Urteil des OLG Brandenburg vom 11.06.2008

OLG Brandenburg: kreuzung, ausschluss der haftung, schmerzensgeld, blaulicht, ampel, geschwindigkeit, brille, betriebsgefahr, verschulden, ermittlungsverfahren

Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 151/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 StVO, § 35 StVO, § 38
Abs 1 S 2 StVO, § 7 Abs 1 StVG,
§ 11 S 2 StVG
Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall: Kreuzungskollision
zwischen einem bei Rotlicht einfahrenden Feuerwehrfahrzeug
und einem nicht auf die Sonderrechtssignale reagierenden
Fahrzeug
Tenor
Die Berufung des Klägers zu 1. gegen das am 11. Juni 2008 verkündete Urteil der 4.
Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 324/07, wird in Höhe
eines Betrages von 796,05 € sowie die Berufung der Klägerin zu 2. gegen das
vorbezeichnete Urteil in Höhe eines Betrages von 400,00 € jeweils nebst anteilig geltend
gemachter Zinsen als unzulässig verworfen. Im Übrigen wird die Berufung der Kläger
zurückgewiesen.
Die Klägerin zu 2. wird in Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruches
ihres Rechtsmittels für verlustig erklärt.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das vorbezeichnete Urteil teilweise abgeändert
und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger zu 1. 1.750,00 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2005 zu zahlen.
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin zu 3. 3.922,41 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1. wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1. zu 66 %, die Klägerin zu 2. zu 5 %, die
Klägerin zu 3. zu 23 % und die Beklagte zu 1. zu 6 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. trägt die Beklagte zu 1. zu 3 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3. trägt die Beklagte zu 1. zu 14 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. tragen der Kläger zu 1. zu 63 %, die
Klägerin zu 2. zu 5 % und die Klägerin zu 3. zu 15 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. tragen der Kläger zu 1. zu 68
%, die Klägerin zu 2. zu 5 % und die Klägerin zu 3. zu 27 %.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. tragen
der Kläger zu 1. 71 %, die Klägerin zu 2. 5 %, die Klägerin zu 3. 17 % und die Beklagte zu
1. 7 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. trägt die Beklagte zu 1. 3 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3. trägt die Beklagte zu 1. 22 %.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei
zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger machen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem
Verkehrsunfall geltend, der sich am 31.12.2004 in F… auf der Kreuzung F… Straße/ S…
Straße ereignet hat und bei dem das von dem Kläger zu 1. als Fahrer geführte, von der
Klägerin zu 3. gehaltene Fahrzeug mit dem von dem Beklagten zu 2. geführten
Feuerwehrlöschfahrzeug, welches sich auf einer Einsatzfahrt befand, zusammenstieß.
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob bei dem Einsatzfahrzeug Blaulicht und
Martinshorn eingeschaltet waren und das Martinshorn für den Kläger zu 1. wahrnehmbar
war. Im Übrigen wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1. verurteilt, an den Kläger zu 1. 2.500,00 € und an
die Klägerin zu 3. 5.567,56 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2005 zu zahlen, und die weitergehende Klage
abgewiesen. Die Beklagte zu 1. sei als Halterin des beteiligten Feuerwehrfahrzeuges
gem. § 7 Abs. 1 StVG verpflichtet, den Klägern den Schaden auf der Basis einer Quote
von 1/4 : 3/4 zu ersetzen und dem Kläger zu 1. ein angemessenes Schmerzensgeld in
Höhe von 2.500,00 € zu zahlen. Anspruchsmindernd sei zu berücksichtigen, dass der
Kläger zu 1. entgegen § 38 StVO dem im Einsatz befindlichen Feuerwehrfahrzeug keine
freie Bahn gemacht habe. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass das eingeschaltete
Martinshorn noch in einer Entfernung von ca. 50 m von dem Einmündungsbereich
entfernt deutlich wahrnehmbar gewesen sei. Der Kläger zu 1. habe daher bei Anwendung
der erforderlichen Sorgfalt das Martinshorn nicht überhören dürfen und sein
Fahrverhalten darauf einrichten müssen. Hinsichtlich der Schadenshöhe sei die Klägerin
zu 3. aufgrund der Ermächtigung der früheren Sicherungseigentümerin berechtigt, den
entstandenen Schaden in Höhe von 5.567,65 € geltend zu machen. Ein weiterer dem
Kläger zu 1. entstandener Schaden sei nicht näher dargelegt worden. Die Aufwendungen
für das eingeholte Unfallrekonstruktionsgutachten seien nicht zu erstatten, da dieses für
die Durchsetzung seines Begehrens nicht erforderlich gewesen sei. Die Klägerin zu 2.
habe keine unfallbedingten Schäden nachvollziehbar dargelegt, insbesondere die
behaupteten Verletzungen nicht näher ausgeführt. Ein Anspruch gegenüber dem
Beklagten zu 2. bestehe nicht, da dieser nicht passivlegitimiert sei, weil eine mögliche
Eintrittspflicht gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auf die Beklagte zu 1. übergegangen
sei. Den Klägern stehe auch kein Anspruch gegen den Beklagten zu 3. zu, da dieser kein
Haftpflichtversicherer i.S.d. Pflichtversicherungsgesetzes sei. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Beide Parteien haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Kläger haben gegen das
ihnen zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 09.07.2008 zugestellte Urteil (Bl.
178 GA) mit einem per Telefax am 07.08.2008 beim Brandenburgischen
Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 188 GA) und ihr
Rechtsmittel - nach antragsgemäßer Fristverlängerung bis dahin (Bl. 193 GA) - mit
einem per Telefax am 09.10.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet (Bl. 209 ff GA).
Die Beklagte zu 1. (im Folgenden: Beklagte) hat gegen das ihr zu Händen ihrer
Prozessbevollmächtigten am 20.06.2008 zugestellte Urteil (Bl. 177 GA) mit einem per
Telefax am 18.07.2008 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen
Schriftsatz ihrerseits Berufung eingelegt (Bl. 179 f GA) und das Rechtsmittel - ebenfalls
nach entsprechender Fristverlängerung (Bl. 198 GA) - mit einem per Telefax am
22.09.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet (Bl. 201 ff GA).
Die Kläger verfolgen im Berufungsverfahren nur noch gegenüber der Beklagten ihre
erstinstanzlichen Anträge im Umfang der Klageabweisung durch das Landgericht weiter.
Sie rügen, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft zu einer Mithaftung aus dem
Gesichtspunkt der allgemeinen Betriebsgefahr gelangt. Den Kläger zu 1. treffe kein
Verschulden, da er weder das Blaulicht noch das Martinshorn habe wahrnehmen können.
Der vom Landgericht durchgeführte Ortstermin sei nicht geeignet gewesen, sich ein Bild
über die Wahrnehmbarkeit des Martinshornes oder die am Unfalltage gegebene
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über die Wahrnehmbarkeit des Martinshornes oder die am Unfalltage gegebene
Situation zu machen. Die Einnahme des richterlichen Augenscheins sei nicht geeignet
gewesen, ein Sachverständigengutachten zu ersetzen, da in einem stehenden
Fahrzeug, welches nicht der gleiche Typ gewesen sei, wesentliche bei einem in Fahrt
befindlichen Fahrzeug vorkommenden Geräusche fehlten. Es habe nur durch einen
Sachverständigen geklärt werden können, dass das Martinshorn von dem Kläger zu 1.
nicht wahrnehmbar gewesen sei. Da den Kläger zu 1. kein Verschulden an dem Unfall
treffe, müsse die allgemeine Betriebsgefahr hinter der grob fahrlässigen Herbeiführung
des Verkehrsunfalls durch den Beklagten zu 2. zurücktreten.
Im Übrigen wenden sich die Kläger gegen die vom Landgericht vorgenommenen Abzüge
bei der Schadenshöhe. Das zugesprochene Schmerzensgeld sei der Höhe nach nicht
angemessen, da das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass bei dem Kläger zu 1.
bleibende Schäden zurückgeblieben seien, die zu einer erheblichen Einschränkung der
Beweglichkeit geführt hätten. Ebenso sei die Frage des grob fahrlässigen Verhaltens des
Beklagten zu 2. nicht angemessen berücksichtigt worden. Entgegen der Ansicht des
Landgerichts sei das Unfallrekonstruktionsgutachten zur Vorbereitung des Prozesses
notwendig gewesen. Da die Beklagte stets behauptet habe, der Kläger zu 1. hätte die in
Anspruch genommenen Sonderrechte auf jeden Fall wahrnehmen können, hätte die
Angelegenheit durch ein Gutachten bewertet werden müssen, um zu klären, ob ein
Anspruch überhaupt gegeben sei. Die Schadenspositionen des Erwerbsausfallschadens,
der beschädigten Kleidung und des zerstörten Fahrrades sowie Sitzbezüge und
Regenschirm seien nach Auffassung der Kläger hinreichend beschrieben und hierfür
Beweis angetreten worden, u. a. durch Vernehmung des Steuerberaters. Das Gleiche
gelte hinsichtlich der durch den Aufprall und das Gegenschlagen des Kopfes gegen Teile
des Fahrzeuges zerstörten Brille der Klägerin zu 2. Hierfür und für die
Anschaffungskosten einer neuen Brille sei hinreichend Beweis angeboten worden.
Im Übrigen verteidigen die Kläger das Urteil, soweit es ihnen günstig ist, gegen die
Berufung der Beklagten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.10.2009 haben die Kläger die Berufung,
soweit sie sich gegen die Abweisung des von der Klägerin zu 2. geltend gemachten
Schmerzensgeldanspruches wendet, zurückgenommen.
Die Kläger beantragen zuletzt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 11.06.2008, Az.: 4 O 324/07, teilweise
abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1. 7.779,84 € und ein weiteres in
das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, jedoch nicht unter insgesamt
15.000,00 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 26.09.2005 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2. 496,00 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.09.2005 zu
zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 3. weitere 3.532,35 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
26.09.2005 zu zahlen.
Ferner beantragen die Kläger,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen;
unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage
abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt wurde,
1. an den Kläger zu 1. mehr als 1.110,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2005 zu zahlen;
2. an die Klägerin zu 3. mehr als 2.472,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2005 zu zahlen.
Die Beklagte wendet sich ebenfalls gegen die vom Landgericht vorgenommene
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Die Beklagte wendet sich ebenfalls gegen die vom Landgericht vorgenommene
Haftungsverteilung. Sie rügt, die vorgenommene Haftungsverteilung von 75 : 25 zu ihren
Lasten sei unangemessen und werde den festgestellten und tatsächlichen
Gegebenheiten nicht gerecht. Zu ihren Lasten komme allenfalls eine Haftungsquote von
1/3 in Betracht. Der überwiegende Verursachungs- und Verschuldensanteil liege beim
Kläger zu 1., dem ein eklatanter Verstoß gegen § 38 StVO zur Last falle. Ihm sei ohne
weiteres möglich gewesen, das Martinshorn rechtzeitig wahrzunehmen. Alle anderen
Fahrzeugführer in der freigegebenen Fahrtrichtung hätten ebenfalls das Martinshorn
wahrgenommen und angehalten. Bei einer von der Beklagten zugrunde gelegten
Mithaftung von 1/3 ergebe sich daher ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers zu 1. in
Höhe von 1.110,00 € und ein Anspruch der Klägerin zu 3. in Höhe von 2.472,04 €.
Im Übrigen verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil gegen die Berufung der
Kläger, insbesondere soweit das Landgericht einzelne Schadenspositionen nicht
berücksichtigt hat.
Die Akten 4101 Js 12497/05 StA Potsdam lagen vor und waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
II.
1.
Die Berufung der Kläger ist nur zum Teil zulässig. Für die Zulässigkeit der Berufung ist
gem. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderlich, dass die Berufungsbegründung erkennen
lässt, aus welchen Umständen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die
angefochtene Entscheidung ergeben soll. Der Berufungskläger muss sich mithin mit
dem angefochtenen Urteil inhaltlich auseinandersetzen. Bei einem teilbaren
Streitgegenstand muss sich die Berufungsbegründung hinreichend in bestimmter Weise
auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt wird.
Soweit eine solche Begründung fehlt, ist die Berufung unzulässig (vgl. BGH NJW-RR 2000,
1015). Teilbar ist ein Streitgegenstand auch bei Schadensersatzpositionen, die
Einheitlichkeit des Anspruchs steht dem nicht entgegen (vgl. BGH MDR 2004, 701). Da
sich die Kläger nach den Berufungsanträgen in vollem Umfang gegen die Entscheidung
des Landgerichts wenden, soweit die Klage abgewiesen worden ist, hätte sich die
Berufungsbegründung somit mit sämtlichen Schadensersatzpositionen, die das
Landgericht unabhängig von der Frage der Haftungsquote bereits dem Grunde nach für
nicht erstattungsfähig gehalten hat, auseinandersetzen müssen. Eine solche
hinreichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fehlt jedoch, soweit das
Landgericht die geltend gemachten Schadenspositionen Karten für die
Sylvesterveranstaltung in Höhe von 200,00 € sowie Ersatz der Kosten für das Erstellen
des Schadensgutachtens in Höhe von 596,05 € bezüglich des Klägers zu 1. sowie
hinsichtlich der beschädigten Kleidung der Klägerin zu 2. in Höhe von 400,00 € als nicht
erstattungsfähig angesehen und die Klage insoweit abgewiesen hat. Die entsprechenden
Ausführungen des Landgerichts hinsichtlich der fehlenden Erstattungsfähigkeit dieser
Positionen sind von den Klägern mit der Berufungsbegründung nicht angegriffen worden.
Dies hat zur Folge, dass die Berufung des Klägers zu 1. in Höhe eines Betrages von
796,05 € sowie der Klägerin zu 2. in Höhe eines Betrages von 400,00 € nebst anteilig
geltend gemachter Zinsen gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen war,
worauf der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.03.2009 hingewiesen
hat.
Im Übrigen sind die Berufungen der Kläger und der Beklagten zulässig, insbesondere
gem. §§ 517 ff ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Beide Parteien machen
eine fehlerhafte Abwägung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge und
damit eine fehlerhafte Rechtsanwendung des § 17 Abs. 1 StVG geltend, auf der das
Urteil beruhen kann. Die Kläger machen darüber hinaus eine fehlerhafte bzw.
unvollständige Tatsachenfeststellung durch das Landgericht geltend, indem das
Landgericht dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich
der Wahrnehmbarkeit des Martinshorns zum Unfallzeitpunkt nicht nachgegangen sei.
2.
In der Sache ist die Berufung der Kläger unbegründet, während die Berufung der
Beklagten teilweise Erfolg hat. Die Kläger haben gegen die Beklagte aufgrund des Unfalls
vom 31.12.2004 einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld lediglich
unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 50 % gem. §§ 7 Abs. 1, 11 S. 2, 17
StVG bzw. aus den §§ 823 Abs. 1, 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, § 253 Abs. 2 BGB.
a) Ein Ausschluss der Haftung des § 7 Abs. 2 StVG ist für keine der Parteien gegeben.
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a) Ein Ausschluss der Haftung des § 7 Abs. 2 StVG ist für keine der Parteien gegeben.
Auch liegt ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG für keine Seite vor.
Unabwendbar in diesem Sinne ist ein Ereignis, wenn es durch äußerste mögliche Sorgfalt
nicht abgewendet werden kann, weil ein schuldhaftes Fehlverhalten ein unabwendbares
Ereignis ausschließt und darlegungs- und beweisbelastet für die Unabwendbarkeit des
Unfall derjenige ist, der sich entlasten will (vgl. Hentschel/König/Dauer,
Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 17 StVG Rn. 22 f m.w.N.). Für die Beklagte ist ein
unabwendbares Ereignis im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht anzunehmen, weil sie
in der Berufungsinstanz einen Mitverursachungsanteil des Beklagten zu 2. als Fahrer des
im Einsatz befindlichen Feuerwehrlöschfahrzeuges in Höhe von 1/3 ausdrücklich
einräumt. Auch die Kläger haben nach dem Ergebnis der vom Landgericht
durchgeführten Beweisaufnahme nicht den ihnen danach obliegenden Nachweis
erbracht, dass der Unfall für den Kläger zu 1. als beteiligten Fahrzeugführer
unvermeidbar war.
aa)
Aufgrund der Aussage der Zeugen P…, K… und T… steht zunächst zur Überzeugung des
Senates fest, dass bei dem Feuerwehrfahrzeug bereits vor der Einfahrt in die
streitgegenständliche Kreuzung sowohl Blaulicht als auch Martinshorn eingeschaltet
waren. Der Zeuge P… hat bekundet, dass das Blaulicht bereits angeschaltet war, als er
in das Fahrzeug stieg, und etwa 100 m vor der streitgegenständlichen Kreuzung das
Martinshorn zusätzlich angeschaltet und nicht mehr ausgeschaltet wurde (Bl. 160 GA).
Der Zeuge K… hat bekundet, dass Martinshorn und Blaulicht von Anfang an
angeschaltet gewesen seien (Bl. 161 GA). Der Zeuge T… hat ebenfalls bekundet, dass
sowohl Blaulicht und Martinshorn beim Einfahren in die Kreuzung eingeschaltet waren
(Bl. 162 GA). Dies entspricht den entsprechenden Aussagen der Zeugen in dem gegen
den Beklagten zu 2. geführten Ermittlungsverfahren. Ebenso haben die
unfallunbeteiligten Zeugen F… und Pa… im Ermittlungsverfahren bestätigt, dass das
Einsatzhorn des Feuerwehrfahrzeuges wahrnehmbar war (vgl. Bl. 25, 26 BA). Zwar hat
sich der Zeuge Pa… bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht nicht mehr daran
erinnern können, ob das Martinshorn eingeschaltet gewesen war, jedoch bestätigt, dass
seine damals in dem Zeugenvernehmungsbogen gemachten Angaben hinsichtlich des
Einsatzes des Martinshornes zutreffend waren. Es besteht auch zwischen den Parteien
kein Streit darüber, dass im Streitfall die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von
Sonderrechten nach § 35 StVO vorlagen, so dass der Kläger zu 1. nach § 38 Abs. 1 StVO
gehalten war, sofort freie Bahn zu schaffen. Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der
Aussagen der Zeugen bestehen nicht und werden von den Klägern mit der
Berufungsbegründung auch nicht geltend gemacht.
bb)
Soweit die Kläger behaupten, für den Kläger zu 1. sei das Martinshorn „akustisch“ nicht
wahrnehmbar gewesen, haben sie den ihnen obliegenden Entlastungsbeweis nicht
erbracht. Das von den Klägern selbst eingeholte Unfallrekonstruktionsgutachten des
Sachverständigen N… ist insoweit unergiebig, da es hierzu ausdrücklich keine
Ausführungen enthält, sondern auf einen noch durchzuführenden Fahrversuch verweist
(Bl. 44 GA). Die vom Landgericht durchgeführte Inaugenscheinnahme hat ergeben, dass
das Martinshorn auch aus einer Entfernung von 25 m von der Kreuzung entfernt aus
dem stehenden Vergleichsfahrzeug deutlich wahrnehmbar war. Die Einwendungen der
Kläger gegen die vom Landgericht durchgeführte Inaugenscheinnahme überzeugen
demgegenüber nicht. Zutreffend ist zwar, dass die Inaugenscheinnahme wegen der zum
Unfallzeitpunkt herrschenden Dunkelheit (nach der Verkehrsunfallanzeige ereignete sich
der Unfall nachmittags gegen 17:10 Uhr) erst um 22:00 Uhr durchgeführt worden ist, so
dass möglicherweise das Verkehrsaufkommen und die damit verbundenen
Verkehrsgeräusche weniger intensiv waren als zum Unfallzeitpunkt. Es ist jedoch nicht
ersichtlich, dass die von den Klägern als nicht berücksichtigt gerügten Fahrgeräusche
derart erheblich gewesen sind, dass sie geeignet waren, das Geräusch des Martinshorns
zu übertönen. Seitens der Kläger ist auch nicht geltend gemacht worden, dass zum
Unfallzeitpunkt besondere Witterungsbedingungen oder Lärmbelästigungen herrschten,
aufgrund dessen das Geräusch des Martinshorns nicht rechtzeitig hätte wahrgenommen
werden können. Soweit sich die Kläger darauf berufen, die akustische Wahrnehmbarkeit
des Martinshorns sei durch die Eckbebauung beeinträchtigt gewesen, ist nicht
erkennbar, dass die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zu
anderen Ergebnissen führen könnte, nachdem unstreitig das an der Ecke F… Straße/B…
straße unmittelbar an der Kreuzung stehende Haus zwischenzeitlich abgerissen worden
ist, so dass sich die Verhältnisse hinsichtlich der Bebauung und damit einer
möglicherweise eingeschränkten Wahrnehmbarkeit des Martinshorns nicht mehr getreu
den damals zum Unfallzeitpunkt herrschenden Bedingungen rekonstruieren lassen. Aus
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den damals zum Unfallzeitpunkt herrschenden Bedingungen rekonstruieren lassen. Aus
diesem Grunde ist nicht ersichtlich, inwieweit ein gerichtlicher Sachverständiger zum
heutigen Zeitpunkt noch verlässliche Angaben über die akustische Wahrnehmbarkeit
des Martinhorns zum Unfallzeitpunkt treffen könnte.
Dies bedarf jedoch letztlich keiner weiteren Klärung. Selbst wenn man zugunsten der
Kläger unterstellt, das Martinshorn sei für den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2.
tatsächlich nicht wahrnehmbar gewesen, ist damit der Unabwendbarkeitsnachweis nicht
geführt. Denn für den Kläger zu 1. bestand dennoch hinreichend Anlass, seine Fahrt
trotz des für ihn zeigenden grünen Ampellichtes nicht unverändert fortzusetzen. Die
Beklagte hat bereits erstinstanzlich unbestritten vorgetragen, dass andere
Fahrzeugführer trotz der für sie zeigenden grünen Ampel vor der Kreuzung angehalten
hatten, um dem Feuerwehrfahrzeug freie Bahn zu gewähren (Bl. 82, 83 GA). Auch in der
Berufungsbegründung hat die Beklagte dies nochmals ausdrücklich vorgetragen (Bl. 207
GA), ohne dass dies von den Klägern in Abrede gestellt worden ist. Hatten jedoch bereits
andere in der freigegebenen Fahrtrichtung fahrende Fahrzeuge vor der Kreuzung trotz
des für sie abstrahlenden Grünlichtes angehalten, bestand für den Kläger zu 1.
hinreichend Anlass, seine Fahrweise ebenfalls darauf einzustellen und entsprechend zu
reagieren. Zugleich folgt daraus, dass das Martinshorn jedenfalls für die anderen
Verkehrsteilnehmer hinreichend wahrnehmbar war, da sie anderenfalls nicht trotz
grünen Ampellichtes angehalten hätten. Dies spricht dafür, dass das Martinshorn auch
für den Kläger zu 1. jedenfalls bei hinreichender Aufmerksamkeit wahrnehmbar gewesen
wäre (vgl. KG NZV 2004, 84).
b) Ist nach alledem das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses nicht bewiesen, ist
gem. § 17 Abs. 1 StVG eine Abwägung der jeweiligen Verschuldens- und
Verursachungsbeiträge vorzunehmen. Im Rahmen der Abwägung ist auf die Umstände
des Einzelfalles abzustellen, insbesondere darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von
dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der
Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter
Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nur
unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Umstände zu berücksichtigen (vgl. BGH
NJW 2007, 506; KG NZV 1999, 512; NZV 2003, 291; Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 17
StVG, Rn. 5). Jede Seite hat dabei die Umstände zu beweisen, die der Gegenseite zum
Verschulden gereichen und aus denen sie für die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende
Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will (vgl. BGH NZV 1996, 231).
Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Einsatzfahrzeug, welches unter
Inanspruchnahme der Sonderrechte nach den §§ 35, 38 StVO in eine durch Rotlicht
gesperrte Kreuzung einfährt, ohne dass dessen Fahrer die gebotene Sorgfalt walten
lässt, und einem Kraftfahrer, der trotz rechtzeitig wahrnehmbaren Blaulichts und
Martinshorn das Wegerecht des Einsatzfahrzeuges nicht beachtet, hängt die Abwägung
der Verursachungs- und Verschuldensanteile vom jeweiligen Einzelfall ab, wobei der
Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges entscheidende Bedeutung beikommt (vgl. KG
NZV 2004, 84). Der Vorrang des § 38 Abs. 1 S. 2 StVO bedeutet nicht, dass der Fahrer
des Einsatzfahrzeuges blindlings oder „auf gut Glück“ in eine Kreuzung bei rotem
Ampellicht einfahren darf. Er darf vielmehr auch unter Inanspruchnahme von
Sonderrechten bei rotem Ampellicht erst in die Kreuzung einfahren, wenn er den sonst
bevorrechtigten Verkehrsteilnehmern rechtzeitig zu erkennen gegeben hat, solche
Rechte in Anspruch nehmen zu wollen, und sich überzeugt hat, dass die anderen
Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen und sich auf seine Absicht eingestellt haben. Er
muss sich vorsichtig in die Kreuzung vortasten und bei einer unübersichtlichen Kreuzung
unter Umständen nur mit Schrittgeschwindigkeit einfahren (vgl. KG NZV 2003, 126
m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt im Streitfall ein der Beklagten
zuzurechnender Verstoß des Beklagten zu 2. gegen die §§ 3 Abs. 1 S. 2, 35 StVO vor.
Dabei ist im Rahmen der Abwägung von einer Einfahrgeschwindigkeit des
Feuerwehrfahrzeuges von ca. 30 km/h auszugehen. Nach dem von den Klägern selbst
eingeholten Gutachten des Sachverständigen N… betrug die Ausgangsgeschwindigkeit
des Feuerwehrfahrzeuges 45 km/h, beim Einfahren in den Kreuzungsbereich hatte es
jedoch die Geschwindigkeit bereits auf ca. 30 km/h verringert (Bl. 38 GA). Die
Kollisionsgeschwindigkeit betrug nach den Feststellungen des Gutachters ca. 25 - 30
km/h. Die Behauptungen der Kläger, der Beklagte zu 2. sei mit einer Geschwindigkeit
von 45 km/h in den Kreuzungsbereich eingefahren, wird durch das von den Klägern
selbst eingeholte Gutachten gerade nicht bestätigt. Gegen die Verwertung der
Feststellungen des Gutachters N… aus dem vorgerichtlich eingeholten
Unfallrekonstruktionsgutachten hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeiten bestehen
keine Bedenken. Zwar handelt es sich insoweit lediglich um ein Privatgutachten. Auch
ein Privatgutachten kann jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO
ausreichend für die richterliche Überzeugungsbildung sein, wenn den Parteien
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ausreichend für die richterliche Überzeugungsbildung sein, wenn den Parteien
ausreichend Gelegenheit gegeben wird, substanziierte Einwendungen gegen das
Privatgutachten zu erheben und damit gegebenenfalls auf die Einholung eines
gerichtlichen Gutachtens hinzuwirken. Derartige substanziierte Einwendungen gegen die
tatsächlichen Feststellungen des Privatgutachters hat die Beklagte jedoch nicht
erhoben. Soweit der Zeuge P… von einer Geschwindigkeit des Feuerwehrfahrzeuges bei
der Einfahrt in den Kreuzungsbereich von 15 - 20 km/h gesprochen hat (vgl. Bl. 160 GA),
handelt es sich nach den Angaben des Zeugen lediglich um seine subjektive
Einschätzung, die deswegen nicht als fest stehend zugrunde gelegt werden kann und im
Übrigen durch die nicht weiter angegriffenen Ausführungen des Privatgutachters
widerlegt wird. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Sicht für den Beklagten zu 2.
auf die von rechts kommenden Fahrzeuge aufgrund der bis zur Kreuzung reichenden
Bebauung deutlich eingeschränkt war (vgl. Bilder 11 und 12 des Gutachtens N…, Bl. 24 f
GA), ist die gefahrene Einfahrtgeschwindigkeit von 30 km/h als überhöht anzusehen, was
von der Beklagten letztlich eingeräumt worden ist.
Auf Seiten der Kläger ist demgegenüber ein Verstoß des Klägers zu 1. gegen § 38 Abs. 1
StVO entsprechend der obigen Ausführungen unter a) zu berücksichtigen. Daneben ist
ein Verstoß des Klägers zu 1. gegen § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 5 StVO nicht erwiesen. Es steht
nicht fest, dass das für die Fahrtrichtung des Klägers geltende Ampellicht bereits „gelb“
abstrahlte, als der Kläger zu 1. in die Kreuzung einfuhr. Der Zeuge Pa… hat zwar in
seiner schriftlichen Aussage im Ermittlungsverfahren angegeben, dass die Ampel „gelb“
zeigte und der vor ihm fahrende rote Pkw nochmals Gas gab (Bl. 26 BA). Bei seiner
Vernehmung vor dem Landgericht hat er die Aussage jedoch dahingehend
eingeschränkt, dass mit dem roten Pkw nicht das klägerische Fahrzeug gemeint war und
er nicht mehr sagen könne, ob er das gelbe Ampellicht vor oder nach dem
Zusammenstoß bemerkt habe (Bl. 113 GA). Damit steht jedoch nicht mit der
erforderlichen Gewissheit fest, dass für den Zeitpunkt, als der Kläger zu 1. in den
Kreuzungsbereich einfuhr, die Ampel bereits „gelb“ zeigte und dem Kläger zu 1. ein
gefahrloses Anhalten vor der Ampel noch möglich war.
Im Ergebnis der Abwägung der Verursachungsbeiträge sieht der Senat bei keiner Seite
eine überwiegende Haftung und hält deshalb eine Haftungsverteilung von 50 % : 50 %
für angemessen. Zwar ist von einer aufgrund der Größe und Schwere des Fahrzeuges
sowie des durchgeführten Fahrmanövers des Überfahrens einer rot abstrahlenden
Ampel in den Kreuzungsbereich hinein erhöhten Betriebsgefahr des
Feuerwehrfahrzeuges auszugehen. Andererseits liegt ein nicht unerheblicher
schuldhafter Verkehrsverstoß des Klägers zu 1. gegen § 38 Abs. 1 StVO vor, während die
Ausgangsgeschwindigkeit des Feuerwehrfahrzeuges nicht übermäßig hoch war.
c) Unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 50 % steht den Klägern ein
Anspruch nur in der austenorierten Höhe zu.
aa)
Der Kläger zu 1. kann ein Schmerzensgeld mit Erfolg nur in Höhe von 1.750,00 €
verlangen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen
Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der
Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der
Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden
und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der
Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den
Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden. Im
Rahmen der bei normalen Straßenverkehrsunfällen nur eingeschränkt zu
berücksichtigenden Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des
Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (vgl. BGH NJW 1955, 1675; NJW 1982,
985; VersR 1992, 1410; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl.,
Rn. 274 ff). Der Kläger zu 1. erlitt bei dem Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades, eine
Rippenserienfraktur, eine retrograde Amnesie, einen Pneumothorax, sowie einen
Pleuraerguss. Er war insgesamt 5 Tage in stationärer Behandlung und für insgesamt 6
Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Unter Berücksichtigung eines
Mithaftungsanteils von 50 % rechtfertigen diese Verletzungen ein Schmerzensgeld
lediglich in Höhe von 1.750,00 €. Der Senat orientiert sich dabei an einer Entscheidung
des LG Paderborn vom 31.01.1985 (ZfS 1985, 103; zitiert nach Slizyk,
Schmerzensgeldtabelle, 5. Aufl., Rn. 436). Das LG Paderborn hat im Jahre 1985 bei einer
Fraktur, einem Schädel-Hirn-Trauma I. Grades, Gesichtsschürfungen und Schürfungen
im Bereich der Unterschenkel sowie einem stationären Aufenthalt von 3 Wochen ein
Schmerzensgeld von 4.000,00 DM zuerkannt, was unter Berücksichtigung der seit dem
eingetretenen Geldentwertung einem Betrag von 3.500,00 € entspricht.
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Soweit der Kläger darüber hinaus gesundheitliche Einschränkungen durch eine
erhebliche Ausbeulung des Brustbeins geltend macht, ist sein Vortrag ohne
hinreichende Substanz geblieben. Inwieweit sich diese Bewegungseinschränkung
auswirkt, ist nicht ersichtlich und auch nicht durch entsprechende ärztliche Unterlagen
belegt worden. Seine Behauptung, er könne infolge des Unfalls keinen Sport mehr
ausüben, ist ebenfalls nicht hinreichend konkret, da nicht vorgetragen ist, welchen Sport
der Kläger zu 1. vor dem Unfall ausgeübt hat und aus welchen Gründen die Ausübung
nunmehr nicht mehr möglich ist. Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes aufgrund eines
grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten zu 2. kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ein
grob rücksichtsloses oder verkehrswidriges Verhalten des Beklagten zu 2. liegt
angesichts des Umstandes, dass nicht erwiesen ist, dass der Beklagte zu 2. mit einer
Ausgangsgeschwindigkeit von 45 km/h in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, nicht
vor.
bb)
Hinsichtlich der weiteren vom Kläger zu 1. geltend gemachten Schadenspositionen
nimmt der Senat im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts
Bezug. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger einen
diesbezüglichen Schaden nicht substanziiert dargelegt hat. Der geltend gemachte
Erwerbsausfallschaden ist weiterhin nicht konkret berechnet worden. Auch mit der
Berufungsbegründung hat der Kläger entsprechende Einkommenssteuerbescheide nicht
vorgelegt. Auch im Übrigen fehlt jeglicher Vortrag, wie sich der geltend gemachte Betrag
von 3.200,00 € errechnet, so dass das Landgericht zu Recht von der Vernehmung des
als Zeugen angebotenen Steuerberaters zur Vermeidung der Ausforschung abgesehen
hat. Hinsichtlich des durch den Unfall geschädigten Fahrrades haben die Kläger bereits
keinen hinreichenden Beweis dafür angetreten, dass sich das Fahrrad zum
Unfallzeitpunkt im Kofferraum befand. Der pauschale Verweis auf die Ermittlungsakte ist
nicht geeignet, einen Beweisantritt für das Vorhandensein des Fahrrades im Kofferraum
zu ersetzen. Es erschließt sich im Übrigen nicht, inwieweit ein im Kofferraum befindliches
Fahrrad durch den Unfall im Frontbereich so beschädigt worden sein soll, dass es nicht
mehr zu gebrauchen ist. Hinsichtlich des Regenschirms fehlt es ebenfalls an einem
geeigneten Beweisantritt. Auch soweit der Kläger zu 1. die Beschädigung von
Sitzbezügen geltend macht, ist nicht ersichtlich, inwieweit ihm hierdurch ein Schaden
entstanden ist, da sich das Fahrzeug und damit auch die Sitzbezüge im Eigentum der
Klägerin zu 3. bzw. der M…-Bank als Sicherungseigentümerin befunden hat. Schließlich
ist der Kläger bezüglich der bei dem Unfall beschädigten Kleidung der Auffassung des
Landgerichts, wonach eine irreparable Beschädigung der Kleidung nicht dargelegt ist,
nicht konkret entgegengetreten.
Zu Recht hat das Landgericht auch die geltend gemachten Kosten für die Einholung des
Unfallrekonstruktionsgutachtens als nicht erstattungsfähig angesehen. Voraussetzung
für die Erstattungsfähigkeit ist, dass das vorprozessual eingeholte Privatgutachten sich
auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in
Auftrag gegeben worden ist und zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung
notwendig war (vgl. BGH NJW 2003, 1398, 1399). Die Beurteilung dieser Frage hat sich
daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten
auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Im Streitfall bestehen
bereits Zweifel an der ausreichenden Prozessbezogenheit des Gutachtens. Es ist nicht
ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtensauftrages am 06.03.2006
bereits eine Klage angedroht oder in Aussicht gestellt worden war und das Gutachten
somit nicht nur der außergerichtlichen Streitbeilegung dienen sollte. Eine Notwendigkeit
für die vorprozessuale Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens ist ebenfalls
nicht gegeben. Für die Kläger hätte es zunächst ausgereicht, die Angaben der Beklagten
hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit des Feuerwehrfahrzeuges zu bestreiten,
zumal unstreitig war, dass das Feuerwehrfahrzeug jedenfalls nicht mit
Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren war. Zu der Frage der Möglichkeit der
Wahrnehmung des Martinshorns enthält das Privatgutachten ohnehin keine
verwertbaren Angaben. Dass eine ausreichende Klagegrundlage allein nur durch das
vorprozessual eingeholte Gutachten geschaffen werden konnte, ist nicht ersichtlich (vgl.
Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort: „Privatgutachten“).
cc)
Ein Schaden der Klägerin zu 2. ist ebenfalls nicht nachgewiesen. Nachdem die Kläger die
Berufung hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruches teilweise zurückgenommen
haben, steht lediglich nur noch die Schadensposition der zerstörten Brille im Streit.
Insoweit fehlt es jedoch an einen geeigneten Beweisantritt; zudem ist unklar, inwieweit
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Insoweit fehlt es jedoch an einen geeigneten Beweisantritt; zudem ist unklar, inwieweit
sich die erstinstanzlich vorgelegte Rechnung (Bl. 71 GA) auf die streitgegenständliche
Brille bezieht, zumal die Rechnung von der Klägerin zu 3. unterschrieben worden ist.
dd)
Die Klägerin zu 3. kann auf der Basis einer hälftigen Schadensteilung Ersatz in Höhe des
Wiederbeschaffungsaufwandes lediglich in Höhe von 3.922,41 € verlangen. Auszugehen
ist von dem durch das Gutachten Z… belegten Wiederbeschaffungswert in Höhe von
10.500,00 € brutto abzüglich des Restwertes von 1.400,00 € brutto, mithin 9.100,00 €.
Die Aktivlegitimation der Klägerin zu 3. ist in zweiter Instanz nicht mehr im Streit. Da die
Kläger nicht nachgewiesen haben, dass zeitnah ein Ersatzfahrzeug angeschafft worden
ist, ist gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nur der Nettobetrag zu ersetzen. Ausgehend von
einem Bruttowiederbeschaffungsaufwand von 9.100,00 € beträgt der Nettobetrag
7.844,83 €, so dass bei einer hälftigen Schadensteilung ein Anspruch in Höhe von
3.922,41 € verbleibt.
d) Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 1 BGB. Mit Eingang des
Ablehnungsschreibens des Beklagten zu 3. vom 26.09.2005 bei dem damaligen
anwaltlichen Vertreter der Kläger am 28.09.2005 (Bl. 72 GA) befindet sich die Beklagte
mit der Zahlung in Verzug.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2, 516 Abs. 3
ZPO. Aufgrund der unterschiedlichen Beteiligung der Kläger am Rechtsstreit erscheint im
Streitfall eine Aufteilung der Kosten nach dem Maßstab der jeweiligen Beteiligung
angemessen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711
S. 1, 709 S. 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidung des Senats
einen Einzelfall betrifft und der Senat dabei nicht von bestehender höchst- oder
obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, kommt der Rechtssache weder
grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordern die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. §§ 45 Abs.
2, 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 29.803,80 € festgesetzt.
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