Urteil des OLG Brandenburg vom 16.04.2007
OLG Brandenburg: schlüssiges verhalten, schuldbeitritt, vertragsschluss, vertragsübernahme, mahnung, mahnkosten, schuldübernahme, vollstreckbarkeit, quelle, entstehung
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 105/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 133 BGB, § 157 BGB, § 414
BGB
Schuldübernahme: Zustandekommen eines Vertrages;
Umschreibung einer Rechnung als konkludente Annahme des
Angebotes eines Übernehmers
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts
Potsdam vom 16. April 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlungen aus zwei als "Copy-Agreement"
überschriebenen Verträgen vom 14.8.2000 und 13.10.2000 in Anspruch.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.660,14 € nebst 11 % Zinsen aus 1.696,07 €
ab 7.2.2002, aus weiteren 2.131,60 € ab 13.6.2002, aus weiteren 1.923,44 € ab
26.7.2002, aus weiteren 2.131,60 € ab 21.9.2002, aus weiteren 1.645,83 € ab
11.10.2002 und aus weiteren 2.131,60 € ab 12.12.2002 sowie 10 € vorgerichtliche
Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat durch Urteil der Einzelrichterin vom 16.4.2007 die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin Ansprüche gegen die
Beklagte aus den Verträgen vom 14.8.2000 und 13.10.2000 nicht zustünden, weil die
Verträge nicht mit der Beklagten, sondern mit der F. und V. U. GmbH geschlossen
worden seien. Eine Vertragsübernahme durch die Beklagte gemäß § 414 BGB habe nicht
stattgefunden. Den Schreiben der Beklagten und der F. und V. U. GmbH vom 21.3.2002
lasse sich nicht entnehmen, dass die Beklagte als Vertragspartnerin der Klägerin an die
Stelle der F. und V. U. GmbH treten solle. Davon sei auch die Klägerin nicht
ausgegangen, die unter dem 19.8.2002 auch über die streitgegenständlichen
Rechnungen vom 28.1.2002, 3.6.2002 und 16.7.2002 der F. und V. U. GmbH eine
Mahnung erteilt und diese Rechnungen sodann in einem beim Landgericht Düsseldorf
gegen die F. und V. U. GmbH geführten Rechtsstreit verfolgt habe; auch das anwaltliche
Schreiben vom 23.10.2002 lasse erkennen, dass die Klägerin nicht von einer
Vertragsübernahme ausgegangen sei. Eine Vertragsübernahme durch dreiseitigen
Vertrag nach § 415 BGB sei ebenfalls nicht dargetan. Ansprüche aus § 812 Abs. 1 BGB
könnten schon deshalb nicht erkannt werden, weil die Klägerin zum Umfang der Nutzung
der Kopiergeräte durch die Beklagte nicht vorgetragen habe; ihr Vorbringen ermögliche
auch nicht eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 20.4.2007 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am
10.5.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis 20.7.2007 an diesem Tag begründet.
Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 16.4.2007 die
Beklagte zu verurteilen, an sie 11.660,14 € nebst 11 % Zinsen aus 1.696,07 € ab
7.2.2002, aus weiteren 2.131,60 € ab 13.6.2002, aus weiteren 1.923,44 € ab 26.7.2002,
aus weiteren 2.131,60 € ab 21.9.2002, aus weiteren 1.645,83 € ab 11.10.2002 und aus
weiteren 2.131,60 € ab 12.12.2002 sowie 10 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1
ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist zwar zulässig, aber unbegründet. Ansprüche der Klägerin gegen die
Beklagte auf Zahlung von 11.660,14 € können nicht erkannt werden.
1. Ansprüche aus den Verträgen vom 14.8.2000 und 13.10.2000 bestehen nicht. Dazu
hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Verträge nicht mit der
Beklagten, sondern mit der F. und V. U. GmbH geschlossen worden sind, weshalb
Ansprüche der Klägerin daraus allein gegen jene und nicht gegen die - jener gegenüber
rechtlich selbstständigen - Beklagten entstehen können.
Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass eine Vertrags- oder wenigstens
Schuldübernahme durch die Beklagte nicht stattgefunden hat. Denn es sind die
Voraussetzungen weder des § 414 BGB noch des § 415 BGB erfüllt.
Ein Vertrag zwischen dem bisherigen Schuldner und dem Übernehmer gemäß § 415
Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht geschlossen worden. Für einen Austausch entsprechender
Willenserklärungen zwischen der Beklagten und der F. und V. U. GmbH ist nichts
dargetan. Aus den Schreiben der Beklagten und der F. und V. U. GmbH vom 21.3.2002
kann ein solcher Vertragsschluss nicht hergeleitet werden, weil die Schreiben nicht
zwischen der Beklagten und der F. und V. U. GmbH ausgetauscht wurden, sondern beide
an die Klägerin gerichtet gewesen sind.
Auch eine Schuldübernahme durch den Abschluss eines Vertrages zwischen dem
Gläubiger und dem Übernehmer gemäß § 414 BGB kann nicht angenommen werden.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte durch ihr Schreiben vom 21.3.2002 der
Klägerin einen derartigen Vertragsschluss angetragen hat. Ebenso kann das Bestehen
einer Vertretungsmacht der Zeugin F. dahinstehen. Nach §§ 145 ff. BGB kommt ein
Vertrag durch die Erteilung eines Antrags und dessen Annahme durch den anderen Teil
zustande. Wollte man in dem Schreiben der Beklagten vom 21.3.2002 ein für die
Beklagte erteiltes Angebot zum Abschluss eines Vertrages nach § 414 BGB sehen, so
hat die Klägerin dieses Angebot jedenfalls nicht angenommen.
Eine ausdrückliche Erklärung der Klägerin an die Beklagte, dass sie das Angebot vom
21.3.2002 annehme bzw. nun die Beklagte als ihre Schuldnerin und Vertragspartnerin
betrachte, ist weder schriftsätzlich dargetan noch in der von den Parteien zu den Akten
gereichten Korrespondenz enthalten. Die Klägerin beruft sich auch nicht auf eine solche
Erklärung, sondern trägt in der Berufung vor, dass sie die Annahme des Angebots der
Beklagten durch die Umschreibung der Rechnungen auf jene zum Ausdruck gebracht
habe.
Entgegen ihrer Ansicht liegt darin jedoch nicht keine konkludente Annahmeerklärung.
Dem Verhalten der Klägerin kann ein solcher Erklärungswert aus der Sicht eines
verständigen Erklärungsempfängers in der damaligen Lage der Beklagten gemäß §§
133, 157 BGB nicht beigemessen werden. Denn die Klägerin hat damit zwar der ihr im
Schreiben vom 21.3.2002 angesonnenen Vorgehensweise entsprochen. Allerdings hat
sie weiterhin auch die F. und V. U. GmbH in Anspruch genommen, und zwar - worauf das
Landgericht zu Recht abgestellt hat - auch und insbesondere auf die Begleichung der
streitgegenständlichen Rechnungen vom 28.1.2002, 3.6.2002 und 16.7.2007, die
vertragliche Leistungen der Klägerin in der Zeit ab 15.12.2001 zum Gegenstand haben.
Auch für diese Rechnungen hat die Klägerin der F. und V. U. GmbH die anwaltliche
Mahnung vom 19.8.2002 übermittelt und durch das anwaltliche Schreiben vom
23.10.2002 die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens mitteilen lassen. Die
Rechnungen sind sodann Gegenstand des beim Landgericht Düsseldorf zum
Aktenzeichen 2 b O 305/02 geführten Rechtsstreits gegen die F. und V. U. GmbH
gewesen, das zum Erlass des Versäumnisurteils vom 11.4.2003 und damit zur
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gewesen, das zum Erlass des Versäumnisurteils vom 11.4.2003 und damit zur
Titulierung der Ansprüche der Klägerin gegen die F. und V. U. GmbH auf Begleichung -
auch - dieser Rechnungen geführt hat. Damit hat die Klägerin - wie das Landgericht
richtig erkannt hat - die F. und V. U. GmbH als ihre Schuldnerin behandelt und dadurch
zum Ausdruck gebracht, dass sie auch für die Zeit ab 15.12.2001 weiterhin und
jedenfalls auch jene als ihr gegenüber aus den streitgegenständlichen Verträgen
verpflichtet angesehen hat. Das aber schließt einen Vertragsschluss nach § 414 BGB
aus, da daraus gerade nicht hervor geht, dass nach dem Willen der Klägerin die Beklagte
an die Stelle der F. und V. U. GmbH hat treten sollen.
Auch ein Schuldbeitritt der Beklagten, an den das Verhalten der Klägerin denken lassen
könnte, hat nicht stattgefunden. Zwar kann der Schuldbeitritt, bei dem der
Mitübernehmer zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis
eintritt, zwischen dem Gläubiger und dem Beitretenden – hier also der Klägerin und der
Beklagten - vereinbart werden (Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., Rn. 2 vor § 414).
Jedoch enthält das Schreiben der Beklagten vom 21.3.2002 nicht das Angebot eines
Schuldbeitritts. Dort ist lediglich die Rede davon, dass es ab 15.12.2001 die Beklagte
gebe, der die seitdem angefallenen Kosten in Rechnung zu stellen seien. Über die F. und
V. U. GmbH und insbesondere deren Rolle als Schuldnerin der Klägerin enthält das
Schreiben der Beklagten keine Ausführungen, weshalb ihm nach §§ 133, 157 BGB nicht
entnommen werden kann, dass die Beklagte als zusätzliche Schuldnerin neben jene
treten wolle. Etwas anderes folgt nicht aus dem ebenfalls von der Zeugin F.
unterzeichneten Schreiben der F. und V. U. GmbH vom 21.3.2002; dessen Inhalt deutet
im Gegenteil darauf hin, dass für die Zeit ab 15.12.2001 nur die Beklagte als
Rechnungsempfängerin zur Verfügung stehen sollte. Wollte man das Verhalten der
Klägerin als eine Zustimmung zu einem Schuldbeitritt werten, so stellte es demzufolge
eine Annahme unter Änderungen und damit eine Ablehnung verbunden mit einem
neuen Antrag gemäß § 150 Abs. 2 BGB dar, das sodann von der Beklagten nicht
angenommen worden ist. Eine nachträgliche Erklärung der Beklagten, dass sie sich
neben der F. und V. U. GmbH als Schuldnerin der Klägerin ansehe, ist nicht dargetan;
unter dem 19.6.2002 hat die Beklagte im Gegenteil ausdrücklich erklärt, dass zwischen
den Parteien des Rechtsstreits kein Vertragsverhältnis bestehe. Auch ein schlüssiges
Verhalten der Beklagten, dem ein solcher Erklärungswert entnommen werden könnte, ist
nicht ersichtlich; insbesondere ist nichts dafür vorgetragen, dass die Beklagte etwa
Zahlungen an die Klägerin geleistet habe.
Nach alledem können mit dem Landgericht die Entstehung eines Schuldverhältnisses
zwischen den Parteien und eine daraus herrührende Zahlungspflicht der Beklagten nicht
angenommen werden.
2. Ansprüche der Klägerin aus § 812 Abs. 1 BGB können aus den Gründen des
erstinstanzlichen Urteils, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen
wird, ebenfalls nicht erkannt werden. Auch in der Berufung hat die Klägerin zur Nutzung
der Kopiergeräte durch die Beklagte nicht vorgetragen. Das geht zu ihren Lasten, da sie
als die Anspruchstellerin darzulegen und zu beweisen hat, dass die Beklagte etwas
erlangt hat (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 812, Rn. 103).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543
Abs. 2 ZPO.
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