Urteil des OLG Brandenburg vom 27.04.2007

OLG Brandenburg: umschulung, arbeitsamt, prozessführungsbefugnis, aktivlegitimation, rückübertragung, haus, quelle, sammlung, uvg, link

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 WF 139/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 1603 Abs 2 BGB
Kindesunterhalt: Pflicht des Unterhaltsschuldners zu
Bewerbungsbemühungen während einer Umschulung
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Dem Kläger wird für den
Zahlungsantrag vom 27. April 2007 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Dr.
B. in S. beigeordnet.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger ist eine sofortige Beschwerde gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO und als solche zulässig. Sie ist begründet. Die von den Klägern beabsichtige
Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
Dem Grunde nach folgt der Unterhaltsanspruch der Kläger aus §§ 1601 ff. BGB. Da die
Kläger nur 100 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe verlangen, sich also im
Bereich des Mindestbedarfs bewegen, bedarf es hinsichtlich der Höhe des von ihnen
geltend gemachten Anspruchs keines weiteren Vortrags. Vielmehr hat der Beklagte als
Unterhaltspflichtiger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er zur Zahlung
des begehrten Unterhalts nicht in der Lage ist (BGH, FamRZ 1998, 357; Wendl/Dose,
Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 6, Rz. 705). Das kann
nur im Hauptverfahren erfolgen. Eine Würdigung des vom Beklagten bereits im
Prozesskostenhilfeverfahren unterbreiteten Vorbringens und darauf etwa gründende
Feststellungen mit dem Ergebnis einer weitgehenden Versagung von Prozesskostenhilfe
ist umso weniger angezeigt, also es sich bei der ärztlichen Bescheinigung vom
28.10.2005 um reinen Parteivortrag mit einer überdies nur vorsichtigen Schlussfolgerung
derart handelt, "ein Berufswechsel in eine Tätigkeit mit vergleichsweise geringer
Handbelastung wäre auf Grund der Befunde ärztlicherseits zu befürworten", der streitig
ist, weil die Kläger behaupten, der Beklagte sei weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Angesichts dieses Standes des wechselseitigen Vortrages kann eine abschließende
Feststellung hinsichtlich der Erwerbs- und Berufsfähigkeit des Beklagten nicht schon im
Prozesskostenhilfeverfahren getroffen werden.
Das Gleiche gilt für die Frage, ob die Umschulung des Beklagten hinzunehmen ist. Denn
die Bewilligung einer Umschulung durch das Arbeitsamt ist lediglich ein Indiz dafür, dass
vom Arbeitsamt
1994, 372, 374; OLG Bremen, FamRZ 1996, 957). Die Umschulung entbindet den
Unterhaltspflichtigen nicht von seiner Obliegenheit, sich auf dem freien Arbeitsmarkt um
eine Anstellung zu bemühen (OLG Bremen, a.a.O.; OLG Hamm, OLGR 2003, 173; OLGR
2004, 134; OLG Dresden, FamRZ 2003, 1206; OLG Brandenburg, 1. Familiensenat,
FamRZ 2003, 1960). In jedem Fall, in dem sich die Frage der Anerkennungsfähigkeit
einer Umschulung stellt, ist eine Einzelfallprüfung geboten
(Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl.,
Rz. 654), die, nachdem die Kläger eine schlüssige Klage angebracht haben, erst nach
Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Hauptverfahren erfolgen kann. Dort wird das
Amtsgericht alsdann auch bedenken, dass dem Umstand eines Umschulungsbeginns
etwa noch während des Zusammenlebens des Beklagten mit der gesetzlichen
Vertreterin der Kläger besonderes Gewicht zukommt.
Für die Vergangenheit können die Kläger gemäß § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB Unterhalt ab
September 2006 verlangen. Denn Ende September 2006 ist der Beklagte nach dem
Klagevorbringen zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs
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Klagevorbringen zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs
aufgefordert worden, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, §
1613 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zwar geht der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes in der Höhe
erbrachter Leistungen nach dem SGB II und dem UVG auf den Leistungsträger über,
sodass, wenn es nicht zu einer Rückübertragung auf den Leistungsempfänger kommt,
der ursprüngliche Unterhaltsgläubiger übergegangene Unterhaltsansprüche aus der Zeit
vor Klageerhebung mangels Aktivlegitimation und dadurch entfallende
Prozessführungsbefugnis nicht gerichtlich verfolgen kann (Verfahrenshandbuch
Familiensachen/Schael, § 1, Rz. 317 ff., 319). Dass die Kläger derartige öffentliche
Leistungen erhalten haben, lässt sich nicht feststellen. Leistungen nach dem SGB II
können lediglich den für den Beklagten erteilten Bewilligungsbescheiden, und zwar nur
für die Zeit des, wenn auch getrennten, Wohnens des Beklagten und der gesetzlichen
Vertreterin der Kläger mit den Kindern im selben Haus bis einschließlich Mai 2006
entnommen werden. Die nachfolgenden Bescheide des Job-Centers Märkisch-Oderland,
jedenfalls die vom 22.8.2006 und 6.2.2007, weisen nur noch den Beklagten selber als
Leistungsempfänger aus. Feststellungen dazu werden im Hauptverfahren zu treffen sein,
ebenso zu der Frage, ob und gegebenenfalls seit wann Unterhaltsvorschuss gezahlt wird.
Nach dem Vorbringen der Kläger und ihren Prozesskostenhilfeerklärungen ist das nicht
der Fall.
Nach alledem ist, wie geschehen, zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.
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