Urteil des OLG Brandenburg vom 11.01.2007

OLG Brandenburg: vertretung, prozesspartei, link, quelle, sammlung, vertreter, passivlegitimation, schuldübernahme, nebenintervention, gesellschafter

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 W 15/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 91 ZPO, § 103 ZPO, § 104
ZPO, § 567 ZPO, § 574 ZPO
Rechtsanwaltsgebühren: Vertretung mehrerer Auftraggeber in
"derselben" Angelegenheit
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Streithelfers der Beklagten gegen den Beschluss des
Landgerichts vom 11.1.2007 – 2 O 582/03 – wird zurückgewiesen
Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 3.318,84 €.
Gründe
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Restwerklohn geltend gemacht. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung
der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, es habe eine Schuldübernahme
stattgefunden, passiv legitimiert sei der Streithelfer. Die Klageforderung sei aber auch
ansonsten unbegründet. Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch die
Nebenintervention entstandenen Kosten des Streithelfers, hat das Oberlandesgericht
dem Kläger auferlegt.
Der Streithelfer der Beklagten war im Berufungsverfahren durch denselben
Prozessbevollmächtigten vertreten wie die Beklagte, deren Gesellschafter er ist.
Das Landgericht hat die von dem Kläger an die Beklagte und den Streithelfer zu
erstattenden Kosten der zweiten Instanz mit Beschluss vom 22.8.2006 auf 4.096,44 €
festgesetzt und dabei eine 1,9 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr
festgesetzt.
Mit Schriftsätzen vom 25.9.2006 und 30.11.2006 hat der Streithelfer der Beklagten die
Nachfestsetzung in Höhe von insgesamt 3.318,84 € beantragt mit der Begründung,
sowohl auf seiner Seite als auch auf Seiten der Beklagten sei jeweils eine
Verfahrensgebühr und eine Terminsgebühr entstanden. Diesen Nachfestsetzungsantrag
hat das Landgericht mit Beschluss vom 11.1.2007 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss, am 15.1.2007 zugestellt, richtet sich die am 19.1.2007 bei
Gericht eingegangene sofortige Beschwerde.
Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 23.1.2007 dem Rechtsbehelf nicht
abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung
vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und
2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht den
Nachfestsetzungsantrag zurückgewiesen.
Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass dem gemeinsamen
Prozessbevollmächtigten der Beklagten und deren Streithelfer wegen der Vertretung des
Streithelfers nur ein Anspruch auf eine Erhöhungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG
zusteht.
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Der Anwalt, der in einem Rechtsstreit mehrere Auftraggeber vertritt, verdient die
Verfahrens- und Terminsgebühr nur einmal, §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 RVG.
Zwar haben der Streithelfer und die Beklagte den Prozessbevollmächtigten getrennt mit
ihrer Vertretung beauftragt. Dennoch liegt hier "dieselbe" Angelegenheit i. S. d. Nr. 1108
VV RVG vor.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung betreffen mehrere Aufträge in der Regel dann
dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und
sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass
von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden kann. Das ist hier der
Fall.
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten und des Streitverkündeten haben im
Berufungsverfahren den Beitritt des Streitverkündeten erklärt und mitgeteilt, dass sich
der Streithelfer dem Antrag der Beklagten anschließe. Der Antrag der Beklagten zielte
auf die Abweisung der Klage. Streithelfer und Beklagte verfolgten damit dasselbe
Rechtsschutzziel.
Außerdem hat sich die Beklagte darauf berufen, nicht sie, sondern der Streithelfer sei
passiv legitimiert. In einem solchen Fall der wahlweisen Inanspruchnahme liegt in der
Zielrichtung der Rechtsverteidigung eine so weitgehende Übereinstimmung, dass von
derselben Angelegenheit i. S. d. Nr. 1008 VV RVG gesprochen werden kann (so auch
OLG Koblenz, JurBüro 1990, 42).
Dass dem Streithelfer möglicherweise nicht daran gelegen sein konnte, dass die Klage
mangels Passivlegitimation der Beklagten abgewiesen wird, mag sein. Dies ist im
Prozess jedoch nicht zum Ausdruck gekommen. Vielmehr haben die gemeinsamen
Prozessbevollmächtigten von Hauptpartei und Streithelfer ausdrücklich in dem
Schriftsatz vom 15.3.2006, in dem sie sich für den Streitverkündeten bestellt und seinen
Beitritt auf Seiten der Beklagten erklärt haben, die Auffassung vertreten, nicht die
Beklagte, sondern ihr Streithelfer sei für die Klageforderung passiv legitimiert.
Aus dem Beschluss des BGH vom 11.7.2006 (VI ZB 13/06) ergibt sich nichts anderes.
Der BGH hat einen anderen Fall entschieden. Dort hatten Hauptpartei und
Streitverkündeter unterschiedliche Prozessbevollmächtigte. Der Anwalt der Hauptpartei
hatte den Prozessbevollmächtigten des Streitverkündeten in der mündlichen
Verhandlung vertreten. Dabei war die Frage, ob der im Termin nicht anwesende
Prozessbevollmächtigte des Streitverkündeten bei Auftreten eines Terminsvertreter
neben diesem Vertreter selbst eine Terminsgebühr verdienen konnte oder ob der
unterbevollmächtigte Rechtsanwalt in Einzeltätigkeit beauftragt war und deshalb die
Terminsgebühr ausschließlich allein verdienen konnte. Diese Frage stellt sich hier nicht.
Die Frage, ob eine Beauftragung durch Hauptpartei und Streithelfer dieselbe
Angelegenheit darstellt, hat der BGH nicht behandelt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des
Beschwerdewertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2
ZPO nicht vorliegen. Es hat bisher kein Gericht die Ansicht vertreten, ein
Prozessbevollmächtigter, der im selben Prozesspartei die Hauptpartei und deren
Streithelfer vertreten hat, könne Verfahrens- und Terminsgebühr zwei Mal abrechnen.
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