Urteil des OLG Brandenburg vom 18.09.2008

OLG Brandenburg: adäquate gegenleistung, anwartschaft, pensionskasse, umrechnung, beitrag, lebensversicherung, auskunft, wertsteigerung, ausgleichung, zumutbarkeit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UF 132/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3b Abs 1 Nr 2
VersorgAusglHärteG, § 4 Abs 1
Nr 2 S 1 VAÜG
Versorgungsausgleich: Ausgleich von im Beitrittsgebiet
erworbenen nichtsangleichungsdynamischen Anrechten durch
Beitragszahlung
Tenor
Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird das am 18. September 2008
verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda – Az. 20 F 39/08 – hinsichtlich der
Entscheidung zum Versorgungsausgleich teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu
gefasst:
Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2., Vers-Nr. …,
werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1.,
Versicherungsnummer …, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der
gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 27,25 EUR, bezogen auf das
Ende der Ehezeit am 30. April 2008, übertragen.
Der Monatsbetrag der zu übertragenden angleichungsdynamischen
Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.
Der Antragsgegner ist schuldig, auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der
Beteiligten zu 1., Versicherungsnummer …, nichtangleichungsdynamische
Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 10,59 EUR,
bezogen auf den 30. April 2008, durch Beitragszahlung in Höhe 2.413,25 EUR zu
begründen.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaft ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander
aufgehoben; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gemäß § 621 e Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 517 Abs. 1 ZPO statthafte und auch
im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2. ist begründet. Das Amtsgericht
hat zum einen die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften des Antragsgegners aus
seiner betrieblichen Altersversorgung unzutreffend berechnet und die Eheleute insoweit
zu Unrecht auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen. Daneben beruht
der vom Amtsgericht durchgeführte Versorgungsausgleich auf teilweise unzutreffenden
und im Rahmen des Beschwerdeverfahrens korrigierten Auskünften betreffend die
Anwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung. Im
Einzelnen:
1. Innerhalb der vom 1. Juli 1997 bis zum 30. April 2008 andauernden Ehezeit haben die
Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung monatliche angleichungsdynamische
Anwartschaften von 181,00 EUR (Antragstellerin) bzw. – so die korrigierte Auskunft der
Beteiligten zu 2. vom 17. Oktober 2008 (Bl. 66 ff. d.A.) – von 235,49 EUR
(Antragsgegner) erworben.
Daneben hat die Antragstellerin bei der … Lebensversicherung AG aus einer
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Daneben hat die Antragstellerin bei der … Lebensversicherung AG aus einer
Leibrentenversicherung in der Ehezeit Deckungskapital von 129,80 EUR (Bl. 32 der
Sonderakte VA) erworben. Dieses hat das Amtsgericht zutreffend in eine dynamische
Rentenanwartschaft im Wert von 0,57 EUR umgewertet.
Der Antragsgegner hat darüber hinaus eine Anwartschaft auf eine betriebliche
Altersversorgung bei der … Pensionskasse-AG erworben, die nach den derzeitigen
Bemessungsgrundlagen mit einer Jahresrente von 3.281,76 EUR angegeben ist (Bl. 46 R
der Sonderakte VA).
Die Versicherungsunternehmen … Lebensversicherung AG und die … Pensionskasse-AG
sind nicht öffentlich-rechtlich organisiert und lassen die Realteilung nicht zu.
2a. Schon der Ehezeitanteil der vom Antragsgegner erworbenen Anrechte auf eine
betriebliche Altersversorgung ist vom Amtsgericht wegen einer fehlerhaften Berechnung
der Altersgrenze unzutreffend ermittelt worden. Tatsächlich erreicht der am 16. Juli 1968
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zutreffend mit 127 Monaten errechnete Ehezeitanteil entspricht demnach einem
Prozentsatz von 29,5349. Somit ergibt sich - bezogen auf die Ehezeit – eine Jahresrente
969,26 EUR
Diese Anwartschaft des Antragsgegners auf eine betriebliche Altersversorgung ist
ausweislich der Auskunft vom 14. August 2008 (Bl. 46 R der Sonderakte VA) im
Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch. Der
Ehezeitanteil der Anwartschaft ist deshalb – wie das Amtsgericht dem Grunde nach
zutreffend festgestellt hat – nach § 1587a Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BGB mit Hilfe der Tabelle
2 der Barwertverordnung unter Berücksichtigung von Anmerkung 2 in eine
volldynamische Rentenanwartschaft umzurechnen, wobei allerdings – insoweit
abweichend von der angefochtenen Entscheidung – von einem Lebensalter des
Antragsgegners bei Ehezeitende von richtigerweise 39 Jahren auszugehen ist. Der – um
65 % erhöhte - Barwertfaktor beträgt in diesem Fall 5,115 (= 3,1 + 65 %). Der
Jahresbetrag der ehezeitbezogenen Anwartschaft des Antragsgegners bei der …
Pensionskasse-AG von 969,26 EUR multipliziert mit dem erhöhten Barwertfaktor ergibt
4.957,76 EUR
Dieser Bartwert ist fiktiv als Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
Die erforderliche Umrechnung beruht auf § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB und führt notwendig
zur Ermittlung einer entsprechenden nichtangleichungsdynamischen
Rentenanwartschaft (West), unabhängig davon, ob die Betriebsrentenanwartschaft im
Beitrittsgebiet erworben worden ist oder nicht. Die Umrechnung erfolgt, indem der
Bartwert mit Hilfe des für das Ehezeitende am 30. April 2008 maßgeblichen
Umrechnungsfaktors in Entgeltpunkte umgerechnet wird und die Entgeltpunkte sodann
mit dem für das Ehezeitende maßgebenden Rentenwert (West) multipliziert werden (vgl.
wegen der Rechengrößen im Einzelnen Brudermüller/Schürmann, Tabellen zum
Familienrecht, 29. Auflage, Seiten 37 und 39). Danach ergibt sich folgende Berechnung:
21,75 EUR
2b. Die Ausgleichsbilanz ergibt somit folgendes Bild:
Bei dieser Sachlage ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b VAÜG der Versorgungsausgleich
grundsätzlich durchzuführen, weil die Parteien während der Ehe keine
angleichungsdynamischen Anrechte minderer Art erworben haben und der
Antragsgegner sowohl die werthöheren angleichungsdynamischen als auch die
werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben hat. Der Ausgleich hat
gesondert zu erfolgen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG).
Nach § 1587 b Abs. 1 BGB ist der Antragstellerin, die die niedrigeren Anwartschaften
erworben hat, eine Rentenanwartschaft in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes
zuzusprechen. Der Ausgleich erfolgt zunächst im Wege des Rentensplittings durch
Übertragung der hälftigen Differenz der beiderseits erworbenen Anrechte der
gesetzlichen Rentenversicherung. Die Differenz beträgt vorliegend 54,49 EUR (= 235,49
– 181,00), die Hälfte hiervon beträgt 27,25 EUR. Die Anordnung der Umrechnung in
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– 181,00), die Hälfte hiervon beträgt 27,25 EUR. Die Anordnung der Umrechnung in
Entgeltpunkte beruht auf § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG.
2c. Die Bilanz der ausgleichungspflichtigen nichtangleichungsdynamischen Anrechte
ergibt eine Wertdifferenz von 21,18 EUR (21,75 – 0,57), so dass der Antragsgegner
weitere 10,59 EUR auszugleichen verpflichtet ist. Im Grundsatz zutreffend hat das
Amtsgericht darauf hingewiesen, dass gemäß § 2 VAHRG der schuldrechtliche Ausgleich
geboten ist. Allerdings kommt vorliegend die Anordnung einer Beitragsentrichtung zum
Erwerb regeldynamischer Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung
gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG in Betracht.
Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass in einem Fall wie dem
vorliegenden, in dem nach vorangegangenem Rentensplitting in Bezug auf
angleichungsdynamische Anrechte lediglich noch regeldynamische Anwartschaften
auszugleichen sind, die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VAÜG den Ausgleich durch
Beitragszahlung zur Begründung von Anrechten in der Rentenversicherung (West) nicht
hindert (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. Oktober 2007, Az. 9 UF 155/07 – abgedruckt in
FamRZ 2008, 1195 -; vom 7. November 2007, Az. 9 UF 115/07; vom 21. Februar 2008,
Az. 9 UF 168/07; vom 14. Januar 2009, Az. 9 UF 220/07).
Es handelt sich bei den dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegenden
noch auszugleichenden Anrechten um solche, die die Ehepartner durch den Abschluss
von privaten Lebensversicherungsverträgen erworben haben. Die Eheleute leben im
Beitrittsgebiet, die Versicherungsunternehmen sind nicht dort ansässig. Angesichts
dieser Umstände könnten bereits Zweifel bestehen, ob es sich bei den durch die
Lebensversicherung erworbenen Anwartschaften überhaupt um „im Beitrittsgebiet
erworbene Anrechte“ handelt. Aber auch wenn man mit der herrschenden Ansicht davon
ausgeht, dass es auch insoweit nur auf den Wohnsitz des Versicherungsnehmers
ankommt, und die Voraussetzung des Erwerbs im Beitrittsgebiet somit vorliegt, steht § 4
Abs. 1 Nr. 2 VAÜG der vorgenommenen Anordnung der Beitragsentrichtung nicht
entgegen. Überwiegend wird in Rechtsprechung und Schrifttum allerdings vertreten,
dass sich die Ausgleichsform der Begründung von Rentenanwartschaften durch
Beitragszahlung auf den Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte des
Verpflichteten beschränkt (OLG Dresden, FamRZ 2000, 962; OLG Brandenburg, 2.
Familiensenat, FamRZ 2001, 489; Beschluss vom 24.09.2007 zum Az. 10 UF 147/06;
Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 4 VAÜG, Rdnr. 2; Rotax/Vogel, Praxis des
Familienrechts, 3. Aufl., Teil 10, Rdnr. 1218; Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rdnr.
287; MüKo-Sander, BGB, 4. Aufl., § 4 VAÜG Rdnr. 2; Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl.,
§ 4 VAÜG Rdnr. 3; Hoppenz/Triebs, Familiensachen, 8. Aufl., § 4 VAÜG Rdnr. 5). Zur
Begründung wird ausgeführt, es solle mit dieser Regelung eine gleichmäßige Entwicklung
von anzugleichendem und dem durch Beitragszahlung begründeten Anrecht
sichergestellt werden, die angleichungsbedingte Änderungen vermeidet. Demgegenüber
wird unter Bezugnahme auf dieselbe Begründung vertreten, § 4 VAÜG modifiziere die
Anwendung von § 3 b VAHRG (nur) für angleichungsdynamische Anrechte. Der
Anwendungsbereich von § 3 b VAHRG werde dadurch eingeschränkt, dass
angleichungsdynamische Anrechte nur für den Ausgleich ebenfalls
angleichungsdynamischer Anrechte herangezogen werden könnten, regeldynamische
nur für ebenfalls regeldynamische und dass bei auszugleichenden
angleichungsdynamischen Anrechten ebenfalls nur angleichungsdynamische Anrechte
zu den für sie geltenden Preisen eingekauft werden könnten
(Bamberger/Roth/Gutdeutsch, BGB, § 4 VAÜG Rdnr. 1, 2; ähnlich: Eißler,
Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rdnr. 145: Die Beitragszahlung dürfe nur zum Ausgleich
von typischen Ost-Anrechten angeordnet werden).
Der Senat ist der Auffassung, dass zum Ausgleich von im Beitrittsgebiet erworbenen
nichtangleichungsdynamischen Anrechten die Begründung ebenfalls
nichtangleichungsdynamischer Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung zulässig ist
(wohl auch: Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich, 8. Aufl., § 4 VAÜG Anm. 2.2, S. 811).
Der Wortlaut von § 4 VAÜG steht dieser Auslegung nicht entgegen. Zwar wird in § 4 Abs.
1 Nr. 2 allgemein auf die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VAÜG verwiesen, womit
ausdrücklich ein Ausgleich durch Beitragszahlung nur in Bezug auf
angleichungsdynamische Anrechte eröffnet wird. Bei der Auslegung eines Gesetzes ist
jedoch nicht am buchstäblichen Ausdruck zu haften, sondern auf den objektivierten Sinn
der Norm abzustellen (BGHZ 13, 28). Entscheidend ist der im Gesetz zum Ausdruck
gekommene Zweck der Regelung (BVerfGE 35, 263; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. A., Einl.
Rdnr. 46; MüKo-Säcker, BGB. 4. Aufl., Einl. Rdnr. 122 ff.; 128). Hier entspricht die durch
den Wortlaut scheinbar vorgegebene Einschränkung des Versorgungsausgleichs im
Beitrittsgebiet durch Anordnung der Beitragszahlung ausschließlich hinsichtlich
angleichungsdynamischer Anrechte nicht dem Zweck des Gesetzes: Die
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angleichungsdynamischer Anrechte nicht dem Zweck des Gesetzes: Die
Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet bis zur Einkommensangleichung sollen der
spezifischen Dynamik im Beitrittsgebiet typischerweise erworbener Anrechte Rechnung
tragen. Die Anrechte - insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung -, die
aufgrund von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten erworben
worden sind oder erworben werden, unterliegen (noch immer) einer besonderen
Wertsteigerung, die der Wertsteigerung der im alten Bundesgebiet erworbenen
Rentenanwartschaften nicht entspricht. Um bei der gebotenen Halbteilung im Fall der
Scheidung nicht einen Ehegatten zu benachteiligen und einen Ehegatten zu bevorzugen,
waren ergänzende Regelungen notwendig, um die nach Ehezeitende noch eintretende
wertbestimmende Entwicklung von im Beitrittsgebiet erworbenen Anwartschaften zu
erfassen (BT-Drucks. 12/405, S. 115 ff.; 174). Insbesondere sollte demnach vermieden
werden, dass der Ausgleichsberechtigte, zu dessen Gunsten angleichungsdynamische
Anrechte im Weg einer Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung
eingekauft werden, besser gestellt würde als der Ausgleichspflichtige mit dem ihm voll
verbliebenen Anrecht. Beide Anrechte (das auszugleichende und das erworbene) sollen
sich in ihrer Dynamik gleichmäßig weiterentwickeln, damit angleichungsbedingte
Abänderungen vermieden werden (MüKo, a.a.O., Rdnr. 6; Maier/Michaelis, a.a.O.).
Dementsprechend wurde beabsichtigt, mit der Einführung des VAÜG die Durchführung
des Versorgungsausgleiches in den Fällen zu eröffnen, in denen ein In-Sich-Ausgleich
angleichungsdynamischer Anrechte möglich sei. Dazu müsse eine systemwidrige
gegenläufige Ausgleichung von angleichungsdynamischen und anderen Rechten
ausgeschlossen werden (BT-Drucks. 12/405, S. 175). § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAÜG sollte den
Rahmen bilden, in dem Beitragszahlungen im Hinblick auf im Beitrittsgebiet erworbene
Anrechte und aufgrund der für das Beitrittsgebiet geltenden besonderen
Beitragsbemessungsgrundlagen entrichtet werden können. Es war bezweckt, eine
gleichmäßige Entwicklung von auszugleichendem und dem durch Beitragszahlung
begründeten Anrecht sicherzustellen, die angleichungsbedingte Abänderungen
vermeidet. Die Anordnung einer Beitragszahlung „eigener Art“ zum Ausgleich
nichtangleichungsdynamischer Anrechte aus dem Beitrittsgebiet hat der Gesetzgeber
für problematisch gehalten, weil die „sachlich gebotene Beitragszahlung auf der
Grundlage allgemeiner Rechengrößen“ dem Betroffenen mit gewöhnlichem Aufenthalt
im Beitrittsgebiet wirtschaftlich regelmäßig nicht zumutbar sei. Die Zahlung von
Beiträgen auf der Grundlage der für das Beitrittsgebiet geltenden
Beitragsbemessungsgrundlagen führe für die Angleichungsphase zu einer
unzureichenden oder überschießenden Befriedigung des Ausgleichsanspruchs. Die
Notwendigkeit späterer Abänderung solle insoweit jedoch vermieden werden. Aus
diesem Grund sei die Beitragsanordnung auf den Ausgleich angleichungsdynamischer
Anrechte durch Beiträge auf der Grundlage spezifischer Bemessungsgrundlagen für das
Beitrittsgebiet „konzentriert“ worden (BT-Drucks. 12/405, zu § 4 VAÜG, S. 184). Hieraus
erhellt, dass der Gesetzgeber mit der Möglichkeit des Ausgleichs spezifischer Ost-
Anrechte den Zweck verfolgt hat, eine „Über-Kreuz-Ausgleichung“ von Anrechten
unterschiedlicher Dynamik zu verhindern, weil diese wegen der unterschiedlichen
Entwicklung zu fortlaufendem Anpassungsbedarf führen würde. Damit sollte aber nicht
gleichzeitig auch der Ausgleich regeldynamischer Anwartschaften durch Beitragszahlung
zum Zweck des Erwerbs ebenfalls regeldynamischer Anwartschaften ausgeschlossen
werden. Diese Möglichkeit ist vielmehr durch den Gesetzgeber gesehen worden (die
„sachlich gebotene Beitragszahlung auf der Grundlage allgemeiner Rechengrößen …“),
jedoch für wirtschaftlich in der Regel nicht zumutbar gehalten worden. Dieses Kriterium
wird bereits in § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG berücksichtigt. Die angestellte Erwägung
verweist somit auf die grundsätzlich gegebene Möglichkeit dieses Ausgleichs, die zwar
für praktisch wenig relevant gehalten wird, jedoch nicht ausgeschlossen werden sollte.
Darüber hinaus ist auch kein Grund ersichtlich, einen derartigen Ausgleich nicht
vorzunehmen. Insbesondere wird der Gleichlauf der auszugleichenden und der
erworbenen Anwartschaften bei dieser Art des Ausgleichs nicht gestört. Beide Rechte
weisen die gleiche Dynamik auf, da sie regeldynamisch sind, somit werden
angleichungsbedingte Abänderungen vermieden. Den begründeten
nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften steht bei Anordnung einer
entsprechenden Beitragszahlung eine adäquate Gegenleistung gegenüber. Diese
Beitragszahlung ist auch rentenrechtlich ohne weiteres durchführbar, und zwar gemäß §
187 SGB VI. Demgegenüber stellt § 281 a SGB VI nur eine Sonderregelung für den
Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte dar, womit aber der Rückgriff auf die
allgemeinen Regelungen in geeigneten Fällen nicht ausgeschlossen wird (so auch:
Maier/Michaelis, a.a.O.).
Die somit anzuordnende Beitragszahlung ist anhand des eingangs unter 2c. neu
ermittelten Ausgleichsbetrages von 10,59 EUR zu berechnen. 10,59 EUR entsprechen
bei Division durch den aktuellen Rentenwert (= 26,27 EUR) 0,4031 Entgeltpunkten. Nach
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bei Division durch den aktuellen Rentenwert (= 26,27 EUR) 0,4031 Entgeltpunkten. Nach
Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor (Entgeltpunkte in Beitrag; 5.986,7160) ergibt
sich ein Beitrag in Höhe von 2.413,25 EUR.
Bedenken hinsichtlich der Zumutbarkeit der angeordneten Zahlung bestehen nicht. Der
Senat hat dem Antragsgegner mit dem ihm am 21. Januar 2009 zugegangenen
Schreiben vom 15. Januar 2009 Gelegenheit gegeben, ausdrücklich zu den die
Zumutbarkeit der Heranziehung zu einer einmaligen oder auch ratenweisen
Beitragszahlung berührenden wirtschaftlichen Umständen näher vorzutragen. Er hat von
dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, so dass der Senat davon ausgehen kann
und muss, dass er in der Lage ist, die angeordnete einmalige Beitragszahlung zu leisten.
Diese Zahlung kann er im Übrigen gegebenenfalls auch mittels der Aufnahme eines
Kredits sichern. Auch eine Kreditfinanzierung kann zumutbar sein (vgl. OLG Zweibrücken,
FamRB 2007, 234 für den Fall einer Beitragszahlung von 6.500 EUR bei einem
regelmäßigen Einkommen des Ausgleichspflichtigen von 1.920 EUR).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 13 a FGG, 21 Abs. 1 Satz 3 GKG.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 99 Abs. 3 Nr. 3
KostO.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nach § 621 e Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 543
Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Über die Auslegung von § 4 Abs.
1 Nr. 2 VAÜG herrscht keine einheitliche Meinung. Der Senat weicht mit seiner
Entscheidung von denjenigen des 2. Familiensenats des Brandenburgischen
Oberlandesgerichts und des Oberlandesgerichts Dresden ab.
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