Urteil des OLG Brandenburg vom 07.09.2006
OLG Brandenburg: operation, mrt, chirurgischer eingriff, diagnose, behandlungsfehler, gesellschafter, schmerzensgeld, aufklärungspflicht, therapie, verordnung
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 193/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 BGB, § 823 Abs 1 BGB, §
847 BGB
Aufklärungs-, Diagnose und Behandlungsfehler bei der
medizinischen Heilbehandlung einer Bandläsion
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. September 2006 verkündete Urteil der 11.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az.: 11 O 215/04, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils
beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers im
Zusammenhang mit der Behandlung einer am 06.10.2001 infolge eines Unfalls in ihrem
Garten erlittenen Bandläsion am rechten Sprunggelenk der Klägerin auf
Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige
materielle und immaterielle Schäden in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob die
Gesellschafter der Beklagten bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine operative
Behandlung der Bandruptur und in diesem Zusammenhang auch eine MRT-
Untersuchung hätten vornehmen müssen. Die Klägerin behauptet, die bei ihr letztlich
festgestellte Versteifung des rechten Sprunggelenkes sowie die eingetretene
Talusnekrose sei auf die fehlerhafte Behandlung in der Praxis der Beklagten
zurückzuführen. Sie macht ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld
in Höhe von mindestens 15.000,00 € sowie Verdienstausfall für einen Zeitraum von 16
Monaten geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen
Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen mit der
Begründung, der Beklagten könne weder ein Diagnose- noch ein Behandlungsfehler
vorgeworfen werden. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M.
stehe fest, dass die Diagnose der Beklagten zutreffend gewesen sei. Die festgestellte
Bandverletzung II. Grades könne sowohl durch eine Operation als auch konservativ
behandelt werden, wobei die bevorzugte Therapie die konservative sei. Die Klägerin sei
über diese Behandlungsalternativen aufgeklärt worden. Der Sachverständige habe in der
Behandlung durch die Beklagte keine Abweichung vom ärztlichen Standard zu erkennen
vermocht, insbesondere habe er die Verordnung eines Unterschenkelgipses für einen
kurzen Zeitraum nicht für erforderlich erachtet. Der Sachverständige habe auch
bestätigt, dass die Beklagte die Verletzung der Klägerin nicht bereits im
Oktober/November 2001 hätte operieren lassen müssen. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe verwiesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 13.09.2006
zugestellte Urteil (Bl. 202 GA) mit einem per Telefax am 13.10.2006 beim
Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt
(Bl. 214 GA) und mit einem per Telefax am 13.11.2006 eingegangenen Schriftsatz
begründet (Bl. 228 ff GA).
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Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich geltend gemachten Anträge in
vollem Umfang weiter. Sie rügt zunächst, das Landgericht habe fehlerhaft im
unstreitigen Tatbestand wiedergegeben, dass sie zu Beginn ihrer Behandlung über
operative oder konservative Behandlungsmethoden aufgeklärt worden sei, dass sie zu
einem Kontrolltermin vier Tage nach der erstmaligen Behandlung am 08.10.2001 nicht
erschienen sei und dass sie im Behandlungstermin am 09.11.2001 ohne Orthese
erschienen sei, obwohl sie dies erstinstanzlich unter Beweisantritt bestritten habe.
Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht das Vorliegen eines Diagnosefehlers verneint.
Das Landgericht habe sich nicht mit der Frage auseinander gesetzt, weshalb angesichts
der Tatsache, dass es sich bei der festgestellten Bandverletzung II. Grades nicht mehr
um eine leichte Bandverletzung handele, keine zeitnahe MRT-Untersuchung angeordnet
worden sei. Eine solche Untersuchung hätte auch deshalb durchgeführt werden müssen,
weil das sehr kleine Zeitfenster von 10 Tagen, welches für das Zusammenführen
gerissener Bandstrukturen verbleibe, eine schnelle und zielgenaue
Therapieentscheidung geboten hätte. Damit liege ein ärztlicher Diagnosefehler vor.
Daraus sei auch ein Behandlungsfehler erwachsen, den das Landgericht nicht erkannt
habe. Es sei nicht vorgetragen, ob im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen den
gesundheitlichen Risiken einer Operation und den Folgen einer möglicherweise
fehlschlagenden konservativen Behandlungsmethode vorgenommen worden sei. Es sei
zudem nicht erörtert worden, um welche einer Operation innewohnenden Risiken es sich
gehandelt habe. Das Landgericht sei demnach dem Beweisangebot, dass im
vorliegenden Fall eine Operation erforderlich gewesen wäre, zu Unrecht nicht
nachgegangen. Selbst nach den aus dem Sachverständigengutachten und der
Anhörung des Sachverständigen gewonnenen Erkenntnissen liege ein Behandlungsfehler
vor, indem der Sachverständige ausgeführt habe, dass die Verordnung einer Orthese
nur dann geboten gewesen sei, wenn keine Schwellung bzw. nur eine geringe Schwellung
vorliege und das Auftreten nicht sehr schmerzhaft sei, anderenfalls wäre die
Ruhigstellung durch einen verordneten Gipsverband für 3 - 5 Tage Erfolg versprechender
gewesen. Sie habe erstinstanzlich vorgetragen, dass ihr rechtes Sprunggelenk im
Zeitpunkt der Diagnose stark angeschwollen gewesen sei. Deshalb hätten die
Gesellschafter der Beklagten selbst bei konservativer Behandlungsmethode das rechte
Sprunggelenk zunächst mittels eines Gipsverbandes ruhig stellen und nach 3 - 5 Tagen
prüfen müssen, ob die Behandlungsmethode den gewünschten Heilungserfolg gehabt
habe.
Mit einem im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz vom
15.03.2007 trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Äußerung eines Dr. med. O.
T., Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie, in K., vor, dass die im März
2002 nachgewiesene Talusnekrose durch eine adäquate Bildgebung früher hätte
nachgewiesen werden müssen und eine Stabilisierungsoperation, gegebenenfalls ein
Anbohren des Talus hätte erfolgen müssen, wodurch eine Versteifung des rechten
Sprunggelenkes in Spitzfuß- und Varusstellung hätte vermieden werden können, so dass
ein Behandlungsfehler der Beklagten vorliege. Zudem teile der Gutachter Dr. T. nicht die
Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen, dass eine Operation nur innerhalb von
10 Tagen nach der Verletzung möglich gewesen wäre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 07.09.2006 (11 O 215/04) abzuändern
und die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen,
welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens in Höhe von 15.000,00 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit (17.12.2004);
die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.310,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.12.2004) zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren
zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der
fehlerhaften Behandlung in der Zeit vom 08.10.2001 bis 07.05.2002 in der
Gemeinschaftspraxis Dr. med. R. G. und Dr. med. F. G. M., St., … R., entstanden sind
und/oder noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Nach den Ausführungen des Sachverständigen
Dr. M. sei belegt, dass eine echte Behandlungsalternative gerade nicht bestanden habe,
da ein chirurgischer Eingriff keine signifikant größeren Heilungschancen im Vergleich zur
Stabilisierung mittels Orthese biete. Es liege auf der Hand, dass jeder chirurgische
Eingriff ein wesentlich größeres Risiko von Folgeschäden wie z. B. Infektionen,
Thrombosen oder Nervschäden berge als eine konservative Stabilisierung. Es sei nicht
ersichtlich, woraus die Klägerin einen medizinischen Standard dergestalt herleite, dass
die Gesellschafter der Beklagten umgehend eine sofortige Operation hätten veranlassen
müssen. Es sei auch nicht zwingend angezeigt gewesen, zunächst für 3 - 5 Tage einen
Gipsverband anzulegen. Der Sachverständige habe auch überzeugend dargelegt,
weshalb weitere diagnostische Maßnahmen nicht erforderlich gewesen seien.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 517 ff. ZPO eingelegte und
begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen weder
vertragliche Ansprüche auf Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung des mit
der Beklagten abgeschlossenen Behandlungsvertrages noch deliktische Ansprüche auf
Schadensersatz und Schmerzensgeld aus den §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB a. F. i.V.m.
§ 31 BGB analog zu. Auf den zugrunde liegenden Sachverhalt ist das bis zum
31.12.2001 geltende Recht anzuwenden (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB). Die Klägerin hat nicht
den Nachweis zu führen vermocht, dass die Behandlung in der Gemeinschaftspraxis der
Beklagten fehlerhaft war.
1. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist der
Beklagten weder ein Diagnose- noch ein Behandlungsfehler vorzuwerfen. Ein
Diagnosefehler liegt nicht vor. Wie sich aus dem von der Beklagten überreichten
Krankenunterlagen ergibt (vgl. Bl. 87 GA), wurde durch die Beklagte bereits am
08.10.2001 eine Bandläsion des rechten Sprunggelenkes diagnostiziert. Unter
Bandläsion versteht man, wie der Sachverständige Dr. M. bei seiner Erläuterung des
Gutachtens erklärt hat und zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht, jede Art
von Bandverletzungen, insbesondere auch eine Bandruptur. Eine solche Bandruptur sei
bereits anhand des Röntgenbildes aufgrund des Talusvorschubes von etwa 5 mm
erkennbar gewesen. Die Behandlung dieser Bandverletzung ist nach den schlüssigen,
nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des gerichtlichen
Sachverständigen Dr. M., an dessen Sachkunde zu zweifeln für den Senat kein Anlass
besteht, auch fehlerfrei erfolgt. Eine Operation war danach nicht zwingend geboten, weil
zum einen eine Operation lediglich bei Sportlern, die auf eine schnelle Heilung
angewiesen seien, durchgeführt werde und zum anderen eine Operation auch bereits
deshalb nicht möglich gewesen sei, weil der Fuß dazu entzündungsfrei hätte sein
müssen, was nicht der Fall gewesen sei. Grundsätzlich ist die Wahl der Diagnostik oder
Therapiemethode primär Sache des Arztes (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5.
Aufl., Rn. B 34 m.w.N.). Im Streitfall ist die Wahl der konservativen Behandlungsmethode
somit nicht als fehlerhaft anzusehen, da eine Operation nicht zwingend geboten war. Der
Senat hat keine Veranlassung, die in sich schlüssigen und eingehend begründeten
Feststellungen des Sachverständigen, die dieser anhand einer eingehenden
Untersuchung der Klägerin gewonnen hat, in Zweifel zu ziehen. Soweit der
Sachverständige Dr. M. in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, dass die
empfohlene Therapie in der Anlegung eines Unterschenkelspaltgipses für 3 - 5 Tage,
einer Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin, Hochlagerung,
Antiphlogistikagabe, Eiskühlung sowie danach Anlegen einer Orthese mit Vollbelastung
bei Schmerzfreiheit besteht (Bl. 133 GA), hat er im Rahmen der Erläuterung des
Gutachtens eingeschränkt, dass die Anlegung eines Unterschenkelspaltgipses nicht
zwingend erforderlich ist, sondern von Anfang an eine Orthese verordnet werden kann,
wenn keine oder nur eine geringe Schwellung vorliegt und das Auftreten nicht sehr
schmerzhaft ist (Bl. 183 GA). Selbst wenn man zugunsten der Klägerin in Betracht zieht,
dass in ihrem Fall die Anlegung eines Unterschenkelgipses indiziert gewesen wäre, weil
ihr rechtes Sprunggelenk zum Zeitpunkt der Diagnose stark angeschwollen gewesen
war, ist nicht ersichtlich, dass die in diesem Fall erfolgte Verordnung einer Orthese an
der Stelle eines Unterschenkelspaltgipses für die von der Klägerin geltend gemachten
dauerhaften Folgen der Versteifung des Sprunggelenkes und der Talusnekrose
ursächlich geworden ist. Insofern hat der gerichtliche Sachverständige Dr. M.
überzeugend ausgeführt, dass es sich bei der Talusnekrose um eine zwar seltene,
jedoch in 7 % derartiger Sprunggelenkdistorsionen vorkommende Nebenfolge handelt,
die auf die Ursprungsverletzung, das Ausrutschen auf einem Pfirsich, zurückzuführen ist.
Damit befindet sich der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit dem für
die Unfallversicherung erstellten Gutachten des die Klägerin weiterbehandelnden Dr.
med. S. vom 20.12.2002 (Bl. 15 ff. GA), mit dem dieser ausgeführt hat, dass die
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med. S. vom 20.12.2002 (Bl. 15 ff. GA), mit dem dieser ausgeführt hat, dass die
Versteifung des rechten Sprunggelenkes und die Schädigung des Talus ursächlich auf
das Unfallereignis, d. h. des Umknickens mit dem rechten Fuß am 06.10.2001,
zurückzuführen sind. Da entscheidend nach den Feststellungen des Sachverständigen
die Ruhigstellung des Sprunggelenkes ist, die auch durch eine Orthese erfolgen kann,
fehlt es an dem Nachweis der Kausalität eines etwaigen, in dem Unterlassen der
Anlegung eines Unterschenkelspaltgipses zu sehenden Behandlungsfehlers für die von
der Klägerin geltend gemachten eingetretenen Dauerschäden. Eine Beweislastumkehr
kommt der Klägerin dabei nicht zugute, insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für das
Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers, der zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich
der Kausalität führen könnte, vor.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Gesellschafter der
Beklagten hätten innerhalb der 10-Tages-Frist prüfen müssen, ob die konservative
Behandlungsmethode den gewünschten Heilungserfolg gehabt hätte und ggf. eine
Operation in Erwägung ziehen müssen. Eine solche Prüfung wäre im Streitfall schon
deshalb nicht möglich gewesen, weil die Klägerin den angeordneten Kontrolltermin vier
Tage nach der ersten Behandlung nicht wahrgenommen hat. Das in zweiter Instanz
erstmals erfolgte Bestreiten dieses erstinstanzlich unstreitig gebliebenen Sachverhalts
ist gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Erstinstanzlich hatte die Klägerin
lediglich bestritten, dass sie über die Wahl zwischen konservativer und operativer
Behandlungsmethode aufgeklärt worden sei und dass sie bei der Wiedervorstellung am
09.11.2001 keine Orthese getragen habe (vgl. Bl. 161 GA). Dementsprechend hat das
Landgericht auch zutreffend im unstreitigen Teil des Tatbestandes wiedergegeben, dass
die Klägerin den vier Tage nach dem 08.10.2001 angeordneten Kontrolltermin nicht
wahrgenommen hat.
Ein Behandlungsfehler ist schließlich auch nicht darin zu sehen, dass seitens der
Gesellschafter der Beklagten nicht bereits zu Beginn der Behandlung eine MRT-
Untersuchung angeordnet worden ist. Eine MRT-Untersuchung zur Bestimmung der
Diagnose war nicht erforderlich, da die zutreffende Diagnose bereits anhand der am
08.10.2001 veranlassten Röntgenbilder getroffen wurde. Der Sachverständige hat im
Übrigen nachvollziehbar ausgeführt, dass im Jahre 2001 derartige MRT-Untersuchungen
noch nicht zum ärztlichen Standard gehörten und er selbst ebenfalls noch am
09.11.2001 eine MRT-Untersuchung nicht angeordnet hätte (Bl. 183 GA). Es ist auch
nicht ersichtlich, zu welchem Zweck die MRT-Untersuchung bereits zu einem früheren
Zeitpunkt hätte durchgeführt werden sollen. Eine Operation innerhalb der ersten 10 Tage
wäre ohnehin nicht möglich gewesen, da das Sprunggelenk während dieser Zeit noch
entzündet war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zudem nicht fest, dass
bei einer MRT-Untersuchung die Versteifung des Sprunggelenkes und die eingetretene
Talusnekrose bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten erkannt werden können, da
nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden kann, dass
diese Folgen darauf zurückgeführt werden können, dass die Orthese nicht konsequent
getragen worden ist.
Die auf die gutachterlichen Äußerungen eines Dr. T. gestützten Einwände der Klägerin in
ihrem Schriftsatz vom 15.03.2007 vermögen die Feststellungen des gerichtlichen
Sachverständigen Dr. M. nicht in Frage zu stellen. Denn wie der Klägervertreter im
Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert hat, beruhen die in dem Schriftsatz vom
15.03.2007 wiedergegebenen Ansichten des Dr. T. nicht auf einer von ihm
vorgenommenen Untersuchung der Klägerin, auch ist danach nicht ersichtlich, dass der
Gutachter von dem Inhalt der Behandlungsunterlagen im Einzelnen Kenntnis gehabt hat.
Hingegen hat der gerichtliche Sachverständige Dr. M. seine Feststellungen anhand einer
eingehenden Untersuchung der Klägerin getroffen und die von ihm ermittelten
Ergebnisse, dass im Streitfall weder eine Operation noch eine MRT-Untersuchung zu
einem früheren Zeitpunkt erforderlich waren, eingehend und nachvollziehbar begründet.
Abgesehen davon ist das Vorbringen der Klägerin gem. den §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO als
verspätet zurückzuweisen. Durch die Zulassung dieses Vorbringens würde der
ansonsten entscheidungsreife Rechtsstreit verzögert, da in diesem Fall die
Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins erforderlich würde, zu dem der
Sachverständige Dr. M. geladen werden müsste. Die Klägerin hat auch keine Gründe
dafür angegeben, warum diese gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten
gerichtete Einwände nicht bereits innerhalb der gegebenenfalls verlängerten
Berufungsbegründungsfrist hätten vorgebracht werden können. In diesem Fall hätte der
Sachverständige Dr. M. bereits vorbereitend geladen werden können.
2. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht ist ebenfalls nicht gegeben. Dabei kann
dahinstehen, ob die Klägerin vor Beginn der Behandlung über die Wahlmöglichkeit
zwischen konservativer und operativer Behandlung aufgeklärt worden ist. Im Streitfall
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zwischen konservativer und operativer Behandlung aufgeklärt worden ist. Im Streitfall
bestand über die Möglichkeit einer operativen Behandlung ohnehin keine
Aufklärungspflicht. Voraussetzung für eine Aufklärungspflicht ist, dass es sich um eine
echte Behandlungsalternative handelt, d.h. die alternative Methode hätte bei
gleichwertiger Heilungs- und Erfolgsaussicht eine geringere Risikobelastung aufweisen
oder bei nach Art und Richtung gleichwertigen Belastungen und Risiken eine höhere
Heilungs- bzw. Erfolgsaussicht versprechen müssen (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 29).
Aufgrund der mit der Durchführung einer Operation verbundenen allgemeinen Risiken,
die bei der Klägerin als bekannt vorausgesetzt werden können, ist nicht ersichtlich, dass
eine Operation gegenüber der durchgeführten konservativen Behandlung eine geringere
Risikobelastung aufgewiesen hätte. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass sie eine höhere
Heilungs- bzw. Erfolgsaussicht versprochen hätte als die konservative Behandlung. Einer
Aufklärung über eine anderweitige, gleichfalls medizinisch indizierte Methode bedarf es
dann nicht, wenn die gewählte standardgemäße Therapie hinsichtlich ihrer
Heilungsaussichten einerseits und ihrer Belastungen und Risiken für den Patienten
andererseits der Behandlungsalternative gleichwertig oder vorzuziehen ist (vgl.
Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 22). Dies ist hier hinsichtlich der konservativen
Behandlungsmethode der Fall. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach den
Ausführungen des Sachverständigen die operative Methode als Behandlungsalternative
auch deshalb nicht in Betracht kam, weil das Sprunggelenk zum Behandlungszeitpunkt
noch angeschwollen war. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass selbst bei
Annahme einer Aufklärungspflicht und einer fehlenden Aufklärung ein
Entscheidungskonflikt der Klägerin nicht plausibel dargelegt ist, da nicht glaubhaft ist,
dass sich die Klägerin bei einer Wahl zwischen konservativer und operativer Behandlung
für die operative Behandlung entschieden hätte, auch wenn sie darauf hingewiesen
worden wäre, dass in 90 % aller Fälle auch die konservative Behandlung zu einer
kompletten Ausheilung der Sprunggelenksverletzung führt.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 709 S. 2
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung
hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als
Revisionsgericht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1
S. 1 GKG auf 36.310,07 € festgesetzt (Antrag zu 1. 15.000,00 €, Antrag zu 2. 16.310.07
€, Antrag zu 3. 5.000,00 €).
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