Urteil des OLG Brandenburg vom 31.07.2008

OLG Brandenburg: verletzung der anzeigepflicht, eintritt des versicherungsfalles, rücktritt, operation, berufsunfähigkeit, knieverletzung, klagefrist, versicherer, vergleich, anhörung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 217/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 BGB, § 611 BGB, § 280
BGB, § 67 Abs 3aF VVG
Rechtsanwaltshaftung: Schaden bei Nichtannahme eines
Vergleichsangebots der Gegenseite
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9.
November 2006 - Az.: 14 O 76/06 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 348.190,77 €
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen
Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten geltend. Der Schaden soll nach ihrem
Vorbringen in dem Entgang einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente bestehen, weil
die Beklagte die entsprechende Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG versäumt hat. Hilfsweise
stützt die Klägerin ihren Anspruch hinsichtlich eines Teilbetrages von 40.000,00 € darauf,
dass die Beklagte von der Annahme eines entsprechenden Vergleichsangebotes der G.-
Versicherungen vom 28.04.2003 (Bl. 57 d. A.) deswegen abgeraten haben soll, weil sich
eine höhere Forderung gegen die Versicherung würde durchsetzen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen in der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass die G.-Versicherungen mit
Schreiben vom 08.05.2002, wie sich aus dem Schreiben der Versicherung an die
Klägerin vom 26.06.2002 (Bl. 162, 164 d. A.) ergibt, den Rücktritt vom
Versicherungsvertrag wegen falscher Angaben erklärt hat. Die ärztliche Stellungnahme,
aus der sich die behaupteten Falschangaben zu dem Gesundheitszustand des
Versicherten nach Auffassung der Versicherung ergeben sollen, stammt vom 02. Mai
2002 und ist bei der Versicherung am 07. Mai 2002 eingegangen (Bl. 183 ff d. A.).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar liege
eine Pflichtverletzung der Beklagten wegen des Versäumens der Klagefrist vor, der
Klägerin sei aber ein ersatzfähiger Schaden nicht entstanden. Die Versicherung sei
wirksam von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten, weil die Klägerin bzw. die
versicherte Person medizinische Fragen in dem Antragsformular falsch beantwortet
hätten. Der Rücktritt sei nicht wegen fehlenden Verschuldens (§ 16 Abs. 3 VVG)
ausgeschlossen. Der Rücktritt sei ebenfalls nicht durch eine Verletzung der der
Versicherung obliegenden Risikoprüfungspflicht ausgeschlossen. Darüber hinaus seien in
dem Antrag auf Abschluss des Vertrages falsche Angaben zu dem Einkommen des
Versicherten aus dem Gewerbebetrieb gemacht worden. Die Versicherung sei dadurch
von ihrer Leistungspflicht frei geworden. Aus dem behaupteten Abraten vom Abschluss
des Vergleichs sei der Klägerin ein Schaden nicht entstanden. Aufgrund der
vorprozessual gewechselten Schriftsätze sei der Klägerin die Risikolage bekannt
gewesen. Jedenfalls sei anzunehmen, dass dann, wenn die Beklagte Kenntnis von der
vorvertraglichen Insolvenz des Versicherten besessen hätte, zu dem Abschluss des
Vergleiches geraten hätte. Es sei auch nicht ersichtlich, dass aus einer Pflichtverletzung
wegen behaupteten Abratens vom Vergleich der Klägerin Nachteile entstanden seien,
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wegen behaupteten Abratens vom Vergleich der Klägerin Nachteile entstanden seien,
weil es bereits an einem materiell-rechtlichen Anspruch auf eine Zahlung fehle.
Gegen das ihr am 20. November 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt
(Oder) hat die Klägerin mit am 18. Dezember 2006 bei dem Brandenburgischen
Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und, nach
entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, mit am 19. Februar 2007
eingegangenem Schriftsatz begründet.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens macht die Klägerin
insbesondere geltend, aus dem angefochtenen Urteil ergebe sich hinsichtlich des
zeitlichen Aspektes nicht hinreichend deutlich, welche Fragen zu dem
Gesundheitszustand nicht zutreffend beantwortet worden seien. Das Landgericht habe in
verfahrensfehlerhafter Weise das Vorbringen zu den Einkommensverhältnissen des
Versicherten in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 27. Oktober 2006 nicht
berücksichtigt. Daraus ergebe sich, dass zu den Vermögensverhältnissen keine falschen
Angaben gemacht worden seien. Jedenfalls sei ein Schaden deswegen entstanden, weil
die Beklagte, die über die Vermögensverhältnisse des Ehemannes der Klägerin
unterrichtet worden sei, von der Annahme des Vergleichsangebotes über 40.000,00 €
abgeraten habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 09.
November 2006 - Az.: 14 O 76/06 -
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1287.312,04 € nebst jeweils 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab Juli 2008
monatlich einen Betrag in Höhe von 1.533,88 € zum 15. des jeweiligen Monats bis
einschließlich Juni 2020 zu zahlen;
3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 40.000,00 € nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und
Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Ergänzend legt sie eine eidesstattliche
Versicherung des Ehemannes der Klägerin vom 16. März 2001 vor, worin dieser
angegeben hat, aus selbständiger Tätigkeit keinen Umsatz zu erzielen und von dem
Arbeitslosengeld seiner Ehefrau zu leben. Er hat weiter in dieser Erklärung angegeben, in
den letzten zwei Jahren vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an seine Ehefrau
als Ersatz für Lohnleistungen einen Pkw übereignet zu haben.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. L.. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.07.2008
Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel
ohne Erfolg; zwar hat die Beklagte durch Versäumung der Klagefrist nach § 12 Abs. 3
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ohne Erfolg; zwar hat die Beklagte durch Versäumung der Klagefrist nach § 12 Abs. 3
VVG ihre Pflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Anwaltsvertrag verletzt,
ein Anspruch der Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB kommt gleichwohl nicht in Betracht,
weil es an einem ersatzfähigen Schaden der Klägerin fehlt. Dies gilt auch hinsichtlich des
hilfsweise geltend gemachten Schadensbetrages von 40.000,00 €, der darauf gestützt
wird, dass die Beklagte vom Abschluss eines Vergleichsvertrages über diesen Vertrag
mit der Versicherung abgeraten haben soll.
A)
1. Die Klägerin hatte die Beklagte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der
Versicherungsgesellschaft, wegen der Geltendmachung einer Berufsunfähigkeitsrente
für ihren Ehemann beauftragt. Nach Scheitern der Vergleichsverhandlungen hatte sich
die Klägerin zu der Erhebung einer entsprechenden Klage gegen die
Versicherungsgesellschaft entschlossen, wobei zunächst für die Durchführung des
Klageverfahrens Prozesskostenhilfe beantragt werden sollte. In diesem Verfahren ist
seitens der Beklagten unstreitig die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG versäumt worden.
Damit liegt ohne weiteres eine Pflichtverletzung der Beklagten aus dem Anwaltsvertrag
vor, der wenn auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, zu entsprechenden
Schadensersatzansprüchen führen kann.
Einem Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Berufsunfähigkeitsrente steht
aber entgegen, dass die Pflichtverletzung der Beklagten für einen solchen Schaden nicht
kausal geworden ist. Ansprüche gegen die Beklagte können insoweit nur gegeben sein,
wenn ohne die Pflichtverletzung mit Erfolg Ansprüche aus der
Berufsunfähigkeitsversicherung gegen die Versicherungsgesellschaft hätten geltend
gemacht werden können. Dies wäre vorliegend aber nicht der Fall gewesen, eine
entsprechend Klage wäre ohne Erfolg geblieben.
2. Nach § 16 Abs. 1 VVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bei Abschluss des
Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich
sind, anzuzeigen. Erheblich sind solche Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss
des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt
abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Ein Umstand, nach dem der Versicherer
ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich. Dem steht es nach §
17 VVG gleich, wenn über einen erheblichen Umstand eine unrichtige Anzeige gemacht
worden ist. Der Rücktritt des Versicherers muss dann gem. § 20 Abs. 1 VVG innerhalb
einer Frist von 1 Monat seit Kenntnis der Verletzung der Anzeigepflicht erfolgen.
3. Die Rechtzeitigkeit der Erklärung des Rücktritts durch den Versicherer hat die Klägerin
mit der Berufungsbegründung zwar bestritten und insbesondere geltend gemacht, dass
das angefochtene Urteil hierzu keine Feststellungen enthalte.
Selbst wenn dieses Vorbringen in der Berufungsinstanz noch Berücksichtigung finden
könnte, obwohl die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht dargetan sind, lässt
sich die Rechtzeitigkeit der Erklärung des Rücktritts ohne weiteres feststellen. Aus dem
Vorverfahren vor dem Landgericht Wiesbaden bzw. dem vorprozessualen Schriftverkehr
ergibt sich, dass der Rücktritt am 08. Mai 2002 erklärt worden ist (Bl. 74 und 164 d. A.).
Die ärztliche Stellungnahme, aus der sich die Verletzung der Anzeigepflicht durch den
Ehemann der Klägerin ergeben soll, datiert vom 02. Mai 2002 und ist der Versicherung
am 07. Mai 2002 zugegangen (Bl. 183 ff d. A.). Die Rechtzeitigkeit der Erklärung des
Rücktritts ist damit hinreichend nachgewiesen; es kommt danach allein darauf an, ob ein
Rücktrittsgrund gegeben war.
4. In erster Linie wird der Rücktritt bzw. das Berufen der Beklagten auf die Wirksamkeit
des Rücktritts darauf gestützt, dass der Ehemann der Klägerin als versicherte Person die
Fragen nach seinen Gesundheitszustand unzutreffend beantwortet hat. Obwohl der
Berufung insoweit zuzustimmen ist, als das landgerichtliche Urteil eine klare
Differenzierung danach, welche Frage unzutreffend beantwortet sein soll, gerade im
Hinblick darauf, dass eine Frage gar nicht beantwortet ist, vermissen lässt, erweisen sich
die Feststellungen des Landgerichts im Ergebnis gleichwohl als zutreffend.
a) Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Klägerin selbst oder ihr
Ehemann die Fragen im Versicherungsantrag teilweise unzutreffend beantwortet hat.
Da sich nämlich die Klägerin bei der Beantwortung der Fragen der Hilfe ihres
Ehemannes, der den Antrag ebenfalls unterzeichnet hat, zumindest bedient hat, muss
sie auch für dessen Fehlverhalten i.S.v. § 278 BGB einstehen (Prölss/Martin, VVG, 17.
Aufl., §§ 16, 17, Rn. 18 m.w.N.).
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b) Die Versicherung hatte zunächst mit der Frage 2.10 danach gefragt, ob in den letzten
zehn Jahren vor Antragstellung (Mai 2001) Krankheiten oder Beschwerden des Skeletts
(z. B. Wirbelsäule, Bandscheiben, Rückgratverkrümmung, Bewegungseinschränkungen,
Amputationen) bestehen oder bestanden haben. Diese Frage blieb in dem Antrag
ausdrücklich unbeantwortet.
Werden aber bestimmte Antragsfragen nicht beantwortet und schließt der Versicherer
gleichwohl den Vertrag, so kann er sich grundsätzlich, falls er nicht zurückgefragt hat,
nicht auf die Verletzung der Anzeigepflicht berufen, denn in einem solchen Fall lässt sich
auf die Unerheblichkeit des Umstandes schließen (Prölss/Martin, a.a.O., Rn. 24). Bleibt
das Antwortfeld leer, so bedeutet dies auch nicht eine verneinende Antwort (so etwa
OLG Düsseldorf RuS 1999, 356). Folgt man dieser, gleichwohl nicht ganz unumstrittenen
Ansicht, so wäre damit diese Frage jedenfalls nicht falsch beantwortet. Dies würde - auch
im Hinblick auf die weiteren Fragen - dazu führen, dass jedenfalls die Behandlungen und
Untersuchungen an der Wirbelsäule in den Jahren 1992 und 1995 vorliegend außer
Betracht zu bleiben hätten. Auf die Verletzung der Anzeigepflicht hätte sich die
Versicherung insoweit nicht berufen können. Auf die Frage, ob in diesem
Zusammenhang die Knieverletzung aus dem Jahre 1996 hätte angezeigt werden
müssen und ob insoweit der Versicherungsmakler entsprechend informiert werden sein
soll, dass eine viele Jahre zurückliegende Operation am linken Knie vorliegen soll, käme
es danach nicht an. Es käme dann auch auf die rechtliche Stellung des Zeugen S. -
unabhängiger Versicherungsmakler oder Agent der Versicherung - ebenfalls nicht an.
c) Die Frage 7 hingegen, die sich darauf bezieht, ob in den letzten fünf Jahren vor der
Antragstellung (also seit Mai 1996) Untersuchungen, Behandlungen, ärztliche
Beratungen, Operationen, Krankenhausaufenthalte stattgefunden haben, ist hingegen
eindeutig falsch beantwortet worden.
aa) Der Ehemann der Klägerin ist nämlich im September 1996 nach seiner Verletzung
beim Fußballspiel am linken Knie während eines stationären Aufenthaltes vom 04. bis 07.
September 1996 im Klinikum U. operiert worden. In diesem Zusammenhang erfolgte
eine totale mediale Menisektomie sowie Knorpelglättung der Patella; infolge dessen fehlt
seit dieser Zeit der Innenmeniskus an diesem Knie (Bl. 32 d. A.).
In diesem Zusammenhang wurden aber auch weitere ärztliche Untersuchungen nicht
angegeben. So fand wegen dieser Knieoperation am 18. Mai 1998 eine
Nachuntersuchung statt, also eine Untersuchung im Sinne der Frage 7. Beschwerden
wurden bei dieser Gelegenheit vom Patienten aber nicht angegeben (Bl. 33 d. A.). Am
08. Juli 1999 wurde der Ehemann der Klägerin im Rahmen einer Begutachtung für die H.
vom Klinikum U. (Chefarzt Dr. K. bzw. Facharzt St.) zu seinen Beschwerden befragt. Der
Ehemann gab an, bei stärkerer körperlicher Belastung Knieschmerzen zu bekommen,
das linke Kniegelenk schwelle dabei an. Es wurde am linken Kniegelenk ein
pathologischer Befund erhoben (Bl. 33 d. A.). Auch dies ist eine Untersuchung bzw.
ärztliche Beratung im Sinne der Frage 7 des Versicherungsantrages.
Unstreitig ist weiter, dass der Ehemann der Klägerin im März 2001, also zwei Monate vor
dem Versicherungsantrag, seine Hausärztin (Dipl.-Medizinerin Sch.) wegen
Kniebeschwerden aufgesucht hat (Bl. 190 d. A.). Auch diese weiteren ärztlichen
Untersuchungen im Zusammenhang mit der Knieverletzung wurden nicht angegeben,
die Frage 7 vielmehr ohne weiteres verneint. Damit liegt insoweit ohne weiteres eine
falsche Anzeige vor. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang auch nicht geltend,
insoweit den Versicherungsmakler in Kenntnis gesetzt zu haben. Dieser soll gerade nur
auf eine viele Jahre - also mehr als fünf Jahre - zurückliegende Knieverletzung
hingewiesen worden sein.
bb) Die Frage der Erheblichkeit - die Gefahrerheblichkeit muss trotz der Vermutung des
§ 16 Abs. 1 S. 3 VVG, wenn sie nicht auf der Hand liegt, unter Rückgriff auf die
Geschäftsgrundsätze des Versicherers festgestellt werden - im Hinblick auf die
Knieverletzung für den Abschluss des Versicherungsvertrages liegt, gerade auch im
Hinblick auf den angegebenen Beruf der versicherten Person, bei der, wie von der
Klägerin geltend gemacht wird, die schwere körperliche Tätigkeit im Vordergrund
gestanden haben soll, auf der Hand, entsprechende Darlegungen der Versicherung sind
insoweit entbehrlich (so für Kniebeschwerden im Rahmen einer
Berufsunfähigkeitsversicherung OLG Hamm RuS 1997, 215). Die Erheblichkeit wird
danach gem. § 16 Abs. 1 S. 3 VVG vermutet.
cc) Die Klägerin hat diese falschen Angaben im Hinblick auf die Knieverletzung auch zu
vertreten. Es vermag sie nicht zu entlasten, dass die Operation zum Zeitpunkt der
Antragstellung schon vier Jahre und neun Monate zurücklag. Die Klägerin hat, ohne
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Antragstellung schon vier Jahre und neun Monate zurücklag. Die Klägerin hat, ohne
Zweifel anzuzeigen, die Frage mit „nein“ beantwortet, also den Eindruck erweckt, die
Angaben beruhten auf sicherer Kenntnis. Es kommt hinzu, dass es sich um die einzige
Operation des Ehemannes vor der Antragstellung handelt und es der Klägerin
zuzumuten gewesen wäre, für den Fall, dass hinsichtlich des Zeitpunktes der Operation
eine Unsicherheit bestand, dies im Antrag deutlich zu machen oder vor einer solchen
Angabe den Zeitpunkt der Operation nochmals nachzuprüfen. Die Operation und der
Operationstermin selbst können auch angesichts der weiteren Nachuntersuchungen und
auch gerade im Hinblick auf die aktuellen Beschwerden vom März 2001 nicht so
vollständig in Vergessenheit geraten seien, denn der Ehemann der Klägerin war zuvor in
den Jahren 1998 und 1999 nochmals mit dieser Operation im Rahmen von
Untersuchungen konfrontiert worden.
dd) Angesichts der Tatsache, dass die Frage 7 eindeutig mit „nein“ beantwortet worden
war, bestand für die Versicherung für Nachfragen insoweit kein Anlass. Eine Verletzung
von Obliegenheiten der Versicherung kann insoweit nicht festgestellt werden.
d) Der Rücktritt der Versicherung war danach allein schon unter diesem Gesichtspunkt
gerechtfertigt. Auf die Frage, ob die späteren Hüftbeschwerden, die dann zur
Hüftoperation und der angeblichen Berufsunfähigkeit geführt haben, ebenfalls
verschwiegen worden sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht mehr an.
Unabhängig davon ist eine Kausalität zwischen den falschen Angaben zu der
Knieoperation und dem Abschluss des Versicherungsvertrages ohne gegeben. Dann
hätte der Ehemann die Knieoperation und die nachfolgenden Untersuchungen und
Beschwerden angegeben, so hätte die Versicherung vor Abschluss des Vertrages die
entsprechenden Krankenunterlagen eingesehen und sich näher über die Operation
informiert. In dieser Zeit wären dann aber die Hüftbeschwerden - der Ehemann der
Klägerin hat deswegen weniger als eine Woche nach Erhalt der Versicherungspolice seine
Hausärztin aufgesucht - zu Tage getreten und hätten spätestens jetzt offenbart werden
müssen.
e) Es kommt danach nicht mehr auf die streitige Frage an, ob Hüftbeschwerden schon
seit Sommer 2000 bestanden und dann, wenn nicht schon im Rahmen der Frage 2.10,
so doch im Rahmen der Frage 3.4 des Versicherungsantrages hätten angegeben werden
müssen. Es bedarf auch keiner Entscheidung zu der Frage, ob die Beantwortung der
Frage 7 mit „nein“ in Verbindung mit der Nichtbeantwortung der Frage 2.10 seitens der
Versicherung jedenfalls in dem Sinne verstanden werden konnte, dass die Frage 2.10
zumindest für die letzten fünf Jahre mit „nein“ beantwortet ist. Es kommt auch weiter
nicht mehr darauf an, dass seitens der Klägerin eine Berufsunfähigkeit ihres Ehemannes
trotz der ärztlichen Bestätigung, dass infolge der Hüftoperation eine körperlich schwere
Tätigkeit in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, nicht hinreichen dargetan sein dürfte.
Insoweit wird der Tagesablauf des Ehemannes in dem nachgelassenen Schriftsatz vom
27. Oktober 2006 (Bl. 299 d. A.) dahingehend wiedergegeben, dass anschließend an die
Büroarbeit von 06:30 Uhr bis 06:55 Uhr die Besprechung mit den Monteuren für den Tag
stattgefunden haben soll, anschließend von 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr Montagetätigkeit,
von 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr Materialbeschaffung und von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr
Kundenbetreuung, Erstellung von Angeboten, am Wochenende gegebenenfalls
Baustellenbegehung, Reparaturarbeiten an Maschinen und Geräten. Der Ehemann der
Klägerin, der Zeuge A. L., hatte in dem Versicherungsantrag angegeben, in dem Bereich
Heizung/Sanitär tätig zu sein.
f) Im Falle der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer leistungspflichtig, wenn
der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, seinem zuletzt ausgeübten Beruf
nachzugehen und außerstande ist, Tätigkeiten auszuüben, die er aufgrund seiner
Ausbildung und Erfahrung ausüben könnte und deren Ausübung seiner bisherigen
Lebensstellung entspräche (BGH VersR 1989, 903, 904). Unter dem konkret ausgeübten
Beruf versteht man die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübte
Berufstätigkeit (BGH VersR 1987, 753, 754). Maßgeblich ist der Beruf in seiner konkreten
Ausgestaltung, durch den der Versicherungsnehmer sein Einkommen bei Eintritt des
Versicherungsfalles erzielt hat (OLG Köln VersR 1992, 1079, 1080). Es obliegt dabei dem
Versicherungsnehmer, den konkret ausgeübten Beruf, der bedingungsgemäß den
Ausgangspunkt für die Beurteilung gesundheitlich bedingter Berufsunfähigkeit abgibt,
darzulegen und zu beweisen.
g) Träfe die von der Klägerin vorgetragene Tätigkeit ihres Ehemannes in dieser Form zu,
könnte man möglicherweise von einer Berufsunfähigkeit ausgehen, allein der übrige
Akteninhalt spricht - bezogen auf den Zeitpunkt Juli/August 2001 - gegen eine Tätigkeit
in diesem vorgetragenen Sinn.
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So hat der Ehemann in der eidesstattlichen Versicherung vom März 2001 (Bl. 418 ff)
angegeben, er erziele derzeit keinen Umsatz aus selbständiger Tätigkeit. Trifft dies aber
zu, so kann der geschilderte Tagesablauf, der fast 16 Stunden Arbeit umfasst, schon
deswegen nicht zutreffen. Spätestens seit Anfang 2001 hatte der Ehemann der Klägerin
keine Mitarbeiter mehr beschäftigt, die er hätte einteilen können. Es gab nach dem
Inventarverzeichnis, das der eidesstattlichen Versicherung beigefügt war, aber auch
nach dem im Insolvenzverfahren eingeholten Gutachten (Bl. 254 ff d. A.) praktisch keine
Arbeitsgeräte mehr, die hätten repariert werden können. In dem Gutachten selbst heißt
es dann, basieren ersichtlich auf den Angaben des Ehemannes der Klägerin bzw. auf den
Geschäftsunterlagen, der Gemeinschuldner sei seit 1997 selbständig tätig, er handele
mit Fenstern, Türen und Wintergärten und erledige in diesem Zusammenhang auch
anfallende Montagearbeiten. Die Tätigkeit des Gemeinschuldners sei jedoch insoweit
eingeschränkt, dass sie vom Wohnsitz aus betrieben werde. Aus den Unterlagen ergebe
sich vom Geschäftsjahr 2000 zum Geschäftsjahr 2001 ein erheblicher Umsatzrückgang
von rd. 480.000,00 DM auf 100.000,00 DM, was der Gemeinschuldner auf einen
nachhaltigen Rückgang der Nachfrage zurückführe. Er habe demgemäß seinen
Geschäftsbetrieb reduziert und sei nur noch im geschilderten Umfang tätig.
Danach kann für den Zeitraum Mai/August 2001 jedenfalls die von der Klägerin
geschilderte Tätigkeit ihres Ehemannes nicht festgestellt werden, so dass es auch an der
Darlegung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Ehemannes fehlte und auch deswegen
ausreichende Feststellungen zur Berufsunfähigkeit nicht getroffen werden könnten.
Im Ergebnis kann danach nicht festgestellt werden, dass die Klägerin gegen die
Versicherung einen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in einem
Klageverfahren hätte durchsetzen können, so dass auch nicht festgestellt werden kann,
dass die Pflichtverletzung der Beklagten - Versäumung der Klagefrist - insoweit für einen
Schaden der Klägerin kausal geworden ist.
B)
1. Die Klägerin macht weiter geltend und stellt dies unter Beweis durch Zeugnis ihres
Ehemannes, des Zeugen A. L., die Beklagte habe ihr geraten, das Vergleichsangebot
der Versicherung vom 28. April 2003 (Bl. 57 d. A.) abzulehnen, weil wesentlich höhere
Ansprüche durchsetzbar seien. Die Beklagte bestreitet, einen solchen Rat erteilt zu
haben (Bl. 413 d. A.). Sie will vielmehr dazu geraten haben, den Vergleich anzunehmen,
weil die Erfolgsaussichten nicht hoch seien. Der Ehemann der Klägerin habe jedoch
mindestens 50 % der gesamten Versicherungssumme haben wollen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten in der Berufungserwiderung wird man einen
Schaden in diesem Zusammenhang schon nicht mit der Begründung ablehnen können,
der Klägerin habe materiell-rechtlich ein Anspruch nicht zugestanden. Hat nämlich der
Mandant infolge eines dem Anwalt zuzurechnenden Fehlers ein Vergleichsangebot der
Gegenseite nicht angenommen, so ist ihm dadurch in der Regel auch dann ein Schaden
im Rechtssinn entstanden, wenn sein ursprüngliches Begehren rechtlich nicht begründet
war, denn ein den Streit erledigender Vergleich ist gleichwohl wirksam. Bereits aus einem
Vergleichsangebot entsteht eine selbständige Vermögensposition, deren Verlust
unabhängig von der Rechtsfrage, die sich ohne den Vergleich ergibt, einen ersatzfähigen
Schaden darstellt (m.w.N. Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl.,
2006, Rn. 1060).
2. Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme und der
ergänzenden Anhörung der Klägerin sowie der Beklagten kann bereits nicht festgestellt
werden, dass die Beklagte tatsächlich den Rat erteilt hat, das Vergleichsangebot der
Versicherung über die Zahlung eines Betrages von 40.000,00 € abzulehnen, weil im
Vergleichswege eine höhere Zahlung werde durchgesetzt werden können. Die Klägerin
hat den ihr obliegenden Nachweis, dass die Beklagte einen solchen Rat erteilt hat, nicht
geführt.
a) Zwar hat die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung angegeben, sie sei bei dem Termin,
bei dem das Vergleichsangebot der Versicherung besprochen worden sei, anwesend
gewesen und die Beklagte habe ausgeführt, dass das Angebot der Versicherung zu
gering sei und weiter erklärt, dass nach der Rechtslage mehr drin sei; sie habe in diesem
Zusammenhang einen Betrag von 200.000,00 € genannt und erläutert, dass dann die
Versicherung sowieso noch einmal einen Vorschlag unterbreiten werde und man sich
dann einigen könne. Angaben dazu, ob sie die Beklagte auch über die Risiken eines
Prozesses belehrt habe, vermochte die Klägerin nicht mehr zu machen. Auch der
Ehemann der Klägerin, der Zeuge A. L., hat bei seiner Vernehmung angegeben, die
Beklagte habe in dem Gespräch, bei dem das Vergleichsangebot erörtert worden sei,
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Beklagte habe in dem Gespräch, bei dem das Vergleichsangebot erörtert worden sei,
zugeraten, einen höheren Betrag zu fordern. Auch nach Vorhalt des Schreibens der
Versicherung vom 28. April 2003 sowie des an die Klägerin übersandten Entwurfs des
Schreibens der Beklagten vom 13. Mai 2003 unter Hinweis auf die fett gedruckte
Passage (Bl. 59 d. A.), konnte der Zeuge keine Angaben dazu machen, ob im Hinblick
auf seine Angaben zu den medizinischen Fragen über die Risiken eines Prozesses
gesprochen worden sei. Der Zeuge hat insoweit lediglich ausgesagt, über medizinische
Dinge habe Frau H. Auskunft über die Ärzte eingeholt. Er konnte auch nicht angeben, ob,
wie in dem Entwurf des Schreibens vom 13. Mai 2003 ausdrücklich angesprochen, die
Beklagte über die Frage, in welchem Sommer erstmals Beschwerden an der Hüfte
aufgetreten seien, informiert worden sei. Abgesehen von dem von ihnen dargestellten
Rat der Beklagten, das Vergleichsangebot abzulehnen, weil im Vergleichswege ein
höherer Betrag erzielbar sei, hatten weder die Klägerin selbst noch der Zeuge an den
Inhalt des Beratungsgespräches konkrete Erinnerungen.
Demgegenüber hat die Beklagte bei ihrer Anhörung angegeben, sie selbst sei über das
Vergleichsangebot der Versicherung überrascht gewesen und habe dies auch zum
Ausdruck gebracht. Es sei im Einzelnen auch über die Risiken eines Verfahrens
gesprochen worden. Dabei habe sie das Prozessrisiko als hoch eingeschätzt. Hinsichtlich
der Frage, ob das Vergleichsangebot angenommen werden solle, habe sie dem
Begehren des Ehemannes der Klägerin nachgegeben, der im Hinblick auf seine
wirtschaftliche Situation deutlich gemacht habe, dass er auch Geld zum Leben braucht
und deshalb ein höherer Betrag gefordert werden solle. Auf Nachfrage hat die Beklagte
ausdrücklich erklärt, sie habe bei diesem Gespräch auch verdeutlicht, dass man im Falle
eines Prozesses auch mit Null aus der Sache herauskommen könne.
b) Aufgrund dieser Aussagen vermag der Senat nicht die Überzeugung zu gewinnen,
dass die Beklagte mit der Begründung, es könne ein höherer Betrag erzielt werden, von
der Annahme des Vergleichsangebotes abgeraten hat. Dies haben zwar die Klägerin und
der Zeuge L. so bekundet, allerdings konnten sie, abgesehen von dieser Frage nähere
Angaben zu dem Inhalt des Beratungsgespräches nach Vorlage des
Vergleichsangebotes nicht machen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Schreibens
der Versicherung vom 28. April 2003, dem das Vergleichsangebot beigefügt war und
dem Inhalt des Entwurfs des Schreibens der Beklagten vom 13. Mai 2003 erscheint es
eher unwahrscheinlich, dass seitens der Beklagten die Risiken eines Prozesses nicht
angesprochen worden sein sollen. Nimmt man die Angaben der persönlich angehörten
Beklagten hinzu, wonach sich das Prozessrisiko als hoch eingeschätzt habe und hierüber
auch gesprochen worden sei, so vermag der Senat insgesamt nicht die Überzeugung zu
gewinnen, dass die Beklagte mit der Begründung, es sei im Vergleichswege ein höherer
Betrag zu erzielen von dem Abschluss des Vergleichs abgeraten haben soll. Der ihr
obliegende Nachweis ist der Klägerin insoweit nicht gelungen, so dass eine
Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Ablehnung des Vergleichsangebotes der
Versicherung nicht festgestellt werden kann.
An diesem Ergebnis vermögen die Ausführungen im Schriftsatz der Klägerin vom 22. Juli
2008 nichts zu ändern. Auch wenn sich die Klägerin und der Zeuge A. L. auf die
Vernehmung vorbereitet haben sollten, etwa durch Einsicht in den Schriftverkehr oder in
die auch dem Zeugen L. sicher vorliegenden Unterlagen zu dem seinerzeit geführten
Insolvenzverfahren, führt dies nicht dazu, dass sich der Senat eine hinreichende
Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Angaben zu dem Inhalt des geführten
Beratungsgespräches zu verschaffen. Entscheidend ist, dass wegen der Lücken in der
Darstellung, aber auch wegen der Angaben der ebenfalls angehörten Beklagten insoweit
Zweifel verbleiben, die dazu führen, dass die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis
einer Pflichtverletzung der Beklagten nicht geführt hat. Zweifel an der Richtigkeit der
Angaben der Beklagten können in diesem Zusammenhang nicht darauf gestützt
werden, dass die Beklagte in dem Schriftverkehr mit der Versicherung und in dem
Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegenüber zu der Versicherung ging es
darum, die Position der Klägerin zu vertreten, aber nicht darum, Zweifel an dem
Bestehen eines Anspruches gegen die Versicherung zu offenbaren. Dies schließt es aber
nicht aus, dass die Beklagte die Klägerin intern über mögliche Risiken im
Zusammenhang mit der Geltendmachung des Anspruches aus der
Berufsunfähigkeitsversicherung in Kenntnis gesetzt hat.
3. Selbst wenn eine solche Pflichtverletzung vorläge und die Beklagte in der von der
Klägerin behaupteten Weise von dem Abschluss des Vergleichs abgeraten hätte, könnte
nicht festgestellt werden, dass dieser Rat für den durch die Ablehnung des
Vergleichsangebotes eingetretenen Schaden adäquat kausal geworden wäre, weil
nämlich feststeht, dass die Klägerin die Beklagte nicht vollständig informiert hat und
deswegen auf einen erteilten Rat nicht vertrauen durfte.
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Es steht nämlich in diesem Zusammenhang fest, dass die Klägerin bzw. ihr Ehemann in
dem Versicherungsantrag zu den Einkommensverhältnissen des Ehemannes ebenfalls
unzutreffende Angaben gemacht haben und die Beklagte jedenfalls im Zusammenhang
mit der Erörterung des Vergleichsangebotes der Versicherung über die
Einkommensverhältnisse des Ehemannes der Klägerin nicht vollständig und zutreffend
informiert worden ist.
a) Im Versicherungsantrag ist das Einkommen des Ehemannes der Klägerin mit
60.000,00 DM pro Jahr angegeben. Diese Angabe ist unzutreffend, denn ein solches
Einkommen hat der Ehemann der Klägerin in der fraglichen Zeit nicht erzielt und konnte
auch nicht erwarten, ein solches Einkommen im Jahre 2001 zu erzielen. Der Ehemann
der Klägerin selbst hat im März 2001 im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung -
ein ehemaliger Mitarbeiter hatte vergeblich Lohnrückstände aus dem Jahre 2000 zu
vollstrecken versucht - angegeben, er verfüge über keinerlei Einkommen und lebe von
dem Arbeitslosengeld seiner Ehefrau. Die betriebswirtschaftliche Auswertung für das Jahr
2001, die auch schon dem Insolvenzgutachten beilag, kommt bis Juli 2001 zu einem
vorläufigen Betriebsergebnis - ohne Berücksichtigung der Verbindlichkeiten - von
50.365,01 DM bei einem Umsatz von 100.303,18 DM. Nach den Angaben des
Gutachters sind aber davon rd. 45.500,00 DM für die Tilgung fälliger Verbindlichkeiten
(Kontokorrent, Lieferung und Leistung) verwendet worden. Ein zu erwartender
Jahresgewinn von 60.000,00 DM lässt sich damit nicht prognostizieren, zumal nach den
weiteren Feststellungen des Gutachters die bis Juli 2001 ausgewiesenen Erlöse nicht
ausreichten, die Verbindlichkeiten von 131.000,00 DM weiter zu reduzieren. Die
wirtschaftliche Situation des Unternehmens des Ehemannes der Klägerin wird belegt
dadurch, dass der Ehemann der Klägerin im Jahre 2000 fällige Lohnzahlungen nicht
erbringen konnte und diese auch nicht im Vollstreckungswege beigebracht werden
konnten. Zu den Gläubigern des Ehemannes der Klägerin zählten in diesem
Zusammenhang auch die Berufsgenossenschaft, verschiedene Krankenkassen und die
LVA B.. Daraus wird ersichtlich, dass auch die entsprechenden
Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr abgeführt werden konnten. Der von der Klägerin
vorgelegte Einkommenssteuerbescheid kommt für das Jahr 2001 zu einem zu
versteuernden Einkommen von 19.350,00 DM (Bl. 311 d. A.). Im Jahre 2000 betrugen die
zu versteuernden Einkünfte 53.056,00 DM. Da nach den eigenen Angaben des
Ehemannes der Klägerin im Insolvenzverfahren es im Jahre 2001 zu einem
Umsatzeinbruch gekommen ist, konnte für dieses Jahr ein Gewinn von 60.000,00 DM, ein
Gewinn, der in dem vergleichsweise positiven Jahr 2000 nicht einmal erzielt werden
konnte, nicht prognostiziert werden.
Dann ist aber auch die Frage nach dem Einkommen im Versicherungsantrag vom Mai
2001 falsch beantwortet, da insbesondere den Angaben des Ehemannes der Klägerin im
Rahmen des Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung davon
auszugehen ist, dass zu diesem Zeitpunkt der Betrieb keinerlei Gewinne mehr
erwirtschaftete. Auch hierauf hätte ein Rücktritt der Versicherung gestützt werden
können, denn auch hierbei handelt es sich um einen erheblichen Umstand. Die Beklagte
hat insoweit bereits erstinstanzlich unbestritten, aber unter Beweisantritt vorgetragen,
dass dann, wenn der Ehemann der Klägerin sein richtiges Einkommen angegeben hätte,
ein Vertrag über eine zu zahlende Rente von 1.553,88 € pro Monat nicht abgeschlossen
worden wäre. Die Berufsunfähigkeitsrente deckt das Risiko eines sozialen Abstiegs im
Falle der Berufsunfähigkeit ab. Bei drohender Insolvenz des zu Versicherten wäre eine
Rente nicht versprochen worden (Bl. 152 d.A.).
b) Die Klägerin konnte ihre Behauptung, die Beklagte sei im Zusammenhang mit der
Erörterung des Vergleichsangebotes auch über die Insolvenz des Ehemannes informiert
worden, nicht nachweisen.
Hierzu befragt, konnten weder die Klägerin selbst noch der Zeuge L. bestätigen, dass
anlässlich des Beratungsgespräches im Zusammenhang mit dem Vergleichsangebot
der Versicherung die zeitlich unmittelbar vor dem Versicherungsantrag liegende
eidesstattliche Versicherung des Ehemannes der Klägerin zur Sprache gekommen ist
noch das kurz darauf eingeleitete Insolvenzverfahren. Beide, die Klägerin und der Zeuge
L., konnten die Angaben dazu, ob in diesem Zusammenhang die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Zeugen L. im zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung der
Berufsunfähigkeitsversicherung offen gelegt wurde, nicht machen. Die Beklagte selbst
habe angegeben, es sei zwar über die wirtschaftliche Situation des Zeugen L.
gesprochen worden, aber nur in der Weise, dass er wegen seiner Krankheit den Betrieb
habe einstellen müssen und deswegen keine Einkünfte mehr erziele.
c) Damit steht aber weiter fest, dass der Versicherungsantrag auch falsche Angaben zu
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c) Damit steht aber weiter fest, dass der Versicherungsantrag auch falsche Angaben zu
den Einkommensverhältnissen des Ehemannes der Klägerin enthält, hierauf auch ein
Rücktritt der Versicherung hätte gestützt werden können, wenn sie von diesen
Umständen gewusst hätte und die Beklagte im Zusammenhang mit der Erörterung des
Vergleichsangebotes von April 2003 über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse des
Ehemannes der Klägerin zum Zeitpunkt der Beantragung der
Berufsunfähigkeitsversicherung nicht informiert worden war. Dann konnte aber auch die
Klägerin, selbst wenn die Beklagte einen solchen Rat erteilt hätte, nicht darauf vertrauen,
dass der Rat, das Vergleichsangebot abzulehnen, weil ein höherer Betrag erzielt werden
könne, zutreffend ist, weil der Beklagten wesentliche Umstände, die einen solchen
Anspruch aus dem Versicherungsvertrag entgegenstanden, nicht informiert worden war.
Jedenfalls aber stünde einem Schadensersatzanspruch insoweit der Einwand
überwiegenden Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 1 BGB entgegen.
Die Berufung war danach insgesamt zurückzuweisen.
C)
Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind
nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckung beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
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