Urteil des OLG Brandenburg vom 18.12.2008

OLG Brandenburg: treu und glauben, dienstwohnung, mwst, agb, mietvertrag, aufrechnung, widerklage, anschlussberufung, handbuch, vertragsabschluss

Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 12/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 287 Abs 2 ZPO, § 11 Nr 3
AGBG, Art 229 § 5 BGBEG, § 812
Abs 1 S 1 BGB
Gewerbe- und Wohnungsmietvertrag: einheitlicher Mietvertrag;
Höhe des Wohnungsmietanteils; (Un-)Begründetheit von
Nebenforderungen; formularmäßiges Aufrechnungsverbot;
Aufrechnung mit Gegenforderungen
Tenor
I. Auf die Hauptberufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das
am 18. Dezember 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 3 O 268/00 - teil-
weise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel insgesamt
wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden – unter Abweisung der Klage im Übrigen – als Gesamt-
schuldner verurteilt, an die Klägerin € 65.557,19 zu zahlen nebst Zinsen
a) aus € 1.813,72 ab 04. Februar 2000 bis zum 04. Mai 2002
(1) für die Zeit bis 29.02.2000 in Höhe von 9,25 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 01.03.2000 bis 09.04.2000 in Höhe von 9,75 % p.a.,
(3) für die Zeit vom 10.04.2000 bis 21.05.2000 in Höhe von 10,00 % p.a.,
(4) für die Zeit vom 22.05.2000 bis 30.06.2000 in Höhe von 10,50 % p.a.,
(5) für die Zeit vom 01.07.2000 bis 29.10.2000 in Höhe von 11,00 % p.a.,
(6) für die Zeit vom 30.10.2000 bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(7) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(8) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
b) aus € 801,64 ab dem 06. März 2000 bis zum 02. August 2002
(1) für die Zeit bis 09.04.2000 in Höhe von 9,75 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 10.04.2000 bis 21.05.2000 in Höhe von 10,00 % p.a.,
(3) für die Zeit vom 22.05.2000 bis 30.06.2000 in Höhe von 10,50 % p.a.,
(4) für die Zeit vom 01.07.2000 bis 29.10.2000 in Höhe von 11,00 % p.a.,
(5) für die Zeit vom 30.10.2000 bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(6) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(7) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
c) aus weiteren € 801,64 ab dem 06. April 2000 bis zum 03. Oktober 2002
(1) für die Zeit bis 09.04.2000 in Höhe von 9,75 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 10.04.2000 bis 21.05.2000 in Höhe von 10,00 % p.a.,
(3) für die Zeit vom 22.05.2000 bis 30.06.2000 in Höhe von 10,50 % p.a.,
(4) für die Zeit vom 01.07.2000 bis 29.10.2000 in Höhe von 11,00 % p.a.,
(5) für die Zeit vom 30.10.2000 bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(6) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(7) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
d) aus € 2.559,84 ab dem 05. Mai 2000 bis zum 02. Dezember 2003
(1) für die Zeit bis 21.05.2000 in Höhe von 10,00 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 22.05.2000 bis 30.06.2000 in Höhe von 10,50 % p.a.,
(3) für die Zeit vom 01.07.2000 bis 29.10.2000 in Höhe von 11,00 % p.a.,
(4) für die Zeit vom 30.10.2000 bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(5) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(6) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
e) aus € 1.662,58 ab 05. Mai 2000
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(1) für die Zeit bis 21.05.2000 in Höhe von 10,00 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 22.05.2000 bis 30.06.2000 in Höhe von 10,50 % p.a.,
(3) für die Zeit vom 01.07.2000 bis 29.10.2000 in Höhe von 11,00 % p.a.,
(4) für die Zeit vom 30.10.2000 bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(5) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(6) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
f) aus jeweils € 801,64 ab dem dritten Werktag der Monate Juni bis einschließlich
Dezember 2000
(1) für die Zeit bis 30.06.2000 in Höhe von 10,50 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 01.07.2000 bis 29.10.2000 in Höhe von 11,00 % p.a.,
(3) für die Zeit vom 30.10.2000 bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(4) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(5) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
g) aus jeweils € 825,69 ab dem dritten Werktag der Monate Januar bis einschließlich
Dezember 2001
(1) für die Zeit bis 30.09.2001 in Höhe von 11,25 % p.a.,
(2) für die Zeit vom 01.10.2001 bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(3) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
h) aus jeweils € 101,56 ab dem dritten Werktag der Monate Januar bis einschließlich
Dezember 2004 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
i) aus € 28.964,44 ab dem 05. April 2002
(1) für die Zeit bis 17.04.2002 in Höhe von 10,75 % p.a.,
(2) für die Zeit ab 18.04.2002 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
j) aus € 8.667,16 ab dem 15. Mai 2003 in Höhe von acht Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz,
k) aus € 9.524,53 ab dem 13. Februar 2004 in Höhe von acht Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 27 % und die Be-
klagten zu 73 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin
25 % und den Beklagten 75 % zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche
und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten
Kreditinstituts.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Prozessparteien streiten – im Rahmen von Klage und Widerklage sowie Haupt- und
Anschlussberufung – vornehmlich darum, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die
beklagten Tierärzte der Klägerin betreffend die Jahre 2000 bis einschließlich 2004 noch
Miete schulden für Gewerberäume und –flächen zum Betrieb einer Tierklinik nebst
Dienstwohnung, belegen auf dem Anwesen S… 4 in D…/Ortsteil S…, die dem Beklagten
zu 1) und dem Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2) gemäß Vertragsurkunden vom 01.
Dezember 1995 (Kopie GA I 58 ff. und 75 ff.) von der damals noch als V…-GmbH
firmierenden Klägerin überlassen worden waren. Das Mietverhältnis ist mittlerweile –
nach der übereinstimmenden Auffassung beider Seiten (GA VIII 1672) – beendet.
Zwischen den Parteien sind jedoch noch zwei weitere daraus resultierende Zivilprozesse
anhängig, in denen das Verfahren derzeit ruht (GA VIII 1672). Zur näheren Darstellung
des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die
angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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Beim Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, war die Klage
teilweise erfolgreich; die Widerklage ist dagegen im ersten Rechtszuge vollumfänglich
abgewiesen worden. Zur Begründung hat die Zivilkammer ausgeführt, die Beklagten
schuldeten der Klägerin lediglich noch insgesamt € 3.002,16 an Miete für 2003 und 2004
sowie eine Nebenkostennachzahlung von € 42.063,82; der Beweis einer sittenwidrigen
Überhöhung des vereinbarten Mietzinses sei den Beklagten nicht gelungen. Wegen der
Entscheidungsgründe im Einzelnen wird ebenfalls auf das angefochtene Urteil Bezug
genommen. Dieses ist beiden Parteien – jeweils zu Händen ihrer erstinstanzlichen
Prozessbevollmächtigten – am 22. Dezember 2008 (GA VII 1557 und 1564) zugestellt
worden. Die Klägerin hat am 16. Januar 2009 (GA VIII 1568) mit anwaltlichem Schriftsatz
Hauptberufung eingelegt und ihr Rechtsmittel – nach antragsgemäßer Verlängerung der
Begründungsfrist bis zum 23. März 2009 (GA VIII 1573) – mit einem am 20. März 2009
per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen
Anwaltsschriftsatz begründet (GA VIII 1577 ff.). Die Berufungsbegründung ist den
Beklagten – zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten – am 07. April 2009 (GA VIII 1622)
zugestellt worden, verbunden mit der Aufforderung, darauf binnen vier Wochen zu
erwidern (GA VIII 1616). Sie haben mit einem am 05. Mai 2009 per Telekopie bei dem
Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen Anwaltsschriftsatz
Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet (GA VIII 1634 ff.).
Die Klägerin ficht das landgerichtliche Urteil – ihre bisherigen Darlegungen wiederholend
und vertiefend – nahezu in vollem Umfange ihrer Beschwer an und verteidigt es gegen
die Anschlussberufung der Beklagten. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:
Zu Unrecht habe die Eingangsinstanz angenommen, es gebe für den
streitgegenständlichen Wohnraum einen separaten Mietvertrag. Der Mietanteil für die
Dienstwohnung sei der vorläufigen Vereinbarung der Parteien aus dem Jahre 1995 zu
entnehmen; er belaufe sich auf – umgerechnet – € 511,29 p.m. und erweise sich als
angemessen. Insgesamt seien für die Jahre 2000 bis einschließlich 2004 noch €
54.272,81 an monatlicher Miete offen. Hinzu kämen – die nicht mehr streitigen – Kosten
für die Beseitigung der Toilettenverstopfung in Höhe von € 240,20 und € 54.085,01 als
Nebenkostennachzahlung inklusive Heizkosten für die Wirtschaftsjahre 2000 bis
einschließlich 2003. Die Nebenkostenabrechnungen seien prüfbar und inhaltlich richtig.
Die Wasseraufbereitungskosten hätten die Beklagten gemäß § 4 Nr. 8 des
Hauptvertrages zu übernehmen, der die Umlage zusätzlicher und neu auftretender
Betriebskostenpositionen ermögliche. Da bei Vertragsabschluss noch nicht bekannt
gewesen sei, ob das Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen
werde, hätten die Parteien unter einen Oberbegriff verstanden, der
Raum für nicht beeinflussbare Entwicklungen durch kommunale Maßnahmen lasse
(Zeugnis W… W…). Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Haftpflichtversicherung
folge ohne Weiteres aus Nr. 8 der Anlage „24-Stunden-Betrieb“ zu § 3 des
Mietvertrages. Die Gebäudeversicherung falle unter die Feuerversicherung, die in § 4 Nr.
5 lit. h) der Haupturkunde ausdrücklich erwähnt sei. Die Abrechnungen hätten die
Beklagten keineswegs erst 2007 und 2008, sondern jeweils im Jahr nach dem Ende der
Abrechnungsperiode durch den B… Rechtsanwalt … P… erhalten. Das mietvertragliche
Aufrechnungsverbot sei wirksam. Sie – die Klägerin – habe den Vertrag ausschließlich für
das streitige Vertragsverhältnis entworfen; er sei dann von beiden Parteien gemeinsam
gestaltet und durchgearbeitet worden (Zeugnis W… W…). Im Übrigen müssten sich die
Beklagten wie Kaufleute behandeln lassen, weil der Umsatz von Arzneimitteln und
Ergänzungsfutter für Tiere einen wesentlichen Bestandteil ihrer Tätigkeit darstelle. Die
Anmeldung der Elektrozähler habe die Firma R… Wa… im Auftrage der Beklagten
vorgenommen, so dass ihr – der Klägerin – kein Verschulden zur Last falle. Jedenfalls
bestehe der zur Aufrechnung gestellte Anspruch nicht und eine Aufrechnungserklärung
am 18. Oktober 2000 habe sich nur auf die damaligen Forderungen beziehen können.
Deshalb seien auch die Mahnkosten zuzusprechen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
a) das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagten
gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie – die Klägerin – weitere €
63.572,94 nebst den in der Eingangsinstanz nicht antragsgemäß
zugesprochenen Zinsen zu verurteilen;
b) die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen sinngemäß,
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a) das angefochtene Urteil teilweise abzuändern, die Klage insgesamt
abzuweisen, sofern kein Anerkenntnis vorliegt, und der Widerklage
stattzugeben;
b) die Hauptberufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen – ihr erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend –
das landgerichtliche Urteil, soweit es ihnen günstig ist; im Übrigen fechten sie es selbst
mit der Anschlussberufung an. Dazu tragen sie insbesondere Folgendes vor:
Die Nebenkostenabrechnungen seien – entgegen der Auffassung des Eingangsgerichts –
nicht prüffähig, weil sich die abgerechneten Beträge den einzelnen Positionen nicht
zuordnen ließen. Die Wasseraufbereitungskosten könnten schon deshalb nicht unter § 4
Nr. 8 des Gewerberaummietvertrages fallen, weil dort lediglich von neuen Lasten und
Lastenerhöhungen die Rede sei. Für die Beantwortung der Frage, ob eine AGB-Klausel
vorliege, spiele die Anzahl ihrer tatsächlichen Verwendung keine maßgebliche Rolle; es
genüge, wenn die Begleitumstände darauf hindeuteten, dass sie zur Wiederverwendung
vorsehen sei. Da der Vertrag mit Tierärzten abgeschlossen wurde, bei denen es sich um
Freiberufler handele, könnten die klägerischen Erwägungen zur Kaufmannseigenschaft
nicht zutreffen.
Zu Unrecht habe die Zivilkammer angenommen, dass die vereinbarte die ortsübliche
Miete nicht um mehr als 100 % übersteige. Das Gutachten des Sachverständigen Dr.
M… St… sei weder nachvollziehbar noch verwertbar, weil letztlich nur sieben
Vergleichsobjekte ermittelt werden konnten. Hilfsweise hätte auf das
Ertragswertverfahren zurückgegriffen werden müssen. Keineswegs sei es gerechtfertigt,
die Anzahl der Vergleichsobjekte willkürlich zu begrenzen; eine Gefahr der
Fehlerfortpflanzung bestehe nicht. Bei einer großen Spreizung der Wert müsse der
Sachverständige eine gründlichere Auswahl treffen. Dass eine Betrachtung nach
Quadratmeterpreisen geboten sei und die Größe des Objekts eine Rolle spiele, liege auf
der Hand. Vergleiche man faktisch nur die Endmieten miteinander, fehle ein
nachvollziehbarer Maßstab.
Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage
mit den Prozessbevollmächtigten beider Seiten eingehend erörtert. Der Senat hat auf
alle entscheidungserheblichen Punkte hingewiesen. Ergänzend wird zur näheren
Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte auf die
anwaltlichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle
sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A. Die Hauptberufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind
zulässig; beide Rechtsmittel wurden insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst haben sie teilweise Erfolg; sie führen
insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Beklagten schulden der
Klägerin aus dem streitgegenständlichen Mietvertrag an Miete und
Nebenkostennachzahlungen noch den im Tenor ausgewiesenen Betrag. Die geltend
gemachte Klageforderung besteht nicht in vollem Umfange; ein Teil davon ist von
vornherein unbegründet gewesen und ein anderer durch die Aufrechnung der Beklagten
mit Gegenansprüchen erloschen. Die Widerklage wurde vom Landgericht jedenfalls im
Ergebnis zu Recht abgewiesen; sie muss aus mehreren Gründen erfolglos bleiben, und
zwar unabhängig davon, ob der Sachverständige Dr. M… St… die ortsübliche
Vergleichsmiete für die zum Betrieb der Tierklinik an sich überlassenen Räume
zutreffend ermittelt hat. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Die Klageforderung war zunächst im Gesamtumfange von € 84.613,23 begründet,
wobei dieser Betrag den unstreitigen Schadensersatzanspruch betreffend die
Beseitigung der Toilettenverstopfung mit € 240,20 einschließt.
a) An Mietzins ohne Nebenkosten schulden die Beklagten der Klägerin – wie weiter unten
monatsweise tabellarisch dargestellt wird – betreffend den streitgegenständlichen
Gesamtzeitraum noch restliche € 37.216,90, die aus den Jahren 2000, 2001 und 2004
resultieren; für die Jahre 2002 und 2003 hat sich eine Überzahlung ergeben, auf die
später noch eingegangen werden soll. Zutreffend ist das Landgericht bei seinen
Berechnungen davon ausgegangen, dass sich die ursprünglich vereinbarte
Nettokaltmiete von DM 12.500,00 p.m. – aufgrund der Staffelmietabrede gemäß § 17
des Mietvertrages in Verbindung mit dessen Anlage IV – erstmals für das Jahr 1997 um 3
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des Mietvertrages in Verbindung mit dessen Anlage IV – erstmals für das Jahr 1997 um 3
% erhöht hat; selbst die Berufungsbegründung tritt diesem Vertragsverständnis
ausdrücklich bei (GA VIII 1590, 1595). Nicht gefolgt werden kann jedoch der Auffassung,
wonach von den Parteien zwei eigenständige Mietverhältnisse begründet worden sind
und das über die Dienstwohnung bereits zum 01. Dezember 1999 von Mieterseite
wirksam gekündigt wurde. Den Wohnungsmietanteil, der ab dem 01. Januar 2002 nicht
mehr verlangt werden kann, weil dann auch auf Seiten der Klägerin keine Bereitschaft
zur Vertragserfüllung bestand, durfte die Zivilkammer ohne Rechtsverstoß – basierend
auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M… St… – schätzen. Im Einzelnen verhält
es sich wie folgt:
aa) Der Senat kommt – anders als die Zivilkammer – zu dem Ergebnis, dass die
Parteien einen einheitlichen Mietvertrag geschlossen haben, dessen Gegenstand sowohl
die zum Betrieb der Tierklinik an sich erforderlichen Räume und Flächen als auch die
Dienstwohnung sind.
Zwar spricht eine tatsächliche Vermutung für die Selbstständigkeit der
Rechtsverhältnisse, wenn die jeweiligen Vertragspartner eigenständige Vereinbarungen
in voneinander getrennten Urkunden niederlegen (vgl. BGHZ 101, 393, 396; ferner
MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rdn. 42, m.w.N.). Allein die formelle
Aufteilung eines einheitlichen Rechtsgeschäfts in mehrere Vertragsformulare besagt
aber nichts (vgl. BGHZ 67, 389, 394; ferner Jauernig/Vollkommer, BGB, 10. Aufl., § 311
Rdn. 29). Entscheidend ist und bleibt letztlich stets der so genannte Verknüpfungswille,
also die Frage, ob die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien derart voneinander
abhängig sind, dass sie miteinander „stehen und fallen“ sollen; selbst wenn lediglich
einer der Vertragspartner einen derartigen Willen zeigt und der andere ihn anerkennt
oder zumindest hinnimmt, kann ein einheitliches Vertragswerk vorliegen (vgl. BGHZ 101,
393, 396; ferner Jauernig/Vollkommer aaO; MünchKommBGB/Emmerich aaO).
Im Streitfall existieren bereits weder zwei äußerlich vollständige Urkunden noch zwei
inhaltlich voneinander getrennte Vereinbarungen. Dem – im Übrigen ausgefüllten –
Formular „ “ fehlt ein Rubrum, das darüber Auskunft gibt,
wer in welcher Funktion Vertragspartei ist; die Person des Vermieters lässt sich auch
nicht dem handschriftlichen Zusatz in § 19 Nr. 3 entnehmen. Inhaltlich wird betreffend
die Miete grundsätzlich auf einen Hauptvertrag verwiesen, womit die andere – ebenfalls
am 01. Dezember 1995 unterzeichnete – Vertragsurkunde gemeint ist. Diese erwähnt
die Dienstwohnung freilich nicht in ihrem § 1, der mit „ “ überschrieben ist,
wohl aber im § 4, der die Überschrift „ “ trägt und in einer „
“ die Wohnung mit 140 m² ausweist;
die Gesamtmiete wird dort schließlich – inklusive der zum Betrieb der Tierklinik an sich
erforderlichen Räume und Flächen – mit DM 12.500,00 angegeben, ohne dass eine
Aufschlüsselung auf die einzelnen Positionen erfolgt. In Letzterem sieht der Senat einen
wesentlichen Anhaltspunkt für den Willen der Parteien, ein einheitliches
Vertragsverhältnis zu begründen. Hinzu tritt die wechselseitige Bezugnahme beider
Urkunden aufeinander. In der Anlage III des Hauptvertrages, die sich unter anderem mit
den Mehrkosten für den Kücheneinbau in der Personalwohnung befasst (lit. A Nr. 3),
haben die Parteien unter lit. D ausdrücklich geregelt, dass für die Vermietung der
Dienstwohnung alle Paragrafen des – beigefügten – Einheitsmietvertrages gelten; bei
diesem handelt es sich wiederum um das ausgefüllte Formular „
“.
Der insoweit vereinbarte Nutzungszweck spricht ebenfalls sehr deutlich dafür, dass den
darin niedergelegten Abreden keine eigenständige Bedeutung zukommen sollte: Eine
Dienstwohnung benötigten die anfänglichen Mieter, die nach den vertraglichen
Vereinbarungen einen 24-Stunden-Betrieb zu gewährleisten hatten, prinzipiell solange,
wie die Tierklinik als solche von ihnen betrieben wurde. Da sie die Wohnung ersichtlich
nicht selbst nutzen, sondern Angestellten überlassen wollten, finden im Verhältnis
zwischen den Prozessparteien die besonderen gesetzlichen Bestimmungen betreffend
Mietverhältnisse über Wohnraum keine Anwendung (vgl. dazu BGHZ 94, 11, 14 ff.).
Angesichts dessen gab auch die Art des Mietobjekts keinen Anlass, über die
Personalwohnung einen selbstständigen Vertrag abzuschließen. Soweit die Klägerin die
urkundliche Trennung mit einem Hinweis auf die Beziehungen zu etwaigen Untermietern
nach der Beendigung des Hauptmietvertrages erläutert, bleibt zunächst zu
berücksichtigen, dass die am 01. Dezember 1995 unterzeichneten Urkunden offenbar
von juristischen Laien entworfen worden sind. Mit Blick auf die gesetzlichen Vorschriften
über den Schutz des Wohnraummieters im Falle der gewerblichen Weitervermietung, die
damals in § 549a BGB enthalten waren und heute in § 565 BGB zu finden sind,
erscheinen – zumindest aus Laiensicht – gesonderte vertragliche Regelungen betreffend
die Dienstwohnung durchaus nachvollziehbar, auch wenn weiterhin streitig ist, ob die
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die Dienstwohnung durchaus nachvollziehbar, auch wenn weiterhin streitig ist, ob die
Anmietung von Wohnraum durch Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter von der
Schutzvorschrift erfasst wird (vgl. dazu Emmerich in Emmerich/ Sonnenschein, Miete, 9.
Aufl., § 565 Rdn. 3; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrechts, 10. Aufl., Rdn. 1336). Dem Umstand, dass die Klägerin später – zum 01.
Januar 2002 – hinsichtlich der Dienstwohnung selbst die Kündigung erklärt hat, kommt
im vorliegenden Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu; ihre eigene
Teilkündigung war ebenso unzulässig wie die der Beklagtenseite.
bb) Gleichwohl führt die eigene Kündigungserklärung der Klägerin dazu, dass sie ab dem
01. Januar 2002 den auf die Personalwohnung entfallenden Anteil der Miete nicht mehr
verlangen kann. Denn sie hat damit zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst nicht mehr
gewillt gewesen ist, den Beklagten die Wohnung zum Zwecke der Weitervermietung an
deren Arbeitnehmer zu überlassen. Damit stellt sich auch hier die Frage, welcher Anteil
des vertraglich vereinbarten Gesamtmietzinses von DM 12.500,00 die Dienstwohnung
betrifft. Den beiden Urkunden vom 01. Dezember 1995 lassen sich keine Anhaltspunkte
dafür entnehmen. Eine Aufgliederung des von den Beklagten insgesamt geschuldeten
Nutzungsentgelts nach den einzelnen Objekten erfolgt darin nicht. Dass ein einheitlicher
Quadratmeterpreis zugrunde gelegt wurde, dass also die Fläche der Verwaltungs- und
Behandlungsräume mit demselben Satz in die Kalkulation eingeflossen ist wie etwa die
Fläche für das Futterlager, kann nicht angenommen werden; dies wäre offensichtlich
nicht marktgerecht. Allerdings läge der Wohnungsmietanteil bereits dann über den von
der Klägerin selbst in Abzug gebrachten € 511,29, wenn man mit dem
Durchschnittspreis von € 3,75 je m² als Basiswert rechnet (€ 3,75 m² x 140 m² = €
525,00). Der vorläufigen Mietvereinbarung ohne Datum (Kopie Anlage K6/GA I 105), auf
die sich die Klägerin in diesem Zusammenhang stützt, hat das Landgericht zutreffend
insoweit keine maßgebliche Bedeutung beigemessen (LGU 12). Aus rechtlicher Sicht ist
sie mit Unterzeichnung der beiden Vertragsurkunden vom 01. Dezember 1995
gegenstandslos geworden. Inhaltlich bleibt zu berücksichtigen, dass sich der
Nutzungszweck der Räume und das Umfeld wesentlich geändert haben; im Übrigen
sollten die ursprünglichen Beklagten nach der undatierten Vereinbarung zusätzlich eine
einmalige Mietvorauszahlung in Höhe von DM 60.000,00 netto leisten. Angesichts
dessen besteht im Streitfall lediglich die Möglichkeit, den Wohnungsmietanteil gemäß §
287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Insoweit auf die ortsübliche Miete abzustellen, erscheint
naheliegend. Das Landgericht hat sich dabei sachverständig beraten lassen und ist der
Auffassung des Gutachters Dr. M… St… gefolgt, wonach sich die Nettokaltmiete für die
Wohnung im Jahre 1996 auf rund € 1.008,00 belief. Dagegen ist aus Rechtsgründen
nichts zu erinnern. Mit ihren tatsächlichen Einwendungen kann die Klägerin im zweiten
Rechtszug bereits deshalb nicht mehr gehört werden, weil sie dem Landgericht mit
ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 17. Mai 2006 (GA III 717 f.) hat mitteilen lassen, sie
erhalte ihren Antrag auf Ladung des Sachverständigen nicht mehr aufrecht, was von der
Zivilkammer gemäß deren Hinweisschreiben vom 24. Mai 2006 (GA III 719) –
unwidersprochen – dahin verstanden wurde, dass die Klägerin das Gutachten nicht mehr
angreift und die Anhörung des Sachverständigen auf die Einwendungen der
Beklagtenseite beschränkt werden kann, wie es dann im Termin der mündlichen
Verhandlung am 31. Mai 2006 geschehen ist (GA III 720 ff.).
cc) Nach den oben erörterten Grundsätzen ergibt sich das in den nachfolgenden
Tabellen im Einzelnen dargestellte Zahlenbild. Die Abweichungen gegenüber den vom
Landgericht im angefochtenen Urteil für die Jahre 2000 und 2001 ausgewiesenen
Beträgen folgen im Wesentlichen daraus, dass insofern nach den obigen Ausführungen
von den Beklagten weiterhin der Mietanteil für die Wohnung geschuldet wird. In den
Jahren 2002 bis 2004 hat der Senat berücksichtigt, dass – worauf von der Klägerin selbst
in anderem Zusammenhang völlig zu Recht hingewiesen wurde – die für die
Dienstwohnung in Abzug zu bringende Summe ebenfalls einer jährlichen Steigerung von
3 % unterliegt. Die Differenz von DM 40,04, die sich zwischen dem unstreitigen
Gesamtbetrag der Tilgung im Jahre 2000 und den von der Klägerin mitgeteilten
Monatswerten ergibt, ist – entsprechend dem in § 366 Abs. 2 BGB enthaltenen
Rechtsgedanken – auf den Monat Januar angerechnet worden; ein gerichtlicher
Hinweises nach § 139 ZPO war insoweit entbehrlich, weil es lediglich um die monatliche
Aufteilung der Jahrestilgungsleistung geht und zu den Nebenforderungen im Sinne dieser
Vorschrift auch relativ geringfügige Teile der Hauptforderung zählen, über die
üblicherweise nicht explizit verhandelt wird (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 139 Rdn.
8). Kleinere Abweichungen im Cent-Bereich sind rundungsbedingt.
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b) An Nebenkostennachzahlungen für die Wirtschaftsjahre 2000 bis 2003 schulden die
Beklagten der Klägerin insgesamt € 47.156,13.
aa) Der Senat teilt die Auffassung der Zivilkammer, wonach die klägerischen
Nebenkostenabrechnungen zwar prüffähig, aber nicht in vollem Umfange inhaltlich
richtig sind (LGU 14 ff.). Sie ermöglichen eine sachliche und rechnerische Kontrolle; auf
die Frage, ob sie übersichtlicher hätten gestaltet werden können, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an. Soweit die Klägerin Positionen in Ansatz gebracht hat, für
deren Umlage auf die Beklagten sich in den mietvertraglichen Vereinbarungen der
Parteien keine hinreichende Grundlage findet, sind die Abrechnungen zu Lasten der
Vermieterseite zu korrigieren, wie es im angefochtenen Urteil grundsätzlich zutreffend
geschehen ist. Für die Abwälzung der auf die Beklagten
reichen die getroffenen Abreden auch nach Auffassung des Senats nicht aus. Den
Erläuterungen zu den Nebenkostenabrechnungen ist zu entnehmen, dass es dabei um
die Kosten für Wasserkanalsysteme, Versorgungssicherung und Wartung der Brunnen
geht. Diese fallen weder unter die Position „Wasserverbrauch und -aufbereitung“ im
Sinne von § 4 Nr. 5 lit. e) des Mietvertrages noch unter die dort in § 4 Nr. 5 lit. a)
aufgeführte Position „Kanal- und Straßenreinigung, Kanalbenutzung“, wobei die zuletzt
genannte – mangels anderweitiger Anhaltspunkte – grundsätzlich nur
Entsorgungskosten umfassen kann. Konkrete beweiszugängliche Anhaltspunkte, die
darauf schließen lassen, dass diese Positionen, insbesondere der darin erwähnte
Wasserbrauch, nach dem Verständnis auch die
Wasserbereitstellungskosten beinhalten sollte, sind von Klägerseite nicht dargetan
worden; sie dürfen in einem Zivilprozess, wo der Beibringungsgrundsatz herrscht,
keineswegs erst im Wege einer Zeugenvernehmung ermittelt werden. Auf einseitige
Rechtsansichten, zu denen an den Vertragsverhandlungen beteiligte Personen gelangt
sind, kommt es nicht an. Soweit der Katalog der umlagefähigen Kosten zu eng gefasst
wurde, geht dies hier zu Lasten der klagenden Vermieterin. Die in § 4 Nr. 8 Satz 1 des
Mietvertrages enthaltene Klausel, wonach alle nach Vertragsabschluss eintretenden
neuen Lasten und Lastenerhöhungen zusätzlich umgelegt werden können, hilft der
Klägerin ebenfalls nicht weiter. Denn Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechende
Kostenart bereits im Mietvertrag erwähnt wird, woran es im Streitfall fehlt (vgl. dazu
BGH, Urt. v. 27.09.2006 - VIII ZR 80/06, NZM 2006, 896 = BGH-Rp 2006, 1511;
Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerbliche Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl.,
Rdn. 513). Um öffentliche Gebühren und Abgaben, die in § 4 Nr. 8 Satz 1 des
Mietvertrages beispielhaft genannt werden, handelt es sich insoweit offensichtlich nicht.
Dass die Beklagten die tragen
müssen, folgt weder aus der Haupturkunde noch aus der Nr. 8 der Anlage „24-Stunden-
Betrieb“ zu § 3 des Mietvertrages; dort geht es lediglich um den Abschluss einer
Versicherung für die eigene Haftpflicht der Mieter, wobei diese alternativ eine
selbstschuldnerische Erklärung beibringen dürfen. Hinsichtlich der
verhält es sich ebenfalls nicht so, wie die Klägerin meint, sondern genau umgekehrt: Die
Feuerversicherung ist Bestandteil der Gebäudeversicherung. Letztere deckt regelmäßig
noch weitere Schäden durch Elementarereignisse wie Sturm, Hagel oder Hochwasser ab.
Da im Streitfall in § 4 Nr. 5 lit. h) des Mietvertrages nur von
„Grundsteuer/Feuerversicherung“ die Rede ist, hat das Landgericht die – nicht weiter
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„Grundsteuer/Feuerversicherung“ die Rede ist, hat das Landgericht die – nicht weiter
aufgeschlüsselte – Gebäudeversicherungsprämie zu Recht abgesetzt.
bb) Nach den oben erörterten Grundsätzen ergibt sich das in der nachfolgenden Tabelle
im Einzelnen dargestellte Zahlenbild. Die Abweichungen gegenüber den vom
Landgericht für die Wirtschaftsjahre 2000 und 2001 ausgewiesenen Beträgen folgen im
Wesentlichen daraus, dass nach den obigen Ausführungen insoweit von den gesamten
Heizungsausgaben kein Abzug für den Wohnungsanteil vorzunehmen ist. Zu korrigieren
war ferner ein geringfügiger Fehler, der der Vorinstanz betreffend das Wirtschaftsjahr
2001 bei der Umrechnung der in DM geleisteten Vorauszahlungen in Euro unterlaufen
ist. Ab 2002 ist kein gesonderter Abzug für den Wohnungsanteil vorzunehmen, weil die
Klägerin selbst diesen in ihren Abrechnungen bereits den Heizkosten für Dritte
zugeschlagen hat. Kleinere Differenzen im Cent-Bereich sind rundungsbedingt.
2. Im Umfange von insgesamt € 19.056,04 ist die Klageforderung durch die zulässige
Aufrechnung der Beklagten mit Gegenansprüchen erloschen.
a) Das in § 16 des Mietvertrages befindliche Aufrechnungsverbot steht der
wechselseitigen Tilgung von Forderungen beider Parteien durch einseitige Erklärung der
Beklagten gemäß §§ 387 ff. BGB keineswegs entgegen. Denn es hält – wie die
Zivilkammer zutreffend angenommen hat (LGU 18 f.) – einer AGB-rechtlichen
Inhaltskontrolle nicht stand.
aa) Nach § 11 Nr. 3 AGB-Gesetz, das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 01.
Dezember 1995 galt und deshalb hier in diesem Zusammenhang weiter Anwendung
findet (Art. 229 § 5 EGBGB), sind Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch
die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer
unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen, stets
unwirksam. Eine inhaltsgleiche Regelung findet sich seit dem Inkrafttreten des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in § 309 Nr. 3 BGB. Nach ganz herrschender
Meinung, die der Senat in ständiger Rechtsprechung teilt, entfalten formularmäßige
Aufrechnungsverbote, die unbestrittene und rechtskräftig festgestellte
Gegenforderungen einschließen, selbst im geschäftlichen Verkehr zwischen Kaufleuten
und anderen Unternehmern keine Wirksamkeit, weil sie mit dem Grundgedanken der die
Aufrechnung betreffenden gesetzlichen Bestimmungen nicht in Einklang stehen und
deshalb den Vertragspartner des Klauselverwenders – entgegen den Geboten von Treu
und Glauben – unangemessen benachteiligen (§ 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz
= § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB; vgl. dazu BGHZ 92, 312, 315 f.; ferner
Jauernig/Teichmann, BGB, 10. Aufl., § 309 Rdn. 4; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., §
309 Rdn. 21). Eine geltungserhaltende Reduktion in der Weise, dass die Unwirksamkeit
nur eintritt, soweit die Aufrechnung mit rechtskräftig festgestellten, entscheidungsreifen
oder unbestrittenen Forderungen erklärt wird, findet nicht statt (vgl. BGHZ 92, 316). Die
hier streitgegenständliche Klausel lässt sich, wie schon das Landgericht völlig zu Recht
ausgeführt hat (LGU 18 f.), auch nicht wegen ihres einschränkenden Hinweises auf
zwingende gesetzliche Vorschriften auf einen mit den AGB-rechtlichen Bestimmungen
konformen Inhalt zurückführen; salvatorische Klauseln dieser Art sind – selbst im
kaufmännischen Verkehr – unwirksam, weil sie gegen das aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGB-
Gesetz (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB) abzuleitende Transparenzgebot verstoßen und das so
genannte Verbandsklageverfahren entbehrlich machen würden (arg. § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB n.F.; vgl. BGHZ 93, 48, juris-Rdn. 41; BGH, Urt. v. 12.10.1995 - I ZR 172/93, WM
1996, 1049-1052 = VersR 1996, 651, juris-Rd. 30, m.w.N.). Angesichts dessen kann im
Streitfall offen bleiben, ob und inwieweit sich der Handel mit Tierarzneimitteln und
Ergänzungsfutter auf das Gesamtbild der selbstständigen Tätigkeit der ursprünglichen
Mieter ausgewirkt hat (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 1 Rdn. 20 und 28 f.,
m.w.N.).
bb) Für den AGB-Charakter von § 16 des Mietvertrages spricht hier bereits eine
tatsächliche Vermutung; diese zu erschüttern, ist der Klägerin nicht gelungen. Handelt
es sich um einen Vertrag, der seinem äußeren Erscheinungsbild oder seiner inhaltlichen
Gestaltung aller Lebenserfahrung nach für eine mehrfache Verwendung entworfen wurde
und vom Vermieter gestellt worden ist, so spricht der erste Anschein für einen von
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und vom Vermieter gestellt worden ist, so spricht der erste Anschein für einen von
diesem verwendeten Formularvertrag, der der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegt
(vgl. dazu BGHZ 118, 229, 238; ferner Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 305 Rdn. 24,
m. w.N.). So verhält es sich im Streitfall. Vermieter, insbesondere von größeren und von
gewerblichen Immobilienobjekten, arbeiten, wie der Senat nicht zuletzt aufgrund seiner
langjährigen geschäftsplanmäßigen Spezialzuständigkeit für Berufungen und
Beschwerden in Streitigkeiten aus Miet- und Pachtverhältnissen über unbewegliche
Sachen weiß, erfahrungsgemäß mit Formularverträgen. Die streitgegenständliche
Urkunde beinhaltet eine Vielzahl formelhafter Klauseln, die typischerweise in
Mietverträgen zu finden sind; dies gilt nicht nur für die Bestimmungen über die
Instandhaltung der Mieträume (§ 9) und die Sammelheizung (§ 11), sondern auch für
das umstrittene Aufrechnungsverbot (§ 16). Schon im Eingang der Vertragsurkunde wird
die Stellung der ursprünglichen Beklagten, zweier natürlicher Personen männlichen
Geschlechts, mit dem Zusatz „ “ beschrieben; im Folgenden ist dann – wie
in Formularverträgen üblich – nur noch von dem Mieter als solchem die Rede, wobei § 15
spezielle Bestimmungen für den Fall enthält, dass mehrere Personen Mieter sind. Außer
Streit steht zwischen den Prozessparteien, dass der Vertragsentwurf – wie es bei der
Vermietung von Immobilien nach den Erfahrungen des Senats praktisch der Regelfall ist
– von der Klägerin als Vermieterin stammt. Ob sie selbst die Absicht und die Gelegenheit
hatte, den streitgegenständlichen Vertrag erneut zu verwenden, spielt im vorliegenden
Zusammenhang keine maßgebliche Rolle. Konkrete Tatsachen, die einem Beweis
zugänglich sind und darauf schließen lassen, dass die Klauseln – entgegen ihrem
äußeren Anschein – im Einzelnen ausgehandelt und insbesondere von der Klägerin zur
Disposition gestellt worden sind, lassen sich dem Klagevorbringen nicht entnehmen. Eine
entsprechende Prüfung müsste ohnedies Klausel für Klausel erfolgen. Der Ehemann der
Geschäftsführerin der Klägerin, W… W…, der insoweit als Zeuge benannt worden ist, war
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als klägerischer Terminsvertreter
zugegen; bei seiner Anhörung in dieser Eigenschaft konnte er, was rund vierzehn Jahre
nach dem Vertragsabschluss ohne weiteres verständlich ist, keine Details zur
Entstehungsgeschichte der einzelnen Bestimmungen mehr dartun, räumte aber ein,
dass insbesondere für die in § 16 enthaltene Formulierung alte Verträge als Muster
gedient haben könnten.
b) An aufrechenbaren Gegenforderungen steht den Beklagten zunächst ein Anspruch
aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe von insgesamt € 29,76 wegen
Mietüberzahlungen zu, die in den Jahren 1998 und 1999 infolge unrichtigen Anwendung
der Erhöhungsregelung entstanden sind (LGU 19). Ferner können die Beklagten mit
einem bereicherungsrechtlichen Anspruch von € 13.049,44 aufrechnen, der sich aus der
irrtümlichen Bezahlung von Stromkosten für die Klägerin ergibt. Wer die fehlerhafte
Anmeldung der Zähler beim örtlichen Energieversorger verschuldet oder veranlasst hat,
spielt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Rolle. Denn der
Bereicherungsausgleich dient allein der Vorteilsabschöpfung und ist nach dem Gesetz
nur dann ausgeschlossen, wenn der Gläubiger bewusst auf eine nichtbestehende Schuld
gezahlt hat. Dafür gibt es im Streitfall jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Soweit die Klägerin
in der Berufungsbegründung ihrerseits die Aufrechnung mit Nachzahlungsansprüchen
aus Nebenkostenabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1996 bis einschließlich 1999
erklärt, geht dies schon deshalb ins Leere, weil die – wirksame – Aufrechnungserklärung
der Beklagten früher war. Schließlich bleiben an dieser Stelle die Mietüberzahlungen zu
berücksichtigen, die nach den obigen Abrechnungen in den Jahren 2002 und 2003
eingetreten sind (€ 4.363,32 + € 1.613,52 = € 5.976,84).
c) Getilgt wurden im Wege der Aufrechnung zum Einen die klägerische
Schadensersatzforderung im Umfange von € 240,20, die sich aus den Kosten für die
Beseitigung der Toilettenverstopfung ergibt, vollständig und zum Anderen die restliche
Miete für das Jahre 2000 bis auf einen letztstelligen Betrag von € 7.274,06. Da die
Beklagten im gesamten Verlauf des Rechtsstreits an ihrem Aufrechnungseinwand
festgehalten haben, erweist es sich als unschädlich, dass ein Teil der Aktivforderungen
noch nicht bestand, als die erste ausdrückliche Aufrechnungserklärung erfolgte. Denn
eine solche kann – wie grundsätzlich jede Willenserklärung – auch konkludent abgegeben
werden. Neben dem bereits erwähnten Restbetrag für das Jahr 2000 sind damit noch €
9.908,28 Miete aus dem Jahre 2001 und € 1.218,72 Miete aus dem Jahre 2004 offen. Für
die Jahre 2002 und 2003 hatte sich – wie oben ausgeführt – eine Überzahlung ergeben.
An Nebenkostennachzahlungen verbleiben € 17.134,14 für 2000, € 11.830,30 für 2001, €
8.667,16 für 2002 und € 9.524,53 für 2003.
3. Die Widerklage ist unbegründet. Dass die monatliche Nettokaltmiete für die zum
Betrieb einer Tierklinik vermietet gewesenen streitgegenständlichen Räume und Flächen
ab dem 17. Juni 2002 – der Zustellung der Widerklage (GA II 342) – lediglich noch €
2.249,68 p.m. beträgt, trifft aus mehreren rechtlichen Erwägungen nicht zu:
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a) Das Vorbringen der Beklagten und Widerkläger ist insoweit bereits unschlüssig. Wenn
die Parteien anfänglich eine sittenwidrig überhöhte Miete vereinbart hätten, wäre ihr
Vertrag gemäß § 138 BGB nichtig, so dass keinerlei Mietzinsschuld bestünde
und die gegenseitigen Leistungen nach dem Bereicherungsrecht abgegolten werden
müssten (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 21.09.2005 - XII ZR 256/ 03, NZM 2005, 944 = BGH-
Rp 2006, 75, juris-Rdn. 17; Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 9. Aufl., Vor §
535 Rdn. 55 a.E.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrechts, 10. Aufl., Rdn. 165). Denn für alle gemäß § 138 BGB unwirksamen
Entgeltvereinbarungen gilt der allgemeine Grundsatz, dass sich diese nicht in einen
sittenwidrig überhöhten und in einen noch hinnehmbaren Teil aufspalten lassen, sondern
das Verdikt der Sittenwidrigkeit die gesamte Entgeltabrede umfasst, was regelmäßig
zugleich zur Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts führt (§ 139 BGB; vgl. BGH aaO,
m.w.N.). Aus der beklagtenseits zitierten Entscheidung des BGH, Urt. v. 14.06.1972 - VIII
ZR 14/71 (NJW 1972, 1459 = WM 1972, 1224) folgt nichts Abweichendes. Diese befasst
sich mit den Folgen der Sittenwidrigkeit von überlangen Laufzeitabreden in
Bierbezugsverträgen; bei einer derartigen Konstellation wird es im Allgemeinen der
Interessenlage beider Parteien entsprechen, davon auszugehen, dass sie, wären sie sich
der rechtlichen Bedenken bewusst gewesen, ihre vertragliche Bindung nur für eine
kürzere – noch hinnehmbare – Zeit befristet hätten. Im Streitfall kann jedoch nicht
angenommen werden, dass die Klägerin, die ihren hohen Investitionsaufwand bei der
Herrichtung der Immobilie betont, der die Inanspruchnahme von Fremdmitteln in
bedeutendem Umfange erforderlich gemacht habe, bereit gewesen wäre, das hier
verfahrensgegenständliche Objekt für – umgerechnet – € 2.249,68 p.m. zu vermieten;
das ortsübliche und angemessene Nutzungsentgelt ist keineswegs der Höchstbetrag,
den der Vermieter verlangen darf. Bei Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages müssten die
Beklagten gemäß § 818 Abs. 2 i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB eine
Nutzungsentschädigung in Höhe des objektiven Mietwertes entrichten (vgl. dazu
Wolf/Eckert/Ball aaO Rdn. 1148 i.V.m. 165; ferner Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der
Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. V Rdn. 126). Ferner kämen – sofern ein
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis bestanden hätte – Zahlungsansprüche der Klägerin
gemäß §§ 987 ff. BGB in Betracht, deren Höhe sich ebenfalls nach dem objektiven
Mietwert für ein gleichartiges und gleichwertiges Grundstück bemisst (vgl. Scheuer aaO
Rdn. 128, m.w.N.). Gegenstand der vorliegenden Widerklage ist allerdings nicht die
Feststellung des objektiven Mietwertes, sondern der monatlichen Nettokaltmiete. Dem
liegt die – unzutreffende – Auffassung der Beklagten zugrunde, wonach zwischen den
Parteien ein von Anfang an wirksamer Mietvertrag bestand, der allerdings mit Blick auf
die Miethöhe ergänzungsbedürftig sei.
b) Unabhängig davon lässt sich eine sittenwidrige Mietzinsüberhöhung im Streitfall nicht
feststellen. Für ein Wuchergeschäft im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB, das regelmäßig
zugleich strafbar ist (§ 302a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB a.F. = § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
StGB), gibt der Sachvortrag der Prozessparteien nichts her. Ein so genanntes
wucherähnliches Geschäft, das nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, setzt – neben einem
auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auf der objektiven Seite –
weitere die Sittenwidrigkeit begründende Umstände auf der subjektiven Seite,
namentlich eine so genannte verwerfliche Gesinnung des Begünstigten, voraus (vgl.
Jauernig, BGB, 10. Aufl., § 138 Rdn. 16; Palandt/ Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 138 Rdn.
34; jeweils m.w.N.). Tatsächlich vermutet würde diese hier zu Lasten der Klägerin selbst
dann nicht, wenn es zwischen der vertraglich vereinbarten Miete einerseits und dem
ortsüblichen und angemessenen Nutzungsentgelt andererseits ein besonders grobes
Missverhältnis von rund 100 % gäbe. Denn eine solche Vermutung kommt allein
privaten Endverbrauchern zugute (vgl. BGHZ 128, 255; ferner Jauernig, BGB, 10. Aufl., §
138 Rdn. 16; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrechts, 10. Aufl., Rdn. 165). Der Beklagte zu 1) und der Rechtsvorgänger der
Beklagten zu 2) haben indes das streitgegenständliche Objekt allein zu gewerblichen
Zwecken angemietet. verbietet es die bekannte Intransparenz der Lage auf
den meisten Märkten für Miet- und Pachtimmobilien von einer verwerflichen Gesinnung
des Begünstigten auszugehen, ohne im Einzelfall zu prüfen, ob das bestehende
auffällige Missverhältnis für ihn auch subjektiv erkennbar war (vgl. dazu BGH, Urt. v.
14.07.2004 - XII ZR 352/00, NJW 2004, 3553 = BGH-Rp 2004, 1613; Urt. v. 23.07.2008 -
XII ZR 134/06, WM 2008, 1980 = NJW 2008, 3210, juris-Rdn. 23; Emmerich in
Emmerich/Sonnenschein, Miete, 9. Aufl., Vor § 535 Rdn. 56). Da es im Streitfall um eine
so genannte Spezialimmobilie geht, die sich außerhalb der üblichen
Vermietungsmarktsegmente für Gewerbeflächen bewegt und für die selbst der
Sachverständige Dr. M… St… nur mit ganz erheblichem Aufwand Vergleichsobjekte zu
ermitteln vermochte, wobei die Beklagten nach wie vor rügen, dass dem Gutachten eine
hinreichende Tatsachengrundlage fehle, kann der Klägerin erst recht nicht vorgehalten
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hinreichende Tatsachengrundlage fehle, kann der Klägerin erst recht nicht vorgehalten
werden, sie sei bei Vertragsabschluss in der Lage gewesen, in etwa zu erkennen, in
welchem Rahmen sich die Mieten für Gewerbeobjekte zum Betrieb von Tierkliniken mit
dem Schwerpunkt Pferdepflege bewegen. Mit Blick auf die objektiven Seite sei deshalb
hier lediglich angemerkt, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der
Senat seit langem angeschlossen hat, für die Anwendung von Ertragswertverfahren –
anders als möglicherweise die Beklagten meinen – keinerlei Raum bleibt; selbst wenn
sich geeignete Vergleichsobjekte nicht oder nicht in ausreichender Zahl feststellen
lassen, vermag ein erfahrener, mit der konkreten Marktsituation vertrauter
Sachverständiger zu beurteilen, welcher Mietzins für das jeweils in Rede stehende Objekt
seiner Ansicht nach erzielt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2001 - XII ZR 49/99,
NZM 2001, 810 = BGH-Rp 2001, 770, juris-Rdn. 19; Wolf/Eckert/Ball aaO Rdn. 166).
4. Nebenforderungen stehen der Klägerin nur in dem im Tenor ausgewiesenen Umfange
zu. Einer sehr differenzierten Zinsstaffelung bedarf es, weil die Gegenforderungen, mit
denen die Beklagten – letztlich erfolgreich – aufgerechnet haben, der klägerischen
Hauptforderung nicht stets im Zeitpunkt von deren Fälligkeit aufrechenbar
gegenüberstanden. Die Aufrechnungslage ist – zu einem kleinen Teil – erst deutlich
später eingetreten. Hinsichtlich der Zinshöhe schließt sich der Senat den Ausführungen
des Landgerichts an (LGU 22). Vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von € 40,90 (DM
80,00) können der Klägerin schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil es an
konkretem Vortrag dazu fehlt, wann welche Beträge wem gegenüber angemahnt worden
sind; eines gerichtlichen Hinweises bedarf es bei Nebenforderungen dieser Art nicht (arg.
§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich des Zeitpunktes, zu dem den Beklagten die
Nebenkostenabrechnungen zugegangen sind, ist das konkrete und mit Belegen
versehene zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin zugrunde gelegt worden, worauf die
Beklagten nicht substanziiert erwidert haben. Den Zugang der anwaltlichen Schreiben,
denen die Nebenkostenabrechnungen nach den klägerischen Darlegungen beigefügt
waren, ist nicht bestritten worden. Ob die Beklagten die Abrechnungen auch mit dem
jeweiligen klageerweiternden Schriftsatz erhalten haben, spielt in diesem
Zusammenhang keine entscheidende Rolle. Allerdings sind sie nicht vor dem Ablauf der
ihnen jeweils in den Anwaltsschreiben gesetzten Zahlungsfristen in Verzug gekommen.
B. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1
ZPO. Danach muss jede Partei die Prozesskosten entsprechend dem Verhältnis ihres
Unterliegens tragen.
C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils ergibt
sich aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang
der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter
Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen
Rechtsgedanken.
D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache
hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen
auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall und auf der Würdigung von dessen
tatsächlichen Umständen. Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder
zu Entscheidungen anderer Oberlandesgericht ist nicht ersichtlich.
E. Der für den beträgt bis (§ 3 ZPO
i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 GKG).
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