Urteil des OLG Brandenburg vom 14.03.2017

OLG Brandenburg: darlehensvertrag, verrechnung, kommanditeinlage, aufrechnung, gegenforderung, handelsregister, urkunde, verwandtschaft, quelle, sammlung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 160/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 125 S 2 BGB, § 387 BGB, § 389
BGB, § 433 Abs 2 BGB, § 296
ZPO
Rückzahlung von Darlehensansprüchen durch Aufrechnung im
Prozess
Leitsatz
1. Das Hauptvorbringen eines Beklagten ist nicht verspätet, wenn die Klage wegen
erheblichen Hilfsvorbringens nicht entscheidungsreif ist. (§ 296 ZPO).
2. Zur Beweiswürdigung einer Zeugenaussage (§ 286 ZPO) 3. Eine einfache
Schriftformvereinbarung läßt sich formfrei und stillschweigend aufheben (§ 125 S.2 BGB).
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und unter Zurückweisung seiner weitergehenden
Berufung wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 02.10.2006 - 6 O 67/06 -
teilweise abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.556,46 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem
01.04.2005 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 90 % und der Beklagte 10 % zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Rückzahlung einer Darlehensvaluta.
Der Beklagte bekannte sich im schriftlichen Darlehensvertrag vom 23.03.1989 dazu,
vom Kläger ein Darlehen über 30.000,00 DM erhalten zu haben und verpflichtete sich,
dieses ab 15.01.1989 mit 5 % jährlich zu verzinsen, mit Zinsfälligkeit jeweils am 31.03.
des Folgejahres (vgl. 12 GA). Mit Vereinbarung vom 01.09.1990 (16 GA) erweiterten die
Parteien das Darlehen auf 50.000,00 DM. Die Valutierung ist unstreitig.
Mit Notarvertrag vom 14.04.1994 übertrug der Beklagte einen Kommanditanteil an einer
L… GmbH & Co. Betriebs KG mit einer Kommanditeinlage von 45.000,00 DM an den
Kläger, der daraufhin gemäß Anmeldung gleichen Datums als Kommanditist der fortan
L… & Co. KG firmierenden KG eingetragen wurde (vgl. 35 GA).
Mit Schreiben vom 24.12.2004 kündigte der Kläger den Darlehensvertrag zum
30.03.2005 (18 GA) mit einer zurückzuzahlenden Gesamtsumme von 50.000,00 DM.
Der Beklagte hat behauptet, die Parteien hätten seinen Vergütungsanspruch für seine,
dem Kläger übertragene Gesellschaftsbeteiligung mit dem
Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers verrechnet. Hilfsweise hat er seinen
Vergütungsanspruch gegen die Klageforderung aufgerechnet.
Der Kläger hat eine Verrechnungsabrede bestritten. Gegenüber der Hilfsaufrechnung hat
er geltend gemacht, sie scheitere daran, ”dass mit der Klage ein Anspruch des Klägers
gegen den Beklagten persönlich geltend gemacht, der Beklagte wohl aber einen
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gegen den Beklagten persönlich geltend gemacht, der Beklagte wohl aber einen
Anspruch der Fa. L… … GmbH geltend machen möchte.” Zudem scheitere eine
Aufrechnung durch den Beklagten daran, dass zwischenzeitlich über das Vermögen der
Fa. L… ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der
weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, der Klage
stattgegeben. Das Verteidigungsvorbringen zu einem Erlöschen sei nach § 296 ZPO
unzulässig, da der vom Beklagten benannte Zeuge für die Verrechnungsvereinbarung
nicht innerhalb der Klageerwiderungsfrist, sondern erstmals mit Schriftsatz vom
15.08.2006 benannt worden war und deswegen zum Termin am 16.08.2006 nicht mehr
geladen werden konnte. Zudem sei das Beklagtenvorbringen ohnedies unsubstanziiert
und aus diesen Gründen greife auch die Hilfsaufrechnung nicht durch.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte sein erstinstanzliches
Klageabweisungsbegehren uneingeschränkt weiter. Unter Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vorbringens macht er geltend, das Landgericht habe § 296 ZPO
rechtsfehlerhaft angewandt und die Anforderungen an die ihn treffende
Substanziierungslast überspannt.
Er beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Potsdam
vom 02.10.2006 - 6 O 67/06 - abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vereidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat Zeugenbeweis erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des
zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes, verweist er auf die im Berufungsrechtszug
gewechselten Schriftsätze und - insoweit auch wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme - auf sein Terminsprotokoll vom 14.11.2007.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat größtenteils Erfolg.
1. Das Vorbringen zur erstinstanzlichen Hilfsverteidigung war entgegen der nicht näher
begründeten Ansicht des Landgerichts nicht unsubstanziiert, sondern schlüssig aus den
§§ 387, 389, 433 Abs. 2 BGB, damit in Höhe von 45.000 DM erheblich und im Übrigen
auch nicht wirksam bestritten. Folglich war die Sache ohne Hinweis des Landgerichts
nicht entscheidungsreif, keinesfalls stattgabereif und somit das Hauptvorbringen des
Beklagten schon deshalb nicht verspätet. Ihm war nachzugehen.
2. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Darlehensrückzahlungsanspruch aus den
§§ 488 Abs. 1 Satz 2, 489 Abs. 2 BGB nur in ausgeurteilter Höhe. Der unstreitig
entstandene Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers ist durch die vorprozessuale
Verrechnung mit dem Kaufpreisanspruch des Beklagten für den Verkauf und die
Veräußerung seines Kommanditanteils in Höhe von 45.000 DM (= 23.008,14 €)
erloschen, §§ 387, 389, 433 Abs. 2 BGB.
Die Höhe der Gegenforderung und deren Verrechnung mit der
Darlehensrückzahlungsforderung stehen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.
Der Zeuge S… L… hat die Behauptungen des Beklagten aufgrund eigener
Wahrnehmung bestätigt. Der Senat glaubt dem Zeugen. Er machte eine ersichtlich
unvorbereitete Aussage, die er gleichwohl fließend entwickelte und bei der sein
Bestreben nach Wahrheit durch wiederholte Selbstverbesserungen deutlich hervortrat.
Auf Nachfrage konnte der Zeuge seine Bekundungen innerhalb der Grenzen seines
Wissens, die er unumwunden einräumte, widerspruchsfrei in stimmige Details weiter
auffächern. Die Angaben des Zeugen waren angereichert mit geschehenstypischen
emotionalen Begleiterlebnissen, wie etwa dem, dass der vereinbarte Preis in einer
erheblichen Größenordnung unter dem seiner Ansicht nach wirtschaftlich angemessenen
Wert für den Kommanditanteil gelegen habe. Sie stehen schließlich in Übereinstimmung
mit der objektiven Urkundenlage, wie etwa der Anmeldung des Klägers zum
Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14.04.1994 als nunmehriger
Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 45.000 DM (Urkunde Nr. 169/1094, des
Notars … aus B…, 35 GA). Die Verwandtschaft des Zeugen mit dem Beklagten, seinem
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Notars … aus B…, 35 GA). Die Verwandtschaft des Zeugen mit dem Beklagten, seinem
Vater, hat der Senat mitbedacht; sie weckt hier keine durchgreifenden Zweifel an der
Richtigkeit der Bekundungen.
Die einfache Schriftformvereinbarung für nachträgliche Änderungen des
Darlehensvertrages in dessen § 6 (vergleiche 15 GA) steht einer Verrechnung der
Rückzahlungsforderung mit der Kaufpreisforderung nicht entgegen. Vielmehr ist hier
insoweit von einer jederzeit formfrei möglichen Aufhebung der Formabrede auszugehen
(vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 125 Rn. 14 m.w.N.).
Die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 08.11.2007 zu späteren
Zahlungen auf seinen Kommanditanteil in Gestalt einer Depositeneinlage für Aval-
Geschäfte im Jahr 1997 oder durch einen Darlehensvertrag vom 24.11.1999 sind nicht
nachzuvollziehen. Bei den dargestellten Leistungen handelte es sich um keine
Zahlungen zur Tilgung gesellschaftsrechtlicher Einlageverpflichtungen gegenüber der
Kommanditgesellschaft, bei der die Beträge im Übrigen auch nicht dauerhaft verbleiben
sollten.
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung,
da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch nicht
entschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten
Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst-
oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Im Übrigen beruht sie auf einer
Würdigung der Umstände des Einzelfalles
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 25.564,59 €.
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