Urteil des OLG Brandenburg vom 04.02.2005

OLG Brandenburg: grundstück, eigentum, fehlende eröffnung, wohnungsbau, nutzungsrecht, ddr, grundbuch, bauwerk, feststellungsklage, anwendungsbereich

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 29/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 SachenRBerG, § 6
SachenRBerG, § 7
SachenRBerG, § 11
SachenRBerG, § 12
SachenRBerG
Sachenrechtsbereinigung: Ankaufsrecht für ehemals
volkseigene Grundstücke
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts
Potsdam vom 4. Februar 2005 - Az. 10 O 278/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden,
sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 62.824,80 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Anspruchsberechtigung nach dem
Sachenrechtsbereinigungsgesetz für das Grundstück am ... 1g in R., eingetragen im
Grundbuch von R. Blatt 8080, Flur 51, Flurstücke 180/1, 179/1, 178/1 und 177/2.
Der Beklagte ist - im Ergebnis eines Restitutionsverfahrens, an dem die Klägerin nicht
beteiligt worden ist, und nach Erbteilsübertragung durch seine Ehefrau - als
Alleineigentümer der streitgegenständlichen Grundflächen im Grundbuch eingetragen.
Nach den Tatsachenfeststellungen in dem landgerichtlichen Urteil war dieses - seinerzeit
im Eigentum des Beklagten und seiner Ehefrau stehende - Grundstück mit Beschluss
des Rates des Kreises R. vom 12. Juli 1989 zur Durchführung des im Zeitraum 1985 bis
1988 beschlossenen komplexen Wohnungsbauvorhabens R., M. Straße, gemäß § 12 des
Baulandgesetzes vom 15. Juni 1984 (GBl. DDR I S. 201) enteignet worden. Dieses
Wohnungsbauvorhaben war in der Mitte der Stadt R. angesiedelt und sollte sich auf den
Bereich M. Straße, Am K. und G. Weg erstrecken. Nach dem Bestätigungsbeschluss des
Rates des Bezirkes P. vom 28. September 1988 (Bl. 63 ff. d.A.) war für das
streitbefangene Grundstück vorgesehen, dass der VEB KWV R. - der Rechtsvorgänger
der Klägerin - als Investitionsauftraggeber/Rechtsträger/Nutzer einen nicht näher
beschriebenen Wohnblock - dort mit 3.2 bezeichnet - errichtet bzw. errichten lässt. In
einem Gespräch zur „Abstimmung der Bebauung Gr.-M.-Straße, südl. Teil“ am 4.
September 1990 sind die Beteiligten - mutmaßlich den geänderten politischen und
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geschuldet - ausweislich einer entsprechenden
Aktennotiz (Bl. 51 d.A.) überein gekommen, den Block 3.2 „als Geschäfts- bzw.
Ärztehaus, max. Geschoßzahl: 4, mit individueller Gestaltung“ zu errichten. Auf dem
streitgegenständlichen Grundstück wurde sodann in den Jahren 1992/93 das sog.
Ärztehaus, bestehend aus fünf Gewerbeeinheiten und zwei Wohnungen errichtet.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei Maßnahmen des komplexen
Wohnungsbaus sei unerheblich, wann mit Baumaßnahmen auf den einzelnen
betroffenen Grundstücken begonnen worden sei, entscheidend sei vielmehr, wann das
Bauvorhaben insgesamt in Angriff genommen worden sei. Sie hat behauptet, mit
Erschließungsmaßnahmen für das gesamte Bauvorhaben sei bereits vor 1989 begonnen
worden. Die Kosten der Errichtung des Ärztehauses in Höhe von 2,5 Mio. DM habe sie
aus ihrem Vermögen an die ... Bau-Union GmbH bezahlt. Dadurch habe sie - die
Klägerin - Eigentum, mindestens aber eine eigentümerähnliche Position an dem
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Klägerin - Eigentum, mindestens aber eine eigentümerähnliche Position an dem
Bauwerk erlangt mit der Folge, dass ihr ein Ankaufsrecht an dem Grundstück nach dem
Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehe.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie berechtigt ist, das Grundstück Am K. 1g in R., eingetragen im
Grundbuch von R. Blatt 8080, Flur 51, Flurstücke 180/1, 179/1, 178/1 und 177/2 mit einer
Größe von 4.100 qm zum halben Verkehrswert zu erwerben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Feststellungsklage wegen der seiner Ansicht nach möglichen Leistungsklage
bereits für unzulässig erachtet. Er tritt dem Bereinigungsanspruch im Übrigen unter
Hinweis darauf, dass das Ärztehaus, nachdem die ursprünglich eine Wohnbebauung
vorsehenden Planungen nachträglich geändert worden seien, erst 1991/92 baurechtlich
genehmigt und danach errichtet worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die
Feststellungsklage zwar gemäß § 108 SachenRBerG zulässig, aber unbegründet sei. Es
liege schon kein Rechtsverhältnis vor, das die Anwendbarkeit des
Sachenrechtsbereinigungsgesetzes eröffne. Ferner - und dies sei entscheidend - scheide
eine Anspruchsberechtigung der Klägerin jedenfalls deshalb aus, weil die Bebauung des
streitgegenständlichen Grundstücks nicht bis zum 1. Oktober 1990 begonnen worden
sei. Zwar definiere das Sachenrechtsbereinigungsgesetz selbst den Begriff des
Baubeginns nicht. Aus dem Zweck der Sachenrechtsbereinigung ergebe sich aber, dass
jedenfalls die Durchführung einer baulichen Maßnahme auf dem Grundstück zu fordern
sei und allein Planungsleistungen nicht ausreichten. Die Frage, ob der
Widerspruchsbescheid des LARoV wegen mangelnder Beteiligung der Klägerin
unwirksam, anfechtbar oder nichtig sei, könne dahin stehen, weil auch bei einer
Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens im Ergebnis nie eine
Anspruchsberechtigung der Klägerin festgestellt werden könnte.
Gegen das ihr am 25. Februar 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 22.
März 2005 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz
Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 25. Mai 2005 - mit einem an diesem Tage bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
begründet.
Die Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihr erstinstanzliches Klageziel weiter. Sie
meint weiterhin, sie sei anspruchsberechtigt nach dem
Sachenrechtsbereinigungsgesetz, weil sie von vornherein als Rechtsträgerin des
Bauwerkes vorgesehen gewesen, ihr also ein Nutzungsrecht verliehen worden und - wie
sie meint - selbstverständlich selbständiges Gebäudeeigentum entstanden sei. Für die
Baumaßnahme sei ein fremdes Grundstück in Anspruch genommen worden, weil der Rat
des Bezirkes P., der nicht Eigentümer des Grundstücks gewesen sei, die Entscheidung
zur Durchführung der Baumaßnahme getroffen habe. Schon 1988 sei auf dem
streitbefangenen Grundstück mit Erdarbeiten begonnen und die Heiztrasse verlegt
worden, wie sie - die Klägerin - bereits erstinstanzlich vorgetragen habe. Allerdings hält
die Klägerin an ihrer Ansicht fest, dass entscheidend auf den Baubeginn des
Gesamtvorhabens und nicht auf die Inangriffnahme des Bauwerkes auf dem jetzt im
Eigentum des Beklagten stehenden Grundstück abzustellen sei.
Der Beklagte erstrebt die Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt die angefochtene
Entscheidung mit näherer Darlegung.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen zu den
Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. 1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist rechtzeitig eingelegt und auch begründet worden.
Die Berufungsbegründung enthält - wenn auch sehr pauschal - Angriffe gegen beide die
angefochtene Entscheidung selbständig tragende Abweisungsgründe, nämlich die
fehlende Eröffnung des Anwendungsbereichs des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes für
das hier in Rede stehende Rechtsverhältnis einerseits und die Feststellungen zum
Zeitpunkt des Baubeginns andererseits. Auch wenn die tatsächlichen und rechtlichen
Ausführungen in der Berufungsbegründung eine der Sach- und Rechtslage
angemessene vertiefte Auseinandersetzung mit den hier interessierenden Fragen
vermissen lassen, genügen diese deshalb gerade noch den Anforderungen, die § 520
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vermissen lassen, genügen diese deshalb gerade noch den Anforderungen, die § 520
Abs. 3 ZPO an den Inhalt einer Berufungsbegründung stellt.
2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Der Klägerin steht ein
Ankaufsrecht an dem streitbefangenen Grundstück aus §§ 15, 61, 68 Abs. 1
SachenRBerG nicht zu.
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die hier vorliegende Bebauung eines
seinerzeit volkseigenen Grundstücks in keinem Falle den Anwendungsbereich des
Sachenrechtsbereinigungsgesetzes eröffnen kann und darüber hinaus die von der
Klägerin behaupteten Baumaßnahmen vor dem 3. Oktober 1990 für eine Verwendung
des Grundstückes im Rahmen eines komplexen Wohnungsbauvorhabens nicht
ausreichen.
(a) Es ist mangels hinreichend substantiierten Sachvortrages der Klägerin bereits sehr
zweifelhaft, ob deren Rechtsvorgängerin, dem VEB KWV R. ., ein Nutzungsrecht an dem
Grundstück verliehen worden ist und an dem Bauwerk selbständiges Gebäudeeigentum
entstanden ist.
Der Umstand, dass sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin Rechtsträger werden sollte, besagt
über die - nach § 1 des Nutzungsrechtsgesetzes in dem hier vorliegenden Fall
grundsätzlich mögliche - Verleihung oder Zuweisung eines solchen Nutzungsrechtes
noch gar nichts. Dass der VEB KWV R. tatsächlich Rechtsträger geworden ist, behauptet
die Klägerin nicht einmal selbst.
Ebenso unzureichend ist der Sachvortrag der Klägerin zu der Frage, ob vorliegend
tatsächlich selbständiges Gebäudeeigentum entstehen konnte. Das Vorbringen der
Klägerin erschöpft sich in der pauschalen, durch keinen greifbaren tatsächlichen oder
rechtlichen Anhaltspunkt unterlegten Behauptung, dass „selbstverständlich
selbstständiges Gebäudeeigentum entstanden“ sei. Die Klägerin übergeht insoweit völlig
den Umstand, dass die Errichtung des Gebäudes erst 1991/92 genehmigt und 1992/93
vollendet worden ist, zu einem Zeitpunkt also, als die dieses Rechtsinstitut
begründenden Vorschriften des DDR-Rechts bereits außer Kraft gesetzt worden waren.
Selbständiges Gebäudeeigentum konnte daher allenfalls durch Bundesgesetz, hier
durch Art. 233 § 2b Abs. 1 in Verbindung mit § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchstaben a) und/oder
b) EGBGB - je nachdem, ob vorliegend ein Nutzungsrecht verliehen worden war oder
nicht - begründet worden sein. Das aber würde voraussetzen, dass vor Ablauf des 2.
Oktober 1990 mit der Verwirklichung der Baumaßnahme begonnen worden ist.
Zwar ist der Klägerin im Grundsatz darin zuzustimmen, dass in den Fällen der
Erstreckung einer baulichen Anlage über mehrere Grundstücke und auch und
insbesondere in den Fällen einer Bebauung im Rahmen komplexen Wohnungsbaus nicht
auf den Baubeginn auf dem einzelnen Grundstück, sondern auf den Beginn der
Umsetzung der Gesamtkonzeption abzustellen ist (KG VIZ 1996, 480; Rauscher in
Staudinger, 2003, Art. 233 § 2a EGBGB, Rdnr. 23).
(b) Selbst wenn der Klägerin an den streitbefangenen Flurstücken ein Nutzungsrecht
verliehen oder zugewiesen worden und selbständiges Gebäudeeigentum an dem dort
1992/1993 errichteten Ärztehaus nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Buchstaben a) bzw. b), § 2b
Abs. 1 Satz 1 EGBGB entstanden sein sollte, so liegt gleichwohl kein Rechtsverhältnis
vor, das dem Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes unterfiele.
Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz beendet das in Art. 233 § 2a EGBGB geregelte
Recht zum Besitz für die dort im einzelnen aufgeführten Sachverhalte und stellt an
dessen Stelle ein System zur Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum.
Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz erfasst aber auch und gerade bei Bauvorhaben im
Rahmen komplexen Wohnungsbaus ausschließlich die Bebauung privater Grundstücke,
nicht aber solcher, die bestandskräftig in Volkseigentum überführt worden sind (BT-
Drucks., 12/5992 vom 27. Oktober 1993, abgedruckt bei Czub,
Sachenrechtsbereinigungsgesetz, S. 117 ff./212 und 217; Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz,
SachenRBerG, § 1 1 Rdnr. 142 f., 151, 159; von Falkenhayn in RVI, § 6 SachenRBerG,
Rdnr. 1). Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der konkret derartige Bauvorhaben
behandelnden Vorschriften der §§ 1 Abs. 3, 6 und 7 SachenRBerG.
Nach § 6 SachenRBerG findet die Sachenrechtsbereinigung im staatlichen oder
genossenschaftlichen Wohnungsbau nur dann statt, wenn ehemals volkseigene Betriebe
der Wohnungswirtschaft mit privaten Grundstückseigentümern oder staatlichen
Verwaltern Nutzungsverträge mit dem Inhalt der Gestattung der Bebauung
abgeschlossen und sodann die Grundstücke bebaut haben oder zumindest Grundstücke
mit Billigung staatlicher Stellen ohne eine der Bebauung entsprechende Regelung der
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mit Billigung staatlicher Stellen ohne eine der Bebauung entsprechende Regelung der
Eigentumsverhältnisse mit Gebäuden bebaut worden sind. Beide Voraussetzungen
liegen nicht vor, weil die Flurstücke nach dem Baulandgesetz enteignet und in
Volkseigentum überführt worden waren.
Auch in § 7 Abs. 2 Nr. 7 Buchstaben a) bb) SachenRBerG ist für die Anwendbarkeit
dieses Gesetzes vorausgesetzt, dass die Errichtung von Baulichkeiten im komplexen
Wohnungsbau auf fremden, in Privateigentum stehenden Grundstücken erfolgt ist.
Ehemals volkseigene Vermögenswerte, wie das Grundstück des Beklagten, unterliegen
daher nicht der Sachenrechtsbereinigung, sondern vielmehr der Vermögenszuordnung.
Dies wird durch die Regelungen in § 1 Abs. 2 und 3 SachenRBerG bestätigt.
Nach § 1 Abs. 2 SachenRBerG finden die Bestimmungen dieses Gesetzes keine
Anwendung, wenn das Eigentum an dem Grundstück dem Nutzer nach Maßgabe
besonderer Gesetze zugewiesen oder zu übertragen ist. Das ist nach § 1 Abs. 3 Nr. 2
SachenRBerG aber unter anderem dann der Fall, wenn - wie hier - durch
bestandskräftigen Beschluss über den Entzug des Eigentumsrechtes nach dem
Baulandgesetz das Eigentum an dem Grundstück entzogen und in Volkseigentum
überführt worden ist. In den Fällen der Verwendung solcher volkseigener Grundstücke für
den staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau fällt das Eigentum an dem
Grundstück entweder durch den Einigungsvertrag oder durch das
Vermögenszuordnungsgesetz in das Eigentum der Kommunen bzw. gemäß dem
Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz vom 23. Juni 1993 (WoGenVermG - BGBl.
I S. 944, 989) den in § 9 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG bezeichneten
Wohnungsunternehmen, zu denen auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des VEB
KWV R. gehört, kraft Gesetzes zu. Aufgrund dieser besonderen gesetzlichen Regelungen
über die Vermögenszuordnung bebauter ehemals volkseigener Grundstücke ist die
Sachenrechtsbereinigung auf diese Rechtsverhältnisse nicht anwendbar (§§ 1 Abs. 2, 3
Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG).
Soweit eine Einbindung des Ärztehauses in das zur Wohnungsversorgung genutzte
Vermögen nicht möglich ist, weil das Gebäude nicht überwiegend mit Wohnungen,
sondern mit Arztpraxen ausgestattet ist, würde gleichwohl der Ausschlusstatbestand
des § 1 Abs. 2 SachenRBerG eingreifen. In diesem Fall hätte dieses
Versorgungsgebäude nach der Bauabnahme auf der Grundlage der Verträge zwischen
den volkseigenen Wirtschaftseinheiten als Investitionsauftraggeber und dem
Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau in die Fonds der jeweiligen volkseigenen
Wirtschaftseinheiten übertragen werden müssen. Denn nach den Rechtsvorschriften der
ehemaligen DDR waren die Hauptauftraggeber hierzu verpflichtet (§ 20 der 2. DVO zum
Vertragsgesetz). Wäre entsprechend verfahren worden, hätte die Klägerin bzw. deren
Rechtsvorgängerin als Fondinhaberin auch das Eigentum an dem Grundstück gemäß §
11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG erworben. Zwar konnte es dazu mangels abnahmefähiger
Fertigstellung des Gebäudes nicht mehr kommen. Für diese Fälle greift jedoch § 2 Abs. 1
der 5. DVO zum TreuhG ein. Die Klägerin wird als Rechtsnachfolgerin eines Nutzers eines
für den komplexen Wohnungsbau betriebsnotwendigen Grundstücks angesehen werden
können, weil der VEB KWV R. in den Bestätigungsdokumenten des Rates des Bezirks P.
vom 16. September 1987 und 28. September 1988 als Nutzer des für den Block 3.2
vorgesehenen streitbefangenen Grundstücks bezeichnet war. Als Nutzerin, die das
Grundstück ohne Fondinhaber geworden zu sein, bebauen ließ, wäre sie gemäß § 2 Abs.
1 der 5. DVO zum TreuhG Rechtsträgern im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG
gleichgestellt gewesen und das Eigentum am Grund und Boden auf sie gemäß dieser
Vorschrift übergegangen.
Ist nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 SachenRBerG, der in Abgrenzung zu § 12
SachenRBerG die bauliche Inanspruchnahme von Grundstücken für Zwecke des
komplexen Wohnungsbau definiert, fallen unter den Begriff des komplexen
Wohnungsbaus nur solche Wohngebiete für den staatlichen oder genossenschaftlichen
Wohnungsbau, die bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 nach einer einheitlichen
Bebauungskonzeption vorbereitet und gebaut worden sind. Daran aber fehlt es hier, weil
das Ärztehaus unstreitig erst 1992/93 errichtet worden ist.
Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt würde, dass einzelne Baumaßnahmen
zur Durchführung des Gesamtvorhabens Komplexer Wohnungsbau - auch auf den
streitbefangenen Grundflächen - bereits vor Ablauf des 2. Oktober 1990 in Angriff
genommen worden sind
Sie zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung
der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung die Revision zuzulassen. Die Rechtssache hat weder
grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs.
2 Satz 1 ZPO).
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