Urteil des OLG Brandenburg vom 01.09.2004
OLG Brandenburg: gegen die guten sitten, anspruch auf rechtliches gehör, auszahlung, geschäftsführer, sittenwidrigkeit, gebäude, darlehensvertrag, anweisung, aktivlegitimation, druck
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 167/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des
Landgerichts Potsdam vom 1. September 2004 wie folgt teilweise abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 318.191,14 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 315.169,01 € seit
dem 1. Juli 2002 zu zahlen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nahm den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung zunächst
einer Teilforderung in Höhe von 100.000,00 € eines ERP-Kredites in Anspruch; der
Beklagte begehrte widerklagend die Feststellung, dass weitere als die geltend
gemachten Ansprüche nicht bestünden. Die Widerklage wird, nachdem die Klägerin
nunmehr mit der Anschlußberufung auch den Restbetrag von 318.191,14 € geltend
macht, nicht weiter verfolgt.
Der Beklagte bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin und trug im Wesentlichen vor,
sein Vater und die Zedentin hätten im kollusiven Zusammenwirken zu seinen Lasten
geplant, sämtliche Schulden seines Vaters auf die zu gründende Autohaus P. GmbH zu
übertragen und das finanzielle Risiko der Zedentin aus nicht gesicherten Krediten
abzudecken. Auf Geheiß der Zedentin habe sein Vater fiktive Rechnungen über die
Übernahme vermeintlicher Vermögensgegenstände gestellt. Ferner stellte der Beklagte
die Kenntnis des Kreditvertrages vom 12. April 1996 und die Auszahlung der
Darlehensvaluta in Abrede.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil mit der folgenden Ergänzung
Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):
Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, sein Bruder R. und er seien im April 1996
zu Geschäftsführern der GmbH bestellt worden, er selbst sei Ende November 1997 aus
der Gesellschaft ausgeschieden.
Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Widerklage
abgewiesen. Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Das bloße Bestreiten der Aktivlegitimation
genüge angesichts der vorgelegten Urkunden, deren Echtheit der Beklagte nicht in
Abrede stelle, nicht. Da die Forderungsabtretung einer Zustimmung des Schuldners
nicht bedürfe, sei das Bestreiten der Unterzeichnung der Zustimmungserklärung vom 8.
Dezember 1999 unerheblich. Es handle sich auch um eine ursprünglich der Zedentin -
und nicht der ...bank - zustehende Forderung, denn erstere habe den Kreditvertrag im
eigenen Namen geschlossen.
Der Kreditvertrag sei auch mit dem Beklagten zustandegekommen. Soweit dieser
vortrage, sich an die Unterschriftsleistung und den Kreditvertrag nicht erinnern zu
können, sei dies unbeachtlich; dass die Unterschrift gefälscht sei, behaupte der Beklagte
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können, sei dies unbeachtlich; dass die Unterschrift gefälscht sei, behaupte der Beklagte
nicht. Habe er - wie vorgetragen - den Vertrag in Unkenntnis seines Inhalts
unterzeichnet, stelle dies die Wirksamkeit nicht in Frage. Der Beklagte trage auch nicht
vor, dass die Vertragsurkunde einen anderen Inhalt habe, als zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses vorausgesetzt.
Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor. Das Beklagtenvorbringen lasse eine Nichtigkeit
wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder wegen Verstoßes
gegen die guten Sitten nach § 138 BGB - dafür reiche die Behauptung, auf ihn sei
erheblicher Druck ausgeübt worden, nicht aus - nicht erkennen. Anhaltspunkte dafür,
dass er lediglich als sogenannter "Strohmann" und aufgrund emotionaler Verbundenheit
mit der hinter ihm stehenden Person die Mithaftung für den Kredit übernommen habe,
seien nicht gegeben.
Der Beklagte habe die Darlehensvaluta auch erhalten. Er habe ausweislich der von ihm
unterzeichneten Auszahlungsanweisung vom 11. April 1996 hierüber verfügt - dass die
Unterschrift nicht von ihm stamme, behaupte er nicht -, weshalb die Valuta unmittelbar
an die GmbH geflossen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein
Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Er rügt die Verletzung materiellen und
formellen Rechts. Ein schwerer Verfahrensfehler liege darin, dass die Kammer sich
inhaltlich mit dem Schriftsatz vom 31. August 2004 nicht auseinandergesetzt habe.
Wäre der gebotene rechtliche Hinweis erteilt worden, hätte er zum Widerruf der
Zustimmungserklärung im Dezember 1999, dem massiven Druck der Zedentin, dem
kollusiven Zusammenwirken seines Vaters mit der Zedentin, dem fiktiven
Übernahmekonzept, den fiktiven Rechnungen und der fehlenden Gegenleistung für das
vermeintliche Darlehen vortragen können. Er bestreite weiterhin, persönlich die
Darlehensvaluta erhalten zu haben; mit dem "fiktiven rechnerischen Guthaben" der
GmbH seien vielmehr Luftrechnungen des Einzelunternehmens an seinen Vater
beglichen worden. Er habe keine Kenntnis von den Kontotransaktionen, denn er sei nicht
Geschäftsführer der GmbH gewesen; er habe auch keine Anweisung zur Verwendung
des Darlehensbetrages gegeben. Die Klägerin habe eine ordnungsgemäße
Kontenabrechnung und den Nachweis der Valutierung erbringen müssen.
Es habe nach dem Sachvortrag erster Instanz auf der Hand gelegen, dass die Zedentin
bewußt an einer Schädigung des Beklagten mitgewirkt habe. Das Konstrukt der
Schuldentilgung bei seinem Vater stelle eine bewußte Täuschung über dessen
Kreditwürdigkeit dar. Darüber hinaus sei er über die Kreditwürdigkeit der - von vornherein
überschuldeten - GmbH getäuscht worden. Die Zedentin habe gewußt, dass ernste
Zweifel am Gelingen der Sanierung des Unternehmens bestanden. Sie habe ihn - den
Beklagten - zwar nicht warnen oder von dem Vorhaben der GmbH-Gründung abhalten
müssen, die vermeintliche Kreditgewährung sei aber sittenwidrig gewesen.
Der Beklagte wirft der Klägerin Prozeßbetrug vor, verweist in diesem Zusammenhang
auf einen Kontoauszug vom 19. Oktober 2000, den er von seinem Bruder erhalten habe
und der einen Saldo von "Null" aufweise, und meint, eine im
Zwangsverwaltungsverfahren des Amtsgerichts ... - 2 L 230/03 - erteilte Gutschrift und
7/10 des Verkehrswertes des zwangsversteigerten Grundstücks ... in ... seien auf einen
Rückforderungsanspruch anzurechnen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht
Potsdam zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und, nach teilweiser Rücknahme hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 318.191,14 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 315.169,01 € seit
dem 1. Juli 2002 zu zahlen.
Die Klägerin verteidigt mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil, verweist
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Die Klägerin verteidigt mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil, verweist
hinsichtlich der Klageerweiterung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und legt eine
sogenannte Kontenverdichtung und Restforderungsberechnung vor.
Der Beklagte beantragt,
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Er meint, der mit der Klageerweiterung verfolgte Anspruch sei - auch nach Vorlage der
Forderungsabrechnung - nicht schlüssig dargetan.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen, die Anschlußberufung der Klägerin in
vollem Umfang Erfolg.
Die Klägerin kann den Beklagten auf Rückzahlung von insgesamt 418.191,14 € nebst
Zinsen in der geltend gemachten Höhe aus §§ 488, 398 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2
EGBGB in Anspruch nehmen.
a) Das Landgericht hat verfahrensfehlerfrei und aus zutreffenden Gründen, auf die der
Senat Bezug nimmt, die Aktivlegitimation der Klägerin auf eine wirksame Abtretung
gestützt und bejaht. Soweit die Berufungsbegründung (auch hierzu) die Erteilung eines
rechtlichen Hinweises vermisst, fehlt hierzu nicht nur jegliche Begründung, die Sach- und
Aktenlage gebot zudem erkennbar keinen rechtlicher Hinweis.
b) Den Ausführungen der Kammer zum wirksamen Abschluß des Darlehensvertrages
vom 12. April 1996 mit dem darin bestimmten Zinssatz von 5,5 %, die keinerlei
Rechtsfehler erkennen lassen und gegen die die Berufung keinerlei erhebliche Einwände
erhebt, schließt sich der Senat vollumfänglich an.
c) Der Beklagte vermag mit seinem Einwand, der Darlehensvertrag sei wegen Verstoßes
gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB nichtig, auch im Berufungsrechtszug nicht
durchzudringen.
aa) Soweit der Beklagte behauptet hatte, "vermögenslos" gewesen zu sein, ist diese
Behauptung ohnehin pauschal und im übrigen im Hinblick auf das Hausgrundstück,
dessen Beleihungswert er im Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungsdarlehens
mit 350.000,00 DM und die Belastungen auf 309.500,00 DM angab, zudem offenkundig
unrichtig. Darüber hinaus dient ein Existenzgründungskredit gerade dazu, eine
wirtschaftliche Existenz des Darlehensnehmers aufzubauen; aus den erwirtschafteten
Erträgen sollen die Darlehensraten dann zu beglichen werden.
Abgesehen davon begründete allein die Tatsache, dass eine Zahlungsverpflichtung das
Leistungsvermögen des Schuldners überfordert, nicht die Sittenwidrigkeit.
Privatautonomie bedeutet nicht nur Selbstbestimmung, sondern auch
Selbstverantwortung; der Schuldner hat grundsätzlich selbst zu prüfen und zu
entscheiden, wo die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit liegen.
Für eine Anwendung der Rechtsprechung zur krassen finanziellen Überforderung
mithaftender Angehöriger ist, wie die Kammer bereits zutreffend ausgeführt hat,
ohnehin kein Raum, da der Beklagte als - zum maßgeblichen Zeitpunkt der
Kreditgewährung im April 1996 - Mitgesellschafter und Geschäftsführer der GmbH nicht
zu dem geschützten Personenkreis gehört. Soweit der Beklagte in seiner
Berufungsbegründung vom 23. Dezember 2004 bestreitet, zum Zeitpunkt der
"Transaktionen" Geschäftsführer gewesen zu sein, handelt es sich um neuen Vortrag im
Berufungsrechtszug, der mangels Zulassungsgründen (§ 531 Abs. 2 ZPO) nicht
zuzulassen ist.
Darüber hinaus war der Vortrag des Beklagten zu seiner Einkommens- und
Vermögenslage völlig unzureichend. Die Anforderungen, die nach der Rechtsprechung -
auch des Senats - zu Angehörigenbürgschaften und -mithaftungen an den Sachvortrag
im Hinblick auf die finanzielle und wirtschaftlichen Lage des nahen Angehörigen gestellt
werden, sind dem Beklagtenvertreter aus diversen Rechtsstreiten vor dem Landgericht
und dem Senat, es sei hier nur das Verfahren 4 U 197/03 - 8 O 182/03 Landgericht ... -
genannt, hinlänglich bekannt.
bb) Auch soweit der Beklagte meint, der Darlehensvertrag sei deshalb sittenwidrig, weil
er dazu gedient habe, "den Zusammenbruch des U. P. sen. zu verhindern" und er - der
Beklagte - "unter Mitwirkung der Zedentin über die Kreditwürdigkeit getäuscht" worden
sei, kann er damit nicht durchdringen.
(1) Die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 138 BGB stünde ohnehin
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(1) Die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 138 BGB stünde ohnehin
einem Rückforderungsanspruch der Klägerin - aus Bereicherungsrecht, § 812 Abs. 1 BGB
- nicht entgegen, soweit es die Darlehensvaluta betrifft. § 817 Satz 2 BGB findet auf den
Rückforderungsanspruch bei sittenwidrigem Darlehensvertrag keine Anwendung, weil
eine "Leistung" im Sinne dieser Vorschrift nur dann vorliegt, wenn der Vermögensvorteil
endgültig in das Vermögen des Leistungsempfängers übergegangen ist. Dies ist bei
einem Darlehen, mit dem lediglich die zeitweilige Nutzung des Kapitals überlassen ist,
gerade nicht der Fall.
(2) Tatsächliche Umstände, die die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages begründen
könnten, legte der Beklagte aber auch weder in erster noch in zweiter Instanz dar.
(a) Die Sanierung eines wirtschaftlich und finanziell angeschlagenen Einzelunternehmens
so wie sie hier erfolgt ist, also durch Umstrukturierung des Unternehmens in
gesellschaftlicher - "Umwandlung" in eine GmbH - und personeller Hinsicht, ist nicht
ohne weiteres sittenwidrig. Ebensowenig verstößt die Darlehensgewährung in diesem
Zusammenhang schon deshalb gegen die guten Sitten, weil der vorherige Inhaber des
Einzelunternehmens - wie der Beklagte behauptet - hierdurch letztlich "vollkommen
schuldenfrei" wird. Letzteres ist im übrigen eine Behauptung des Beklagten, die nur
unzureichend den tatsächlichen Sachstand wiedergibt, denn ausweislich des
Darlehensvertrages vom 12. April 1996 war die Auszahlung des Darlehens daran
geknüpft, dass die - vorhandenen - Grundschulden in Höhe von insgesamt 1.570.000,00
DM auf zwei Grundstücken des U. P. senior und in Höhe von 1.751.000,00 DM auf dem
Erbbaurecht des U. P. senior für das Kreditengagement haften.
(b) Über wessen Kreditunwürdigkeit der Beklagte getäuscht worden sein soll, ist nicht
ersichtlich. Soweit es die Kreditwürdigkeit des in die Autohaus P. GmbH umgewandelten
Einzelunternehmens betrifft, lassen seine wortreichen, aber inhaltsleeren Ausführungen
eine die Sittenwidrigkeit begründende Täuschung nicht erkennen.
(c) Mit der pauschalen und daher nicht berücksichtigungsfähigen Behauptung, es seien
in Kenntnis der Zedentin "fiktive Rechnungen" über Vermögensgegenstände erstellt
worden, die nicht Gegenstand eigener Rechte sein können - Waschhalle und Gebäude ...
- oder an denen die Verfügungsbefugnis fehlte - Vorführwagenbestand - kann er eine
Täuschungshandlung nicht begründen. Dieses Vorbringen ist aber ein Beispiel für die
Lückenhaftigkeit des Beklagtenvortrags.
Mit seiner Behauptung, es seien "angeblich" eine Waschhalle und das Gebäude ...
veräußert worden, "wobei immerhin bekannt ist, dass das Gebäude nie Gegenstand
selbständiger Rechte sein kann", suggeriert der Beklagte, die Autohaus P. GmbH habe
die veräußerten Vermögensgegenstände aus Rechtsgründen nicht erhalten können.
Unerwähnt bleibt dabei indes, dass hinsichtlich des Grundstücks ... ein Erbbaurecht
bestand mit der Folge, dass das aufstehende Gebäude gemäß § 12 Abs. 2 ErbbRVO
nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist, auf dem es steht, sondern des
Erbbaurechts und mit diesem übertragen werden kann. Angesichts der Einstellung des
Gebäudes ... in die Bilanz zum Aktivvermögen der Autohaus P. GmbH liegt nahe, dass
eine Übertragung auf die Autohaus P. GmbH erfolgt ist; die vom Beklagten als Anlage B
5 eingereichte Rechnung steht damit in Einklang.
Auch hinsichtlich der Waschhalle beschränkt sich der Beklagtenvortrag auf die
Behauptung, diese habe nicht veräußert werden können, ohne auch nur ansatzweise
erkennen zu lassen, dass es sich bei der Waschhalle überhaupt um einen wesentlichen
Bestandteil (§ 94 BGB) des Grundstücks, auf dem sie steht, handelt.
Hinsichtlich der Vorführwagen legt der Beklagte ebenfalls nur die vermeintliche
"Scheinrechnung" vor, erklärt sich aber nicht dazu, ob diese Fahrzeuge ebenso wie die
Neuwagen - was durch die Sicherungsübereignung an einen Dritten nicht
ausgeschlossen ist - während der Dauer seiner Geschäftsführung zum
Betriebsvermögen der U. P. GmbH gehörten, wie es der von ihm selbst eingereichte
Jahresabschlußbericht zum 31. Dezember 1997 ausweist.
Inwieweit die Anlagen B 7 und B 8 Belege für bei der vermeintlichen Täuschung des
Beklagten erheblichen Tatumstände bieten sollen, ist nicht nachvollziehbar.
(d) Auch die Behauptung, die Zedentin habe mit der Darlehensgewährung daran
mitgewirkt, dass ein von vornherein nicht sanierungsfähiges Unternehmen weiter
bestehen kann, bleibt ohne jegliche einlassungsfähige Substanz. Auf einen Vortrag, der
sich im wesentlichen darauf beschränkt, ein "kollusives Zusammenwirken" seines Vaters
mit der Zedentin sowie das Vorliegen "fiktiver Rechnungen", eines "fiktiven
Übernahmekonzepts", eines "vermeintlichen Kundenstamms" und ähnliches zu
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Übernahmekonzepts", eines "vermeintlichen Kundenstamms" und ähnliches zu
behaupten, kann sich ein Prozeßgegner nicht einlassen. Entgegen der Auffassung des
Beklagten war die Kammer auch insoweit nicht veranlasst, auf eine "Vervollständigung"
des Sachvortrags hinzuwirken. Die richterliche Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO
besteht nur dann, wenn ein Gesichtspunkt erkennbar übersehen oder für unerheblich
erachtet wird. Das war hier aber nicht der Fall. Der Tatsachenvortrag war ersichtlich
vollkommen substanzlos und inhaltsleer.
Selbst wenn dem Landgericht der Vorwurf eines verfahrensfehlerhaft unterlassenen
Hinweises gemäß § 139 Abs. 2 ZPO gemacht werden könnte, führte dies dennoch nicht
zum Erfolg der Berufung.
Die in der Berufung erhobene Rüge einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht greift
nicht durch, wenn der auf Grund des unterlassenen Hinweises unterbliebene Vortrag in
der Berufungsbegründung nicht nachgeholt wird. Das Versäumnis beruht dann nicht auf
einem Verfahrensmangel im ersten Rechtszug (§ 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO), sondern auf
prozessualer Nachlässigkeit (ebenso KG Berlin KGR 2005, 56). So liegt der Fall hier. Die
Berufungsbegründung vom 23. Dezember 2004 besteht im Wesentlichen aus einer
Wiederholung des (eingerückten) Schriftsatzes vom 31. August 2004 aus erster Instanz;
konkreten Sachvortrag, der über die formelhaften Wendungen der zitierten Art
hinausgeht, enthält sie nicht.
cc) Auch soweit es das von der Kammer zu Recht als unzureichend erachtete Vorbringen
betrifft, die Zedentin habe auf den Beklagten erheblichen Druck ausgeübt, führte, selbst
wenn der Vorwurf eines verfahrensfehlerhaft unterlassenen Hinweises gemäß § 139 Abs.
2 ZPO gemacht werden könnte, dies aus den unter (d) dargelegten Gründen nicht zum
Erfolg der Berufung.
d) Das Landgericht ist zu Recht auch davon ausgegangen, dass die Darlehensvaluta
ausgezahlt wurde. Soweit der Beklagte eine Auszahlung an sich bestritten hat und
weiterhin bestreitet, geht dies schon deshalb ins Leere, weil eine Auszahlung der
Darlehensvaluta an ihn selbst zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin vorgetragen war.
Die Klägerin hatte stets behauptet, dass die Valuta gemäß der vorgelegten Anweisung
des Beklagten vom 11. April 1996 auf das Konto der GmbH geflossen sei. Soweit er
nunmehr mit der Behauptung, er selbst habe "keine Anweisung zur Verwendung des
Darlehensbetrages gegeben", die Unterschriftleistung unter die mit "Auftrag"
überschriebene Anweisung an die Zedentin vom 11. April 1996, die Darlehensvaluta auf
das Geschäftskonto der Autohaus P. GmbH gutzuschreiben, (Anlage K 11) bestreiten
will, handelt es sich um neuen Vortrag im Berufungsrechtszug, der mangels
Zulassungsgrund gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist.
Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung vom 23. Dezember 2004
behauptet, seinem ehemals beratenden Rechtsanwalt sei mitgeteilt worden, das
Darlehen sei lediglich in Höhe von 637.000,00 DM ausgezahlt worden, ist dies neuer
Vortrag im Berufungsrechtszug, der mangels Zulassungsgründen (§ 531 Abs. 2 ZPO)
nicht zuzulassen ist.
Sein Bestreiten der Gutschrift in Höhe von 812.000,00 DM auf dem Konto der Autohaus
P. GmbH im Schriftsatz vom 31. August 2004 unter Hinweis darauf, dass er den
vermeintlichen Nachweis nie gesehen habe, ist - worauf der Senat bereits im
Verhandlungstermin vom 6. April 2005 hingewiesen hatte - ebenfalls nicht zu
berücksichtigen. Wie sich aus dem Verweis auf seine fehlende Kenntnis ergibt, handelt
es sich hierbei tatsächlich um Bestreiten mit Nichtwissen. Das Bestreiten der
Auszahlung der Darlehensvaluta an die Autohaus P. GmbH mit Nichtwissen ist aber
gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unzulässig, weil der Beklagte als Geschäftsführer im Zeitraum
von April 1996 bis Ende November 1997 - so sein erstinstanzlicher Vortrag im Schriftsatz
vom 14. April 2004 (Seite 4) - hierzu eigene Wahrnehmungen gehabt haben muß.
Dieses, für das Prozeßverhalten des Beklagten symptomatische Vorbringen und die
zuletzt im Berufungsverfahren erhobenen massiven Vorwürfe des Prozeßbetruges gegen
die Klägerin veranlassen indes den Senat zu folgenden Ausführungen:
Der Beklagte trägt in erheblichem Maße widersprüchlich und ohne nachvollziehbaren
Grund lückenhaft zu Umständen vor, die ihm bekannt sein müssen.
So ist sein Bestreiten der Bankgutschrift zugunsten der GmbH auch deshalb nicht
nachvollziehbar, weil ausweislich des von ihm selbst eingereichten
Jahresabschlußberichts zum 31. Dezember 1997 für die Autohaus P. GmbH das
gesamte ERP-Darlehen, das 1.624.000,00 DM betrug und hälftig vom Beklagten und
seinem Bruder R. getragen wurde, in den Jahren 1996 und 1997 passiviert wurde. Der
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seinem Bruder R. getragen wurde, in den Jahren 1996 und 1997 passiviert wurde. Der
Beklagte, der selbst den Bankkredit für die Unternehmensgründung bzw. -übernahme
beantragt hatte und einen Verstoß gegen die guten Sitten darin sieht, dass mit dem
Darlehen letztlich die Kreditverbindlichkeiten seines Vaters abgelöst worden seien, wie es
jener und die Zedentin nach ihrem "Konzept" von vornherein beabsichtigt hätten, und
die "GmbH alle Schulden" gehabt habe, kann, soweit es den Erhalt der Darlehensvaluta
betrifft, nicht auf seine Unkenntnis verweisen, ohne dass sein Sachvortrag insgesamt
unglaubwürdig wird. Es ist zudem in keiner Weise erklärlich, woher denn die Geldmittel für
den Erwerb des Einzelunternehmens seines Vaters - für den die neugegründete
Gesellschaft nach seinem Vortrag über 2 1/2 Millionen DM aufgewendet haben soll, die
ihr aber ausweislich der vom Beklagten selbst eingereichten Eröffnungsbilanz zum 30.
Januar 1995 nicht zur Verfügung standen - kamen, wenn nicht über die von ihm selbst
und seinem Bruder R. bei der Zedentin beantragten Kredite.
Seine behauptete Unkenntnis und die partiellen Erinnerungslücken auch in anderen
Punkten sind in keiner Weise nachvollziehbar. So will er zu dem im von der Klägerin
eingereichten Gutschriftbeleg (Anlage K 12) angegebenen Konto bei der ...bank, Konto-
Nr. ... keine "eigene Wahrnehmung" haben; da die Klägerin behauptet, es handle sich um
sein, des Beklagten, Konto, muß er sich hierzu schon erklären. Offenkundig
vorgeschoben ist auch die Behauptung, "möglicherweise" habe er den
Verwendungsnachweis Anlage K 13 unterzeichnet, jedenfalls aber "ohne Kenntnis der
Seite 1". Angesichts der Höhe der beantragten Kreditmittel und der Geschäftserfahrung
des Beklagten, der nach seinen eigenen Angaben im Lebenslauf sechs Jahre als
Verkaufsleiter und Disponent, seit mehreren Monaten Geschäftsführer der Autohaus P.
GmbH war, ist nicht nachzuvollziehen, dass er unbesehen ein Formular unterzeichnet,
mit dem er den Einsatz der "abgerufenen Eigenkapitalhilfe-Beträge für betriebliche
Zwecke" bestätigt.
Am deutlichsten zutage tritt das Prozeßverhalten des Beklagten, Umstände nicht
kennen und sich zu Sachvortrag der Klägerin nicht erklären zu wollen, obgleich er
offenkundig Kenntnis haben muß, bei seinen Ausführungen zu dem als Anlage K 11
eingereichten Auftrag zu tage, das "mir persönlich bewilligte Eigenkapitalhilfsdarlehen
sowie das mir persönlich gewährte ERP-Existenzgründungsprogramm-Darlehen" dem
Geschäftskonto der GmbH gutzuschreiben. Die insoweit behauptete Unkenntnis vom
Inhalt dieses Auftrags ist weder mit dem Zeitablauf noch aus anderen Gründen
nachvollziehbar. Der Auftrag an die Zedentin ist auch inhaltlich vollkommen klar und
unmißverständlich; inwieweit er über den "Inhalt der Verwendung" - wie er hilfsweise
vorträgt - getäuscht worden sein soll, bleibt im Dunklen.
Angesichts des geschilderten Prozeßverhaltens des Beklagten gebot es weder die
Fürsorgepflicht des Gerichts, noch der Anspruch auf rechtliches Gehör, die Partei auf die
Lücken und Widersprüche im Vortrag hinzuweisen. Selbst wenn dem Landgericht der
Vorwurf eines verfahrensfehlerhaft unterlassenen Hinweises gemäß § 139 Abs. 2 ZPO
gemacht werden könnte, führte dies aus den oben (1.b) bb) (2) (d) dargelegten Gründen
- auch seine Berufungsbegründung enthält zu den angesprochenen Umständen keinen
konkreten Sachvortrag - nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.
e) Die Rückzahlungs- und Zinsforderung besteht auch in der geltend gemachten Höhe.
aa) Die Klägerin hat - auf den entsprechenden Hinweis des Senats - die Höhe der
geltend gemachten Forderung schlüssig dargelegt.
Eine Darlehensrückzahlungsforderung ist nur dann schlüssig dargetan, wenn der
Sachvortrag eine vollständige rechnerische Überprüfung der Klageforderung ermöglicht.
Diesen Anforderungen hat die Klägerin nunmehr genügt, indem sie die
Kontenentwicklung ab dem Auszahlungsdatum bis zum Kündigungszeitpunkt dargelegt
hat. Anhand dieser Unterlagen läßt sich die Entwicklung der Darlehens rechnerisch - und
allein insoweit bestanden Schlüssigkeitsbedenken - ohne weiteres nachvollziehen. Das
Bestreiten der Richtigkeit dieser Restschuldberechnung durch den Beklagten ist
unbeachtlich. Streitgegenstand ist hier nicht eine Forderung aus einem
Kontokorrentkredit- oder Girovertrag, deren Bestand sich durch Gut- und Lastschriften
stets und ohne Regelmäßigkeiten verändert. Es geht vielmehr um einen
Rückzahlungsanspruch aus einem einmal ausgereichten Festbetragsdarlehen mit
vereinbartem Zins- und Tilgungssatz, so dass sich die Richtigkeit der zum Soll gestellten
Beträge anhand der eingereichten Unterlagen - des vereinbarten Zinssatzes von 5,5 %,
der Fälligkeitsbestimmungen und der vereinbarten tilgungsfreien Zeit bis 28. Februar
2001 - ohne weiteres überprüfen lassen. Dafür, dass in größerem Umfang Zahlungen
erfolgt sind, als von der Klägerin eingestellt, ist ohnehin der Beklagte darlegungs- und
beweispflichtig.
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bb) Eigene Tilgungsleistungen behauptet der Beklagte nicht, er trägt aber auch nicht
hinreichend zu einer anderweitigen Erfüllung der Darlehensverpflichtung vor, worauf der
Senat ihn zuletzt im Termin vom 4. Juli 2005 hingewiesen hat.
(1) Der Verweis auf einen Kontoauszug vom 19. Oktober 2000 für das Konto Nr. ... der
...bank eG, den der Beklagte von seinem Bruder erhalten und der einen Saldo von "Null"
ausgewiesen habe, ist für eine Rückführung der Darlehensschuld auf Null schon deshalb
nicht aussagekräftig, weil die ...bank eG zwischenzeitlich - mit Abtretungsvertrag vom 3.
Januar 2000 - ihre Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an die Klägerin abgetreten
hatte.
(2) Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, es müsse ein Betrag von 16.212,94 €
gutgeschrieben werden, der sich aus der Abrechnung zum Zwangsverwaltungsverfahren
des Amtsgerichts ... 2 L 230/03 ergebe, kann er auch damit nicht durchdringen, denn es
ist schon nicht erkennbar und auch nicht dargetan, weshalb Erlöse aus dem
Zwangsverwaltungsverfahren betreffend die "Autohaus P. GmbH i.L. ..." auf den
Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Beklagten anzurechnen sein sollten. Nicht
die Autohaus P. GmbH war Kreditnehmerin, sondern der Beklagte, und die
Zwangsverwaltung betrifft auch nicht ein Grundstück, das im Eigentum des Beklagten
steht.
(3) Gleichermaßen kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, ihm sei vom
Amtsgericht ... mitgeteilt worden, die Klägerin habe ein Meistgebot von 4.700,00 € für
das auf Blatt 165 des Grundbuchs von ... eingetragene Grundstück - ... - abgegeben und
ihr sei am 13. Mai 2005 der Zuschlag erteilt worden. Es ist - worauf die Klägerin zu Recht
hinweist - nicht erkennbar, aus welchem Rechtsgrund ein etwaiger Erlös aus der
Verwertung des im Eigentum eines Dritten stehendes Grundstücks auf die
Darlehensforderung gegen den Beklagten anzurechnen ist. Hinzu kommt, dass in dem
eingereichten Schreiben des Amtsgerichtes ... vom 10. Mai 2005 nicht davon die Rede
ist, dass am 13. Mai 2005 der Zuschlag erteilt worden sei, was ohnehin wegen der Daten
denklogisch ausgeschlossen ist.
f) Nach alledem ist der beklagtenseits gegenüber der Klägerin erhobene Vorwurf des
Prozeßbetruges ersichtlich haltlos.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 269 Abs. 3, 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 48, 47 Abs. 1 Satz 1, 45
Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG n.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F. auf 418.191,14 € festgesetzt.
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