Urteil des OLG Brandenburg vom 29.08.2007

OLG Brandenburg: versicherung, auskunftserteilung, abgabe, aufwand, eigentumswohnung, sammlung, zugang, quelle, waffengleichheit, rechtskraft

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
13. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 U 131/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 511 Abs 2 Nr 1 ZPO
Berufungsverfahren: Beschwer bei der Verurteilung zur
eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit der erteilten
Auskünfte
Tenor
1. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 600 € festgesetzt.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. August 2007 verkündete Teilurteil des
Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 6 O 255/05 - wird auf ihre
Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten gegen
das am 29.8.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des
Landgerichts Potsdam, durch das sie verurteilt worden ist, die Vollständigkeit und
Richtigkeit ihrer Angaben zu Anzahl, Inhalt und Dauer aller von ihr als Mietverwalterin der
Eigentumswohnung Nr. 17 in der …straße 34 in P. einschließlich des dazu gehörigen
Stellplatzes abgeschlossenen Mietverträge an Eides statt zu versichern, ist nicht
zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht den Betrag von
600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, den das Gericht bei
einem Rechtsmittel gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft bzw.
Rechnungslegung oder, wie hier gegen die Verurteilung, die Richtigkeit der erteilten
Auskunft eidesstattlich zu versichern gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen
festzusetzen hat, ist das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft
nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines
besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - auf den Aufwand an Zeit und
Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert bzw. im Fall
der Verurteilung, die Richtigkeit der Angaben eidesstattlich zu versichern, der Aufwand
an Zeit und Kosten, der durch das nochmalige Überprüfen der erteilten Auskunft auf ihre
Vollständigkeit entsteht (st. Rechtsprechung des BGH, vgl. BGHZ-GSZ-128, 85, 87 f.;
NJW 2000, 3073 und zuletzt MDR 2007, 1259). Dagegen bleibt ein Interesse der
Beklagten, die vom Kläger erstrebte und mit der Auskunftsklage vorbereitete
Durchsetzung des Leistungsanspruchs zu verhindern oder zu erschweren, bei der
Bewertung außer Betracht. Maßgebend ist vielmehr das wirtschaftliche Interesse des
Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels. Dabei ist grundsätzlich nur auf
den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Der tatsächliche oder
rechtliche Einfluss der Entscheidung auf andere Rechtsverhältnisse bleibt außer
Betracht. Daraus folgt, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes - auch bei
unverändertem Streitgegenstand - niedriger, gegebenenfalls aber auch höher sein kann,
als der für den Kläger nach seinem Antrag im ersten Rechtszug festgesetzte Wert.
Der Anspruch auf Auskunft bezieht seinen wirtschaftlichen Wert typischerweise daraus,
dass mit ihm die Durchsetzung eines Hauptanspruchs vorbereitet werden soll. Der
wirtschaftliche Zweck des Auskunftsverlangens besteht im Allgemeinen darin, eine der
Grundlagen zu schaffen, die für den Anspruch auf die Hauptleistung erforderlich sind.
Diese enge Verknüpfung zwischen Auskunfts- und Hauptanspruch lässt es angebracht
erscheinen, den Wert des Auskunftsanspruchs mit einem Bruchteil des Hauptanspruchs
festzusetzen (st. Rechtsprechung, BGH, Urteil vom 31. März 1993 - XII ZR 67/92 -
FamRZ 1993, 1189 m.w.N.). Damit orientiert sich die Wertfestsetzung am unmittelbaren
Gegenstand der Auskunftsklage, nicht an anderen über diesen Gegenstand
hinausgehenden Interessen.
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Demgegenüber ist Gegenstand des Rechtsmittels des im Auskunftsverfahren
unterlegenen Beklagten das Ziel, keine Auskunft erteilen zu müssen. Hat sein
dahingehender Antrag Erfolg, erspart er die Kosten, die mit dem Aufwand der
Auskunftserteilung verbunden sind. Diese Kostenersparnis ist grundsätzlich maßgebend
für die Festsetzung des Beschwerdewertes. Das etwa daneben bestehende Interesse
des Beklagten, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den
unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinaus. Es hat deshalb bei der Festsetzung
des Beschwerdewertes außer Betracht zu bleiben. Nichts anderes gilt bei der
eidesstattlichen Versicherung. Hier hat der unterlegene Beklagte das erstellte
Verzeichnis bzw. die erteilte Auskunft nochmals durchzugehen und auf ihre
Vollständigkeit hin zu überprüfen. Die Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der
Angaben setzt aber keine Neuerteilung der Auskünfte, allenfalls deren Ergänzung
voraus. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich hier bereits bei der
Auskunftserteilung und erst recht bei der Überprüfung der bisherigen Angaben auf ihre
Richtigkeit und Vollständigkeit vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht um
komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge handelt, sondern um die einfache Angabe
der für die in der …str. 34 gelegene Wohnung Nr. 17 geschlossenen Mietverträge
einschließlich des Einstellplatzes handelt. Nichts anderes gilt für die Erteilung einer
Nebenkostenabrechnung aus dem Mietverhältnis mit der Mieterin W.. Zum einen ist
bereits nicht ersichtlich, dass nach dem Tenor des am 20.12.2005 verkündeten
Teilurteils, mit dem die Beklagte zur Auskunft über Anzahl, Inhalt und Dauer aller von ihr
als Mietverwalterin der Eigentumswohnung Nr. 17 in der …straße 34 in P. und des
dazugehörigen Stellplatzes abgeschlossenen Mietverträge und zur Vorlage der
schriftlichen Mietverträge verurteilt worden ist, auch eine Verpflichtung zur Vorlage von
Betriebskostenabrechnungen, die während der Dauer der jeweiligen Mietverhältnisse
erteilt worden sind, gegenüber den Klägern besteht. Entsprechendes ergibt sich auch
nicht aus den Entscheidungsgründen dieses Urteils. Soweit Nachforderungen aus den
Betriebskostenabrechnungen gegenüber den jeweiligen Mietern im Raume stünden,
wären diese auch nicht gegenüber der Beklagten, sondern der jeweiligen Mietpartei
gegenüber geltend zu machen. Aber selbst wenn man nach Sinn und Zweck der
Auskunft des Teilurteils die Beklagte für verpflichtet halten wollte, die der Mieterin W.
gegenüber erteilte Betriebskostenabrechnung vorzulegen, so ist nicht ersichtlich, dass
für das bereits im Jahre 2005 beendete Mietverhältnis mit der Mieterin W. eine
Betriebskostenabrechnung bisher nicht erteilt worden ist.
Auch wenn sich dadurch im Ergebnis verschieden hohe Beschwerdewerte bei
Auskunftsklagen bei Kläger und Beklagten ergeben können, verletzt dies nicht den
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Gebot
der Rechtsanwendungsgleichheit oder das auch im Zivilprozess geltende Gebot der
prozessualen Waffengleichheit vor. Dem Beklagten wird freilich häufiger der Zugang zur
Rechtsmittelinstanz versagt sein, weil der Betrag des mit der Auskunftserteilung bzw.
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verbundenen Aufwandes die
Rechtsmittelsumme - wie auch hier - nicht erreicht, während der unterlegene Kläger
wegen des höheren Beschwerdewertes ein Rechtsmittel einlegen kann. Damit wird aber
nicht Gleiches ungleich behandelt. Für beide Parteien gilt der gleiche Ausgangspunkt:
Das wirtschaftliche, auf den unmittelbaren Gegenstand des Antrags bezogene Interesse
an der Einlegung des Rechtsmittels. Die unterschiedlichen Auswirkungen auf die
Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen sich daraus, dass dieses Interesse
verschieden hoch zu bewerten ist, weil das Verfahrensergebnis sich für die Parteien
unterschiedlich auswirkt. Da der Kläger mit der Auskunftsklage sich die Kenntnis über
einen Teil des Anspruchsgrundes für den Hauptanspruch verschaffen will, bedeutet ein
den Auskunftsanspruch rechtskräftig abweisendes Urteil, dass die Durchsetzung seines
Hauptanspruchs aus tatsächlichen Gründen infrage gestellt ist. Dagegen hat der im
Auskunftsverfahren unterlegene Beklagte weiterhin Gelegenheit, sich gegen den
Hauptanspruch zu wehren. Er kann im Verfahren über den Hauptanspruch sein
Interesse, diesen abzuwehren, in vollem Umfang geltend machen. Wegen dieses
Unterschieds, das Angriffs- und das Abwehrinteresse geltend machen zu können, hat
der Bundesgerichtshof verschiedentlich zum Ausdruck gebracht, der Kläger sei auf den
Auskunftsanspruch angewiesen, während der Beklagte sich gegen den Hauptanspruch
weiterhin wehren könne. Durch die Verurteilung zur Auskunft bzw. Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich deren Richtigkeit und Vollständigkeit erwachse
der Grund des Hauptanspruchs nicht in Rechtskraft (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1993 -
XI ZR 73/93).
Die Beklagte hat - trotz mehrerer Hinweise des Senats auf die ständige Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs - nicht dargelegt und nicht glaubhaft gemacht, dass ihr
aufgrund der Auskunftserteilung bzw. der Verurteilung, die Richtigkeit der Auskunft
eidesstattlich zu versichern, Kosten entstehen, die 600 € übersteigen. Die Überprüfung
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eidesstattlich zu versichern, Kosten entstehen, die 600 € übersteigen. Die Überprüfung
der von ihr erteilten Auskünfte hinsichtlich der von ihr über die Wohnung Nr. 17
einschließlich des Stellplatzes abgeschlossenen Mietverträge mag einige Zeit ihrer
angestellten Mitarbeiter in Anspruch nehmen. Allerdings ist auch bei einem Ansatz von
fünf bis zehn Stunden für diese Tätigkeit weder dargelegt noch ersichtlich, dass damit
der Beschwerdewert von 600 € überstiegen wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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