Urteil des OLG Brandenburg vom 02.05.2006

OLG Brandenburg: anspruch auf bewilligung, öffentlich, grundstück, unterordnungsverhältnis, klagebegehren, zwangsvollstreckung, eigentum, amtshilfe, sammlung, grundbuchamt

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 50/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 17a Abs 4 GVG, § 13 GVG, §
569 Abs 1 ZPO, § 22 AO
Rechtsweg für einen Anspruch auf Bewilligung der Löschung
einer Zwangshypothek, die im Wege eines
Zwangsvollstreckungsverfahrens eingetragen worden ist.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam
vom 02. Mai 2006 - 1 O 73/06 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger ist Eigentümer des im Grundbuch von G. Blatt 940 ON 5 eingetragenen
Grundstücks … Straße … und …, Flur 5, Flurstück 6, 7, 8 und 9. Er ist Alleineigentümer
seit dem 18.03.2005. Vor diesem Zeitpunkt stand das fragliche Grundstück im Eigentum
der aus dem Kläger und einer Frau K. bestehenden GbR. Frau A. K. ist darüber hinaus
Gesellschafterin einer weiteren GbR, bestehend aus den Gesellschaftern A. K., J. E. und
E. J.. Diese GbR hatte im Jahre 1993 umfänglichen Grundbesitz in V. Grundbuch von V.
Blatt 237, Flur 2, Flurstücke 13, 14 und 15 erworben. Für diese Immobilien hatte die GbR
rückständige Gebühren des Beklagten nicht entrichtet. Mit Vollstreckungsankündigung
des Beklagten vom 13.08.2002 drohte der Beklagte der Frau A. K. eine Vollstreckung der
offenen Gebührenbescheide an. Mit Antrag vom 12. Mai 2003 auf Eintragung einer
Sicherungshypothek führte der Beklagte durch die Vollstreckungsbehörde - das Amt T. -
die Zwangsvollstreckung der Gebührenbescheide durch. In dem Antrag auf Eintragung
einer Sicherungshypothek an das Amtsgericht Potsdam heißt es, dass die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts B./K. als Grundstückseigentümer dem Beklagten Wasser- und
Abwasserabgaben in Höhe von insgesamt 19.006,45 € schulde. Es werde zugleich die
Vollstreckbarkeit bescheinigt und die Eintragung der Zwangssicherungshypotheken in
der genannten Höhe auf dem bezeichneten Grundstück beantragt. Daraufhin wurden
durch das Amtsgericht Potsdam im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens am
13.05.2003 vier Zwangssicherungshypotheken in Höhe von jeweils 4.751,61 €
eingetragen worden.
Der Kläger hat vorgetragen, weder er noch die B./K. GbR seien jemals Schuldner der den
Grundbucheintragungen zugrunde liegenden Forderungen des Beklagten gewesen. Mit
Schreiben vom 10.07.2003 teilte der Kläger dies dem Amt T. mit. Eine Antwort erhielt er
nicht. Mit gleich lautenden Schreiben vom 18.09.2003 an den Beklagten sowie das Amt
T. forderte er die Adressaten auf, für die Löschung der eingetragenen
Zwangssicherungshypotheken Sorge zu tragen. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht.
Der Beklagte hat die Unzulässigkeit des Rechtswegs gerügt und ausgeführt, für die vom
Kläger begehrte Löschungsbewilligung sei der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die
Zwangshypotheken seien im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens gemäß § 5
Verwaltungsvollstreckungsgesetz Brandenburg in Verbindung mit § 322
Abgabenordnung eingetragen worden. Es handele sich vorliegend um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02. Mai 2006 den Rechtsweg zu den
ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das
Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Es hat dazu ausgeführt, die vorliegende
Streitigkeit sei öffentlich-rechtlicher Natur, da der beklagte Verband dem Kläger nicht "in
Augenhöhe" entgegentrete, sondern aufgrund einer dem beklagten Verband
eingeräumten Befugnis, im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens zu handeln, also im
Über- und Unterordnungsverhältnis. Zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte
gehörten nicht nur die Beseitigung rechtswidriger Verwaltungsakte, sondern auch die der
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gehörten nicht nur die Beseitigung rechtswidriger Verwaltungsakte, sondern auch die der
Folgen eines solchen.
Gegen diesen ihm am 15. Mai 2006 zugestellten Beschluss des Landgerichts Potsdam
hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22. Mai 2006, bei Gericht eingegangen am 23. Mai
2006 sofortige Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag, den Beschluss vom 02. Mai 2006
aufzuheben und zu erkennen, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten
gegeben sei. Er ist nach wie vor der Ansicht, es handele sich vorliegend nicht um eine
öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Zudem sei das klägerische Grundstück nicht im Bereich
der Gemeinden belegen, für welche der Beklagte im Rahmen seiner hoheitlichen
Befugnisse Gebührenbescheide erlassen könne. Der Beklagte habe sich unbefugter
Weise hoheitliche Befugnisse angemaßt und damit in rein zivilrechtlicher Sicht eine
Zwangsvollstreckungsmaßnahme auf einem völlig fremden Grundstück durchgesetzt.
Der Beklagte verfüge über keinerlei rechtliche Grundlage, um von den Möglichkeiten des
Verwaltungszwangsverfahrens Gebrauch machen zu können. Gegen ihn, den Kläger,
habe es überhaupt keinen Gebührenbescheid gegeben. Von daher stünden sich die
Parteien auch nicht im Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüber. Es gehe um die
Beseitigung zivilrechtlicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
II.
Die gemäß § 17 Abs. 4 Satz 3, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässige Beschwerde hat in der
Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zutreffend den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für
unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen.
Ob eine Streitigkeit dem bürgerlichen Recht zuzuordnen und damit der Rechtsweg zu
den ordentlichen Gerichten eröffnet ist (§ 13 GVG), hängt, wenn es an einer
ausdrücklichen Rechtszuweisung fehlt, von der Natur des Rechtsverhältnisses ab, aus
dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Abgrenzung vollzieht sich in der Regel an
Hand der materiell-rechtlichen Einordnung des streitigen Rechtsverhältnisses. Dabei
kommt es nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich
das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei
objektiver Würdigung aus dem Sachverhalt herleitet, der nach bürgerlichem Recht zu
beurteilen ist (vgl. BGH NJW 1993 S. 1799 ff). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt
dann vor, wenn sich der Streitgegenstand als unmittelbare Folge des öffentlichen Rechts
darstellt. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich das Klagebegehren aus einem
Sachverhalt ergibt, der nach Maßgabe des öffentlichen Rechts zu beurteilen ist.
Maßgeblich ist hier, ob die Handlung des Beklagten, gegen die der Kläger sich wendet,
hoheitlicher oder privater Natur ist.
So verhält es sich hier. Der Kläger beantragt mit seiner Klage die Aufhebung bzw. die
Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung der Löschung der von ihr auf der Grundlage
von § 5 VwVG BRB i. V. m. § 22 AO erwirkten Eintragung einer Zwangshypothek auf dem
im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücks. Zur Überprüfung stehen die
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen als solche. Für die Frage nach dem einschlägigen
Rechtsweg ist einzig die Natur dieser Maßnahmen entscheidend (vgl. OVG für das Land
Schleswig-Holstein vom 10.02.1995, Az. 4 O 26/94 zitiert nach Juris). Die Eintragung der
Zwangshypothek erfolgte durch das Amtsgericht Potsdam aufgrund des Antrages des
Amtes T., das im Wege der Amtshilfe für den Beklagten tätig wurde. Hier geht es nicht
um die Frage, ob die Eintragung aus grundbuchrechtlicher sicht zu beanstanden war.
Das Grundbuchamt hatte nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen der
Zwangsvollstreckung – materiell-rechtlich wirksame Gebührenbescheide - vorlagen.
Unstreitig erfolgte die Zwangsvollstreckungsmaßnahme - die Eintragung der
Zwangshypothek - nach den Vorschriften des Verwaltungszwangsverfahrens, also des
Verwaltungszwangs. Dass es sich bei den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften des
Brandenburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes um öffentlich-rechtlich zu
beurteilende Normen handelt, steht nicht in Frage. Der der Vollstreckung zu Grunde
liegende Sachverhalt ist auch dem öffentlichen Recht zu zu ordnen. Der Kläger wehrt
sich dagegen, dass er nicht, wie vom Beklagten behauptet, Schuldner der
Abwassergebühren sei. Dies ist eine nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts und
nicht etwa nach zivilrechtlichen Normen zu beurteilende Frage.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis 6.000,00 €
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