen worden.
Der Beklagte zu 2) ficht das landgerichtliche Urteil – seine bisherigen Darlegungen
wiederholend und vertiefend – in vollem Umfange seiner Beschwer an. Dazu trägt er
insbesondere Folgendes vor:
Zu Unrecht habe die Eingangsinstanz die Frage nach der Passivlegitimation bejaht.
Alleinige Vertragspartnerin des Klägers sei die am 13. Februar 2007 aus der Liste der
Gesellschaften beim gelöschte Beklagte zu 1). Deren rechtliches
Schicksal beurteile sich gemäß der so genannten Gründungstheorie ausschließlich nach
englischem Recht; auf die Publizitätswirkung der Eintragung der Zweigniederlassung im
deutschen Handelsregister und auf die Unkenntnis des Klägers von der Löschung, die im
Übrigen nicht bestanden habe, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei
Verkündung der angefochtenen Entscheidung sei die Beklagte zu 1) weder rechts- noch
parteifähig gewesen; sie hätte deshalb nicht verurteilt werden dürfen. Erst seit dem 04.
September 2008 sei die Beklagte zu 1) nach Abschluss eines Verfahrens vor dem
wieder eingetragen. Dies führe allerdings – mit Rückwirkung – dazu, dass
die Gesellschaft als die ganze Zeit über fortbestehend angesehen werde. Für eine
persönliche Haftung der Gesellschafter bleibe deshalb kein Raum. Die gegen ihn, den
Beklagten zu 2), gerichtete Klage müsse abgewiesen werden. Bezüglich der Aufrechnung
mit dem Nebenkostenguthaben von € 3.598,79 habe die Zivilkammer verkannt, dass die
Reduzierung der Miete von Januar bis einschließlich August 2006 um € 700,00 p.m. allein
mangelbedingt gewesen sei und nicht etwa den Werklohn für Reparaturarbeiten der M. R.
Dachdecker GmbH darstelle. Rechtskräftige Zahlungstitel habe die Beklagte zu 1) nicht
gegen sich. In dem Mietobjekt fänden keine Veranstaltungen mehr statt. Der
streitgegenständliche Mietvertrag sei in Wirklichkeit nicht vor dem 02. Juni 2005
geschlossen worden. Zu keiner Zeit habe er, der Beklagte zu 2), Vertragspartner werden
sollen; wer die Miete für die ersten Monate geleistet habe, spiele keine Rolle.
Der Beklagte zu 2) beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt – sein bisheriges Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend – das
ihm günstige Urteil des Landgerichts. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor:
Die persönliche Haftung des Beklagten zu 2), die allein nach deutschem Recht zu
beurteilen sei, resultiere daraus, dass er während der Zeit der Nichteintragung der
Beklagten zu 1) im Register nicht nur deren Geschäft übernommen und fortgeführt,
sondern zugleich als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt habe. In Deutschland
verfüge die Beklagte zu 1) über kein weiteres Vermögen. Sie könne weder Strom noch
Gas bezahlen. Bei den Diskothekveranstaltungen, die nach wie vor stattfänden und die
der Beklagte zu 2) – der bis zum 13. Februar 2009 Inhaber der Domain gewesen sei –
selbst durchführe, werde vorschriftswidrig mit Propangasgeräten geheizt. Die
Mietschulden seien bis Januar 2009 auf fast € 45.950,00 angestiegen. Ferner müsse der
Beklagte zu 2) wegen Insolvenzverschleppung persönlich für die Verbindlichkeiten
aufkommen; die Beklagte zu 1) sei unterkapitalisiert und zahlungsunfähig. Er – der
Kläger – habe bei der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Strafanzeige erstattet.
Besitzer des Mietobjekts sei der Beklagte zu 2) auch als Privatperson. Die gegnerischen
Angaben zum Gründungszeitpunkt der Beklagten zu 1) träfen nicht zu. Ursprünglich
habe der Beklagte zu 2) persönlich Pächter werden sollen. Über die Eckdaten des
Vertrages sei man sich schon am 12. April 2005 einig gewesen; nach weiteren
Verhandlungen sei dann noch der § 3 a betreffend die Dachproblematik aufgenommen
worden und im Juni 2005 habe der Beklagte zu 2) erreicht, dass an seiner Stelle die
Beklagte zu 1) als Pächterin in die Urkunde aufgenommen werde. Die Miete für Juni bis
einschließlich August 2005 habe der Beklagte zu 2) selbst gezahlt. Keinesfalls sei die R.
Dachdecker GmbH als Vertragspartnerin vorgesehen gewesen. Der
Aufrechnungseinwand der Beklagten gehe ins Leere, weil seine – des Klägers – frühere
Aufrechnungserklärung durchgreife.
Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage
mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien eingehend erörtert. Hinsichtlich der für
das Jahr 2007 geforderten Nebenkostenvorauszahlungen haben beide Seiten den
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das Jahr 2007 geforderten Nebenkostenvorauszahlungen haben beide Seiten den
Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zur Darstellung des
Sach- und Streitstandes im Übrigen sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird auf die
anwaltlichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle
sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A. Die Berufung des Beklagten zu 2), die hier allein noch zur Entscheidung steht,
nachdem die Beklagte zu 1) ihr Rechtsmittel im Termin der mündlichen Verhandlung
zweiter Instanz zurückgenommen hat, ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch in der Sache selbst hat sie
Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung
der Klage, soweit der Zweitbeklagte zu Zahlung, Herausgabe und Freistellung verurteilt
worden ist. Denn ihm fehlt – entgegen der Auffassung des Landgerichts – die
Passivlegitimation. Alleinige Pächterin beziehungsweise Mieterin (ob es sich im Streitfall
um ein Pacht- oder um ein Mietverhältnis handelt, kann dahinstehen) und damit
Vertragspartnerin des Klägers ist die Beklagte zu 1), die aufgrund der Entscheidung des
vom 04. September 2008 (Kopie Anlage B5/GA II 199 f.; vgl. dazu
die Übersetzung in Kopie Anlage B10/ GA II 231 ff.) wieder in dem beim
geführten Handelsregister des Vereinigten Königsreichs von Großbritannien und
Nordirland steht. Sie wird schon in der Vertragsurkunde selbst ausdrücklich als Pächter
bezeichnet und sollte diese Rechtsposition – gemäß dem übereinstimmenden
Vorbringen beider Parteien – auch wirklich innehaben. Eine persönliche Haftung des
Beklagten zu 2) besteht dagegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Im Einzelnen
gilt Folgendes:
1. Dass der Beklagte zu 2) – wie der Senat auf Grundlage des damaligen Sach- und
Streitstandes im Abschn. 3 b) bb) (2) der terminsvorbereitenden Hinweise vom 25. März
2009 in Erwägung gezogen hat (Leseabschrift GA II 280R) – der Beklagte zu 1)
nach dem britischem Recht gemäß sec. 36 C (1) Companies Act (CA) 1985, nunmehr in
sec. 51 (1) CA 2006 geregelt, im Wege der , für die das
Personalstatut der Gesellschaft gilt (vgl. BGH, Urt. v. 14.03.2005 - II ZR 5/03, WM 2005,
889 = NJW 2005, 1648, juris-Rdn. 9), kraft Gesetzes Partner des Pacht- beziehungsweise
Mietvertrages geworden ist, kann nach dem ergänzenden Vorbringen der
Prozessparteien ausgeschlossen werden. Denn daraus folgt ohne weiteres, dass ein
Miet- oder Pachtvertrag mit der Beklagten zu 1) – entgegen der Datumsangabe in der
Vertragsurkunde (Kopie Anlage K1/GA I 10, 15) – nicht vor dem 02. Juni 2005 zustande
gekommen sein kann. Ob sich der Kläger und der Beklagte zu 2) schon am 12. April
2005 über die Eckpunkte des Rechtsgeschäfts einig waren, spielt in diesem
Zusammenhang keine maßgebliche Rolle; lediglich ergänzend sei hier darauf
hingewiesen, dass gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB in aller Regel überhaupt kein Vertrag
zustande kommt, solange selbst in Nebenpunkten – wie hier beispielsweise der
Dachproblematik – noch ein offener Dissens besteht. In der Eingangsinstanz war –
ausweislich des Tatbestbandes der angefochtenen Entscheidung (LGU 3) – zwischen den
Prozessparteien unstreitig, dass die Handelsregistereintragung der Beklagten zu 1) im
Vereinigten Königreich am 10. Mai 2005 erfolgt ist; einen abweichenden
Eintragungstermin, der nach dem 02. Juni 2005 liegt, hat der – insoweit mit Darlegung
und Beweis belastete – Kläger auch im Berufungsrechtszug nicht dargetan, was in der
mündlichen Verhandlung zweiter Instanz erörtert wurde.
2. Eine Haftung des Erwerbers wegen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB,
wie sie das Landgericht bejaht hat (LGU 13 f.), erscheint bereits deshalb sehr fraglich,
weil nach dem eigenen Vorbringen des Klägers kein Erwerb des Handelsgeschäfts
stattgefunden hat. Die Streichung einer Limited aus dem britischen
Handelsregister führt zu ihrer liquidationslosen Sofortbeendigung, weil das im
Vereinigten Königreich belegene Gesellschaftsvermögen als herrenloses Gut (
) angesehen wird und regelmäßig der Krone zufällt (sec. 654 CA 1985 = sec.
1012 CA 2006). Eine so genannte Rest- oder Spaltgesellschaft kann in Deutschland
schon deshalb nicht existent gewesen sein, weil es nach den klägerischen Behauptungen
an Vermögen im Inland fehlte.
Doch selbst wenn solches vorhanden gewesen wäre, bedürfte es konkreter
Anhaltspunkte, um mit hinreichender Sicherheit feststellen zu können, dass nicht die
dann bestehende Rest- oder Spaltgesellschaft Unternehmensträgerin blieb, sondern der
Beklagte zu 2) das Handelsgeschäft und die Firma fortgeführt hat; dem ergänzenden
Vorbringen des Klägers im anwaltlichen Schriftsatz vom 27. April 2009 (GA II 317 ff.)
lassen sich keine beweiskräftigen Anzeichen dafür entnehmen, der Beklagte zu 2) habe
im eigenen Namen gehandelt und nicht die Erstbeklagte sei in Gestalt einer Rest- oder
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im eigenen Namen gehandelt und nicht die Erstbeklagte sei in Gestalt einer Rest- oder
Spaltgesellschaft tätig geworden. Dass die Domain (Anlage K4/GA I 20 f.) bei der
D.gesellschaft e.G. ursprünglich für die Beklagten zu 1) registriert war und von dieser –
vor ihrer Veräußerung an eine A. Consulting Limited – auf den Beklagten zu 2)
übertragen wurde, trägt der Kläger nicht vor. Lediglich ergänzend sei hier darauf
hingewiesen, dass sich der in Kopie eingereichte Ausdruck der auf die
Domain bezieht (GA II 323 f.); das ist eine gänzlich andere.
Auf die vorstehenden Erwägungen kommt es jedoch infolge der zwischenzeitlichen
Wiedereintragung der Beklagten zu 1) in das britische Handelsregister nicht mehr an.
Denn die Restitution einer , die zuvor – wie hier – wegen vermuteter Untätigkeit
von Amts wegen aus dem Register gelöscht worden war, bewirkt, dass die Gesellschaft
so anzusehen ist, als hätte sie von Beginn an ununterbrochen fortbestanden (sec. 653 III
CA 1985 ≈ sec. 1032 I CA 2006). Im Streitfall hat der unter Nr. 2
seiner Entscheidung vom 04. September 2008 gemäß sec. 653 III
ausdrücklich eine entsprechende Anordnung getroffen (Kopie Anlage B5/GA II 199, 200;
beglaubigte Übersetzung in Kopie Anlage B10/GA II 231, 232). Die Fortbestands-Fiktion
des britischen Rechts gehört zum Personalstatut der Beklagten zu 1) und ist gemäß der
so genannten Gründungstheorie auch im vorliegenden Zivilprozess zu beachten.
3. Über § 179 Abs. 1 BGB, die , führt für
den Kläger ebenfalls kein Weg zur persönlichen Inanspruchnahme des Beklagten zu 2).
Zwar wird diese Vorschrift dann analog angewendet, wenn jemand für eine in Wirklichkeit
nicht existierende Person handelt (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 179 Rdn.
1). Voraussetzung ist aber sein Auftreten im rechtsgeschäftlichen Verkehr, was das
Gesetz mit der Erwähnung des Vertragsabschlusses zweifelsfrei zum Ausdruck bringt.
Die bloße Durchführung von Tanzveranstaltungen für jugendliches Publikum, wie sie der
Kläger behauptet, reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Unabhängig davon bleibt
die Relativität der schuldrechtlichen Beziehungen zu beachten; der Kläger kann für sich
nichts daraus herleiten, wenn der Beklagte zu 2) mit Dritten Rechtsgeschäfte abschließt,
ohne hinreichend bevollmächtigt zu sein oder ohne dass es die von ihm vertretene
Person tatsächlich gibt. In der Zeit vom 13. Februar 2007 bis zum 03. September 2008,
als die Beklagte zu 1) aus dem britischen Handelsregister gestrichen war, hat der
Beklagte zu 2) jedenfalls mit dem Kläger für die Beklagte zu 1) keinen Miet- oder
Pachtvertrag abgeschlossen. Der hier streitgegenständliche Vertrag ist bereits im Juni
2005 zustande gekommen; damals war die Beklagte zu 1) – unstreitig – im Vereinigten
Königsreich als eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung registriert. Die
vertretungsrechtlichen Haftungsvorschriften schützen den anderen Teil keineswegs
davor, dass ihm der Vertretene dem Abschluss des jeweiligen Rechtsgeschäfts –
aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen – als Vertragspartner abhanden kommt.
Das ist insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, wie sie regelmäßig durch Miet- oder
Pachtverträge begründet werden, von erheblicher Bedeutung. Unabhängig davon ist die
Beklagte zu 1), wie bereits oben ausgeführt wurde, durch die Entscheidung des
vom 04. September 2008 – mit Rückwirkung – in ihre Rechte eingesetzt
worden und deshalb so anzusehen, als hätte sie ununterbrochen fortbestanden.
4. Auf die Grundsätze, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes – ausgehend
von den Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften des deutschen GmbH- und
Aktienrechts – betreffend die so genannte auf das Vermögen von
Vorständen, Geschäftsführern und Gesellschaftern entwickelt worden sind, kann im
Streitfall bereits wegen des ausländischen Personalstatuts der Beklagten zu 1) nicht
zurückgegriffen werden. Denn dieses bestimmt auch darüber, unter welchen
Voraussetzungen sich die Genannten – ausnahmsweise – nicht auf die
Haftungsbeschränkung berufen können, die ihnen die Rechtsform einer juristischen
Person nach dem Gesetz prinzipiell bietet. Im Streitfall bedarf es deshalb insbesondere
keiner näheren Erörterung dazu, ob der Beklagte zu 2), wie der Kläger ohne
substanzielles Tatsachenvorbringen geltend macht (GA I 114, 118), schon wegen einer
unkontrollierbaren Vermischung des Gesellschafts- mit seinem Privatvermögen für die
Schulden der Beklagten zu 1) einzustehen hätte; die höchstrichterliche Rechtsprechung
stellt daran jedenfalls hohe Anforderungen und hat die Konturen dieses
Durchgriffstatbestandes erst jüngst verdeutlicht (vgl. dazu BGHZ 165, 85). Das im
Vereinigten Königsreich von Großbritannien und Nordirland geltende Recht, das keine
Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften kennt, die mit den Bestimmungen in
Deutschland vergleichbar sind, will im Kern den Missbrauch der Haftungsbeschränkung
verhindern; für einen solchen ist im Streitfall jedoch nichts ersichtlich.
5. Deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) wegen Insolvenzverschleppung oder
ähnlichen Pflichtverletzungen, die materiell zum Insolvenzrecht gehören (arg. § 15 a InsO
n.F.), hat der Kläger ebenfalls nicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG a.F. i.V.m. § 823 Abs. 2 Satz 1
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n.F.), hat der Kläger ebenfalls nicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG a.F. i.V.m. § 823 Abs. 2 Satz 1
BGB). Insoweit fehlt es bereits an konkretem anspruchsbegründenden Sachvortrag; die
klägerischen Ausführungen beschränkten sich im Wesentlichen auf die Erörterung von
Rechtsfragen. Unabhängig davon hätte der Beklagte zu 2) den Kläger im Wege des
Schadensersatzes lediglich so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz
verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 BGB). Deshalb ist nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, zu
unterscheiden zwischen den , die bis zum Eintritt der Insolvenzreife ihre
Gläubigerstellung erlangt haben, und den , die danach bis zur Eröffnung
des Insolvenzverfahrens Gläubiger der Gesellschaft geworden sind (vgl. BGHZ 126, 181,
190 ff.; Haas, DStR 2003, 423; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl.,
§ 64 Rdn. 92; jeweils m.w. N.). Während Letztere ihr negatives Interesse liquidieren
können, also so zu stellen sind, als hätten sie mit der Gesellschaft nicht kontrahiert, ist
Ersteren nur der so genannte Quotenschaden zu ersetzen, der in dem Betrag besteht,
um den sich die Insolvenzquote des Gläubigers durch Verzögerung der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens reduziert hat (vgl. aaO). Verpächter und Vermieter zählen jedenfalls
dann zu den Altgläubigern, wenn der Vertrag – wie hier – schon vor dem Eintritt der
Insolvenzreife abgeschlossen und durch Überlassung des Objekts in Vollzug gesetzt
wurde; in einer solchen Konstellation ist die Forderung bereits begründet worden und der
Nutzungsgeber hat auch keine Möglichkeit mehr, zum Schutze seiner Interessen von
einem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen (vgl. dazu BGHZ 171, 46,
juris-Rdn. 14; LG Mainz, Urt. v. 13.01.1998 - 6 S 103-97, NJW-RR 1998, 473; Altmeppen in
Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 64 Rdn. 62). Für einen Quotenschaden des Klägers,
der im Übrigen als Gesamtschaden im Sinne des § 92 InsO vom Verwalter zur Masse zu
ziehen wäre (vgl. BGHZ 138, 211; Altmeppen aaO Rdn. 63; Schulze-Osterloh aaO Rdn.
98), ist im Streitfall nichts ersichtlich. Bei einem Stammkapital der Beklagte zu 1) von £
100,00 (GA II 212, 213) sowie den vom Kläger behaupteten erheblichen Mietrückständen
und Schulden bei Gas- und Stromversorgern spricht Vieles dafür, dass schon die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) mangels
Masse abgelehnt worden wäre.
6. Auf des streitgegenständlichen Areals kann der Kläger den Beklagten zu
2) gleichermaßen nicht mit Erfolg in Anspruch nehmen. Denn § 546 Abs. 1 BGB steht als
Rechtsgrundlage schon deshalb nicht zur Verfügung, weil es zwischen dem Kläger und
dem Beklagten zu 2) keine mietvertraglichen Beziehungen gibt. Ansprüche aus dem
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis – insbesondere der Vindikationsanspruch nach § 985
BGB – erfordern, dass der Beklagte zu 2) selbst die Pacht- oder Mietsache in Besitz hat.
Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn bei einer juristischen
Person wird dieser die von ihren Organen ausgeübte Sachherrschaft zugerechnet (vgl.
Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 854 Rdn. 10, m.w.N.). Die Beklagte zu 1) ist – wie
bereits oben erörtert wurde – nach der Restitutionsentscheidung des
vom 04. September 2008 als ununterbrochen fortbestehend anzusehen. In
keinem Fall gestattet die – vom Kläger durch Farbausdrucke von Fotografien
dokumentierte (GA II 265 ff.) – Nutzung des Mietobjekts zur Durchführung von
Diskothekveranstaltungen in der Zeit vom 24. Oktober bis zum 31. Dezember 2008
Rückschlüsse auf die Besitzverhältnisse an den streitgegenständlichen Räumen. Denn
zu dieser Zeit war die Beklagte zu 1) im Vereinigten Königreich von Großbritannien und
Nordirland bereits wieder in das Handelsregister eingetragen.
7. Für die Annahme der Zivilkammer, der Beklagte zu 2) habe konkludent einen
erklärt (LGU 14), fehlt eine tragfähige Grundlage; mit Anwaltsschreiben
vom 30. Oktober 2007 (Kopie Anlage K3/ GA I 17 ff.) hat der Kläger keineswegs den
Abschluss eines Sicherungsvertrages angeboten, sondern lediglich seine – in dieser
Form unzutreffende – Rechtsauffassung kund getan, dass die Streichung einer Limited
aus dem britischen Gesellschaftsregister – kraft Gesetzes – zur persönlichen Haftung
ihres Direktors führe.
B. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf den in § 91 Abs. 1 Satz
1, § 91 a Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 und § 516 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. ZPO
enthaltenen Rechtsgedanken. Nimmt die klagende Partei – wie hier – zwei einfache
Streitgenossen in Anspruch, von denen im Ergebnis einer unterliegt und der andere
obsiegt, so ist auch sie in einem angemessenen Verhältnis an den Prozesskosten zu
beteiligen (vgl. BGHZ 8, 325, 326 f.; zu den Einzelheiten Hüßtege in Thomas/Putzo, 27.
Aufl., § 100 Rdn. 15; Saenger/Gierl, Hk-ZPO, 2. Aufl., § 100 Rdn. 18 ff.; Schellhammer,
ZPO, 12. Aufl., Rdn. 786; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 100 Rdn. 5 ff.; jeweils m.w.N.).
Soweit der Rechtsstreit wegen der Nebenkostenvorauszahlungen für das Wirtschaftsjahr
2007 von beiden Seiten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde,
entspricht es – unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes – billigem
Ermessen, die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers ebenfalls
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Ermessen, die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers ebenfalls
zwischen diesem und der Beklagten zu 1) hälftig zu teilen. Letztere hätte den
Rechtsstreit in diesem Punkt voraussichtlich verloren, weil der Kläger die Vorschüsse von
ihr lediglich aufgrund des Eintritts der Abrechnungsreife während der Dauer des
Prozesses nicht mehr verlangen konnte. Ein Vorauszahlungsanspruch gegen den
Beklagten zu 2) stand dem Kläger indes unabhängig davon nicht zu.
C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils ergibt
sich aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang
der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter
Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen
Rechtsgedanken.
D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache
hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen
auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall. Die Anwendung ausländischen
Rechts ist nicht revisibel (§ 545 Abs. 1 ZPO). Eine Divergenz zur höchstrichterlichen
Rechtsprechung oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ist nicht
ersichtlich. Grundsätzlicher Bedeutung des Streitfalles steht entgegen, dass inzwischen
mit der Unternehmergesellschaft gemäß § 5a GmbH-Gesetz n.F. eine inländische
juristische Person mit einem Stammkapital von einem Euro pro Gesellschafter
gegründet werden kann.
E. Der für den beträgt bis (§ 39 Abs.
1 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die entsprechende Streitwertstufe, die bei € 50.000,01
beginnt, wird schon durch die Addition der Werte des angefochtenen
Zahlungsausspruchs (€ 31.796,63 gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG), der
Herausgabeverurteilung (€ 14.400,00 [12 m. x € 1.200,00 p.m.] gemäß § 41 Abs. 2 Satz
1 GKG) und der Verurteilung zu künftiger Zahlung (€ 14.400,00 [12 m. x € 1.200,00
p.m.] gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs.1 Satz 1 GKG) erreicht. Die zur Aufrechnung
gestellte Gegenforderung bleibt bereits deshalb streitwertneutral, weil in zweiter Instanz
darüber keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht (arg. e c. § 45 Abs. 3 GKG).
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