Urteil des OLG Brandenburg vom 15.12.2005

OLG Brandenburg: fahrzeug, schriftstück, rückgabe, rücknahmepreis, käufer, zustand, stempel, restschuld, kaufpreis, rechnungsstellung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 14/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 433 BGB, § 154 Abs 2 BGB
Fahrzeugkaufvertrag: Verpflichtung des Verkäufers zur
Rücknahme und Ablösung der Restschuld bei der
finanzierenden Bank
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 15. Dezember 2005 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt/Oder - Az.: 17 O 264/06 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die …-Bank AG, …, zugunsten des Darlehenskontos des
Klägers Nr. … 23.453,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 02. März 2007 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw
Citroen C5 Kombi 3,0 V6 Excl., Fahrzeug-Ident-Nr.: ….
Die Klage wird im Übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Beschwer der Beklagten: 24.385,00 €.
Gründe
I.
Der Kläger als Käufer begehrt von der Beklagten die entgeltliche Rücknahme eines
Anfang Januar 2004 erworbenen Kfzs. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz
wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen.
Der Kläger hat mit Rücksicht darauf, dass die nach seiner Auffassung bestehende
Rücknahmeverpflichtung aus damaliger Sicht erst künftig, zum 01. März 2007, fällig
werden würde, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, spätestens zum 01. März 2007 an die …-Bank AG
24.385,00 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Rücknahme des (näher bezeichneten) Pkw;
hilfsweise festzustellen, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung zu Stande
gekommen ist, wonach sich die Beklagte verpflichtet hat, das Fahrzeug spätestens am
01. März 2007 zurückzunehmen und hierfür einen Rücknahmepreis in Höhe von
24.385,00 € zuzahlen, wenn das zurückzugebende Fahrzeug im Zeitpunkt der Rückgabe
eine Kilometerleistung von nicht mehr als 60.000 km aufweist, das Fahrzeug sich in
einem verkehrs- und betriebssicheren sowie dem Alter und der Kilometerleistung
entsprechenden Erhaltungszustand befindet und schadensfrei ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Hauptantrags als unzulässig, hinsichtlich
des Hilfsantrags als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der
Kläger habe den Abschluss der Zusatzvereinbarung nicht schlüssig dargelegt. Entweder
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Kläger habe den Abschluss der Zusatzvereinbarung nicht schlüssig dargelegt. Entweder
hätten die Parteien sich bereits am 15. Januar 2004 über alle Punkte des Geschäfts
geeinigt; dann sei nicht verständlich, warum diese Einigung nicht schriftlich niedergelegt
worden sei. Oder der Vertreter K. habe dem Kläger gegenüber falsche Angaben
gemacht, indem er ihm in dem Glauben gelassen habe, das Geschäft werde mit dem
Inhalt der Zusatzvereinbarung ablaufen. Auf das Schriftstück Blatt 13 der Akten komme
es nicht an, weil der Kläger dieses nicht als bindende Erklärung angesehen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung, welche dem Kläger
am 21. Dezember 2006 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten befindliche
Leseabschrift (Bl. 96) Bezug genommen.
Mit der am 18. Januar 2007 eingelegten und am 21. Februar 2007 (jeweils Eingang beim
Brandenburgischen Oberlandesgericht) begründeten Berufung hat der Kläger seinen
Hilfsantrag zunächst weiterverfolgt und seinen Antrag nach Ablauf des
Befristungsdatums auf Leistung umgestellt.
Seine Berufung hat der Kläger wie folgt begründet: Er rügt, dass das Landgericht die
angebotenen Zeugen nicht vernommen habe und vertieft sein Vorbringen, dass bereits
bei der Verhandlung vom 15. Januar 2004 eine Einigung über die „Ballonfinanzierung“
erzielt worden sei. Ferner habe das Landgericht die Indizwirkung der Erklärung vom 26.
April 2004 (Bl. 13 d.A.) nicht berücksichtigt.
Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte zu
verurteilen,
an die …-Bank AG, …, zugunsten des Darlehenskontos des Klägers Nr. … €
24.385,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 02. März 2007 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Citroen C5 Kombi
3,0 V6 Excl., Fahrzeug-Ident-Nr.:….
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei zwar im Gegensatz zu dem Vorbringen erster Instanz nie ein Barkauf beabsichtigt
gewesen. Über die Rücknahme des Pkw habe der Verkäufer K. zwar mit dem Kläger
gesprochen, jedoch allenfalls im Zusammenhang mit einer Finanzierung bei der P. F.
Deutschland GmbH. Über Details habe man sich diesbezüglich nicht geeinigt. Wie der
Kläger in den Besitz der Zusatzvereinbarung (Bl. 13 d.A.) gekommen sei, sei nicht
erklärlich. Jedenfalls habe es sich nur um eine beispielhafte Darstellung gehandelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind. Der Senat hat Beweis erhoben über den Inhalt der
mündlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien durch uneidliche Vernehmung der
Zeugen B. und N. A. sowie des Zeugen K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme
wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27. April 2007 (Bl. 188 d.A.) Bezug genommen.
Die Parteien haben schriftsätzlich zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung
genommen. Im hierzu nachgelassenen Schriftsatz vom 16. Mai 2007 hat die Beklagte
darüber hinaus Angaben zum Zustand des Fahrzeugs und zum Rücknahmewert
gemacht. Schließlich hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Stempelaufdruck auf
der verbindlichen Bestellung (Bl. 38 d.A.) den Zusatz trägt: „im Namen und Rechnung
der M. W. GmbH“. Tatsächlich sei der Verkauf aber über eine dritte Firma, die B.
Automobile F.-GmbH abgewickelt worden. Sie, die Beklagte, sei deshalb nicht passiv
legitimiert, sondern nur als Vermittlerin tätig geworden.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Frist und Form
eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über
das streitgegenständliche Fahrzeug zu Stande gekommen, wobei die Beklagte die Pflicht
übernommen hat, das Fahrzeug nach Ablauf der vereinbarten - und zwischenzeitlich
abgelaufenen - Zeit wieder zu übernehmen, wobei sie die Restschuld bei der
finanzierenden Bank ablösen musste. Der Höhe nach ist der Rechtsstreit noch nicht
vollständig zur Entscheidung reif.
1. Ohne Erfolg wendet die Beklagte in dem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz
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1. Ohne Erfolg wendet die Beklagte in dem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz
zweiter Instanz erstmals ein, sie sei nicht passiv legitimiert. Die Passivlegitimation ist
nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Vertrag mit Vollmacht und im Namen der
Fa. M. W. GmbH abgeschlossen worden wäre. Das Original der „verbindlichen
Bestellung“ (Anlage B 1; Bl. 38 d. A.), welches in Kopie von der Beklagten zu den Akten
gereicht worden ist, weist zwar einen auf die Vertretung hinweisenden Stempel auf.
Dieser ist jedoch aus mehreren Gründen für das Vertragsverhältnis nicht maßgeblich:
Die Beklagte selbst ist zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Vertrag nicht
mit ihr, sondern mit der Fa. M. W. GmbH abgeschlossen worden ist. Der Vertretungswille
ist gegenüber dem Kläger auch nicht deutlich gemacht worden; insbesondere der kleine
Stempelaufdruck, der bei einer Bestellung kaum wahrgenommen wird, ist zur
Offenlegung der „wirklichen“ Vertragspartei nicht ausreichend. Ohnehin sind sich die
Parteien in zweiter Instanz darüber einig, dass die schriftliche verbindliche Bestellung die
tatsächlichen Vertragsverhältnisse nicht wirksam wiedergibt: Beide Parteien behaupten
an Stelle des schriftlich fixierten Barkaufs einen finanzierten Kauf (mit streitigem Inhalt
im Übrigen).
Auch ein Handeln der Beklagten im Namen der Fa. B. Automobile F. GmbH kommt nicht
in Betracht. Selbst wenn man das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten in dem
hierzu nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16. Mai 2007 berücksichtigt, folgt hieraus
nicht die Vertragspartnerschaft der Fa. B.. Die Rechnungsstellung durch einen Dritten,
der dem Käufer bis dahin unbekannt geblieben ist, vermag ohne hinzutretende
Umstände die Vertragspartnerschaft nicht nachträglich zu ändern. Auch die Beklagte
hat dies - ebenso wie die finanzierende …-Bank - so gesehen, hat sie doch den Kaufpreis
von dieser Bank vereinnahmt.
2. Die so genannte Zusatzvereinbarung ist zwischen den Parteien mit dem sachlichen
Inhalt des Schriftstücks vom 26. Februar 2004 (Bl. 13 d. A.) zu Stande gekommen.
In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die Parteien bis zum 26.
Februar 2004, dem Tag der Übernahme des Fahrzeugs, nicht wirksam geeinigt hatten,
sondern die Einigung erst nach Zusage des Darlehens anlässlich der Übernahme des
Citroen zu Stande gekommen ist. Insbesondere war der Vertrag nicht schon am 15.
Januar 2004 geschlossen worden. Im Gegensatz zu dem erstinstanzlichen Vorbringen
der Beklagten stand der Vertrag unter dem Vorbehalt, dass eine - noch nicht
feststehende - Finanzierung vermittelt werden konnte. Diese stand nach dem Vortrag
der Beklagten erst im Februar fest. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Zeugen K.,
der bekundet hat, die verbindliche Bestellung wäre gegenstandslos gewesen, hätte sich
kein Finanzierer gefunden.
Gegenstand des Vertrages war auch die Vereinbarung der Parteien darüber, dass die
Beklagte das Kfz bis zum 01. Juli 2007 würde zurücknehmen müssen, wobei die Restrate
durch die Beklagte abgelöst werden musste. Das Gericht folgt insoweit den
Bekundungen der vernommenen Zeugen B. A., deren überzeugende Aussage durch die
– nur teilweise – abweichenden Ausführungen des Zeugen K. nicht ernsthaft in Zweifel
gezogen werden:
Die Zeugen B. und N. A. haben übereinstimmend die Behauptung des Klägers bestätigt,
dass anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen stets die Erwartung des Klägers zum
Ausdruck gekommen ist, dass er das Fahrzeug in einer Weise erwerben wollte, die dem
Leasing aus seiner Sicht wirtschaftlich gleichkommt. Diese Erwartung ist vom Verkäufer
K. nach dem Inhalt seiner Aussage erkannt worden; er hat gegenüber dem Kläger zum
Ausdruck gebracht, dass es eine „Ballonfinanzierung“ geben solle. Nicht zum Ausdruck
gebracht hat er dagegen, dass eine solche nach seiner Kenntnis ausschließlich mit der
P.-Bank möglich gewesen wäre. Im Gegenteil hat der Zeuge K., wie er auf Nachfrage hat
einräumen müssen, noch bei der Übergabe des Fahrzeugs den Kläger in seiner
Erwartung bestätigt, er könne das Fahrzeug nach Ablauf der vereinbarten Zeit
zurückgeben, wie die Übergabe des Schriftstücks Bl. 13 d. A. eindrücklich belegt. Die
Einlassung des Zeugen, er habe hierbei dem Zeugen N. A. gegenüber zum Ausdruck
gebracht, es handele sich um eine Vorgabe, die noch mit der ..-Bank auszuhandeln sei,
ist unglaubwürdig. Sie wurde vom Zeugen N. A. nicht bestätigt und passt auch nicht zu
dem sonstigen Verhalten des Zeugen K.. So ist nicht zu ersehen, warum er etwa die
Vereinbarung mit Stempel und Unterschrift versehen hat, wenn sie nur als Muster
dienen sollte.
§ 154 Abs. 2 BGB steht der Wirksamkeit der Einigung nicht entgegen. Die Parteien haben
durch die Übergabe des Fahrzeugs und die Zahlung des Kaufpreises zum Ausdruck
gebracht, dass sie die mündlichen Vereinbarungen für ausreichend hielten, um den Kauf
wirksam zu machen. Dem steht die Tatsache nicht entgegen, dass der Kläger sich im
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wirksam zu machen. Dem steht die Tatsache nicht entgegen, dass der Kläger sich im
Nachgang um eine schriftliche Bestätigung des Vereinbarten bemüht hat.
3. Die „Zusatzvereinbarung“ war auch dem Inhalt nach eindeutig bestimmt. Spätestens
zu dem Zeitpunkt, als der Vertrag zwischen den Parteien abgeschlossen worden ist, hat
der Zeuge K. das Schriftstück vom 26. Februar 2004 dem Kläger überreicht. Damit stand
sowohl der Gegenstand der Rücknahmeverpflichtung fest als auch die Modalitäten im
Hinblick auf den Zustand des Fahrzeugs.
Der Umstand, dass sowohl der Kläger als auch der Zeuge K. dem Schriftstück keinen
Vertragscharakter beigemessen haben, sondern diese vielmehr als „beispielhaft“
empfunden haben, steht dieser Wertung nicht entgegen, gibt das Formular doch die in
diesem Zusammenhang die üblichen Rücknahmemodalitäten wieder. Auch die Beklagte
macht nicht geltend, dass etwa andere Parameter als die genannte Fahrleistung und der
Fahrzeugzustand in Ansatz zu bringen wären.
4. Der Höhe nach ist der Rechtsstreit nicht vollständig zur Entscheidung reif. Der Senat
hat über die Höhe des Rücknahmepreises noch nicht verhandelt. Ob sich der
Rückkaufpreis um den Minderwert des Fahrzeugs vermindert, bedarf näherer
Ausführungen der Parteien, über die erforderlichenfalls noch Beweis zu erheben ist.
Entscheidungsreif ist der Rechtsstreit nur insoweit, als die Beklagte im nachgelassenen
Schriftsatz (S. 10) den Rücknahmepreis mit 23.453,26 € beziffert hat.
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Eine Kostenentscheidung kann noch nicht erfolgen, weil das endgültige Ausmaß des
Obsiegens und Unterliegens der Parteien vom Ausgang des verbleibenden
Höheverfahrens abhängt. Das Urteil ist für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 708 Nr.
10 ZPO). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf einer Würdigung der
Beweise im Einzelfall beruht und grundsätzliche Fragen nicht berührt werden.
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