Urteil des OLG Brandenburg vom 29.01.2009

OLG Brandenburg: grundstück, bauer, zwischenverfügung, grundpfandrecht, belastung, zwangsversteigerung, grundbuchamt, nummer, sammlung, link

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 Wx 9/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 890 Abs 1 BGB, § 5 Abs 1 S 1
GBO, § 18 GBO
Grundbuchänderung: Zulässigkeit der Zusammenfassung zweier
Grundstücke bei bestehenden Grundstücksbelastungen auf
einem der Grundstücke; Beschwerdemöglichkeit gegen
Zwischenverfügung des Grundbuchamtes
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts
Potsdam vom 29. Januar 2009 – 5 T 686/08 – abgeändert. Das Grundbuchamt wird unter
Aufhebung seiner Zwischenverfügung vom 22. April 2008 angewiesen, über den Antrag
des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu
entscheiden.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,- €
festgesetzt.
Gründe
I.
Unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde vom 12. Februar 2008 zur UR-Nr. 23/2008
des Notars A… B… in Berlin hat der Antragsteller mit Notarschreiben vom 15. April 2008
unter anderem beantragt, die Flurstücke 322 (22 m²) und 238 (489 m²) der Flur 22 der
Gemarkung B… gemäß § 890 Abs.1 BGB in einem Grundbuch (als ein Grundstück) zu
verzeichnen. Das Flurstück 238 ist in Abteilung III lfd. Nr.1 des Grundbuchs mit einem
Grundpfandrecht belastet, wohingegen das Flurstück 322 in Abteilung III des Grundbuchs
unbelastet ist. Mit Zwischenverfügung vom 22. April 2008 hat das Grundbuchamt unter
Hinweis auf die Besorgnis von Verwirrung im Sinne von § 5 Abs.1 Satz 1 GBO hierzu
Bedenken geäußert und mitgeteilt, dass es entweder der Löschung der Belastung in
Abteilung III lfd. Nr. 1 des Grundbuches für das Flurstück 238 oder aber der
Nachverpfändung des Flurstücks 322 bedürfe. Hiergegen hat der Antragsteller mit
Schreiben vom 11. September 2008 Beschwerde eingelegt, welcher das Grundbuchamt
mit Beschluss vom 19. September 2008 die Abhilfe verweigert hat. Das Landgericht
Potsdam hat die Beschwerde mit Beschluss vom 29. Januar 2009 zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der weiteren Beschwerde.
II.
1. Die weitere Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 78, 79 Abs.1, § 80 Abs.1 GBO
zulässig und hat auch in der Sache selbst Erfolg.
a) Gegen die einen Eintragungsantrag beanstandende Zwischenverfügung des
Rechtspflegers nach § 18 GBO steht dem Antragsteller der Beschwerdeweg offen; die
Zwischenverfügung ist selbständig mit der Beschwerde anfechtbar und im
Beschwerdeverfahren (allein) dahin zu überprüfen, ob die hierin enthaltenen
Beanstandungen des Grundbuchamtes berechtigt sind (s. etwa BayObLGZ 1986, S.208,
212 f.; OLG Naumburg, FGPrax 2004, S.202 m.w.Nw.; Demharter, GBO, 26.Aufl.2008, §
18 Rdn.53, 55, § 71 Rdn.35 und § 77 Rdn.12 ff. m.w.Nw.; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eick-
mann, Grundbuchrecht, 6.Aufl.2006, § 18 GBO Rdn.62 ff. und § 71 GBO Rdn.15 ff.;
Bauer/von Oefele/Wilke, GBO, 2.Aufl.2006, § 18 Rdn.26; Bauer/von Oefele/Budde, aaO., §
71 Rdn.10 [ff.]).
b) Das Rechtsmittel des Antragstellers ist begründet. Die Beanstandung des
Grundbuchamtes in seiner Zwischenverfügung vom 22. April 2008 ist nicht berechtigt.
Im Sinne von § 5 Abs.1 Satz 1 GBO ist Verwirrung zu besorgen, wenn die Eintragungen
im Grundbuch durch die Vereinigung derart unübersichtlich und schwer verständlich
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im Grundbuch durch die Vereinigung derart unübersichtlich und schwer verständlich
würden, dass der gesamte grundbuchliche Rechtszustand des Grundstücks nicht mit der
für den Grundbuchverkehr erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und
die Gefahr von Streitigkeiten von Realberechtigten untereinander oder mit Dritten oder
von Verwicklungen, namentlich im Fall der Zwangsversteigerung, besteht (s. etwa
BayObLG, DNotZ 1994, S.242, 243; OLG Hamm, Rechtspfleger 1998, S.154, 155; DNotZ
2007, S.225, 226 f.; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 2000, S.211; Demharter, aaO. § 5
Rdn.13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14.Aufl.2008, Rdn.635). So liegt es nicht, wenn
aus dem Grundbuch weiterhin ersichtlich bleibt, auf welchem Teil des dann einheitlichen
Grundstücks welches Recht mit welchem Rang besteht (s. KG, Rechtspfleger 1989,
S.500, 501; OLG Hamm, Rechtspfleger 1998, S.154, 155; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger
2000, S. 211 f.; Demharter, aaO., § 5 Rdn.14; Bauer/von Oefele/Waldner, aaO., § 5
Rdn.28). Dabei ist grundsätzlich allein auf die Grundbuchlage abzustellen, die sich durch
die begehrte Grundstücksvereinigung unter Mitberücksichtigung der gleichzeitig
gestellten Anträge ergibt (OLG Hamm, ebd.; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 2000, S.211,
212; Bauer/von Oefele/Waldner, aaO., § 5 Rdn.26). Daher bleiben derzeit nicht
beantragte oder in Aussicht stehende Verschmelzungen von Flurstücken – die gfs. die
Annahme der Besorgnis der Verwirrung (der Grundbuchlage) rechtfertigen können (s.
dazu BayObLGZ 1977, S.119, 121; BayObLG, DNotZ 1994, S.242, 243; KG,
Rechtspfleger 1989, S.500, 501; OLG Hamm, Rechtspfleger 1998, S.154, 155 f.; DNotZ
2007, S.225, 227; OLG Düsseldorf, ebd.) – für die Beurteilung außer Betracht.
Nach diesen Maßgaben begründet die Vereinigung zweier Grundstücke, von denen eines
mit Grundpfandrechten belastet ist und ein anderes nicht, zu einem grundbuchlichen
Grundstück (im Wege der Zusammenfassung beider Flurstücke unter einer laufenden
Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuches) für sich allein genommen nicht die
Besorgnis der Verwirrung der Grundbuchlage. Wie allgemein anerkannt ist, erstreckt sich
bei der Grundstücksvereinigung nach § 890 Abs.1 BGB, § 5 GBO (anders als
möglicherweise bei der Grundstückszuschreibung nach § 890 Abs.2 BGB, § 6 GBO; s.
1131 BGB) das Grundpfandrecht für das bislang belastete Grundstück nicht auf das
hiermit vereinigte weitere, bislang unbelastete Grundstück, sondern es beschränkt sich
auf das bisher belastete Grundstück(steil) (s. BGH DNotZ 2006, S.288 f.; KG,
Rechtspfleger 1989, S.500, 501; OLG Hamm, Rechtspfleger 1998, S.154, 155; DNotZ
2007, S.225, 227; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 2000, S.211, 212; Demharter, aaO., § 5
Rdn.23; Bauer/von Oefele/Waldner, aaO., § 5 Rdn.50; Schöner/Stöber, aaO., Rdn.624;
Palandt/Bassenge, BGB, 68.Aufl.2009, § 890 Rdn.4). Bei Zusammenfassung beider
Flurstücke unter einer laufenden Nummer des Bestandsverzeichnisses kann daher aus
dem Grundbuch unschwer ersehen werden, auf welches Grundstück(steil) sich das
eingetragene Grundpfandrecht (allein) bezieht. Dementsprechend kann und muss die
Zwangsversteigerung auch allein für das belastete Grundstück(steil) beantragt und
durchgeführt werden; dieses ist im Zwangsversteigerungsverfahren wie ein
selbständiges Grundstück zu behandeln (s. BGH DNotZ 2006, S.288, 289 f.; KG,
Rechtspfleger 1989, S.500, 501 f.; OLG Hamm, Rechtspfleger 1998, S.154, 155; DNotZ
2007, S.225, 227; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 2000, S.211, 212; Demharter, aaO., § 5
Rdn.23; Bauer/von Oefele/Waldner, aaO., § 5 Rdn.50; Dümig, ZfIR 2006, S.222; Morvilius,
MittBayNot 2006, S.229 f.). Damit ergeben sich bei einer Lage wie der hier gegebenen
(zwei Flurstücke; eines unbelastet von Grundpfandrechten; das andere mit einem
Grundpfandrecht belastet) keine zu besorgenden Verwicklungen für den Fall der
Zwangsversteigerung, so dass die Kritik von Stöber (MittBayNot 2001, S.281, 283;
Schöner/Stöber, aaO., Rdn.635, 636) jedenfalls für diese Fallgestaltung nicht durchgreift.
Eine wesentliche Beeinträchtigung des Zwangsversteigerungsverfahrens ergibt sich
selbst dann nicht, wenn es zur Verschmelzung der Flurstücke gekommen ist (s. BGH
DNotZ 2006, S.288, 290; Morvilius, MittBayNot 2006, S.229 f.).
Zwar geht § 7 (Abs.1) GBO davon aus, dass ein Grundpfandrecht nicht lediglich auf
einem Teil eines grundbuchlichen Grundstücks lasten soll; denn danach muss im Falle
der grundpfandrechtlichen Belastung nur eines Grundstücksteils dieser Teil – von Amts
wegen (gfs. auch nachträglich) (s. etwa Demharter, aaO., § 7 Rdn.27, 34; Bauer/von
Oefele/Maaß, aaO., § 7 Rdn.23) – abgeschrieben und als selbständiges Grundstück
eingetragen werden; dies gilt auch dann, wenn ein grundbuchliches Grundstück aus
mehreren Flurstücken besteht und nur eines dieser Flurstücke grundpfandrechtlich
belastet werden soll (s. Demharter, aaO., § 7 Rdn.17; Bauer/von Oefele/Maaß, aaO., § 7
Rdn.24). Hieraus folgt aber noch nicht, dass bei einer grundpfandrechtlichen Belastung
nur eines Teils (Flurstücks) eines vereinigten grundbuchlichen Grundstücks eine
„Verwirrung“ der Grundbuchlage zu besorgen ist. Immerhin geht § 1131 BGB davon aus,
dass die grundpfandrechtliche Belastung nur eines Grundstücksteils möglich ist (nämlich
in Bezug auf Grundpfandrechte, die nur auf dem zugeschriebenen Grundstück lasten; s.
dazu etwa auch OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 2000, S.211; Stöber, MittBayNot 2001,
S.281, 282). Auch sehen einzelne landesrechtliche Regelungen – nämlich in Baden-
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S.281, 282). Auch sehen einzelne landesrechtliche Regelungen – nämlich in Baden-
Württemberg und Rheinland-Pfalz – vor, dass Grundstücksvereinigungen nur zulässig
sind, wenn die zu vereinigenden Grundstücke nicht mit unterschiedlichen
Grundpfandrechten belastet sind (Art. 119 Nr.3 EGBGB; s. Dümig, ZfIR 2006, S.222, 223;
Demharter, aaO., § 5 Rdn.2). Solche Regelungen – die das Land Brandenburg nicht
erlassen hat – weisen darauf hin, dass Grundstücksvereinigungen in diesen Fällen
(Belastung der zu vereinigenden Grundstücke mit unterschiedlichen Grundpfandrechten)
nicht bereits an § 5 Abs.1 Satz 1 GBO (Verwirrung der Grundbuchlage) scheitern, da es
ihrer sonst kaum bedurft hätte.
Ob eine Verwirrung der Grundbuchlage im Sinne von § 5 Abs.1 Satz 1 GBO zu besorgen
ist, wenn eine Flurstücksverschmelzung beantragt ist oder in Aussicht steht, bedarf hier
keiner Entscheidung.
2. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs.1 Satz 2 KostO, § 13a FGG
nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren
Beschwerde folgt aus § 31 Abs.1 Satz 1, § 131 Abs.2, § 30 Abs.1 und 2 Satz 1 KostO.
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