Urteil des OLG Brandenburg vom 16.12.2009
OLG Brandenburg: entgangener gewinn, aufschiebende wirkung, unmittelbarer schaden, sthg, entschädigung, verzug, abtretung, behörde, bindungswirkung, auflage
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 U 3/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16.12.2009,
Az. 4 O 15/09, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Versagung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen
gegenüber der damaligen Pächterin der Klägerin.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte im Jahr 2003 einer Gesellschaft der P…-
Firmengruppe Flächen für die Errichtung eines Windparks verpachtet. Das
Landesumweltamt versagte der Pächterin im Jahr 2005 die dafür erforderliche
Genehmigung nach § 4 BImSchG, da das fragliche Gebiet in dem Teilplan
„Windenergienutzung“ des Regionalplans H… nicht als Windeignungsgebiet ausgewiesen
war. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Pächterin wies das Landesumweltamt im
Jahr 2006 zurück. Die Pächterin zahlt seit Dezember 2006 keine Pacht mehr. Die
Parteien des Pachtvertrages gehen davon aus, dass der Pachtvertrag beendet ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den
Tatbestand des angefochtenen Urteils. Dieser ist dahingehend zu ergänzen, dass das
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zwischenzeitlich mit Urteil vom 14.09.2010,
Az. OVG 2 A 1.10, den Teilplan „Windenergienutzung“ erneut für unwirksam erklärt hat,
da er auf beachtlichen Abwägungsfehlern beruhe. Wegen der weiteren Einzelheiten der
Begründung wird Bezug genommen auf die Kopie jenes Urteils, Bl. 510 bis 525 der Akte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 38 Abs. 1 b) BbgOBG
bestehe nicht, weil der Klägerin aus der Versagung der Genehmigung gegenüber der
Pächterin kein unmittelbarer Schaden entstanden sei. Die Versagung der Genehmigung
gegenüber der Pächterin habe nicht in das Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen,
denn sie selbst habe die Flächen nicht als Windpark nutzen, sondern nur verpachten
wollen. Dass der Klägerin Pacht entgangen sei, beruhe darauf, dass in § 2 Abs. 3 des
Pachtvertrages vereinbart war, dass die bestandskräftige Versagung der erforderlichen
Genehmigung den Vertrag beendete. Damit handele es sich um einen nur mittelbaren
Schaden. Aus demselben Grund entfielen auch Ansprüche aus § 839 BGB und § 1 StHG.
Mit der Berufung wiederholt die Klägerin zunächst ihren erstinstanzlichen Vortrag und
ihre Ansicht, ihr stehe ein Anspruch aus § 38 Abs. 1 b) BbgOBG, aus § 1 Abs. 1 StHG und
aus dem Institut des enteignungsgleichen Eingriffs zu. Rechtsfehlerhaft habe das
Landgericht angenommen, dass ein Anspruch aus § 38 Abs. 1 b) BbgOBG voraussetze,
dass der hier geltend gemachte Verlust der Pachtzinsen gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2
BbgOBG in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Versagung der Genehmigung
stehen müsse. Die Vorschrift differenziere für die Ersatzfähigkeit nach entgangenem
Gewinn und sonstigen Vermögensschäden. Nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 Satz 2
BbgOBG seien sonstige Vermögensschäden nur ersatzfähig, wenn sie in einem
unmittelbaren Zusammenhang mit der rechtswidrigen Maßnahme stünden. Dagegen sei
entgangener Gewinn auch ersatzfähig, wenn kein solcher unmittelbarer Zusammenhang
bestehe. Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass die
rechtswidrige Versagung der Genehmigung keine subjektiven Rechte der Klägerin
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rechtswidrige Versagung der Genehmigung keine subjektiven Rechte der Klägerin
verletze.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 16. Dezember
2009, Az. 4 O 15/09,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 601.642,24 Euro nebst Zinsen
in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus ab
Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Abtretung aller der Klägerin aufgrund
der Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch
Bescheid des Landesumweltamtes … vom 1. Juni 2005 (Az.: 036.00.00/04)
und Widerspruchsbescheid des Landesumweltamtes … vom 17. Oktober
2006 gegen Dritte zustehenden Ersatzansprüche an den Beklagten zu
zahlen;
2. festzustellen, dass der Beklagte mit der Annahme des Angebots der Klägerin
auf Abtretung aller der Klägerin aufgrund der Versagung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Bescheid des
Landesumweltamtes … vom 1. Juni 2005 (Az.: 036.00.00/04) und
Widerspruchsbescheid des Landesumweltamtes … vom 17. Oktober 2006
gegen Dritte zustehenden Ersatzansprüche in Verzug ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1) Anspruch aus § 38 Abs. 1 b) BbgOBG
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 38 Abs. 1 b) BbgOBG.
Nach § 38 Abs. 1 b) BbgOBG ist ein Schaden, den jemand durch Maßnahmen der
Ordnungsbehörden erleidet, zu ersetzen, wenn er durch rechtswidrige Maßnahmen,
gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht, entstanden ist.
a) Ordnungsbehörde
Zwar versagte das Landesumweltamt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in
seiner Eigenschaft als Sonderordnungsbehörde im Sinne des § 11 Abs. 1 BbgOBG.
Anknüpfungspunkt für die Stellung als Sonderordnungsbehörde ist gemäß § 11 Abs. 1
BbgOBG nicht ihre Bezeichnung als solche, sondern allein der Umstand, dass der
Behörde durch das jeweilige Fachrecht Aufgaben der Gefahrenabwehr zugewiesen sind
(vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 08.05.2007, Az. 2 U 15/05, zitiert nach Juris,
dort Rdnr. 27). Dem Landesumweltamt war durch § 1 der
Immissionsschutzzuständigkeitsverordnung vom 29.05.1997, GVBl. II S. 686, i. V. m. Nr.
1.1.1 der Anlage zu dieser Verordnung die Zuständigkeit für die Entscheidung über den
Antrag auf Erteilung der Genehmigung nach § 6 BImSchG übertragen. Dabei handelte es
sich um eine Aufgabe der Gefahrenabwehr.
b) Maßnahme
Zweifelhaft ist jedoch bereits, ob es sich bei der Versagung der Genehmigung auch im
Verhältnis zu der Klägerin um eine Maßnahme im Sinne des § 38 Abs. 1 b) BbgOBG
handelte. Zwar ist der Begriff bewusst weit gefasst (vgl. BGH NJW 1983, 1795 m. w. N. zu
§ 41 Abs. 1 b) NWOBG a. F.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 08.05.2007, Az. 2 U
15/05, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 28) und erfasst somit jede nach außen wirkende
Handlung einer Ordnungsbehörde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu
dem gleichlautenden § 41 Abs. 1 b NWOBG a. F. muss sich die Maßnahme jedoch auch
gegen den Anspruchsteller richten (vgl. BGH NJW 1993, 2303, 2304). Die Versagung der
Genehmigung richtete sich hier nur gegen die Antragstellerin - die Pächterin -, nicht aber
gegen die Klägerin als Grundstückseigentümerin, denn ihr gegenüber entfaltete die
Versagung keine Bindungswirkung. Demnach hätte die Versagung der Genehmigung
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Versagung keine Bindungswirkung. Demnach hätte die Versagung der Genehmigung
gegenüber der Klägerin bereits keinen Maßnahmecharakter gehabt (vgl. BGH a. a .O. für
die rechtswidrige Versagung einer Baugenehmigung).
Gegen die zitierte Auffassung des Bundesgerichtshofs lässt sich einwenden, dass der
„Maßnahmecharakter“ nicht davon abhängt, wer Adressat der Maßnahme ist.
Insbesondere setzt § 38 Abs. 1 b) BbgOBG ebenso wie § 39 Abs. 1 b) NWOBG nach
seinem Wortlaut keine „gegen den Anspruchsteller gerichtete“ Maßnahme voraus.
Im vorliegenden Fall kann jedoch offen bleiben, ob die Versagung der Genehmigung eine
Maßnahme im Sinne des § 38 Abs. 1 b) BbgOBG darstellte, weil der Anspruch aus § 38
Abs. 1 b) BbgOBG aus anderen Gründen nicht besteht (dazu unter d).
c) Rechtswidrigkeit der Maßnahme
Die Versagung der Genehmigung nach §§ 4, 6 BImSchG und der die Versagung
aufrechterhaltende Widerspruchsbescheid waren rechtswidrig. Die Frage, ob ein
Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist, beantwortet sich generell allein
danach, ob die durch ihn getroffene Regelung sachlich richtig ist und mit der objektiven
Rechtslage übereinstimmt oder ob sie sachlich falsch ist und gegen die Rechtslage
verstößt (BGH Urteil vom 19.01.2006, Az. III ZR 82/05, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 11).
Aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 14.09.2010, Az. OVG 2 A 1.10,
steht allgemein verbindlich (§ 47 Abs. 5 Satz 2 2. HS VwGO) fest, dass der Teilplan
„Windenergienutzung“ des Regionalplans H… unwirksam war. Diese Entscheidung wirkt
auf den Zeitpunkt des Erlasses des Regionalplans zurück (vgl. BGH NJW 1983, 1795,
1796). Verwaltungsakte, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, sind nach
allgemeinen Grundsätzen objektiv rechtswidrig (vgl. BGH a. a. O.). Die Versagung der
Genehmigung, die darauf gestützt war, dass der Teilplan die Grundstücke der Klägerin
nicht als Windeignungsgebiet auswies, war daher nach diesem Maßstab rechtswidrig.
d) Schutzzweck der verletzten Norm
Ein Entschädigungsanspruch nach § 38 Abs. 1 b BbgOBG setzt voraus, dass die verletzte
Norm auch den Zweck hatte, eine subjektive Rechtsposition der Klägerin zu schützen
(vgl. BGH NJW 1994, 2091; 1990, 1038, 1041; 1983, 1795, 1796 jeweils zu den
gleichlautenden § 41 Abs. 1 b) a. F. bzw. § 39 Abs. 1 b) NWOBG).
Dies war hier nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht das
nur mittelbare Interesse des Grundstückseigentümers an der Genehmigung, das aus
dem Umstand herrührt, dass sich ein Versagungsbescheid auf Vertragsbeziehungen des
Antragstellers (hier der Pächterin) mit dem Grundstückseigentümer ungünstig auswirkt,
außerhalb des mit dem Genehmigungsverfahren verfolgten Schutzzwecks (vgl. BGH NJW
1994, 2091, 2092; NVwZ 1990, 501). Die Versagung einer Baugenehmigung gegenüber
einem Dritten greift nicht unmittelbar in das Grundstückseigentum ein, denn ihr kommt
gegenüber dem Eigentümer keine materielle Bestandskraft im Sinne einer
Feststellungswirkung zu (vgl. BGH NVwZ 1990, 501). Die bestandskräftige Versagung
einer Baugenehmigung berechtigt die Behörde insbesondere nicht, einen neuen
Bauantrag ohne Sachprüfung abzulehnen (vgl. BGH a. a. O.).
Diese Wertung ist auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren ohne
weiteres übertragbar, denn es hat ebenso wie das Baugenehmigungsverfahren zum
Ziel, die Vereinbarkeit des konkret betrachteten Vorhabens mit öffentlich-rechtlichen
Vorschriften zu prüfen (§ 6 Abs. 1 BImSchG). Ebenso wie im Baugenehmigungsverfahren
bestimmen sich die Amtspflichten im immissionsschutzrechtlichen Verfahren
ausschließlich nach öffentlichem Recht und können durch privatrechtlichen Vertrag
weder beschränkt noch ausgedehnt werden (vgl. für das Baugenehmigungsverfahren
BGH NJW 1994, 2091, 2092 und NVwZ 190, 501). Auch die Versagung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hat keine materielle Feststellungswirkung
gegenüber dem an dem Verfahren nicht beteiligten Grundstückseigentümer. Da die
Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung keine „dingliche“ Wirkung
entfaltet, sondern nur im Verhältnis zu der Pächterin wirkt, greift die Versagung auch
nicht in die vom Eigentumsrecht der Klägerin umfasste Nutzungsmöglichkeit ein.
Die von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in
BGHZ 136, 182, 185 und BGHZ 134, 315, 320 führen zu keiner anderen Beurteilung.
Jenen Entscheidungen lag jeweils zu Grunde, dass die klagenden
Grundstückseigentümer - anders als im vorliegenden Fall - selbst und in eigenem
Namen einen Antrag auf Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung bzw. einer
Teilungsgenehmigung gestellt hatten. Deshalb entfaltete die rechtswidrige Versagung
der beantragten Genehmigungen ihnen gegenüber Bindungswirkung, sodass ihr
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der beantragten Genehmigungen ihnen gegenüber Bindungswirkung, sodass ihr
Interesse an der Erteilung dieser Genehmigung auch vom Schutzzweck der verletzten
Normen erfasst war.
e) Ursächlichkeit für den Schaden
Aus den vorstehenden Gründen kann auch offen bleiben, ob die Versagung der
Genehmigung ursächlich war für den von der Klägerin geltend gemacht Schaden. Dies
wäre nur der Fall, wenn der von der Pächterin projektierte Windpark hätte genehmigt
werden müssen, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verweis
auf den Teilplan „Windenergie“ versagt worden wäre. Unstreitig war eine weitere
Voraussetzung der Genehmigung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung,
die abgebrochen worden war, nachdem die betroffenen Grundstücke im Teilplan
„Windenergie“ nicht mehr als Eignungsgebiet für Windenergieanlagen ausgewiesen
waren.
f) Unmittelbarkeit des Schadens
Schließlich kann hier auch offen bleiben, ob es sich bei dem von der Klägerin geltend
gemachten Pachtausfall um einen im unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang
mit der Versagung stehenden Vermögensschaden im Sinne des § 39 Abs. 1 BbgOBG
handelt und ob § 39 Abs. 1 BbgOBG hinsichtlich eines entgangenen Gewinns keine
Unmittelbarkeit des Schadens fordert.
Der Senat folgt insoweit allerdings der Argumentation des Landgerichts.
Der Bundesgerichtshof hat zwar im Urteil vom 30.10.1984, Az. VI ZR 18/83, zitiert nach
Juris, zu dem mit § 39 Abs. 1 BbgOBG wortgleichen § 42 Abs. 1 Satz 2 NWOBG a. F.
entschieden, dass es nach § 42 Abs. 1 Satz 2 OBG a. F. nicht darauf ankomme, ob der
Gewinnausfall in „unmittelbarem Zusammenhang“ mit der zu entschädigenden
Maßnahme stehe. Unter dieser Einschränkung würden nur andere Vermögensnachteile,
die keinen entgangenen Gewinn, Verdienst oder Nutzungsentgelt darstellen, ersetzt.
Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 BbgOBG:
„Die Entschädigung nach § 38 Abs. 1 wird nur für Vermögensschäden gewährt.
Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder
Nutzungsentgelts hinausgeht, und für Vermögensnachteile, die nicht in unmittelbarem
Zusammenhang mit der zu entschädigenden Maßnahme stehen, ist jedoch eine
Entschädigung nur zu leisten, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten
geboten erscheint“,
lässt allerdings die Auslegung zu, dass grundsätzlich nur unmittelbare
Vermögensnachteile zu entschädigen sind, wobei ein darunter fallender Gewinnausfall
allenfalls zur Vermeidung unbilliger Härten insoweit zu ersetzen ist, als er über den
Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes und Nutzungsentgeltes hinausgeht. Diese
Auslegung entspricht dem erkennbaren Sinn der Vorschrift, den Umfang der zu
entschädigenden Vermögensschäden zu begrenzen. Darüber hinaus ist auch kein Grund
ersichtlich, weshalb gerade ein entgangener Gewinn anders als sonstige
Vermögensschäden auch dann zu entschädigen sein soll, wenn er in nur mittelbarem
Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis steht.
Der von der Klägerin geltend gemachte Pachtausfall steht auch nur in mittelbarem
Zusammenhang mit der Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung,
denn diese hatte, wie bereits ausgeführt, unmittelbare Wirkung nur gegenüber der
Pächterin als Antragstellerin. Dass mit Eintritt der Bestandskraft der Versagung der
Genehmigung der Pachtvertrag endete, beruhte auf der Vereinbarung der Parteien des
Pachtvertrages und war insofern nicht unmittelbare Folge der Versagung.
2) Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG
Ein Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG besteht nicht, weil die
Klägerin aus den oben unter II.1) c) dargestellten Gründen nicht „Dritter“ im Sinne des §
839 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
Darüber hinaus ist ein Verschulden der Bediensteten des Beklagten nicht ersichtlich. Sie
haben nicht die zu beachtende Sorgfalt verletzt, indem sie in den streitgegenständlichen
Bescheiden die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens mit der
Begründung verneinten, dass die betroffenen Grundstücke in dem - sich später als
unwirksam erweisenden - Teilplan nicht als Eignungsgebiet für Windenergieanlagen
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unwirksam erweisenden - Teilplan nicht als Eignungsgebiet für Windenergieanlagen
ausgewiesen waren, denn ihnen war eine andere Entscheidung nicht möglich. Das
Landesumweltamt hatte nicht die Kompetenz, den Teilplan unbeachtet zu lassen oder
zu verwerfen, denn es handelte sich um eine Satzung und damit um eine Norm (vgl.
Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Auflage 2007, § 28 Rdnr. 23). Der
Normenkontrollantrag vom 02.03.2006 hatte keine aufschiebende Wirkung, sodass der
Teilplan sowohl zum Zeitpunkt des Bescheides vom 01.06.2005 als auch des
Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 Tatbestandswirkung entfaltete. Da die
betroffenen Grundstücke nicht als Windeignungsgebiet ausgewiesen waren, durfte das
Landesumweltamt die Errichtung von Windenergieanlagen dort nicht genehmigen. § 35
Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht den Festlegungen eines Regionalplans zur
Windenergienutzung rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem Vorhabensträger mit
der Folge, dass Vorhaben außerhalb der festgelegten Konzentrationszonen in der Regel
unzulässig sind (BVerwG; Urteil vom 13.03.2003, NVwZ 2003, 738, 739; BayVGH, Urteil
vom 02.06.2008, Az. 22 B 06.2092, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 27). Dementsprechend
ist in dem Teilplan unter IV. (ABl. vom 30.4.2008 S. 1132) formuliert, dass die darin
festgelegten Eignungsgebiete „einen außergebietlichen Ausschluss für
Windenergieanlagen als Ziel der Raumordnung entfalten“.
3) Anspruch aus § 1 StHG
Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch nach § 1 StHG. Nach dieser
Vorschrift haftet ein staatliches Organ für Schäden, die einer Person durch seine
Mitarbeiter in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugefügt werden. Jedoch gilt
auch im Anwendungsbereich des Staatshaftungsgesetzes der Grundsatz, dass nur
solche Schadenspositionen ersatzfähig sind, die in den Schutzbereich der verletzten
Norm fallen (BGH Urteil vom 19.01.2006, Az. III ZR 82/05, zitiert nach Juris, dort Rdnr.
15). Dies ist hier aus den oben unter II.1) c) genannten Gründen nicht der Fall.
4) Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff
Ein Anspruch aus dem Institut des enteignungsgleichen Eingriffs wird durch die
spezialgesetzlichen Regelungen des § 38 Abs. 1 BbgOBG und § 1 StHG verdrängt (vgl.
Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage 1998, 11. Teil VI.). Im Übrigen setzt der
Anspruch voraus, dass der Beklagte durch die Versagung der Genehmigung unmittelbar
in das Eigentum der Klägerin eingegriffen hätte. Dies ist nach dem oben unter II. 1 d)
Gesagten nicht der Fall.
5) Klageantrag zu 2.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass sich der Beklagte mit der
Annahme des Abtretungsangebots in Verzug befindet. Der Beklagte befindet sich nicht
im Verzug mit der Annahme des Abtretungsgebotes, weil er zur Annahme nicht
verpflichtet ist. Eine Verpflichtung zur Annahme des Angebots könnte sich nur ergeben,
wenn die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 38 Abs. 1 BbgOBG hätte,
denn nach § 39 Abs. 3 BbgOBG ist die Entschädigung nur gegen Abtretung der
Ansprüche zu gewähren, die dem Entschädigungsberechtigten aufgrund der Maßnahme,
auf der die Entschädigungsverpflichtung beruht, gegen Dritte zustehen. Ein Anspruch
aus § 38 Abs. 1 BbgOBG besteht jedoch nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die
Voraussetzungen des § 544 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere sind sämtliche
entscheidenden Fragen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits geklärt.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 601.642,24 Euro
entsprechend der weiterverfolgten Klageforderung.
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