Urteil des OLG Brandenburg vom 28.11.2005

OLG Brandenburg: einheitliche sache, bezirk, erbschein, erblasser, quelle, sammlung, vollziehung, link, nachlassgericht, ausländer

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 AR 60/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 4 FGG, § 5 FGG, § 46 Abs 1
FGG, § 75 S 2 FGG, § 73 Abs 3 S
1 FGG
Ausländischer Erblasser ohne Aufenthaltsort im Inland: Örtliche
Zuständigkeit des Nachlassgerichts bei Nachlassspaltung
Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht Potsdam.
Gründe
I.
Am 20. April 1994 erteilte das Amtsgericht Berlin-Mitte nach der Erblasserin - zur
Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Vermögensgesetz - einen gegenständlich
auf den im Inland befindlichen unbeweglichen Nachlass beschränkten Erbschein (63/62
VI 956/93). Mit Antrag vom 31. August 2004 hat die Erbscheinserbin bei dem
Amtsgericht Potsdam - Nachlassgericht - die Erteilung eines gegenständlich auf den
inländischen beweglichen Nachlass beschränkten Erbscheins nach der Erblasserin
beantragt.
Das Amtsgericht Potsdam hat seine Zuständigkeit unter Berufung auf die
Vortätigkeit des Amtsgerichts Berlin-Mitte verneint. Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat die
Übernahme der Sache unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass
unbeschadet derselben Erblasserin mehrere selbständige Verfahren vorlägen. Das
Amtsgericht Potsdam hat die Sache daraufhin dem Brandenburgischen
Oberlandesgericht zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG über die
Frage der örtlichen Zuständigkeit zu entscheiden, weil das zu seinem Bezirk gehörende
Amtsgericht Potsdam zuerst mit dem Verfahren befasst gewesen ist.
2. Nach § 73 Abs. 3 Satz 1 FGG ist jedes Gericht, in dessen Bezirk sich
Nachlassgegenstände befinden, in Ansehung aller im Inlande befindlichen
Nachlassgegenstände zuständig, wenn der Erblasser - wie hier - Ausländer war und zur
Zeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte. Unter der Annahme
des Amtsgerichts Potsdam, die allerdings nicht durch den Akteninhalt belegt wird, dass
sich auch im Bezirk des Amtsgerichts Berlin-Mitte Nachlassgegenstände befunden
hätten, gebührte diesem der Vorzug, wenn es zuerst in der Sache tätig geworden wäre
(§ 4 FGG). Diese Voraussetzung wird indes nicht durch die Erteilung des Erbscheins vom
20. April 1994 erfüllt. Zwar betreffen mehrere Erbscheinsanträge nach demselben
Erblasser grundsätzlich eine einheitliche Sache im Sinne von § 4 FGG. Das Amtsgericht
Potsdam hat jedoch verkannt, dass eine Nachlassspaltung vorliegt. Der Erbschein des
Amtsgerichts Berlin-Mitte, dessen Rechtmäßigkeit im Bestimmungsverfahren nicht zu
prüfen ist, betrifft lediglich den im Inland befindlichen unbeweglichen Nachlass.
Demgegenüber wird bei dem Amtsgericht Potsdam die Erteilung eines Erbscheins
begehrt, der auf den im Inland befindlichen beweglichen Nachlass beschränkt ist. Die
durch die Spaltung entstandenen Nachlassteile müssen grundsätzlich als jeweils
selbständiger Nachlass angesehen werden; sie sind nach dem jeweils maßgeblichen
Erbstatut ohne Rücksicht auf die anderen Nachlassteile so abzuhandeln, als ob sie der
gesamte Nachlass wären (BGHZ 24, 352, 355; Palandt/Heldrich, BGB, 64. Aufl. 2005, §
25 EGBGB Rdnr. 9 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Diese mit der
Maßgeblichkeit verschiedener Rechtsordnungen verbundene Aufspaltung verbietet es,
von ein- und derselben Sache im Sinne von § 4 FGG auszugehen.
3. Das Amtsgericht Potsdam ist nach § 73 Abs. 3 Satz 1 FGG zuständig, weil sich in
seinem Bezirk Nachlassgegenstände befinden (insbesondere Schreiben des
seinem Bezirk Nachlassgegenstände befinden (insbesondere Schreiben des
Amtsgerichts Potsdam - Grundbuchamt - vom 13. April 2004, Bl. 27 d. A.). Falls sich
auch im Bezirk des Amtsgerichts Berlin-Mitte Nachlassgegenstände befinden sollten,
wäre zwar auch dieses Gericht zuständig, weil die bloße Entgegennahme eines
Erbscheinsantrags unter Leugnung eigener Zuständigkeit keine Tätigkeit darstellt, die
eine vorrangige Zuständigkeit nach § 4 FGG begründet (OLG Hamm, JMBl. NRW 1957,
149, 150). Die in einem solchen Fall zu treffende Wahl zwischen dem Amtsgericht
Potsdam und dem Amtsgericht Berlin-Mitte, die in Ermangelung anderweitiger
rechtlicher Regelungen nach Zweckmäßigkeitsgründen vorzunehmen ist (OLG Hamm, a.
a. O.), liefe allerdings ebenfalls auf die Bestimmung des Amtsgerichts Potsdam hinaus.
Denn das Amtsgericht Potsdam ist gerade deshalb angerufen worden, weil sich die
Nachlassgegenstände, für die der Erbschein begehrt wird, im Bezirk dieses Gerichts
befinden; der begehrte Erbschein wird ausweislich des Schreibens vom 13. April 2004 zur
Vollziehung eines auf das Grundbuch von K… des Amtsgerichts Potsdam bezogenen
Antrags benötigt.
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