Urteil des OLG Brandenburg vom 02.04.2007
OLG Brandenburg: baum, bewegliche sache, kontrolle, mietsache, parkplatz, beherbergungsvertrag, auto, gefährdung, firma, verkehr
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 71/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 536a Abs 1 BGB, § 280 Abs 1
S 1 BGB, § 823 BGB, § 701 BGB,
§ 1006 Abs 1 S 1 BGB
Fahrzeugbeschädigung durch herabfallenden Ast auf einem
Hotelparkplatz, Schadensersatzverpflichtung
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 02.04.2007 verkündete Urteil der 2.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam (Az.: 2 O 598/06) wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.
Er war gemeinsam mit seiner Ehefrau in der Zeit vom 03. bis 10.09.2006 Gast im Hotel
des Beklagten in Potsdam. Den Pkw Opel Corsa, mit sie angereist waren, hatten die
Eheleute auf dem von Bäumen umrandeten Parkplatz des Hotels abgestellt. Am
08.09.2006 herrschte böiger Wind mit Stärken von fünf bis sechs, in Böen höher. Gegen
16.10 Uhr brach ein großer Ast von einer der Eichen des Beklagten ab und fiel auf den
Corsa, an dem wirtschaftlicher Totalschaden entstand. Der vom Kläger mit der
Schadensermittlung beauftragte Sachverständige stellte Wiederbeschaffungskosten des
Fahrzeugs in Höhe von 9.500,- € und einen Restwert des Corsa von 2.000,- € fest. Die
sich auf den Betrag von 685,79 € belaufende Rechnung des Gutachters beglich der
Kläger.
Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe sich einer Verletzung seiner
Verkehrssicherungspflicht schuldig gemacht. Der abgebrochene Ast sei von außen
erkennbar brüchig gewesen. Der gefährliche Zustand sei dem Beklagten bekannt
gewesen und hätte ihn zum Handeln veranlassen müssen. Zumindest ein Fachkundiger
hätte durch bloße Inaugenscheinnahme erkennen können, dass von dem Ast eine
Gefährdung ausging.
Der Beklagte hat das Eigentum des Klägers an dem beschädigten Kfz geleugnet. Der
gefährliche Zustand des Astes, der belaubt gewesen sei und Eicheln getragen habe, sei
ihm nicht bekannt gewesen. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass der Ast starkem
Wind nicht standhalten werde.
Im Übrigen wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§
540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem
Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch sowohl aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in
Verbindung mit dem zwischen den Parteien zustande gekommenen
Beherbergungsvertrag als auch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Eigentumsverletzung
zu.
Nebenpflicht des Beklagten aus dem Vertragsverhältnis sei es gewesen zu verhindern,
dass das vom Kläger vereinbarungsgemäß auf dem Hotelparkplatz abgestellte Auto
durch herabfallende Äste beschädigt werde.
Durch die Verletzung dieser Pflicht seitens des Beklagten sei dem Kläger ein Schaden in
geltend gemachter Höhe entstanden. Für den Kläger streite die Eigentumsvermutung
des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, da er nach den Umständen zum Unfallzeitpunkt Besitzer
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des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, da er nach den Umständen zum Unfallzeitpunkt Besitzer
des Corsa gewesen sei; diese Vermutung habe der Beklagte nicht widerlegt.
Der Anspruch des Klägers sei nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen, weil
der Beklagte nichts Hinreichendes zu seiner Entlastung dargelegt habe. So habe er zwar
vorgetragen, die auf dem Hotelgrundstück stehenden Bäume im Februar 2006 durch
eine Baumschule von Alt- und Totholz befreit haben zu lassen. Einen Auftrag zur
gründlichen Untersuchung der Bäume samt Ästen auf Krankheiten und Standfestigkeit
habe er indes nicht erteilt. Eines solchen Auftrages hätte es bedurft mit der Folge, dass
der Beklagte, nach dessen eigenem Vortrag die Baumpflegemaßnahmen im Februar
2006 die ersten nach 40 Jahren gewesen seien, fahrlässig gehandelt habe.
Hätte der Beklagte pflichtgemäß einen Untersuchungsauftrag erteilt, hätte die
Baumschule erkannt, dass der fragliche Ast nicht bruchfest und von innen mit Pilz
befallen gewesen sei.
Die im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB relevante Verkehrssicherungspflicht des Beklagten
gründe sich darauf, dass dieser mit seinem Hotelbetrieb einen Verkehr eröffnet habe
und die daran Teilnehmenden vor den hiermit verbundenen Gefahren im Rahmen des
Zumutbaren habe schützen müssen. Hierzu zähle auch, die von den Hotelgästen
abgestellten Pkw vor herabfallenden Ästen der umstehenden Bäume zu schützen.
Gegen dieses ihm am 04.04.2007 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner
am 23.04.2007 eingelegten und am 04.06.2007 begründeten Berufung, mit der er
seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Er macht geltend, das Landgericht
habe die Beweislast verkannt, nach der es dem Kläger obliege, eine Pflichtverletzung zu
beweisen. Diesen Beweis habe der Kläger nicht geführt, weil allein aus der Tatsache,
dass ein Ast auf das Auto gefallen sei, nicht auf einen Pflichtverstoß geschlossen werden
könne. Zu dem Astbruch könne es auch aufgrund des Windes gekommen sein. Ohne
eigene Sachkunde und ohne Beweiserhebung gehe das Landgericht davon aus, dass die
am 01.02.2006 auftragsgemäß durchgeführte Baumpflege nicht geeignet gewesen sei,
der Kontrollpflicht Genüge zu tun. Dabei habe es verkannt, dass grundsätzlich eine rein
visuelle Kontrolle des Baumbestandes, die ein bis zwei Mal im Jahr stattzufinden habe,
den Anforderungen genüge. Ergebe sich hieraus kein Anhalt für eine Gefährlichkeit, so
bedürfe es weiterer Maßnahmen, etwa einer Bohrung, nicht.
Die weitere Argumentation des Landgerichts, eine nähere Überprüfung der Bäume sei
geboten gewesen, weil der Baumbestand seit 40 Jahren nicht gepflegt worden sei, lasse
unberücksichtigt, dass er die Bäume seit Aufnahme der Bauarbeiten bis zur
Hoteleröffnung im Mai 2005 regelmäßig beobachtet habe. Keiner der Bäume habe
erkennbar krankhafte Veränderungen aufgewiesen, namentlich der fragliche nicht.
Des Weiteren träfe die Annahme des Erstgerichts, die Baumschule hätte bei
Durchführung einer Bohrung den Pilzbefall des Astes erkannt, nicht zu. Zu Unrecht habe
das Landgericht es unterlassen, zur Ursache des Astbruchs ein
Sachverständigengutachten einzuholen.
Schließlich verkenne die angefochtene Entscheidung, dass der Kläger, der sich zum
Unfallzeitpunkt nicht in dem Kfz befunden habe, keinen Besitz an demselben innegehabt
habe mit der Folge, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nicht zu dessen
Gunsten greife.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 02.04.2007 (Az.: 2 O 598/06)
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die Berufung ist zulässig, namentlich gemäß §§ 511 ZPO statthaft sowie gemäß §§ 517,
519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der
Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung
von 8.210,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 30.09.2006 an den Kläger verurteilt.
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Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch folgt sowohl aus
verschuldensunabhängiger Haftung des Beklagten gemäß § 536 a Abs. 1 BGB als auch
aus dessen verschuldensabhängiger Haftung gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in
Verbindung mit dem zustande gekommenen Beherbergungsvertrag und aus § 823 Abs.
1 BGB.
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 8.210,79 € aus
§ 536 a BGB.
a) Die genannte Vorschrift ist auf das zwischen den Parteien zustande gekommene
Vertragsverhältnis anwendbar.
aa) Die Überlassung eines Stellplatzes für das Kfz des Klägers seitens des Beklagten
unterfällt den Vorschriften des Mietvertragsrechts. Bei dem zwischen den Parteien
zustande gekommenen, im besonderen Schuldrecht des BGB nicht speziell geregelten
Beherbergungsvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, dessen
wesentlicher Inhalt die Anmietung eines Zimmers durch den Hotelgast ist. Da aber auch
Beleuchtung, Heizung, Service und gegebenenfalls Verköstigung gewährt werden,
enthält der Vertrag auch dienst-, werk- und kaufvertragliche Elemente (Palandt/Sprau,
BGB, 66. Auflage, vor § 701 Rdnr. 3). Soweit für das vom Gast mitgeführte Fahrzeug ein
Stellplatz bereitgestellt wird, beinhaltet der Beherbergungsvertrag wiederum
mietrechtliche Elemente mit der Folge, dass insoweit die Vorschriften der §§ 535 ff. BGB
anzuwenden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Gastwirt ein gesondertes Entgelt für die
Überlassung des Stellplatzes nicht berechnet, denn auch in diesem Fall handelt es sich
insoweit nicht um eine bloße Gefälligkeit, sondern als Teil des Beherbergungsvertrages
um eine echte Vertragspflicht (BGH, Urteil vom 18.12.1974, VIII ZR 187/73 = BGHZ 63,
333 = NJW 1975, 645).
bb) Die Bestimmung des § 536 a BGB wird nicht durch diejenige des § 701 BGB
verdrängt. Das Gesetz wollte den Gastwirt nicht bei fehlendem Verschulden über § 701
Abs. 4 BGB generell von seiner Verpflichtung freistellen, für die Beschädigung von
Fahrzeugen des Gastes einzustehen.
Die Neuordnung des Rechts der Gastwirtehaftung durch das Gesetz vom 24.03.1966
(BGBl. II 1966, 269) diente der internationalen Rechtsangleichung und der Ausführung
des Übereinkommens vom 17.12.1962. Hiervon unberührt blieb der Grundsatz, dass die
spezielle Haftung des Gastwirts an die bloße Einbringung von Sachen anknüpft, also
nicht an den Abschluss eines Beherbergungsvertrages (vgl. die Denkschrift zu den
Übereinkommen vom 17.12.1962, Anlage zu dem Entwurf des Ratifikationsgesetzes zu
dem Übereinkommen, BT-Drucks. V/146 S. 11). Dies gründet sich darauf, dass die in
den §§ 701 ff. BGB geregelte Haftung des Gastwirts für Schäden an eingebrachten
Sachen des Gastes weder das Zustandekommen eines Vertrages noch ein Verschulden
des Gastwirts voraussetzt, also Erfolgshaftung im doppelten Sinn bedeutet. Liegt
zusätzlich ein (Beherbergungs-)Vertrag vor, so wird die gesetzliche Haftung des
Gastwirts nach §§ 701 ff. BGB durch die vertragliche ergänzt (BGH, a. a. O.).
b) Der dem Kläger zum Gebrauch überlassene Parkplatz war mit einem Mangel im Sinne
des § 536 Abs. 1 BGB behaftet. Mangel ist danach jede für den Mieter nachteilige
Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich
vorausgesetzten, welche die Tauglichkeit zum vertraglich vorausgesetzten Zweck
aufhebt oder erheblich mindert (vgl. BGH NJW 2006, 899). Fehlt eine ausdrückliche
Beschaffenheitsvereinbarung, ist der geschuldete Standard durch Auslegung (§§ 133,
157 BGB) zu ermitteln. Dies führt hier zwanglos zu der Annahme, dass der
Kundenparkplatz des Beklagten ein gefährdungsfreies Abstellen der Pkw seiner Gäste zu
ermöglichen hatte.
Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang der Streit zwischen den Parteien darüber, ob
die Eiche, deren Ast auf den Opel Corsa fiel, unmittelbar auf dem Parkplatz oder nur in
räumlicher Nähe desselben steht. Jedenfalls befindet sie sich auf dem Grundstück des
Beklagten, unterliegt also dessen Kontrolle (vgl. zu diesem Erfordernis BGH NJW-RR
2006, 1158; BGHZ 63, 333 = NJW 1975, 645; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.06.1985,
1 U 235/84 = NJW-RR 1986, 108 = MDR 1985, 1027 m. w. N. zum Fall eines auf einen
Campingplatz stürzenden Baumes). Der Fehler einer Mietsache kann auch in äußeren
Einwirkungen liegen und ist deshalb dann zu bejahen, wenn eine außerhalb der
Mietsache befindliche Gefahrenquelle aufgrund ihrer räumlichen Nähe dieselbe einer
Gefahr aussetzt, bei deren Verwirklichung ihr ein Fehler anhaftet, der die Tauglichkeit
zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert (OLG Frankfurt a. M., a. a. O.).
So liegt der Fall hier. Der Mangel des vermieteten Parkplatzes lag in der unmittelbaren
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So liegt der Fall hier. Der Mangel des vermieteten Parkplatzes lag in der unmittelbaren
Nähe zu einem im Schadenszeitpunkt unstreitig mit Pilz befallenen und deshalb
abbruchgefährdeten Ast begründet. Der Beklagte hat die Erkrankung des Astes zum
Zeitpunkt des Schadenseintritts selbst dargelegt – er bestreitet nur, dass der Ast schon
seit längerer Zeit krank gewesen sei, und leugnet die Erkennbarkeit des Pilzbefalls. Auch
auf letzteres kommt es indes für die Mangelhaftigkeit der Mietsache nicht an. Im
Rahmen der Haftung des Vermieters nach § 536 a BGB ist es nicht erforderlich, dass der
Mangel der Mietsache bei Vertragsschluss bereits erkennbar war, vielmehr genügt es,
wenn seine Ursache bereits vorlag (OLG Frankfurt a. M., a. a. O.).
c) Durch das Herabfallen des Astes ist das Auto des Klägers erheblich beschädigt
worden. Daraus ist dem Kläger unstreitig ein Vermögensschaden in Höhe des
Wiederbeschaffungswertes des Pkw (9.500,- €) abzüglich des Restwertes (2.000,- €)
entstanden. Zur Schadensfeststellung musste er darüber hinaus 685,79 € aufwenden.
Schließlich sind ihm im Zuge der Abwicklung des Schadensfalles Kosten entstanden,
deren Höhe er mit 25,- € pauschal beziffert. Einwände gegen die Höhe des
entstandenen Schadens erhebt der Beklagte nicht, stattdessen leugnet er, dass dieser
Vermögensverlust in der Person des Klägers entstanden sei.
Die Angriffe der Berufung gegen das vom Landgericht angenommene Eigentum des
Klägers an dem Corsa greifen indes nicht durch.
Gemäß § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache
vermutet, dass er Eigentümer derselben sei. Die Innehabung der tatsächlichen Gewalt
über eine bewegliche Sache (§ 854 Abs. 1 BGB) entscheidet sich nach der
Verkehrsanschauung aufgrund zusammenfassender Wertung aller Umstände; notwendig
ist eine gewisse Dauer und Festigkeit der Beziehung zur Sache sowie eine
Zugänglichkeit, die aufgrund physischer Innehabung oder Achtung anderer vor fremdem
Besitz eine jederzeitige Einwirkung ermöglicht (BGHZ 101, 186).
Nach diesen Kriterien hat der Kläger unmittelbaren Besitz an dem Kfz inne gehabt, ohne
dass es darauf ankäme, ob er selbst oder seine ihn auf der Reise nach Potsdam
begleitende Ehefrau den Wagen auf dem Hotelparkplatz abstellte. Selbst wenn der
Autoschlüssel sich nicht in seinen Händen, sondern bei seiner Frau befunden haben
sollte, hinderte dies seinen (Mit-) Besitz nicht.
Erhebliches zur Widerlegung der Vermutung aus § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB hat der
Beklagte nicht vorgetragen. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass sein Vorbringen
sich in zu pauschalen Mutmaßungen darüber verhält, angesichts des noch geringen
Alters des Pkw spreche vieles dafür, dass der Kläger ihn nur geleast oder fremdfinanziert
und sicherungsübereignet habe. Diesen Vortrag hat der Beklagte in seiner
Berufungsbegründung nicht erhärtet, sondern nur wiederholt.
d) Schließlich ist die Mangelhaftigkeit der Mietsache für den Schadenseintritt kausal
geworden. Das von dem abbruchgefährdeten Ast ausgehende Risiko hat sich in dem
Schaden am Auto gerade realisiert. Der Verteidigung des Beklagten, der zwar selbst von
dem Pilzbefall des Astes berichtet, aber mit Nichtwissen bestreitet, dass der Ast infolge
seiner Erkrankung abgebrochen sei, kommt im Ergebnis keine Bedeutung zu. Für die
Frage der Kausalität des Mangels für den Schadenseintritt kommt es entgegen der vom
Beklagten noch in seinem Schriftsatz vom 29.08.2007 vertretenen Auffassung nicht
darauf an, aus welchem Grund der Ast einsturzgefährdet war, sondern schlicht darauf,
dass er es war, und sich dieses Risiko realisierte. Das ist durch den nicht allein
witterungsbedingt verursachten Abbruch belegt.
Der Ast ist bei noch innerhalb der Norm befindlicher Wetterlage abgestürzt. Die von dem
Beklagten vorgetragenen Windstärken lagen bei 5 bis 6, in Böen höher. Dass damit
Windverhältnisse gegeben waren, die im Sinne einer höheren Gewalt das Abstürzen von
vollständig gesunden Ästen erheblicher Größe hervorrufen konnten, behauptet auch der
Beklagte nicht.
e) Der Schadensersatzanspruch ist nicht wegen einer Mithaftung des Klägers zu kürzen.
Ein Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB kann im Rahmen der
verschuldensunabhängigen Haftung des Beklagten aus § 536 a Abs. 1 BGB nicht zur
Anspruchsminderung führen. Eine Kürzung des Ersatzanspruchs wegen der von dem
klägerischen Fahrzeug grundsätzlich ausgehenden Betriebsgefahr kommt schon deshalb
nicht in Betracht, weil der Corsa auf einem Privatgrundstück geparkt und somit nicht in
Betrieb war (vgl. zum fehlenden Betrieb eines auf einem Privatgrundstück geparkten Kfz
BGH, Urteil vom 09.01.1959, VI ZR 202/57 = BGHZ 29, 163; Brandenburgisches OLG,
Urteil vom 17.02.2004, 7 U 157/03 = VRS 106, 426; OLG Karlsruhe, Urteil vom
29.06.2005, 1 U 247/04 = NJW 2005, 2318).
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2. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch folgt darüber hinaus aus § 280 Abs.
1 S. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien zustande gekommenen
Beherbergungsvertrag.
a) Das hierfür erforderliche Schuldverhältnis besteht vermittels des zustande
gekommenen Vertrages, in dessen Rahmen der Beklagte sich (auch) verpflichtete, dem
Kläger einen Stellplatz für den Corsa zur Verfügung zu stellen.
b) Dadurch, dass er den absturzgefährdeten Ast nicht von dem Baum entfernen ließ,
verstieß der Beklagte gegen seine im Verhältnis zum Kläger bestehenden vertraglichen
Pflichten. Von dem Baum ging eine die Pflicht des Beklagten zum Handeln auslösende
Gefahr aus, weil der Ast nicht mehr ausreichend bruchsicher war und die nahe liegende
Möglichkeit bestand, dass er auf den Parkplatz stürzen und die dort vertragsgemäß
abgestellten Autos der Hotelgäste beschädigen würde. Da eine solche Gefahr
grundsätzlich von jedem Baum ausgehen kann, oblag es dem Beklagten, ausreichende
Vorsorge dafür zu treffen, dass bei kranken oder sonst nicht mehr standsicheren
Bäumen rechtzeitig Maßnahmen getroffen wurden, die eine Gefährdung der geparkten
Autos ausschlossen. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte nicht in ausreichendem Maße
nachgekommen.
Zu den gebotenen Maßnahmen gehörte es jedenfalls, den Baum in regelmäßigen
Abständen zu kontrollieren. Verlangt wird von der Rechtsprechung ganz überwiegend
eine halbjährliche Kontrolle – im belaubten und im unbelaubten Zustand –. Dabei darf
der Pflichtige sich zunächst auf eine Sichtprüfung vom Boden aus beschränken und
muss nicht notwendig Forstspezialisten mit der Untersuchung beauftragen. Einzelne
eingehende Untersuchungsmaßnahmen sind nur dann vorzunehmen, wenn Umstände
vorliegen – sich namentlich aus der Sichtprüfung ergeben –, die erfahrungsgemäß auf
eine besondere Gefährdung durch den Baum hindeuten (Brandenburgisches OLG, Urteil
vom 12.01.1999, 2 U 40/98 m. w. N.; vgl. auch die Baumkontrollrichtlinie der
Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau (FLL-
Baumkontrollrichtlinie) vom 15.12.2004, dazu Braun, AUR 2005, 112 ff., 114 f.).
Am 01.02.2006 ließ der Beklagte auch den fraglichen Baum einer intensiven Pflege
durch die von ihm beauftragte Baumschule K. unterziehen. Seiner Pflicht zur
Sichtkontrolle ist er damit nachgekommen, hätte sich indes nicht damit begnügen
dürfen, den Baumbestand im Folgenden nur selbst regelmäßig zu beobachten und zu
kontrollieren.
Bei der von Firma K. durchgeführten Baumpflege handelte es sich nach eigener
Darstellung des Beklagten um die erste seit 40 Jahren, sie umfasste das Entfernen von
Totholz. Diese Umstände hätten dem Beklagten Veranlassung geben müssen, jedenfalls
diejenigen Äste, von denen räumlich eine unmittelbare Gefährdung für die auf dem
Parkplatz abgestellten Autos ausging, einer näheren Kontrolle zu unterziehen, die
unstreitig nicht erfolgt ist. Insoweit lagen Umstände vor, die einzelne eingehende
Untersuchungsmaßnahmen erforderlich machten. Das Vorhandensein von Totholz gibt
Anlass nicht nur zu dessen Beseitigung, sondern auch zur näheren Kontrolle des
gesamten Baumes, der weitergehend schadhaft sein könnte als dies äußerlich
erkennbar ist; es begründet also den Verdacht, auch die scheinbar gesunden Teile des
Baumes könnten schadhaft sein (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.03.2000, 2 U
58/99 = NJW-RR 2000, 1696; Urteil vom 12.02.2002, 2 U 37/01 = OLG-NL 2002, 102).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob genau der fragliche Baum Totholz aufwies oder
solches am 01.02.2006 nur von den umstehenden Bäumen entfernt wurde. Selbst in
letzterem Fall war eine Untersuchungspflicht des Beklagten auch betreffend diesen
Baum gegeben. Dies folgt schon daraus, dass jedenfalls der fragliche große Ast derart in
die Parkfläche hineinragte, dass bei seinem Herabfallen mit erheblichen Schäden an den
abgestellten Fahrzeugen zu rechnen war. Je größer die Gefährdung ist, die von dem
jeweiligen Baum ausgeht, desto höher sind die Anforderungen, die an die Erfüllung der
Kontrollpflicht zu stellen sind (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 12.02.2002, 2 U
37/01).
Der Senat folgt nach alldem der vom Landgericht vertretenen Auffassung, dem
Beklagten sei vorzuwerfen, die aus der durchgeführten Sichtkontrolle notwendigen
Konsequenzen nicht gezogen zu haben. Die zu treffenden Maßnahmen hätten in einem
Abklopfen der äußerlich gesund scheinenden Äste und gegebenenfalls in der
Durchführung von Endoskopien bestehen können.
c) Das Unterlassen des Beklagten ist für die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs
ursächlich geworden. Die gebotene eingehende Untersuchung des Astes hätte zu
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ursächlich geworden. Die gebotene eingehende Untersuchung des Astes hätte zu
dessen Entfernung oder dazu geführt, dass der Beklagte den Parkplatz für die Fahrzeuge
seiner Gäste unzugänglich machte.
Der Beklagte bestreitet insoweit, dass bei einer Endoskopie des Astes der Pilzbefall
entdeckt worden wäre. Dieses Vorbringen steht im Widerspruch zu der weiteren
Darlegung des Beklagten, Firma K. habe den Pilzbefall unmittelbar nach dem
Schadenseintritt festgestellt und den Ast entfernt. Dann aber hätte dessen fehlende
Bruchsicherheit auch wenige Tage zuvor durch dieselben Maßnahmen erkannt werden
können. Eine Erklärung dafür, warum der Pilzbefall unmittelbar nach dem
Schadensereignis festgestellt werden konnte, vorher aber nicht zu erkennen war, bietet
der Beklagte nicht; sein Vorbringen ist deshalb insgesamt nicht erheblich.
Auf die weitere Argumentation des Beklagten, bei dem konkreten Ast habe es sich nicht
um Totholz gehandelt, dieser sei vielmehr belaubt und voller Eicheln gewesen, kommt es
schon deshalb nicht an, weil schadensursächliche Pflichtverletzung die unabhängig von
dessen äußerem Erscheinungsbild wegen Ablaufs von 40 Jahren und Auffindens von
Totholz nicht hinreichende Kontrolle des Astes gewesen ist.
d) Das Verschulden des Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Ihn
Entlastendes hat der Beklagte, der sich auf den Maßnahmen der Firma K. folgende
eigene Sichtkontrolle beruft, nicht vorgetragen. Diese Maßnahmen genügten, wie bereits
dargelegt, nicht den Anforderungen.
e) Zur Höhe des Schadens gilt das zu einem Anspruch des Klägers aus § 536 a BGB
Gesagte.
f) Ein den Anspruch aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB minderndes Mitverschulden im Sinne des
§ 254 BGB trifft den Kläger nicht. Der Ast war unstreitig nicht äußerlich erkennbar
gefährlich, eine Untersuchungspflicht traf den Kläger nicht.
3. Der Anspruch des Klägers folgt schließlich aus § 823 Abs.1 BGB. Zutreffend hat das
Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte mit dem Hotelbetrieb einen Verkehr eröffnet
hat und die an diesem Teilnehmenden, insbesondere Hotelgäste wie den Kläger, vor den
damit einhergehenden Gefahren im Rahmen des Zumutbaren zu schützen hatte. Hierzu
gehörte die Pflicht zu verhindern, dass die vertragsgemäß auf dem Hotelparkplatz
abgestellten Fahrzeuge durch herabfallende Äste beschädigt wurden. Diese ihn treffende
Verkehrssicherungspflicht hat der Beklagte fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB
dadurch verletzt, dass er trotz Auffindens von Totholz den in die Parkfläche
hineinragenden Ast, der auf das Auto des Klägers stürzte, keiner eingehenden
Untersuchung unterziehen ließ. Dadurch hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
außer Acht gelassen. Wegen der Kausalität der Pflichtverletzung für den entstandenen
Schaden, der Höhe desselben und des fehlenden Mitverschuldens des Klägers wird auf
die Ausführungen zu § 280 Abs. 1 S. 1 BGB und zu § 536 a BGB Bezug genommen.
4. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug, §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB.
5. Der nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 29.08.2007 gibt dem Senat keine
Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO. Er
enthält keinen neuen Tatsachenvortrag, sondern lediglich – von den die Entscheidung
des Senats tragenden abweichende – Rechtsansichten und Wiederholungen der bereits
vorgetragenen Behauptungen.
III.
Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.
2 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.210,79 € festgesetzt.
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