Urteil des OLG Brandenburg vom 10.10.2006

OLG Brandenburg: treu und glauben, vergütung, fälligkeit, mietvertrag, miete, mahnkosten, werkvertrag, vermietung, bezahlung, kündigung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 174/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 Abs 2 BGB, § 631 Abs 1
BGB, § 526 ZPO, § 242 BGB
Ansprüche aus Vermietung einer Brecheranlage und der
Erbringung entsprechender Werkleistungen
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.8.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin
der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und wie folgt neu
gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.482,90 € nebst 8 % Zinsen über dem
Basiszinssatz aus 11.372,90 € seit dem 10.10.2006 sowie aus 3.100 € seit dem
2.10.2006 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten aus Vertrag vom 6.9.2006 eine
Mietzinsrestforderung in Höhe von – zuletzt – 3.400 € geltend gemacht. Gegenstand des
Vertrages war die Vermietung einer Brecheranlage zum Tagessatz inklusive
Bedienungspersonal zu einem Einzelpreis von 900 € bei einem Einsatz von acht Stunden
pro Tag und von 1.000 € bei einem Einsatz von zehn Stunden pro Tag.
Des Weiteren hat der Kläger eine Vergütung von so genannten Brecherleistungen
gemäß dem Vertrag der Parteien vom 22.6.2006 in Höhe von 11.382,90 € eingeklagt.
Schließlich hat er bezüglich beider Einzelforderungen jeweils Mahnkosten in Höhe von 10
€ gefordert.
Das Landgericht hat zum zeitlichen Umfang der Verwendung der mit Vertrag vom
6.9.2006 vermieteten Brecheranlage Beweis erhoben.
Mit Urteil vom 23.8.2007 hat das Landgericht der Klage hinsichtlich einer
Mietzinsforderung in Höhe von 400 € nebst geltend gemachter Zinsen stattgegeben und
die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit Beschluss vom 23.8.2007 ist das vorgenannte
Urteil dahin berichtigt worden, dass die Beklagte außerdem zu 10 € vorgerichtlicher
Mahnkosten verurteilt werde.
Das Urteil des Landgerichts ist dem Kläger am 6.9.2007 zugestellt worden. Am
14.9.2007 hat der Kläger gegen die Entscheidung Berufung eingelegt, die er am
6.11.2007 begründet hat.
Mit Beschluss vom 12.11.2007 hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 526 ZPO dem
Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den
Kläger weitere 14.382,90 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 11.382,90 €
seit dem 22.9.2006 sowie aus 3.000 € seit dem 2.10.2006 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 29.2.2008 zugleich mit dem ihr nachgelassenen
Widerruf des Vergleichs vom 15.2.2008 ergänzend vorgetragen. Der Kläger hat dazu mit
Schriftsatz vom 22.3.2008 Stellung genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Lediglich hinsichtlich einer Teilforderung
von 400 € aus dem Mietvertrag bleibt sie ohne Erfolg.
1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten gemäß § 535 Abs. 2 BGB aus dem
Mietvertrag vom 6.9.2006 eine Restforderung in Höhe von 3.100 € zu. Die
weitergehende Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat vorgetragen und soweit erforderlich bewiesen, dass die vermietete
Brecheranlage am 7., 8., 11., 12., 13., 14., 15. und 21.9.2006 am vereinbarten Ort in G.
von der Beklagten genutzt wurde.
Der vom Landgericht vernommene Zeuge S. hat bekundet, dass die Anlage zuerst am
7.9.2006 zum Einsatz kam und insgesamt sieben Tage im Einsatz war. Ebenso hat er auf
Vorlage bestätigt, dass der Monatsarbeitsstundennachweis, der vom Kläger mit
Schriftsatz vom 13.3.2007 zu den Akten gereicht worden ist, selbst ausgefüllt zu haben.
Der Monatsarbeitsstundennachweis weist eine Tätigkeit des Zeugen in G. an den
vorgenannten Tagen aus.
Der Zeuge A. war als Mitarbeiter des Klägers vom 11. bis 15.9.2006 in G. tätig. Er hatte
nach seinen Angaben die Aufgabe, unten an der Brecheranlage zu stehen, die
Wasseranlage zu bedienen und die Anlage freizuschaufeln. Er hat also ebenfalls den
Einsatz der Anlage im Betrieb der Beklagten an den von ihm genannten Tagen bestätigt.
Der Zeuge Sch. hat bekundet, in der Zeit vom 7.9.2006 bis zum 14.9.2006 im Auftrag
der Firma G. den Radlader in der Grube G. bedient zu haben. Er sei als Bestücker der
Brecheranlage im Einsatz gewesen und hat anhand eigener kalendarischer
Aufzeichnungen bestätigt, an den Werktagen innerhalb des von ihm genannten
Zeitraums an der Anlage tätig gewesen zu sein.
Hinsichtlich des 21.9.2006 bedurfte es überdies des Beweises des Einsatzes der Anlage
in der Grube der Beklagten nicht, da der einschlägige Vortrag des Klägers in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10.8.2007 von der Beklagten nicht
bestritten worden ist. Die Beklagte kann insofern nicht geltend machen, ihr
Prozessbevollmächtigter habe sich in jenem Termin zu dem entsprechenden
Sachvortrag des Klägers nicht äußern können und habe nicht ins Blaue hinein bestreiten
wollen. Gegebenenfalls hätte er zu dem Vortrag des Klägers einen Schriftsatznachlass
beantragen müssen.
Die Höhe der für den Einsatz der Brecheranlage im Rahmen des Mietvertrages zu
zahlenden Miete bestimmt sich entgegen dem Verständnis des Landgerichts nicht nach
Einsatzstunden, sondern nach Einsatztagen. Die Parteien habe eine Vergütung der
Miete nach Tagessätzen vereinbart. Die Höhe der täglichen Miete betrug bei einem
Einsatz bis zu acht Stunden 900 € und bei einem Einsatz bis zu zehn Stunden 1.000 €.
Mithin ist bei einem Einsatz von acht Tagen von einer Vergütung von insgesamt
wenigstens 7.200 € auszugehen. Für vier Tage ist überdies ein Tagessatz von 1.000 €
zur Anwendung zu bringen, da an diesen Tagen eine Nutzung der Anlage für mehr als
acht Stunden stattfand. Es handelt sich um den 11., 13., 14. und 21.9.2006.
Für die ersten beiden Tage hat die Beklagte mit der Klageerwiderung eine
„Leistungszeit“ von mehr als neun Stunden vorgetragen. Hinsichtlich des 21.9.2006 ist
in der mündlichen Verhandlung vom 10.8.2007 ein Einsatz von neun Stunden
vorgetragen worden und unbestritten geblieben. Für den 14.9.2006 ist das Landgericht
in Würdigung der Beweisaufnahme von einer Einsatzzeit von zehn Stunden
ausgegangen. Diese Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden und von den Parteien
auch nicht beanstandet worden.
Im Ergebnis schuldete die Beklagte dem Kläger mithin aus dem Mietvertrag eine
Vergütung von 7.600 €, sodass die Klage unter Berücksichtigung der am 9.10.2006
erfolgten Zahlung von 4.500 € (gemäß dem zu den Akten gereichten Schriftsatz der
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erfolgten Zahlung von 4.500 € (gemäß dem zu den Akten gereichten Schriftsatz der
Rechtsanwälte F. pp. vom 8.11.2006) in Höhe von weiteren 3.100 € begründet ist.
Die beantragten Zinsen auf die noch offene Restforderung aus dem Mietvertrag stehen
dem Kläger gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB zu.
Die geltend gemachten Mahnkosten von 10 € können ebenfalls gemäß § 286 Abs. 1 BGB
verlangt werden.
Der Vergütungsanspruch des Klägers erfährt keine Minderung durch den von der
Beklagten behaupteten wiederholten Ausfall der Anlage. Ebenso kann die Beklagte nicht
mit Erfolg hilfsweise gegen den Vergütungsanspruch des Klägers mit einer eigenen
Schadensersatzforderung von 157,70 € wegen behaupteten wiederholten
Betriebsausfalls aufrechnen. Die Beklagte ist insofern beweisfällig geblieben, nachdem
sich die bestätigende Aussage des Zeugen Sch. und die einschlägigen Bekundungen der
Zeugen S. und A. entgegenstehen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des
Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, die von den
Parteien keine Beanstandung erfahren haben, wird verwiesen.
2. Die Forderung von 11.372,90 € für die Erbringung von Brecherleistungen durch den
Kläger für die Beklagte in der Grube M. in der Zeit vom 11.8.2006 bis zum 6.9.2006 ist
gemäß § 631 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Vertrag der Parteien vom 22.6.2006
begründet.
Die Erbringung der Brecherleistungen, die der streitigen Forderung zugrunde liegen, ist
hinsichtlich der abgerechneten Menge nicht streitig. Die Abrechnung erfolgte auch zu
dem vereinbarten Vergütungspreis.
Die Beklagte kann sich gegenüber der Forderung des Klägers nicht auf deren fehlende
Fälligkeit berufen.
Von dieser ist allerdings zunächst aus den vom Landgericht in den
Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils angeführten Erwägungen
auszugehen. Der Kläger muss sich gleichwohl unter dem Gesichtspunkt von Treu und
Glauben nicht auf die fehlende Fälligkeit verweisen lassen.
Dem Kläger ist die Fortführung der Brecherleistungen in der Grube M. zur Herbeiführung
auch der Fälligkeit der bereits im vorgenannten Zeitraum erbrachten Brecherleistungen
aufgrund des Zahlungsverhaltens der Beklagten im Rahmen des Mietvertrages der
Parteien vom 6.9.2006 nicht zuzumuten.
Die Beklagte hat die Mietrechnung für die Bereitstellung der Brecheranlage zum Einsatz
durch die Beklagte in G. trotz Fälligkeit nur in Höhe von ca. 56 % der abgerechneten
Vergütung und in Höhe von knapp 60 % der geschuldeten Vergütung bezahlt. Der
Einbehalt von 3.100 € war nach Aktenlage nicht begründet (vgl. vorstehend 1.).
In Ansehung dieses unberechtigten Einbehalts fälliger Miete im Rahmen des Vertrages
der Parteien vom 6.9.2006 konnte vom Kläger nicht verlangt werden, die noch offenen
Restleistungen aus dem Werkvertrag zu erfüllen, um auf dieser Weise die Fälligkeit der
dann entstandenen Gesamtforderung zu erfüllen.
Der Kläger lief aus seiner Sicht in die Gefahr unberechtigter Einwendungen gegen die
dann von ihm geltend zu machende Forderung. Dies gilt umso mehr, als dem Vortrag
der Parteien und den zu den Akten gereichten Anlagen (einschließlich der von der
Beklagten mit Schriftsatz vom 29.2.2008 vorgelegten) nicht entnommen werden kann,
dass die Beklagte frühzeitig auf die Gründe für ihre lediglich teilweise Bezahlung der
Mietrechnung hinwies.
Dem Kläger ist gleichfalls nicht zuzumuten gewesen, wegen der Bezahlung bereits
erbrachter Leistungen abzuwarten, bis die Frage des Bestandes seines restlichen
Mietanspruches eine rechtskräftige Antwort erfahren würde.
Es kann dahinstehen, ob die nach den vorstehenden Ausführungen unberechtigte
Einbehaltung eines nicht unerheblichen Teils der Vergütung von Leistungen des Klägers
aus dem Mietvertrag diesem das Recht zu einer Kündigung des Werkvertrages der
Parteien vom 22.6.2006 eröffnete und ob deshalb die Kündigung des Vertrages durch
das anwaltliche Schreiben des Klägers vom 8.11.2006 wirksam war. Auch im Falle des
Fortbestandes des Werkvertrages griffe die Berufung auf die fehlende Fälligkeit der
Vergütung nicht durch, weil ihr aus den vorgenannten Gründen jedenfalls der Einwand
der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht. Unerheblich ist in diesem
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der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht. Unerheblich ist in diesem
Zusammenhang, dass sich der Zahlungsanspruch des Klägers aus dem Mietvertrag und
die fälligkeitsbegründenden Umstände für die Werklohnforderung aus dem gesonderten
Werkvertrag ergeben. Entscheidend ist insofern, dass die Parteien beider Verträge
identisch sind, sodass die pflichtwidrige Nichtzahlung eines erheblichen Teils des
Vergütungsanspruchs des Klägers aus dem einen Vertrag die Unzumutbarkeit der
Fortführung der vom Kläger zu erbringenden Leistungen nach dem anderen Vertrag
bedingt.
Die Beklagte kann dem Werklohnanspruch des Klägers ferner nicht entgegenhalten,
dass die erzielte Körnung nicht den vertraglichen Vorgaben von 0 – 45 mm entsprach,
sondern „teilweise erheblich vom vertraglichen Sollzustand“ abwich und eine Körnung
bis zu 100 mm aufwies.
Zwar mag es grundsätzlich Sache des Klägers sein, in Verfolgung seiner
Werklohnforderung darzutun, dass er diese ordentlich erbracht habe. Dieser
Darlegungslast hat der Kläger jedoch zunächst genügt.
Der Kläger hat vorgetragen, man habe zwar festgestellt, dass die vereinbarte Körnung
ohne Absiebung – wie zunächst vorgesehen – nicht erreicht werden konnte. Deshalb
habe der Kläger eine Siebanlage aufgestellt, in der das Material mit zu großer Körnung
aufgefangen und nochmals im Brecher gebrochen wurde. Dies sei auch der Rechnung
vom 14.8.2006 zu entnehmen, die sich zu den vom 19.7.2006 bis zum 10.8.2006
erbrachten Brecherleistungen verhält. Diese weist für einen Teil der abgerechneten
Menge die Leistung „Brechen von Beton ohne Absiebung“ zu einem Preis von 2,60 € pro
Tonne aus und für eine weitere Teilmenge ein „Brechen von Beton mit Absiebung“ zu
einem Preis von 2,80 € pro Tonne. Dieser Vortrag des Klägers legt nahe, dass eine
Nichteinhaltung der vertraglichen Vorgaben zur Körnung bereits während der Ausführung
von zwischenzeitlich abgerechneten Teilleistungen aus dem Werkvertrag auftrat. Diese
Teilleistung ist unstreitig vergütet worden. Deshalb können die in der Anfangsphase vom
Kläger eingeräumten Abweichungen von der vereinbarten Körnung nicht später
erbrachten Leistungen entgegengehalten werden.
Soweit die Beklagte nachfolgend an ihrem Vortrag zur Beanstandung der Körnung
festgehalten hat, hätte es der Auseinandersetzung mit der Einlassung des Klägers
bedurft. Es hätte aufgezeigt werden müssen, ob von dem reklamierten Mangel auch die
nunmehr abgerechneten Leistungen erfasst waren. Ohne diese Differenzierung des
Mängeleinwandes ist das hierauf gestützte Bestreiten einer ordentlichen
Leistungserbringung nicht erheblich.
Der Kläger hat für die Werklohnforderung einen Anspruch auf die beantragten Zinsen
gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ab 10.10.2006. Der Einwand der fehlenden
Fälligkeit dieses Vergütungsanspruchs unterfiel seit diesem Zeitpunkt dem Einwand
einer unzulässigen Rechtsausübung, nachdem die Beklagte die vom Kläger in Rechnung
gestellte fällige Miete für den Einsatz der Brecheranlage in G. am 9.10.2006 (vgl.
Schreiben der Rechtsanwälte F. pp. vom 8.11.2006, das vom Klägervertreter mit
Schriftsatz vom 24.1.2007 zu den Akten gereicht worden ist) lediglich teilweise bezahlte.
Ein Anspruch auf Ersatz von Mahnkosten bezüglich der Werklohnforderung besteht nicht,
nachdem der Beklagten der Einwand fehlender Fälligkeit der Werklohnforderung erst ab
dem 10.10.2006 versagt war.
3. Der nicht nachgelassene ergänzende Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom
29.2.2008 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Dies gilt
gleichfalls für den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 22.3.2008.
4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 und 2, 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO.
Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.
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