Urteil des OLG Brandenburg vom 14.03.2017

OLG Brandenburg: zumutbarkeit, prozesskosten, zukunft, verwertung, einkünfte, wohnkosten, witwenrente, quelle, sammlung, kreditinstitut

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 W 68/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 115 Abs 3 ZPO
Prozesskostenhilfe: Anforderungen an die Prüfung der
Zumutbarkeit der Verwertung von Grundvermögen
Leitsatz
1. Die Zumutbarkeit der Verwertung von Grundvermögen bedarf im Rahmen des § 115 Abs. 3
ZPO einer eingehenden Prüfung.
2. Diese Prüfung hat sich hinsichtlich einer Veräußerung mindestens auf den
voraussichtlichen Zeitpunkt des Zuflusses des Verkaufserlöses und auf die voaussichtliche
Höhe der Transaktionskosten zu erstrecken.
3. Bei der Aufnahme eines grundstücksgesicherten Darlehens ist weiter zu prüfen, ob die zu
erwartenden Darlehensraten diejenigen Prozesskostenhilferaten nicht übersteigen, die bei
einer PKH-Bewilligung zu zahlen wären, ob der Kredit höchstens 48 Monate läuft und aus
welchen Mitteln ein Antragsteller die Rückzahlungsraten aufbringen soll.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 23.10.2006 wird der Beschluss des
Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13.10.2006 - 14 O 235/06 - in Gestalt des
Nichtabhilfebeschlusses vom 30.10.2006 aufgehoben.
Zur weiteren Prüfung des Prozesskostenhilfegesuches wird die Sache an das Landgericht
zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Zurückweisung eines Antrages auf
Prozesskostenhilfe für eine Räumungsklage, den das Landgericht mit der Begründung
versagt hat, sie verfüge über Grundvermögen, welches sie zur Bestreitung der
Prozesskosten einsetzen könne.
II.
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige
Beschwerde hat vorläufig Erfolg. Die landgerichtliche Begründung trägt keine Abweisung
des Prozesskostenhilfeantrages. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin
sind derzeit nicht hinreichend beurteilbar und die Erfolgsaussichten hat das Landgericht
bislang ungeprüft gelassen.
Grundvermögen, das nicht unter das Schonvermögen des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fällt,
hat der Antragsteller nur uneingeschränkt einzusetzen, also zu verwerten oder zu
belasten, soweit ihm dies zumutbar ist, § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Zumutbarkeit des
Vermögenseinsatzes bedarf einer eingehenden Prüfung. Eine solche lässt sich den
außerordentlich knappen Beschlüssen des Landgerichts nicht entnehmen.
Hinsichtlich eines Verkaufs des derzeit im Besitz des Antragsgegners befindlichen und
im Übrigen bereits nicht unbeträchtlich belasteten Grundstücks drängen sich
Zumutbarkeitshindernisse bereits insoweit auf, als ein zu erwartender Verkaufserlös der
Antragstellerin erst zu einem - möglicherweise ungewissen - Zeitpunkt in der Zukunft zur
Verfügung stehen würde. Selbst bei einem zumutbaren Verkauf eines
Gebäudegrundstücks ist in vergleichbaren Fällen häufig Prozesskostenhilfe zu bewilligen,
allerdings mit der Möglichkeit, gleichzeitig festzulegen, zu welchem in der Zukunft
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allerdings mit der Möglichkeit, gleichzeitig festzulegen, zu welchem in der Zukunft
liegenden Zeitpunkt Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten sind (vgl. OLG Karlsruhe,
OLGR 2004, 288 m.w.N.).
Davon abgesehen erscheint ein Grundstücksverkauf dann generell unzumutbar, wenn -
auch bei einem verbleibenden Erlös - erhebliche Kosten entstehen, die weit über den
voraussichtlichen Prozesskosten liegen dürften (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Die
Zumutbarkeit eines Grundstücksverkaufs lässt sich insoweit ohne einen Vergleich der
zumindest geschätzten vom Antragsteller zu tragenden Transaktionskosten und der von
ihn voraussichtlich zu tragenden Prozesskosten nicht sachgerecht beurteilen. Die
landgerichtlichen Beschlüsse schweigen insoweit.
Auch die Aufnahme eines - möglicherweise grundstücksgesicherten - Darlehens muss
dem Antragsteller in gleicher Weise möglich und zumutbar sein. Hierbei ist darauf
abzustellen, ob die zu erwartenden Darlehensraten diejenigen Prozesskostenhilferaten
nicht übersteigen, die bei einer PKH-Bewilligung zu zahlen wären und der Kredit
höchstens 48 Monate läuft (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 5. Aufl., § 115 Rn. 47 m.w.N.).
Hier bestehen bereits erhebliche Bedenken an der Möglichkeit einer
Darlehensaufnahme, denn derzeit ist nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln die
Antragstellerin die Rückzahlungsraten aufbringen sollte. Bei der sich derzeit
darstellenden Liquiditätssituation dürfte sich zudem ein darlehensbereites Kreditinstitut
schwerlich finden lassen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Erklärungen
der Antragstellerin über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bislang in
hohem Maße unplausibel sind, da die angegebenen monatlichen Belastungen die
monatlichen Einkünfte, die sich nach den bisherigen Antragstellerangaben auf die
Witwenrente beschränken, übersteigen, wobei auf der Ausgabenseite nicht einmal
Wohnkosten angegeben sind. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Antragstellerin ihre
monatlichen Ausgaben, die sie noch dazu ersichtlich unvollständig angegeben hat, mit
den von ihr dargelegten monatlichen Einnahmen bestreitet. Das Landgericht wird daher,
bevor es ggfls. in die Prüfung der Erfolgsaussichten eintritt, die Antragstellerin zunächst
unter ordnungsgemäßem Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zur Vervollständigung der
Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufzufordern haben.
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