Urteil des OLG Brandenburg vom 10.05.2006

OLG Brandenburg: geschäftsführung ohne auftrag, restitution, grundstück, berechtigter, eigentümer, verwaltung, eigentum, bereicherung, verjährungsfrist, verbindlichkeit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
13. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 U 85/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 229 § 6 Abs 3 BGBEG, § 196
Abs 1 Nr 1aF BGB, § 670 BGB, §
677 BGB, § 683 BGB
Geschäftsführung ohne Auftrag: Verjährung von
Aufwendungsersatzansprüchen im Zusammenhang mit der
Verwaltung eines Grundstücks
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des
Landgerichts Potsdam vom 10. Mai 2006 - 8 O 365/05 - wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung von ihr getätigter Aufwendungen
betreffend das Grundstück/Objekt, Flurstück-Nr. ..., Flur ... mit der postalischen Anschrift
Straße ... in ... L.
Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem am 10. Mai 2006 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen
und zur Begründung ausgeführt, ein Erstattungsanspruch für die Aufwendungen
betreffend den verbrauchten Strom seien bereits verjährt. Der
Aufwendungsersatzanspruch sei spätestens am 31. Dezember 2002 gemäß Art. 229 § 6
Abs. 3 EGBGB i. V. m. § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a. F. verjährt. Die für die Wasser-
/Abwasserkosten erfolgten Aufwendungen seien von der Klägerin nicht schlüssig und
unter Beweisantritt dargelegt worden. Die Gebäudeversicherung habe die Klägerin nicht
mit Fremdgeschäftsführungswillen geschlossen. Vielmehr habe sie lediglich ihre aus dem
behaupteten abgeschlossenen Versicherungsvertrag bestehende Verbindlichkeit erfüllen
wollen. Die Klägerin könne insoweit auch keinen Anspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung geltend machen, denn es sei keineswegs schlüssig vorgetragen worden,
dass der Beklagten insoweit auch ein Vermögensvorteil zugeflossen sei.
Gegen das am 22. Mai 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Juni 2006
Berufung eingelegt und diese am 22. Juli 2006 begründet.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht habe die Voraussetzungen für die von ihm
angenommene Verjährung der Aufwendungsersatzansprüche betreffend die
Stromversorgung verkannt. Die von der Klägerin angesetzte Objektverwaltung sei sich
offensichtlich nicht im Klaren darüber gewesen, dass sie ein fremdes Geschäft führt. Es
habe sich aber auch nicht um “Auslagen im Sinne des Gesetzes gehandelt”. Die
Klägerin habe auf die ihr gestellten Rechnungen der Stromversorger gezahlt und damit
eine eigene Verbindlichkeit erfüllt. Der Anspruch werde im Übrigen nicht auf einen
Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag sondern auf Bereicherungsrecht gestützt.
Ebenso verfehlt seien die Bedenken des Landgerichts gegen die Schlüssigkeit der Klage
soweit dieses ihren Vortrag zu den Wasser-/Abwasserkosten betreffe. Das Landgericht
habe übersehen, dass die Klägerin zunächst Abschläge an den Zweckverband geleistet
habe und die später erstellte Schlussrechnung diese Abschläge berücksichtige.
Hinsichtlich der Gebäudeversicherung habe die Klägerin eine Versicherung für “wen es
angeht” nach § 80 Abs. 2 VVG abgeschlossen. Bei Eintritt eines Versicherungsfalles
habe die Klägerin, da sie nicht Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, die
Zustimmung der Beklagten gemäß § 76 Abs. 3 VVG zur Versicherung einholen müssen.
Die Versicherungssumme wäre an die Beklagte ausgezahlt worden.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10.5.2006 – 8 0 365/05- abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.087,49 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten
über dem Basiszinssatz seit dem 15.8.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertieft und ergänzt ihren
erstinstanzlichen Vortrag.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) bleibt in der Sache
ohne Erfolg, worauf die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 29. November
2006 im Einzelnen hingewiesen worden sind.
Das Landgericht hat mit im Ergebnis zutreffenden Erwägungen im angegriffenen Urteil
die Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin als nicht begründet
erachtet.
1. Für die von der Klägerin als Strom- und Wasser-/Abwasserkosten geltend gemachten
Ansprüche kommt kein vertraglicher Aufwendungsersatzanspruch aus § 670 BGB in
Betracht, denn unstreitig bestanden zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt
vertragliche Abreden. Einen aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag
bestehenden Anspruch kann die Klägerin im Ergebnis nicht mehr geltend machen, denn
insoweit ist das Landgericht zu Recht von einer zwischenzeitlich eingetretenen
Verjährung der Ansprüche ausgegangen.
Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag bereits in der Anspruchsbegründung und
auch im weiteren Verlauf des Verfahrens die hier streitgegenständlichen Aufwendungen
für Strom- und Wasser-/Abwasserkosten nach Kenntnis von der Restitution des
Grundstücks aufgewendet. Insbesondere ergibt sich aus ihrem Schriftsatz vom 2.
Februar 2006 in Verbindung mit dem eingereichten Kündigungsschreiben vom 11. Januar
1999, dass sie jedenfalls Ende 1998 von der erfolgten Restitution des Grundstücks
erfahren hat und dies zum Anlass nahm, den mit der L. B.wohnungsgesellschaft mbH
bestehenden Verwaltervertrag zum 28. Februar 1999 zu kündigen.
Entsprechend hat sie aber die auf den Stromverbrauch und den Wasser-
/Abwasserverbrauch geleisteten Zahlungen ab dem 1.1.1999 jedenfalls auch mit
Fremdgeschäftsführungswillen getätigt. Sie hat einerseits - soweit vertragliche
Beziehungen in Form ausdrücklicher oder konkludenter Vertragsgestaltungen zu dem
jeweiligen Versorgungsunternehmen bestanden - diesen gegenüber bestehende
Eigenverbindlichkeiten mit den Zahlungen getilgt. Andererseits in Kenntnis der
Restitution des Grundstücks mit Geschäftsführungswillen für den tatsächlichen
Eigentümer gehandelt und damit für den eigentlich Verpflichteten die entstandenen
Kosten getilgt. Dies muss hier umso mehr gelten, als ihr mit
Vermögenszuordnungsbescheid vom 20. Dezember 1995 das Eigentum an dem
streitgegenständlichen Grundstück nicht zugeordnet werden konnte, denn dieses war
bereits zuvor rechtskräftig restituiert. Der Vermögenszuordnungsbescheid, mit dem das
Eigentum an dem Grundstück in L. auf die Klägerin übergehen sollte, ging wegen der
rechtskräftigen Restitution ins Leere. Eine Grundbucheintragung der Klägerin ist auch
nicht mehr erfolgt. Die Klägerin hatte quasi die Stellung eines Verwalters des
Grundstücks, wobei ihr dieses zunächst nicht bekannt war, sie also zunächst
gegebenenfalls lediglich mit Eigengeschäftsführungswillen handelte. Mit der spätestens
Ende 1998 erlangten Kenntnis handelte sie aber auch mit Fremdgeschäftsführungswillen
für den jeweiligen tatsächlichen Eigentümer des Grundstücks.
Damit war zunächst für den von der Beklagten verbrauchten Strom bzw. das
verbrauchte Wasser/Abwasser ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der von ihr
getätigten Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 i. V. m. 670
BGB) entstanden. Denn die Übernahme der Geschäftsführung entsprach hier dem
Interesse und auch dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, der sonst seinerseits
vertragliche Beziehungen zu den Versorgern hätte eingehen müssen. Die Klägerin kann
sich für die nach dem 31. Dezember 1998 entstandenen Ansprüche der Versorger bzw.
die von ihr nach diesem Zeitpunkt geleisteten Zahlungen, die sie hier geltend macht,
nicht etwa auf eine irrtümliche Eigengeschäftsführung im Sinne des § 687 BGB berufen,
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nicht etwa auf eine irrtümliche Eigengeschäftsführung im Sinne des § 687 BGB berufen,
denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie Kenntnis von der Restitution, zumal nach ihrem
eigenen Vortrag die Beklagte bereits seit dem 27. Mai 1997 als Eigentümer im
Grundstück eingetragen war.
Der aus berechtigter Geschäftsführung entstandene Anspruch der Klägerin auf
Aufwendungsersatz unterlag der kurzen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 BGB a. F. Die
Klägerin hat als Verwalterin Aufwendungen auf das Grundstück in den Jahren 1999 bis
2000 getätigt, so dass das Landgericht zu Recht die bis zum 31. Dezember 2001
geltenden Vorschriften des BGB angewendet hat. Die von der Klägerin geltend
gemachten Aufwendungsersatzansprüche fallen unter die Vorschrift des § 196 Nr. 1 BGB
a. F., denn die Klägerin ist Kaufmann im Sinne des Gesetzes (§ 6 Abs. 1 HGB i. V. m. §
13 Abs. 3 GmbHG). Im Rahmen ihrer Tätigkeit, nämlich der Verwaltung des Grundstücks,
hat sie fremde Geschäfte besorgt und die hieraus entstehenden Ansprüche verjähren
gemäß § 196 Nr. 1 BGB a. F. innerhalb von zwei Jahren, wobei die Verjährung mit dem
Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§§ 198, 201 BGB a. F.).
Entgegen der Ansicht der Klägerin scheitert die Anwendung des § 196 Abs. 1 BGB nicht
daran, dass der Auslagenersatz im Sinne dieser Vorschrift nur Ansprüche als Zusatz -
oder Nebenansprüche neben dem eigentlichen Anspruch auf Kaufpreis für die
Auslieferung von Waren oder auf Werklohn oder Dienstlohn für die Erbringung von
Diensten erfasst. Denn grundsätzlich hat der Geschäftsführer ohne Auftrag gegenüber
dem Geschäftsherrn einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 683 Satz 1, 670
BGB. Entsprechend sind die hier geltend gemachten Aufwendungen als
Aufwendungsersatzanspruch - zu dem auch die übliche Vergütung gehört - des
Geschäftsführers ohne Auftrag anzusehen und unterliegen der kurzen Verjährung des §
196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a. F. Die gewerbsmäßige Besorgung fremder Geschäfte erfolgt
regelmäßig, aber nicht notwendig auf vertraglicher Grundlage; auch auftragslos
erbrachte Leistungen werden von dieser Bestimmung erfasst (BGH NJW 1965, 1224;
BGH Urteil vom 4.2.1999, III ZR 268/97).
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche waren am 31. Dezember 2002
verjährt mit der Folge, dass der erst im Jahre 2004 beantragte Mahnbescheid die
Verjährung nicht mehr rechtzeitig unterbrechen konnte. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3
EGBGB verbleibt es bei der kürzeren Frist des alten Rechts, da die regelmäßige
Verjährungsfrist nach § 195 BGB n. F. drei Jahre betragen würde.
Ebenso wenig kommt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung neben dem
entstandenen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus berechtigter Geschäftsführung
ohne Auftrag in Betracht. Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag stellt den
rechtlichen Grund für Leistungen und Eingriffe dar (BGH NJW 1993, 3196) und damit
einen den Anspruch aus § 812 BGB ausschließenden rechtlichen Grund im Sinne dieser
Vorschrift.
Im Ergebnis sind sowohl die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die
Stromkosten als auch die für die Wasser-/Abwasserkosten verjährt. Auch mit den
Wasser-/Abwasserkosten macht die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die aus der
Rechnung vom 20. Oktober 1999 sich ergebenden Kosten und Abschlagszahlungen für
die Zeit von 10/99 bis 8/2000 geltend mit der Folge, dass auch diese Ansprüche aus den
vorstehenden Gründen verjährt sind.
2. Soweit die Klägerin Ansprüche für die von ihr aufgewandten Kosten für die
Gebäudeversicherung des betreffenden Grundstücks weiterverfolgt, so hat sie mit ihrem
Vortrag in der Berufungsbegründung, sie habe eine Versicherung “für wen es angeht”
geschlossen, selbst vorgetragen, dass sie eine Versicherung mit
Fremdgeschäftsführungswillen für den jeweiligen Eigentümer des Gebäudes in den
Jahren 1994 bis einschließlich 28.2.1999 geleistet hat. Nach den vorstehenden
Ausführungen, auf die verwiesen wird, wäre also auch insoweit nur ein Anspruch aus
berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag entstanden, der aus den vorgenannten
Gründen ebenfalls verjährt ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten
Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr.
10, 713 ZPO.
Streitwert im Berufungsrechtszug: 7.087,49 €.
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