Urteil des OLG Brandenburg vom 13.12.2005
OLG Brandenburg: bürgschaftserklärung, abtretung, zedent, verfügung, vollstreckung, darlehen, hinterlegung, zustellung, urkunde, verjährung
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 15/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.12.2005 verkündete Urteil des Landgerichts
Potsdam - Az. 6 O 171/05 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor
der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers (neben weiteren
gesondert in Anspruch genommenen Personen) die Beklagte als Erbin ihres Ehemannes
auf Gesamtschuldnerausgleich nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft für die
Hauptschuldnerin A. GmbH in Anspruch.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des
Urteils des Landgerichts Potsdam vom 13.12.2005 Bezug genommen. Zu ergänzen ist,
dass die Beklagte die Existenz der Klägerin bezweifelt, die Abtretung und den weiteren
Sachvortrag der Klägerin bestritten hat. Außerdem hat sie sich darauf berufen, ihr
Ehemann sei zum Zeitpunkt der angeblichen Bürgschaftsübernahme praktisch
vermögenslos gewesen. Die Bürgschaftserklärung sei ihm allenfalls untergeschoben
worden, eine Begebung an die Bank habe jedenfalls nicht stattgefunden. Außerdem hat
die Beklagte bezweifelt, ob der Kläger überhaupt als Bürge in Anspruch genommen
worden ist.
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Substanziierung abgewiesen. Hinsichtlich
der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils verwiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag unter Wiederholung
und Vertiefung ihres Vorbringens weiter. Sie rügt, das Landgericht habe ein
Überraschungsurteil gefällt, weil sie nach dem Hinweis in der letzten Sitzung davon habe
ausgehen können, dass ein Auflagenbeschluss verkündet würde. Sie überreicht nunmehr
mehrere Darlehensverträge zwischen der Hauptschuldnerin und der ...bank und meint
dazu, die Vorlegung sei wegen des Verstoßes des Landgerichts gegen die Hinweispflicht
nicht verspätet. Das Bestreiten der Beklagten sei überdies wahrheitswidrig. Außerdem
ist die Klägerin der Ansicht, sie habe bereits in erster Instanz schlüssig vorgetragen. Eine
weitere Darlegungs- und Beweislast treffe nicht sie, sondern die Beklagtenseite für die
behauptete Erfüllung.
Mit Schriftsatz vom 07.08.2006 hat der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerin
unter Beweisantritt weiter vorgetragen und Abschriften von Unterlagen der ...bank
vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des genannten Schriftsatzes
Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
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unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam die Beklagte zu verurteilen,
an sie 57.293,64 € nebst 5 % Jahreszinsen ab dem 29.06.1998 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Ansicht, es liege
bereits keine ordnungsgemäße Berufung vor, weil die Begründung unzureichend sei. Im
Übrigen sei der klägerische Vortrag nach wie vor unschlüssig. Insbesondere zur
Valutierung fehle ausreichendes Vorbringen. Die in erster Instanz gegebenen Hinweise
hält die Beklagte für ausreichend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen ihr abgetretenen
Anspruch des Zedenten auf Gesamtschuldnerausgleich gem. § 426 in Verb. mit §§ 1922,
1967 BGB gegen die Beklagte.
Allerdings kann aufgrund des im Verfahren 3 U 14/06 eingeholten
Handelsregisterauszuges des Amtsgerichts Charlottenburg (HRB 68227 B) festgestellt
werden, dass die Klägerin existiert und der Zedent als deren Geschäftsführer von den
Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist, so dass der Wirksamkeit einer Abtretung
nichts entgegenstünde. Es fehlt allerdings an einer abtretbaren Forderung.
Die Ausführungen zur wirksamen Übernahme einer Bürgschaft durch den inzwischen
verstorbenen Ehemann der Beklagten (§ 765 BGB) sind bereits unzureichend. Zwar ist
zwischen den Parteien unstreitig, dass der Ehemann der Beklagten, Herr R. W., die
schriftliche Bürgschaftserklärung vom 09.12.1993 unterschrieben hat. Der Vortrag zur
Annahme durch die ...bank ist jedoch angesichts der Behauptung der Beklagten, die
Bürgschaft sei durch unrichtige Angaben erschlichen und der Bank nicht zur Verfügung
gestellt worden, unzureichend. Denn die Klägerin beruft sich insoweit einerseits auf
Erklärungen der ...bank, die aus einem Zeitraum vor Unterzeichnung der Bürgschaft
stammen oder die andererseits nicht eindeutig sind. Soweit Darlehensverträge zwischen
der ...bank und der Hauptschuldnerin vorgelegt worden sind, wird überwiegend auf ein
Schreiben der Bank vom 03.12.1993 Bezug genommen. Darin ist als haftende Sicherheit
u. a. die unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft des Ehemanns der Beklagten
benannt. Zum Zeitpunkt dieses Schreibens lag jedoch eine entsprechende schriftliche
Bürgschaftserklärung des Beklagten noch gar nicht vor. Aus dem Schreiben ergibt sich
somit nur, dass eine entsprechende Sicherheit zwischen der Hauptschuldnerin und ihrer
Bank vereinbart gewesen ist, nicht jedoch, dass diese Bürgschaft auch bereits existierte
und dass es sich um die hier vorgelegte handelt. Soweit die ...bank in einem Schreiben
vom 09.06.1994 zu einem Darlehen aus Mitteln des ERP-Aufbauprogramms
Ausführungen macht, ist als Sicherheit zwar u. a auch eine Bürgschaft des Herrn W.
genannt, aus dem Schreiben ergibt sich jedoch ebenfalls nicht hinreichend deutlich, ob
eine solche Bürgschaftserklärung bereits abgegeben worden war oder nicht. Das
Schreiben der ...bank vom 13.11.1995 an die Hauptschuldnerin listet zwar u. a. als
Sicherheit für eine Bürgschaft von Herrn G. We. u. a. eine Bürgschaft des Herrn W. auf.
Diese wird aber zum einen nicht mit einem konkreten Datum bezeichnet, zum anderen
enthält das Schreiben den Zusatz “ohne Hinterlegung”, der zumindest darauf hindeuten
könnte, dass der Bank diese Bürgschaftserklärung nicht vorliegt. Denn im Eingangssatz
bezieht sich die Bank auf Kreditsicherheiten, welche “in unserem Hause hinterlegt sind”,
so dass sich der nachfolgende Zusatz “ohne Hinterlegung”, im vorgenannten Sinne
verstehen lassen könnte. Danach belegt der Vortrag der Klägerin die Tatsache, dass die
Bürgschaftserklärung des Ehemannes der Beklagten der Bank auch zugegangen und
von dieser angenommen worden ist, nicht. Ebenso fehlt es an einem entsprechenden
Beweisantritt. Soweit erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 15.08.2005 Beweis durch
Vernehmung des Zeugen S. angeboten worden ist, bezieht sich dies lediglich auf die
Behauptung, es habe vor Erteilung der Bürgschaft eine Besprechung hierüber gegeben.
Dass die Bürgschaften tatsächlich abgegeben und der Bank übergeben worden sind,
wird nicht in das Wissen des benannten Zeugen gestellt. Auch im Berufungsverfahren ist
hierfür kein Beweis angetreten worden.
Außerdem fehlt es auch an der Schlüssigkeit des Klägervortrages im Hinblick auf die
Valutierung der Hauptforderungen und hinsichtlich des Fortbestandes dieser
Forderungen, so dass auch unklar bleibt, aus welcher Hauptforderung bei Kündigung
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Forderungen, so dass auch unklar bleibt, aus welcher Hauptforderung bei Kündigung
seitens der Bank welche Restforderung bestand, wofür der Zedent in Anspruch
genommen wurde und wofür in der Folge die Beklagte in Mithaftung genommen wird. Die
bereits in erster Instanz vorgelegten Belege ergeben zwar Anzeichen dafür, dass eine
Hauptschuld bestanden hat und der Zedent hierfür aus einer Bürgschaft oder einer
Grundschuld in Anspruch genommen worden ist. Nach Bestreiten der Beklagten reichen
diese Anzeichen jedoch nicht aus, um konkreten Vortrag der Klägerin zu Entstehen und
Bestand der Hauptforderung zu ersetzen.
Das Bestreiten der Beklagten ist zulässig. Sie selbst hat keine Kenntnisse über
Vorgänge in der Hauptschuldnerin und kann daher prozessual zulässig mit Nichtwissen
bestreiten. Ob ihr verstorbener Ehemann an der Hauptschuldnerin derart beteiligt war,
dass er entsprechende Kenntnisse hatte, ist ohne Belang.
In zweiter Instanz hat die Klägerin zwar innerhalb der Berufungsbegründungsfrist
mehrere Darlehensverträge betreffend die Hauptschuldnerin belegt, ihr Vortrag bleibt
gleichwohl unklar. Es kommt nicht nur darauf an, dass solche Verträge abgeschlossen
worden sind. Auf Gesamtschuldnerausgleich haftet die Beklagte als Erbin nur, wenn der
Zedent für (eine) diese(r) Forderungen auch als Bürge in Anspruch genommen worden
ist. Dies bleibt aber zweifelhaft. In dem Kündigungsschreiben der ...bank vom 30.12.1997
werden drei Konten benannt, auf denen Rückstände aufgelaufen sein sollen. Nur zu
zweien dieser Kontonummern finden sich korrespondierende Darlehensverträge. Die
übrigen Verträge haben Kontonummern, die in dem Kündigungsschreiben nicht
aufgelistet sind. Zur Valutierung fehlt auch in der Berufungsbegründung vom 08.02.2006
jeglicher Vortrag. Wann welcher Betrag in welcher Weise aufgrund welchen
Darlehensvertrages der Hauptschuldnerin zur Verfügung gestellt worden sein soll, ist
damit völlig offen geblieben. Der erstinstanzliche Beweisantritt im Schriftsatz vom
01.11.2005 zum pauschal behaupteten Bestehen einer Schuld in Höhe von über 3,7 Mio.
DM per 30.12.1997 “aus dem Kreditverhältnis” durch Benennung des Zeugen E. ersetzt
keinen schlüssigen Vortrag zur Valutierung bestimmter Darlehen.
Ob das Landgericht gegen seine Hinweispflicht verstoßen hat, kann offen bleiben.
Spätestens in seinem angefochtenen Urteil hat es eindeutig die Klageabweisung darauf
gestützt, dass zur Auskehr eines bestimmten Darlehens schlüssiger Sachvortrag fehlte
und dass die bloße Mitteilung eines Saldos durch die Bank nicht ausreichen. Diese
Ausführungen sind klar und verständlich. Die Klägerin hätte deshalb spätestens
innerhalb der Berufungsbegründungsfrist Ausführungen dazu machen müssen, wann der
Hauptschuldnerin seitens der Bank welcher Betrag aufgrund welchen
Darlehensvertrages zur Verfügung gestellt worden ist. Für den Fall, dass die
vorausgegangenen Hinweise des Landgerichts nicht als ausreichend erachtet worden
wären, wäre insoweit neuer Vortrag in der Berufungsinstanz gem. § 531 Abs. 2 ZPO
zuzulassen gewesen. Diese Frage stellt sich jedoch nicht, weil auch in zweiter Instanz
entsprechender Sachvortrag der Klägerseite fehlt. Weitere Hinweise des Senates dazu
waren aufgrund der klaren Ausführungen des Landgerichts ebenfalls nicht erforderlich.
Im Übrigen wäre ein Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich auch verjährt. Durch die
Einreichung des Mahnbescheidsantrags am 31.12.2004 hätte die Verjährung zwar
rechtzeitig gehemmt werden können (§ 204 Abs. 1 Nr. 3; § 204 Abs. 2 BGB) – und zwar
ungeachtet der Fristen, die jeweils bis zur Einzahlung der Vorschüsse verstrichen sind -,
jedoch setzt die Hemmung voraus, dass der Antrag vom Berechtigten stammt. Die
Geltendmachung durch einen Nichtberechtigten hemmt die Verjährung nicht. Die
Berechtigung muss spätestens im Zeitpunkt der Zustellung vorliegen. Ein späterer
Rechtserwerb oder eine Genehmigung haben keine Rückwirkung (Palandt/Heinrichs,
BGB, 65. A., § 204 Rz. 9 ff m.w.N.). Dass die Klägerin bereits bei Zustellung des
Mahnbescheids die Forderung durch Abtretung erworben hatte, ist nicht schlüssig
dargelegt worden. Nachdem die Beklagte die Abtretung bestritten hat, hat die Klägerin
zwar die Abtretungsurkunde im Original vorgelegt, jedoch die Ansicht vertreten, auf den
Zeitpunkt der Abtretung komme es nicht an. Die private Urkunde begründet zwar die
Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit, jedoch gilt dies nur im Verhältnis
zwischen den Vertragspartnern. Außerdem nimmt die Angabe eines Datums an dieser
Wirkung nicht teil. Das in einer Urkunde angegebene Datum beweist lediglich, dass es
angegeben, nicht aber, dass es richtig angegeben ist (BGHZ 109, 244 – juris: Rz. 11;
Baumbach/Hartmann, ZPO, 64.A., § 416 Rz. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen gem. § 543 Abs.
2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch
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2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht. Die
Entscheidung beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der Umstände des
Einzelfalles.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 57.293,64 € festgesetzt.
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