Urteil des OLG Brandenburg vom 20.02.2009

OLG Brandenburg: regal, zustand, mitverschulden, gefahr, unfall, betreiber, ware, lagerung, form, kontrolle

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 29/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 241 Abs 2 BGB, §
311 Abs 2 S 1 BGB, § 823 Abs 1
BGB, § 254 Abs 1 BGB
Verkehrssicherungspflicht des Geschäftsinhabers eines
Ladenlokals beim Stapeln von Dosen in den Regalen
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. Februar 2009 verkündete Urteil der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Az.:11 O 193/08 - abgeändert und wie
folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.135,85 € nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.349,10 € seit dem 19. Mai 2006
sowie aus weiteren 786,75 € seit dem 21. Januar 2008 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche
ihr künftig noch entstehenden Schäden aus dem Unfallereignis vom 13. Januar 2006 im
Geschäftslokal K…, … Chaussee ..., A…, betreffend die Versicherte B… B…, geboren am
….04.1956, zu ersetzen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch in der Form einer unbedingten, unbefristeten und
selbstschuldnerischen Bürgschaft eines auf dem Gebiet der Europäischen Union
ansässigen Kreditinstituts erbracht werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil beschwert die Beklagte um bis zu 18.135,85 €. Der Streitwert für das
Berufungsverfahren ist ebenso hoch. Davon entfallen auf den Feststellungsantrag
(Klageantrag zu 2.) 10.000,00 €.
Gründe
I.
Die Klägerin beansprucht aus übergegangenem Recht Zahlung von
Heilbehandlungskosten für die bei ihr versicherten Geschädigten, die durch eine
herabfallende Konservendose im Ladenlokal der Beklagten eine schwerwiegende
Augenverletzung erlitten hat, sowie Feststellung der künftigen Ersatzpflicht.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes sowie der Sachanträge der ersten Instanz
nimmt der Senat auf den Sachverhaltsteil in den Gründen des angefochtenen
landgerichtlichen Urteils Bezug.
Die Kammer hat die Klage aus den Gründen ihrer Entscheidung abgewiesen. Auf ihre
rechtlichen Ausführungen wird in diesem Zusammenhang ebenfalls Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie die erstinstanzlichen
Anträge weiter verfolgt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie -
zusammengefasst - vor:
Die Kammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte am Unfalltag die
Dosen so präsentiert habe, wie es die von dem Privatgutachter der Beklagten
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Dosen so präsentiert habe, wie es die von dem Privatgutachter der Beklagten
angefertigten Fotos wiedergäben. Sie, die Klägerin, habe das stets bestritten. Daher
habe das Landgericht über die Frage, in welcher Art und Weise sich das Verkaufsregal
der Versicherten der Klägerin unmittelbar vor dem fraglichen Vorfall präsentiert habe,
Beweis erheben müssen, wie sie, die Klägerin, es in erster Instanz angeboten habe.
Das Landgericht hätte bei einer Beweisaufnahme ermittelt, so die Klägerin, dass
aufgrund der Art und Weise ihrer Lagerung eine „Instabilität“ der Dosen vorgelegen
habe.
Die Kammer, so beanstandet die Klägerin, habe „ausgeblendet“, dass die Beklagte
selbst vorgetragen habe, sie lagere die Dosen in „geschlossenen“ Kartons. Das bringe
die Gefahr mit sich, dass Kunden die Kartons unsachgemäß öffneten.
Die Überlegungen der Kammer zu einem etwaigen Mitverschulden der Versicherten
gingen fehl, da Angaben zur Breite des Mittelganges fehlten.
Die Klägerin beantragt
wie vom Senat erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet weiter den von der Klägerin
vorgetragenen Unfallhergang, hält die Klage aber dessen ungeachtet mit der Kammer
bereits für un-schlüssig. Es liege, abgesehen davon, dass die Klägerin zu dem Zustand
der obersten Dosenpalette zum Zeitpunkt des behaupteten Unfallhergangs bislang
nichts vorgetragen habe, in der Natur der Sache, dass schließlich nur noch eine Dose
übrig sei und auf der Papppalette verbleibe, bis auch sie von einem Kunden entnommen
werde.
Lediglich ergänzend sei - wiederholend - vorzutragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten
dazu angehalten seien, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und so eventuelle
Gefahren durch unsachgemäße Lagerung von Waren auszuschließen. Dies sei vorliegend
auch geschehen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden.
III.
Auch in der Sache hat das Rechtsmittel der Klägerin Erfolg. Entgegen der Auffassung
des Landgerichts ist die Klage schlüssig. Den somit über den Unfallhergang zu
erhebenden Beweis hat die Klägerin erbracht. Als Ergebnis der Vernehmung der Zeugin
B… steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte dem Grunde nach für die
Folgen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung zu Lasten der Versicherten der
Klägerin haftet. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 116 SGB X in
Verbindung mit 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Satz 2 sowie aus 823 Abs. 1 BGB. Von
diesen - möglichen - Anspruchsgrundlagen ist bereits die Kammer ausgegangen. Die
Zeugin B… war bei der Klägerin familienversichert.
1.
Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 2. Der Klägerin steht ein
Feststellungsinteresse zu. Dies hat die Kammer mit zutreffenden Ausführungen
angenommen, worauf Bezug genommen wird.
2.
Vorab gilt es, einen tatsächlichen Streitpunkt der Parteien zu klären. Ausgehend von
einer Regaloberkante von 1,70 Metern sowie einer Dosenhöhe von jeweils 11,5
Zentimetern befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls die Unterkante der dritten
(obersten) Dosenlage unter zwei Metern und die Dosenoberkante - knapp - darüber.
Dies lässt sich anhand der Maßangaben der Beklagten gedanklich ohne weiteres
rekonstruieren.
Die Versicherte der Klägerin hat eine Körpergröße von 1,56 Metern.
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Daraus ergibt sich, dass die Versicherte die Dose der - von unten gesehen - zweiten
Lage, wenn auch sich streckend, noch einigermaßen sicher entnehmen konnte. Dabei
konnte sie allerdings die obere - dritte - Lage nicht mehr zuverlässig sehen,
vorausgesetzt, sie stand direkt vor dem Regal. Von ihrem Standort aus konnte sie
allenfalls eingeschränkt wahrnehmen, ob sich in der dritten Lage noch eine oder
mehrere Dosen befanden. Diese Feststellungen beruhen sämtlich auf den unstreitigen
Maßverhältnissen. Das macht die Klage entgegen der Auffassung der Kammer schlüssig.
Die mithin über den streitigen Unfallhergang zu vernehmende Zeugin B… hat diese
Sachlage ebenfalls bekundet. Es bestand insoweit Raum für eine Fehleinschätzung der
Zeugin hinsichtlich des Vorhandenseins einer dritten Dosenlage. Einer solchen ist sie
erlegen.
3.
Dies ist entgegen der Auffassung des Landgerichts der Anknüpfungspunkt für die
Schadener-satzhaftung der Beklagten dem Grunde nach.
Dem Betreiber eines Ladengeschäfts obliegt die vertragliche Pflicht, aber auch die
gesetzliche Verkehrssicherungspflicht, alle Vorkehrungen zum Schutz seiner Kunden zu
treffen, die sich in seinem Ladenlokal aufhalten. Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall
ausschließt, ist freilich nicht zu erreichen. Es sind aber diejenigen Maßnahmen zu treffen,
die nach den Erwägungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich
Zumutbaren geeignet sind, eine Gefährdung bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nach
Möglichkeit zu vermeiden (vgl. Palandt/Thomas, 68. A., Rn. 51 § 823 BGB). Der Umfang
der Verkehrssicherungspflicht im Einzelfall richtet sich danach, was ein vernünftiger
Benutzer an Sicherheit erwarten darf. Einerseits hat der Geschäftsinhaber dafür zu
sorgen, dass seine Kunden möglichst gefahrlos das Geschäftslokal begehen und dabei
Waren aussuchen und entnehmen können. Andererseits darf er darauf vertrauen, dass
sich die Kunden in vernünftiger Weise auf erkennbare Gefahren einstellen (vgl. OLG
Hamm NJW-RR 1987, 412; OLG Koblenz NJW-RR 1996, 670).
Bei Beachtung dieser Grundsätze ist die Beklagte ihren Pflichten nicht nachgekommen.
Ein geradezu elementares Anliegen muss es dem Betreiber eines Supermarktes und
musste es daher der Beklagten sein, dafür zu sorgen, dass ihre Kunden - jedenfalls der
Körpergröße der Geschädigten - die in den Verkaufsregalen angebotenen Waren
erreichen und entnehmen konnten, ohne sich auch nur der Gefahr einer
Körperverletzung auszusetzen.
Dies war mit der Art der Darbietung der Waren, die die Beklagte wählte, nicht zu
erreichen. Zum bestimmungsmäßigen Gebrauch eines Verkaufsregals gehört in erster
Linie die Entnahme von Waren, hier von Konservendosen. Nichts anderes hat die Zeugin
B… getan.
Die Beklagte hätte die Dosen jedenfalls in dieser Höhe nicht in Lagen stapeln dürfen, weil
sie im Rahmen eines normalen Geschäftsbetriebs damit rechnen musste, dass in der
obersten Lage einzelne Dosen in instabilem Zustand verblieben, ohne dass dies von
Kunden kleinerer Größe bemerkt werden konnte. Entweder hätte das Regal eine
geringere Höhe haben oder aber die Beklagte hätte zumindest auf die oberste - dritte -
Lage der Dosen verzichten müssen. Das war ihr wirtschaftlich zuzumuten. Es sind keine
dem entgegenstehenden Gründe von ihr vorgebracht worden. Sie hat sich lediglich
darauf berufen, ihre Handhabung sei in der Branche „üblich“. Es kann offen bleiben, ob
dies zutrifft. Wäre es so, änderte dies an der Be-urteilung durch den Senat nichts. Denn
mit diesem Argument könnte nicht das im Vordergrund stehende Interesse eines
Kunden an der Erhaltung seiner körperlichen Unversehrtheit zurückgestellt werden.
Auch mit Kunden von der Körpergröße der Zeugin B… hatte die Beklagte zu rechnen.
Wie gerade der Streitfall zeigt, ist es unerlässlich, dass ein Kunde mit hinreichender
Sicherheit beurteilen kann, wo in bzw. auf einem Regal sich welche Waren befinden. Es ist
nicht hinzunehmen, dass dort eine objektiv vorhandene Gefahrenquelle wie etwa eine -
schwere - Konservendose so platziert ist, dass ein Kunde sie nicht zuverlässig sehen und
durch sie einen Schaden erleiden kann, ungeachtet der Tatsache, dass es sich im
vorliegenden Fall um eine einzige restliche, vielleicht liegende, Dose gehandelt haben
mag. Dass es zu solch einer Situation würde kommen können, war für die Beklagte
vorherzusehen und durch entsprechende Gestaltung der Regale bzw. ihrer Bestückung
zu vermeiden. Das durfte ein vernünftiger, sich sachgerecht verhaltender Kunde von der
Beklagten erwarten. Entgegen den Angriffen der Beklagten lässt die Rechtsauffassung
der Klägerin keine überzogenen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht eines
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der Klägerin keine überzogenen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht eines
Geschäftsinhabers erkennen.
Angesichts der Höhe der Stapelung der Dosen war die von der Beklagten zu ihrer
Verteidigung behauptete regelmäßige Kontrolle seitens ihrer Mitarbeiter nicht geeignet,
sie zu entlasten. Denn unterstellt, ihr Sachvortrag träfe zu, wäre eine Kontrolle mit dem
Ziel einer wirksamen Schadensverhinderung gar nicht denkbar gewesen, es sei denn,
jedes Regal wäre minütlich kontrolliert worden. Es liegt auf der Hand, dass eine Gefahr,
wie sie sich im Streitfall zu Lasten der Versicherten der Klägerin verwirklichte, innerhalb
kürzester Zeit entstehen konnte. Es gibt Kunden, die zehn oder mehr Dosen auf einmal
kaufen, so dass es plötzlich eine fast leere und damit besonders gefahrenträchtige
Palette gibt - besonders im oberen Bereich eines Regals.
Die privatgutachterliche Äußerung, auf welche sich die Beklagte auch in der
Berufungsinstanz zu ihrer Verteidigung stützt, vermag sie nicht zu entlasten.
Branchenüblichkeit, die sie damit belegen will, steht der Beurteilung der -
ausschließlichen - Rechtsfrage durch den Senat nicht entgegen, wie bereits ausgeführt.
Die Zeugin B…, an deren Glaubwürdigkeit der Senat keine Zweifel hegt, hat detailliert
und sachlich den Vorgang geschildert, der zu ihrer Verletzung führte. U. a. hat sie
bekundet, sie habe sich nach der Ware „recken“ müssen. Über der zweiten Lage, so die
Zeugin, habe eine Pappe gelegen, die sie als leer angesehen habe. Dann sei eine Dose
auf sie herab gefallen, was zu den von ihr geschilderten Verletzungen des Auges geführt
habe. Der Senat ist von der Glaubhaftigkeit der Aussage überzeugt. Damit sind sowohl
der von der Beklagten bestrittene Unfallhergang als auch die Verletzung der Zeugin
bewiesen.
4.
Die Klägerin unterliegt allerdings nach wie vor einem Irrtum, wenn und soweit sie immer
wieder geltend macht, die Beklagte habe vorgetragen, die Dosen seien in
„verschlossenen“ Kartons auf das Regal gestellt worden. Es verstand sich von Anfang an
von selbst, dass damit nur die Umschließung des unteren Dosenteils durch den seitlich
um drei bis vier Zentimeter hoch gezogenen Kartonboden gemeint sein konnte. In der
mündlichen Verhandlung hat das die Beklagte auch ausdrücklich klargestellt. Somit
gehen alle die Ausführungen der Klägerin ins Leere, die darauf abzielen, die Beklagte
überlasse es ihren Kunden, die Kartons zu öffnen und sie „ungeordnet“ zurück zu
lassen. Die Kartons waren offen. Das ist auf der Grundlage des Beklagtenvortrags
unstreitig und an sich nicht zu beanstanden. An der Haftung der Beklagten ändert das
indessen nichts.
5.
Die Klägerin muss sich kein Mitverschulden ihrer Versicherten, der Zeugin B…, nach §
254 Abs. 1 BGB anrechnen lassen. Auch insoweit folgt der Senat der Auffassung des
Landgerichts nicht, das meint, selbst bei Annahme einer grundsätzlichen Haftung der
Beklagten sei das Mitverschulden so hoch zu bemessen, dass diese dahinter
zurückzutreten habe.
Es lässt sich angesichts der bekannten Höhenverhältnisse des Regals und dessen
Bestückung mit Waren einerseits sowie der Körpergröße der Versicherten der Klägerin
andererseits ohne weiteres nachvollziehen, dass Letztere davon ausging, die oberste
und dritte Palettenlage sei leer. Die Überlegung der Kammer, dass die Zeugin B… einen
Schritt habe zurücktreten können und müssen, um die Möglichkeit zu haben, den
Zustand der oberen Palette zuverlässiger zu beurteilen, entbehrt der tatsächlichen
Grundlage. Denn damit wird unterstellt, dass der Einblick in die oberste Lage der Dosen
dann zumindest größer gewesen wäre. Dazu aber hat die Beklagte, die die
Voraussetzzungen eines Mitverschuldens dezidiert darlegen und gegebenenfalls
beweisen müsste, nichts von Substanz vorgetragen, etwa zu der offenen Frage, wie groß
dieser Schritt zurück hätte ausfallen müssen und ob er angesichts der örtlichen
Verhältnisse überhaupt möglich gewesen wäre.
Der ebenfalls von dem Landgericht für begründet erachtete Einwand der Beklagten, die
Zeugin B… hätte sich der Hilfe einer anderen - größer gewachsenen - Person bedienen
müssen, um bessere Einsicht in den Zustand der obersten Dosenlage zu erhalten,
überzeugt den Senat nicht. Davon abgesehen, dass das Geschäftskonzept der
Beklagten in einem Selbst-bedienungssupermarkt ganz offenkundig gerade darauf
angelegt ist, die Kunden die gewünschten Waren selbst den Regalen entnehmen zu
lassen, und das der Einsparung von Personalkosten dient, hat die Zeugin B… glaubhaft
bekundet, es habe sich - wie meistens in Bedarfsfällen - in ihrer Nähe kein Mitarbeiter
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bekundet, es habe sich - wie meistens in Bedarfsfällen - in ihrer Nähe kein Mitarbeiter
der Beklagten befunden, der ihr habe helfen können.
Der Zeuge B…, Ehemann der Versicherten B…, hat hierzu ebenfalls glaubhaft bekundet,
er habe, ohne den Unfall selbst beobachtet zu haben, unmittelbar danach versucht, Hilfe
für seine Ehefrau zu holen, und dabei einen Mitarbeiter der Beklagten gesucht. Es sei
ihm erst „drei Reihen weiter“ gelungen, jemanden ausfindig zu machen.
Das alles zeigt, dass der Zeugin B… kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass sie
sich die gewünschte Ware selbst aus dem Regal nahm, ohne fremde Hilfe abzuwarten.
Gerade das entspricht dem Konzept der Beklagten. Hierauf hatte sie sich durch
entsprechende Präsentation ihrer Waren einzustellen, wie bereits ausgeführt.
6.
Die Beklagte hat bereits in der ersten Instanz bestritten, dass der Klägerin der mit dem
Klage-antrag zu 1. geltend gemachte materielle Schaden entstanden sei. Dies gilt
insbesondere für die ärztlichen Behandlungskosten, Arzneimittel etc. Allerdings hat die
Klägerin hierzu schon dem Landgericht und der Beklagten die Kopien sämtlicher
Kostenbelege zugänglich gemacht. Die Beklagte hat sich dazu ausschließlich mit
pauschalem Bestreiten geäußert und in keinem Punkt erklärt, inwiefern welche der
behaupteten Kosten der Klägerin nicht entstanden seien. Dieses Bestreiten ist der
prozessualen Situation nicht angemessen, Es reicht nicht aus und ist deshalb nicht zu
beachten. Die Höhe der Klageforderung zu 1. ist mithin als unstreitig zu behandeln.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis auf den §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht
gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern weder
die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat vielmehr die den Streitfall
kennzeichnenden Einzelumstände zu bewerten. Hierauf und auf der Beweiswürdigung
beruht die vorliegende Entscheidung. Von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
oder eines anderen Obergerichts weicht der Senat nicht ab.
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