Urteil des OLG Brandenburg vom 07.07.2007

OLG Brandenburg: arglistige täuschung, widerklage, rücktritt vom vertrag, fälligkeit, unrichtige angabe, garantie, rückabwicklung, zoll, sachmangel, anpassung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 165/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 138 Abs 1 BGB, § 434 Abs 1
BGB, § 437 Nr 2 BGB
Praxisübernahmevertrag: Anspruch des Verkäufers auf Zahlung
der Kaufpreisraten; Rücktritt des Erwerbers wegen des
Umsatzes
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Juli 2007 verkündete Urteil der 2.
Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az.: 2 O 301/07, teilweise
abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55.000,00 € nebst 1,95 % Zinsen hieraus
zuzüglich Zinsen von jeweils 4 % p. a. auf einen Betrag von 20.000,00 € für den
Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.07.2007, auf einen Betrag von weiteren 20.000,00
€ für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2008 und auf einen Betrag von
weiteren 15.000,00 € für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.04.2008 sowie
zuzüglich Zinsen von jeweils 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. auf einen
Betrag von 20.000,00 € ab dem 01.08.2007, auf einen Betrag von weiteren 20.000,00 €
ab dem 01.02.2008 und auf einen Betrag von weiteren 15.000,00 € ab dem 01.05.2008
zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin eine Bürgschaft über einen Betrag von
50.000 € zur Absicherung der ausstehenden Kaufpreisraten aus dem
Praxisübernahmevertrag zwischen den Parteien vom 01.11.2006 zu stellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 32 % und die
Beklagte 68 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 24 % und die Beklagte zu 76
% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf
Grund des Urteils vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere
Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung weiterer Kaufpreisraten sowie Stellung
einer Bürgschaft aus einem von den Parteien am 01.11.2006 geschlossenen
Praxisübernahmevertrag betreffend die von der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt in R.
betriebene Steuerberaterkanzlei in Anspruch. Mit der in zweiter Instanz erhobenen
Widerklage begehrt die Beklagte Rückabwicklung des Praxisübernahmevertrages sowie
Erstattung der ihr in diesem Zusammenhang nach ihrer Behauptung entstandenen
Finanzierungs- und Maklerkosten. Die Parteien streiten in erster Linie um Mängel der
Kaufsache im Hinblick auf den mit dem übertragenen Mandantenstamm erzielbaren
Umsatz. Wegen des erstinstanzlichen Sachverhalts wird auf den Tatbestand des
landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
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Mit am 07.07.2008 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von
55.000,00 € nebst Zinsen sowie zur Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft
einer als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen deutschen Bank über einen Betrag von
50.000,00 € mit der Maßgabe verurteilt, dass die Beklagte zur Zahlung von 50.000,00 €
verpflichtet ist, soweit die Bürgschaft nicht innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft
des Urteils gestellt wird. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin
könne die im Vertrag vom 01.11.2006 vereinbarten und noch offenen Kaufpreisraten
fordern. Eine Kaufpreisanpassung könne die Beklagte nicht verlangen. Der Vertrag
enthalte keine Zusicherung bzw. Garantie eines jährlichen Umsatzes von 117.237,00 €.
Insoweit handele es sich lediglich um die Umsatzangabe, auf deren Grundlage der
Kaufpreis ermittelt worden sei. Eine Kaufpreisanpassung habe nur dann erfolgen sollen,
wenn innerhalb von 12 Monaten nach der Praxisübernahme Mandate gekündigt würden
und dies zu einem Umsatzrückgang führe. Hierzu sei es nach den Angaben des
Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung nicht gekommen. Auch eine
arglistige Täuschung sei der Klägerin nicht vorzuwerfen. Unwidersprochen habe die
Klägerin hinsichtlich der beanstandeten Mandate vorgetragen, warum es im Einzelnen
nicht zu einem Übergang auf die Beklagte gekommen sei. Schließlich berücksichtige der
von der Beklagten behauptete Umsatz von 64.000,00 € weder das gesamte
Kalenderjahr 2007 noch die von der Klägerin unwidersprochen vorgetragenen Einnahmen
aus Finanz- und Lohnbuchhaltung. Eine Sittenwidrigkeit des Vertrages sei ebenfalls nicht
ersichtlich. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 24.07.2008 zugestellte Urteil mit am 14.08.2008
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb
verlängerter Frist mit am 24.10.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte bezieht sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten. Sie
rügt zum einen ein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen des Landgerichts. Das Landgericht
habe nicht beachtet, dass die Klägerin jedenfalls einen Teil ihrer Ansprüche im
Urkundsverfahren weiterverfolgt habe. Das teilweise Abstandnehmen vom
Urkundsverfahren sei jedoch unwirksam, zumindest hätte eine Abtrennung der im
Urkundsverfahren weiterverfolgten Ansprüche erfolgen müssen. Nicht entschieden habe
das Landgericht über den Feststellungsantrag der Klägerin, hingegen habe es eine nicht
beantragte Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 € nebst Zinsen ausgesprochen. In
der Sache habe das Landgericht weder eine Vertragsauslegung vorgenommen noch
eine Anpassung des Kaufpreises entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen oder
eine Mängelhaftung beim Unternehmenskauf geprüft. Die Klägerin habe hinsichtlich der
Erreichbarkeit eines jährlichen Umsatzes von 117.237,00 € mit den dem Vertrag
zugrunde liegenden Mandaten eine Garantie abgegeben. Dies ergebe sich aus den
Vereinbarungen im Kaufvertrag, in dem verschiedentlich der Begriff „Garantie“
verwendet werde. Der Vertrag sei auch dahingehend auszulegen, dass der nicht erfolgte
Übergang eines Mandates auf die Beklagte dem Fall einer Kündigung im
Garantiezeitraum gleichzustellen sei. Nicht übertragen worden seien Mandate mit einem
Jahresumsatzwert von insgesamt 52.586,00 €. Ferner habe die Klägerin falsche Angaben
über den nachhaltigen Umsatz getätigt, da bei den Mandaten Nr. 2, 6, 20 und 21 eine
Betreuung nicht von der Außenstelle in R., sondern von der Geschäftsstelle in K. erfolgt
sei. Sogleich liege damit ein Mangel des Kaufgegenstandes vor, der die
Gewährleistungsrechte nach §§ 434, 437 BGB nach sich ziehe. Jedenfalls sei deshalb ein
Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss gegeben. Wegen der falschen
Angaben der Klägerin und der Nichtübertragung von Mandaten sei die übernommene
Kanzlei zudem nicht wirtschaftlich zu führen. Die Niederlassung R. sei dementsprechend
geschlossen worden. Zu Unrecht habe das Landgericht dem Antrag auf Stellung einer
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen
deutschen Bank über 50.000,00 € stattgegeben. Dabei habe es verkannt, dass in dem
Vertrag der Parteien die Stellung einer derartigen Bürgschaft nicht vorgesehen gewesen
sei. Ebenfalls habe es fehlerhaft für den Fall der Nichtstellung der Bürgschaft innerhalb
von 2 Wochen eine Zahlungsverpflichtung ausgesprochen, obwohl eine solche
Zahlungsverpflichtung nicht neben der Verurteilung zur Zahlung der Kaufpreisraten
bestehen könne. Mit der in der Berufungsinstanz erhobenen Widerklage macht die
Beklagte die Rückabwicklung des Praxisübernahmevertrages geltend, nachdem sie
zwischenzeitlich - unstreitig - den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat. Zugleich verlangt sie
als Schadensersatz die von ihr nach ihrem Vortrag gezahlte Vermittlungsprovision von
4.700,00 € netto sowie die von ihr für den Kaufpreis von 50.000,00 € gezahlten Zinsen,
die nach ihrer Behauptung zu einem Zinssatz von 5,85 % jährlich finanziert worden sind.
Hilfsweise macht die Beklagte gegen die Kaufpreisforderung der Klägerin ein
Zurückbehaltungsrecht mit einem Anspruch auf Kaufpreisanpassung geltend.
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Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 07.07.2008 zum Az.: 2 O 301/07
abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 07.07.2008 zum Az.: 2 O 301/07
aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht Cottbus zurückzuverweisen,
sowie im Wege der Widerklage
a) die Klägerin zu verurteilen, an sie 50.000,00 € zzgl. 4 % Zinsen hieraus seit dem
16.11.2006 zu zahlen
Zug um Zug gegen Rückgabe folgender Gegenstände:
- 2 Schreibtische mit Containerschrank
- 1 Beistellschreibtisch
- 1 Faxgerät Brother-1010 Plus
- 1 Olympiaschreibmaschine
- 1 PC High Screen mit Tastatur einschl. Monitor
- 2 Schreibtischstühle grau
- 1 Sideboard schwarz
- 2 Schreibtische mit Containerschrank
- 2 Schreibtischstühle grau
- 3 Besprechungstische (Trapezform)
- 4 Besucherstühle
- 1 Drucker HP Laser Jet 1200
- 1 PC Netfaktory mit Tastatur und Monitor
- 1 Arbeitstisch
- 1 Kühlschrank
- 1 Küchenzeile dreiteilig mit Hängeschränken ebenfalls dreiteilig
- 1 Spüle mit Unterschrank
- 2 Besucherstühle
- 1 kleiner runder Tisch
sowie Zug um Zug gegen Rückübertragung der Mandate der jeweiligen vorliegenden
Mandatsnummern der Berufungsklägerin Nr. … …. …,
b) festzustellen, dass sich die Klägerin mit der Annahme der im Klageantrag der
Widerklage zu Ziffer a) aufgeführten Gegenstände und Mandate in Verzug befindet,
c) die Klägerin zu verurteilen, an sie 4.700,00 € zzgl. 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie 1,5 % Zinsen aus 50.000,00 € seit dem
11.12.2006 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 07.07.2008, Az.: 2 O
301/07, zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ein teilweises Abstandnehmen vom
Urkundsprozess sei wirksam gewesen, da es sich um selbständige Streitgegenstände
handele. Hinsichtlich des Feststellungsantrages verkenne die Beklagte, dass dieser
bezüglich der 3. Kaufpreisrate in Höhe von 20.000,00 € durch den Leistungsantrag im
Schriftsatz vom 03.04.2008 ersetzt worden sei. Der neue Antrag sei auch nicht im
Urkundsverfahren geltend gemacht worden, da hinsichtlich des Feststellungsantrages
zuvor von dieser Verfahrensart Abstand genommen worden sei. Hinsichtlich der 4.
Kaufpreisrate in Höhe von 15.000,00 € habe das Landgericht zwar entsprechend dem
Klageantrag nur die Leistungspflicht der Beklagten feststellen müssen. Da die Fälligkeit
auch dieser Rate zwischenzeitlich eingetreten sei, habe dies jedoch in rechtlich
relevanter Weise zu einer anderen Entscheidung nicht geführt, sodass hierauf auch nicht
erfolgreich die Berufung gestützt werden könne. Auch hinsichtlich der
Bürgschaftsstellung sei das Urteil zutreffend. Die Beschränkung auf eine
selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen
deutschen Bank stelle ein Entgegenkommen gegenüber der Beklagten dar. Die Beklagte
sei auch nicht der Forderung entgegengetreten, dass im Falle der Nichtstellung der
Bürgschaft innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft des Urteils eine Zahlung von
50.000,00 € vorzunehmen sei. Für die von der Beklagten vorgenommene
Vertragsauslegung im Hinblick auf die nicht übertragenen Mandate sei angesichts des
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Vertragsauslegung im Hinblick auf die nicht übertragenen Mandate sei angesichts des
eindeutigen Wortlauts der Vereinbarung kein Raum. Im Übrigen sei der Vortrag der
Beklagten zu den Mandantenlisten und handschriftlichen Anmerkungen neu und nicht
beachtlich. Die Beklagte habe trotz richterlichen Hinweises zu einer Sittenwidrigkeit,
einer arglistigen Täuschung oder eines Mangels des Kaufgegenstandes nicht hinreichend
vorgetragen. Die Widerklage sei schließlich nicht sachdienlich und werde in unzulässiger
Weise auf neuen Sachvortrag gestützt. Jedenfalls sei die Widerklage unbegründet, da die
Beklagte sich nunmehr auf Behauptungen stütze, dies sie im ersten Rechtszug nicht
geltend gemacht habe. Die Rücktrittserklärung der Beklagten sei zurückgewiesen
worden. Ein Rücktrittsgrund sei in dem Schreiben der Beklagten nicht angeführt worden.
Ein solcher fehle auch. Im Übrigen sei eine Rückabwicklung und Rückgabe der Mandate
nicht mehr möglich, da anzunehmen sei, dass die Mandanten zwischenzeitlich andere
Steuerberaterkanzleien beauftragt hätten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin auch hinsichtlich
der Zahlungsverpflichtung der Beklagten betreffend die zweite Kaufpreisrate vom
Urkundsprozess Abstand genommen. Zudem hat sie klargestellt, dass sie hinsichtlich
der Zahlung der vierten Kaufpreisrate entsprechend der vom Landgericht
vorgenommenen Verurteilung von der Feststellungs- zur Leistungsklage übergehe. Mit
nachgelassenem Schriftsatz vom 26.03.2009 hat die Beklagte ihren Antrag zur
Widerklage präzisiert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Fassung des Antrages aus den
Seiten 1 f des Schriftsatzes (Bl. 255 f d. A.) verwiesen.
II.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt
den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte stützt ihr Rechtsmittel unter
anderem darauf, dass der Klägerin ein Kaufpreisanspruch schon deshalb nicht zustehe,
weil sie ihren Vertragspflichten - insbesondere hinsichtlich der Übertragung von
Mandaten - nicht nachgekommen sei und zudem über den mit der
Steuerberatungskanzlei zu erzielenden Umsatz dadurch getäuscht habe, dass sie auch
Mandate der Niederlassung in R. zugeschlagen habe, die tatsächlich in der Kanzlei der
Klägerin in K. bearbeitet worden seien. Die Beklagte zeigt damit einen Rechtsfehler auf,
auf dem das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.
2. Das landgerichtliche Urteil ist verfahrensfehlerhaft ergangen. Zutreffend rügt die
Beklagte einen Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht hat die Beklagte zur
Zahlung der 4. Kaufpreisrate in Höhe von 15.000,00 € nebst Zinsen verurteilt, obwohl die
Klägerin lediglich beantragt hat, eine Verpflichtung der Beklagten zu einer weiteren
Leistung von 15.000,00 € bis zum 30.04.2008 festzustellen. Der Senat war an der
Aufrechterhaltung der Verurteilung der Beklagten insoweit allerdings nicht gehindert, da
die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich den Übergang von der
Feststellungsklage zur Leistungsklage in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang
erklärt hat, § 264 Nr. 2 ZPO.
Verfahrensfehlerhaft hat das Landgericht über den im Urkundsverfahren geltend
gemachten Zahlungsanspruch von 20.000,00 € betreffend die zweiten Kaufpreisrate
nicht durch Vorbehaltsurteil entschieden, obwohl die Klägerin insoweit von dem zunächst
insgesamt eingeleiteten Urkundsverfahren keinen Abstand genommen und die Beklagte
dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, § 599 Abs. 1 ZPO. Entgegen der
Ansicht der Beklagten war die teilweise Abstandnahme vom Urkundsprozess, die die
Klägerin hinsichtlich der Ansprüche zu 2. und 3. betreffend die Stellung einer Bürgschaft
sowie den Feststellungsanspruch erklärt hat, zulässig. Anders als bei Erlass eines
Teilurteils nach § 301 ZPO führt die Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht dazu,
dass eine Abstandnahme vom Urkundsprozess nur einheitlich hinsichtlich sämtlicher
geltend gemachter Ansprüche erfolgen kann (BGH NJW 2003, S. 2386; Greger in Zöller,
ZPO, Kommentar, 27. Aufl., § 596, Rn. 2; Voit in Musielak, ZPO, Kommentar, 6. Aufl., §
596, Rn. 4). Die Gefahr widersprechender Entscheidung besteht nämlich in gleicher
Weise, wenn ein Teil der geltend gemachten Ansprüche im Prozess durch Urteil gem. §
597 Abs. 2 ZPO mangels Statthaftigkeit des Urkundsverfahrens abgewiesen wird und
insoweit neu geklagt werden muss (BGH, a. a. O.). So liegt der Fall auch hier. Der
Zahlungsantrag, der Antrag auf Stellung einer Bürgschaft und der Feststellungsantrag
stellen selbständige Ansprüche dar. Auch war eine Abstandnahme vom
Urkundsverfahren hinsichtlich des Anspruchs auf Stellung einer Bürgschaft wie auch
bezüglich des Feststellungsantrages schon deshalb geboten, weil im Wege des
Urkundsverfahrens weder eine Sicherheitsleistung verlangt noch eine Feststellungsklage
erhoben werden kann (vgl. Greger, a. a. O., § 592, Rn. 1, 3).
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Eine einheitliche Entscheidung des Rechtsstreits außerhalb des Urkundsverfahrens war
dem Senat gleichwohl nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung von der Klägerin
erklärten Abstandnahme vom Urkundsverfahren auch hinsichtlich des
Zahlungsanspruchs betreffend die zweite Kaufpreisrate möglich.
Kein Verfahrensfehler liegt entgegen der Auffassung der Beklagten deshalb vor, weil das
Landgericht über den Feststellungsantrag hinsichtlich der dritten Kaufpreisrate nicht
entschieden hat. Der von der Klägerin im Schriftsatz vom 03.04.2008 angekündigte
weitere Zahlungsantrag hinsichtlich dieser Kaufpreisrate war insoweit dahingehend zu
verstehen, dass er zugleich den bisherigen Feststellungsantrag betreffend diese
Kaufpreisrate ersetzen sollte, da ein Interesse der Klägerin an einer Entscheidung über
den Feststellungsantrag aufgrund der erhobenen Leistungsklage nicht mehr bestand.
Die Protokollierung beider Anträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
steht dieser Auslegung nicht entgegen.
3. In der Sache hat das Rechtsmittel betreffend die Klage nur teilweise Erfolg.
a) Die Klägerin kann nach dem zwischenzeitlichen Eintritt der Fälligkeit auch hinsichtlich
der dritten und vierten Kaufpreisrate von der Beklagten die Zahlung von 55.000,00 € aus
§ 433 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Praxisübernahmevertrag vom 01.11.2006
verlangen.
Der Praxisübernahmevertrag ist nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Zwar
ist ein Vertrag über die Übernahme einer Steuerberatungspraxis nichtig, wenn eine
Kaufpreisreduzierung für den Fall vereinbart wird, dass beim nachträglichen Ausscheiden
von Mandanten innerhalb von 24 Monaten nach dem Übernahmetag oder dem Absinken
des Beratungsumsatzes mit diesen Mandanten eine Absenkung des Kaufpreises
entsprechend dem Wert des Umsatzrückganges erfolgen soll, weil damit dem
Veräußerer für zwei Jahre nach dem Übernahmetag unabhängig vom Grund des
Umsatzrückganges das gesamte Risiko der Geschäftsentwicklung der verkauften Praxis
aufgebürdet wird (OLG Naumburg NJW-RR 2006, S. 421; vgl. auch OLG Naumburg OLGR
2006, S. 513). Eine derartig weitgehende Regelung zulasten der Verkäuferin enthält der
von den Parteien geschlossenen Vertrag indes nicht. So ist ein Ausgleich nur für das
Ausscheiden von Mandanten, nicht aber für einen Rückgang des Umsatzes bei einzelnen
Mandaten zu leisten. Auch geht eine Minderung, die von der Käuferin verursacht wird,
nicht zulasten der Klägerin. Diese hat zudem die Möglichkeit, für ausgeschiedene oder
beendete Mandate neue Mandate zu vermitteln und hierdurch die Kaufpreisreduzierung
zu verhindern. Die Klägerin trägt damit nicht in übermäßigem Maße das Risiko der
Geschäftsentwicklung der Steuerberatungspraxis, insbesondere geht eine nicht
ordnungsgemäße Weiterführung der Geschäfte durch die Beklagte nicht zu ihren Lasten.
Die vertragliche Regelung der Parteien stellt vielmehr einen sachgerechten Ausgleich der
gegenseitigen Belange dar, denn auch die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse sich
hinsichtlich der Werthaltigkeit des Vertragsgegenstandes abzusichern, der vom Wert der
übertragenen Mandate maßgeblich abhängt. Zudem ist von der Klägerin kein
vollständiger Ausgleich für einen Umsatzrückgang zu leisten, sondern lediglich eine
Erstattung von 85 % vorgesehen. Schließlich ist die Zeitspanne, für die ein Ausgleich zu
leisten ist, auf einen Zeitraum von zwölf Monaten begrenzt. Eine unangemessene
Benachteiligung ist in der vertraglichen Abrede nach allem nicht zu sehen.
Die Beklagten sind von dem Praxisübernahmevertrag auch nicht wirksam gem. §§ 434
Abs. 1, 437 Nr. 2, 323, 326 BGB zurückgetreten. Ein zum Rücktritt berechtigender
Sachmangel in Sinne von § 434 Abs. 1 BGB hat im Zeitpunkt der Kanzleiübertragung am
01.11.2006 nicht vorgelegen. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt ein Sachmangel
nicht bereits darin, dass auf sie nicht sämtliche Mandate übertragen worden sind, die der
Ermittlung des von den Parteien bei der Bestimmung des Kaufpreises zugrunde
gelegten Jahresumsatzes der Kanzlei von 117.237,00 € zugrunde lagen. Wie zwischen
den Parteien unstreitig ist, setzt die Übernahme der Mandate eine entsprechende
Zustimmung der Mandanten voraus, die von keiner der Vertragsparteien sicher
prognostiziert werden konnte. Dementsprechend lassen sich die Vereinbarungen der
Parteien trotz der Verwendung des Begriffs einer Garantie an verschiedenen Stellen in
Ziffer 8 des Vertrages nicht dahin verstehen, dass eine Garantie für einen Umsatz der
Beklagten mit der Kanzlei in einer bestimmten Höhe abgegeben werden sollte. Vielmehr
knüpft die Bezeichnung an die ausdrücklichen Regelungen zur Kaufpreisfestlegung an,
die einen Ausgleich in Form einer Kaufpreisreduzierung für den Fall des Verlustes
einzelner Mandate und einem damit einhergehenden Umsatzrückgang vorsehen.
Ebenso folgt aus dieser Vereinbarung, dass ein Umsatzrückgang infolge des Verlustes
von Mandaten nicht als ein Gewährleistungsrechte auslösender Mangel angesehen
werden sollte, sondern lediglich die Anpassung des Kaufpreises nach sich ziehen sollte.
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werden sollte, sondern lediglich die Anpassung des Kaufpreises nach sich ziehen sollte.
Ohne Erfolg bleibt insoweit der Einwand der Beklagten, ab einem bestimmten Umfang an
Mandatsverlusten sei die Übernahme der Kanzlei wirtschaftlich gesehen nicht mehr
sinnvoll durchführbar. Diesem Risiko hätte die Beklagte durch Vereinbarung eines
Rücktrittrechtes für den Fall eines entsprechenden Umsatzrückgangs Rechnung tragen
müssen. Allein der Umstand, dass im Rahmen des Vollzugs des Vertrages die Mandate
1 - 6, 14, 15, 19 - 21, 28, 32, 34 - 36, 41, 42, 48 - 51, 56, 58 und 59 nicht übertragen
worden sind, wodurch es nach Behauptung der Beklagten zu einem Ausfall in einem
Jahresumsatzwert von 52.586,00 € gekommen ist, führt nach allem nicht zu einem
Mangel der Kaufsache, sondern hat allein einen Anspruch der Beklagten auf Reduzierung
des Kaufpreises zur Folge. Dabei ist der Fall des nachträglichen Ausscheidens eines
Mandanten gleichzustellen mit der Konstellation, dass der Mandant von vornherein
einem Wechsel zur Beklagten seine Zustimmung versagt. Sinn und Zweck der von den
Parteien getroffenen Regelung war es, der Beklagten einen Ausgleich dafür zu gewähren,
dass sie bestimmte Mandate, die bei der Ermittlung des Kaufpreises als zu der
Steuerberatungskanzlei gehörend zugrunde gelegt worden sind, nicht wirtschaftlich
auswerten kann. Dies ist in gleicher Weise wie bei einer späteren Kündigung der Mandate
allerdings auch dann der Fall, wenn es zu einer Übertragung des Mandats wegen des
entgegenstehenden Willens der Mandanten erst gar nicht kommt. Zudem ist es der
Klägerin darüber hinaus möglich, mit den Mandaten - soweit diese bei ihr verbleiben -
weitere Gewinne zu erzielen.
Ein Sachmangel - ebenso wie eine arglistige Täuschung der Beklagten - liegt auch nicht
darin, dass einige der bei der Kaufpreisermittlung einbezogenen Mandate bereits vor
Abschluss des Kaufvertrages von der Steuerberatungskanzlei der Klägerin in K. betreut
worden sind. Die Klägerin hat auf den entsprechenden Vorwurf der Beklagten in erster
Instanz eingeräumt, dass diese Mandate mit den laufenden Nummern 1, 2, 6, 20 und 21
zwar von K. aus betreut worden seien, es sich jedoch gleichwohl um R.er Mandate
handeln würde, deren Übertragung beabsichtigt gewesen sei. Diesem ist die Beklagte
erstinstanzlich nicht mehr entgegengetreten. Auch liegt bei dieser Sachlage - aus R.
stammende Mandanten, beabsichtigte Mandatsübertragung - allein in dem Umstand,
dass die Mandate in K. bearbeitet wurden, weder eine unrichtige Angabe der Klägerin
noch ein Sachmangel vor.
Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche folgen auch nicht daraus, dass zahlreiche
Mandanten nicht von der Klägerin zur Beklagten gewechselt haben. Ihren
erstinstanzlichen Vortrag, die Klägerin habe nicht hinreichend auf die Mandanten
eingewirkt und ihnen einen Wechsel nahegebracht, greift die Beklagte in der
Berufungsinstanz nicht mehr auf. Auch hat die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen, sie
habe neben dem Schreiben vom 30.10.2006 mit jeden Mandanten persönlich über den
Wechsel gesprochen. Ihren gegenteiligen Vortrag in erster Instanz hat die Beklagte nicht
bewiesen. Zugleich ist aus diesem Grunde auch ein Verstoß der Klägerin gegen eine
vertragliche Nebenpflicht im Sinne von § 280 BGB nicht gegeben.
Dem Zahlungsanspruch der Klägerin steht ferner ein Anspruch der Beklagten auf
Anpassung des Kaufpreises nach Ziffer 8 der von den Parteien geschlossenen
Vereinbarung nicht entgegen. Ein derartiger Anspruch ist derzeit jedenfalls mangels
verbindlicher Bestimmung des nachhaltigen Jahresumsatzes als Grundlage der
endgültigen Höhe des Kaufpreises durch einen von der zuständigen
Steuerberaterkammer bestellten Sachverständigen entsprechend der Vereinbarung der
Parteien noch nicht fällig. Entgegen der Ansicht der Beklagten im nachgereichten
Schriftsatz vom 26.03.2009 ist die Ermittlung des nachhaltigen Jahresumsatzes der
Kanzlei auch nicht entbehrlich. Der Anpassungsanspruch bzw. Erstattungsanspruch der
Beklagten knüpft nämlich nicht allein an den Verlust von Mandaten an, sondern erfordert
darüber hinaus einen (tatsächlichen) Umsatzrückgang gegenüber dem bei der
Ermittlung des Kaufpreises zugrunde gelegten Wert von 117.237,00 €. Die Höhe des
tatsächlichen nachhaltigen Umsatzes ist jedoch - mangels Einigung der
Vertragsparteien über den endgültigen Kaufpreis - von einem Sachverständigen zu
ermitteln. Entgegen der Annahme der Beklagten ist der von ihr erzielte Jahresumsatz
auch keineswegs unstreitig. Die vorgelegten Unterlagen sind vielmehr bereits nicht
nachvollziehbar, weil sie lediglich die ersten 10 Monate des Jahres 2007 erfassen,
Angaben zu den Umsätzen für die Monate November und Dezember 2006 sind
hingegen nicht vorhanden. Auch beanstandet die Klägerin zu Recht das Fehlen von
Belegen.
Das Fehlen einer Festlegung des endgültigen Kaufpreises steht dabei der Forderung der
Klägerin nicht entgegen. Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt sich
vielmehr eine Fälligkeit der einzelnen Kaufpreisraten zu den festgelegten Terminen
unabhängig von einem etwaigen Anspruch der Beklagten auf Anpassung des
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unabhängig von einem etwaigen Anspruch der Beklagten auf Anpassung des
Kaufpreises. Ausdrücklich ist dies hinsichtlich der ersten Kaufpreisrate im Vertrag
bestimmt. Bezüglich der zweiten Kaufpreisrate ergibt sich entsprechendes schon
daraus, dass diese Rate vor Ablauf des für die Nachberechnung maßgebenden
Zeitraumes fällig geworden ist. Aus dieser Situation in Zusammenschau mit der
kalendermäßig bestimmten Fälligkeit der beiden weiteren Kaufpreisraten folgt, dass
auch hinsichtlich dieser Raten eine Fälligkeit unabhängig von einem eventuellen
Erstattungsanspruch eintreten sollte. Dies erscheint auch deshalb geboten, weil es sonst
die Beklagte in der Hand hätte, durch Verzögerung der Zuarbeit für den zu bestellenden
Sachverständigen die Fälligkeit der Kaufpreiszahlungen hinauszuschieben.
Mangels Fälligkeit eines Anspruchs auf Reduzierung des Kaufpreises infolge des Fehlens
entsprechender Feststellungen zum nachhaltigen Jahresumsatz der verkauften Kanzlei
besteht auch ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund eines solchen Anspruchs nicht, §§
320, 273 BGB.
b) Die Zinsansprüche beruhen für die Zeiträume vor Fälligkeit der Kaufpreisraten auf den
vertraglichen Vereinbarungen der Parteien; im Übrigen folgen die Zinsforderungen aus
§§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 BGB.
c) Der Anspruch der Klägerin auf Stellung einer Bankbürgschaft für einen Teilbetrag von
50.000,00 € der ausstehenden Kaufpreisraten beruht auf Ziffer 8 des Vertrages. Nach
den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien kann die Klägerin jedoch weder eine
selbstschuldnerische Bürgschaft noch die Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin
zugelassenen deutschen Bank verlangen. In letzterer Einschränkung ist entgegen der
Ansicht der Klägerin auch keineswegs ein Entgegenkommen von ihrer Seite zu sehen,
denn nach dem Vertrag stand es der Beklagten frei, etwa die Bürgschaft einer
ausländischen Bank beizubringen. Nicht verlangen kann die Klägerin die Zahlung eines
Betrages von 50.000,00 €, soweit ihr die Bürgschaft nicht innerhalb von 2 Wochen nach
Rechtskraft des Urteils gestellt wird. Zutreffend verweist die Beklagte darauf, dass
hierdurch neben der bereits titulierten Kaufpreisforderung eine zusätzliche
Zahlungsverpflichtung begründet würde, auf die materiell-rechtlich ein Anspruch nicht
besteht.
4. Die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage ist bereits unzulässig soweit die
Beklagte Erstattung der nach ihrer Behauptung angefallenen Vermittlungsprovision in
Höhe von 4.700,00 € sowie der ihrem Vortrag gemäß angefallenen Finanzierungskosten
hinsichtlich des gezahlten Teils des Kaufpreises verlangt. Beide Positionen waren nicht
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, sodass eine Entscheidung dieser der
Höhe nach streitigen Positionen entgegen § 533 Nr. 2 ZPO nicht auf Tatsachen gestützt
werden kann, die der Senat ohnehin nach § 529 ZPO zu berücksichtigen hat.
Im Übrigen ist die Widerklage zulässig. Soweit die Beklagte die Rückabwicklung des
Praxisübernahmevertrages und die Feststellung eines Annahmeverzuges der Klägerin
hinsichtlich der Rücknahme der im Rahmen des Vertragsvollzuges übergebenen
Mandate und übereigneten Gegenstände begehrt, sind die Voraussetzungen des § 533
ZPO erfüllt. Zwar liegt eine Einwilligung der Klägerin betreffend die Widerklage nicht vor.
Die Widerklage ist jedoch sachdienlich. Sachdienlichkeit ist dann gegeben, wenn die
Widerklage geeignet ist, den Streit zwischen den Parteien endgültig und alsbald
auszuräumen, wobei maßgeblich der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit ist
(Heßler in Zöller, a. a. O., § 533 Rn. 10). Dies ist hier der Fall, denn sowohl im Rahmen
der mit der Klage geltend gemachten Kaufpreisansprüche als hinsichtlich der im Wege
der Widerklage verlangten Rückabwicklung des Vertrages ist zu entscheiden, ob der von
der Beklagten erklärte Rücktritt wirksam erfolgt ist. Die Widerklage stützt sich auch auf
Tatsachen, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung
ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, § 533 Nr. 2 ZPO. Die Ausführungen der
Beklagten zum Vorliegen eines Mangels des Kaufgegenstandes hat der Senat -
entsprechend der vorangegangenen Darstellung - in seine Entscheidung einbezogen.
Die Rücktrittserklärung als solche ist ebenso wie deren Zurückweisung durch die Klägerin
zwischen den Parteien unstreitig und daher in der Berufungsinstanz ohnehin zu
berücksichtigen.
Auch die vom Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken im
Hinblick auf die Bestimmtheit der von der Beklagten zu erfüllenden
Rückgabeverpflichtung sind durch die Konkretisierungen der übereigneten Gegenstände
im nachgereichten Schriftsatz vom 26.03.2009 ausgeräumt.
Die Widerklage bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg, da die Beklagte - wie ausgeführt -
vom Vertrag mit der Klägerin nicht wirksam zurückgetreten ist.
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5. Die nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 19. und 26.03.2009 sowie der nicht
nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 16.04.2009 geben keinen Anlass, die
mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10,
711 Satz 1, Satz 2 ZPO.
Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden,
sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft,
ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der
Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 211.600,00 € festgesetzt, § 47 Abs. 1
GKG [Klage: 155.000,00 € (Kaufpreisansprüche: 55.000,00 €, Stellung der Bürgschaft:
50.000,00 €, Zahlungsanspruch Bürgschaft: 50.000,00 €); Widerklage: bis 56.600,00 €
(Zahlungsantrag zu a): 50.000,00€, Feststellungsantrag: 100,00 €,
Schadensersatzansprüche zu c): 6.500,00 €)].
Wert der Beschwer für die Klägerin: 50.000,00 €,
Wert der Beschwer für die Beklagte: 161.100,00 €.
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