Urteil des OLG Brandenburg vom 28.01.2010

OLG Brandenburg: geschäftsführung ohne auftrag, eltern, unteilbare leistung, räumung, vermieter, ermächtigung, schlechterfüllung, verjährungsfrist, grundstück, prozessführungsbefugnis

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 58/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 Abs 1 BGB, § 250 S 2
BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 280
Abs 3 BGB, § 281 Abs 1 S 1 BGB
Pachtvertrag: Schadensersatz wegen Schlechterfüllung der
Räumungspflicht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung
wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 28.01.2010 - 12 O 389/06 - nebst dem zu
Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache an das Landgericht
zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten
bleibt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger beansprucht von der berufungsführenden Beklagten als frühere Pächterin
Ersatz von Räumungskosten.
Die Beklagte und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann schlossen am 17.06.1977
als Nutzungsberechtigte gemäß der §§ 312 ff. ZGB einen unbefristeten Nutzungsvertrag
(vgl. K1, 11 GA) über die Teilfläche eines Flurstücks 53, das der Kläger 1983 von den
Überlassern erwarb. Es wurde in die Flurstücke 53/1 und 53/2 geteilt, wobei sich die
vertragsgegenständliche Fläche auf beide Flurstücke erstreckte. Eigentümerin des
Flurstücks 51/1 war eine Frau K… G…. Den hälftigen Miteigentumsanteil des ihm
gehörenden Flurstücks 51/2 übertrug der Kläger 2000 zu je ¼ an seine Eltern.
In einem Vorprozess zwischen den hiesigen Parteien mit gleichen Parteirollen hat das
Amtsgericht Brandenburg die Beklagte durch Urteil vom 10.09.1999 – 10 C 47/94,
rechtskräftig nach Verwerfungsbeschluss des BGH vom 15.06.2005 – XII ZR 104/02, zur
Räumung und Herausgabe des Flurstücks 53/2 sowie zum Abriss und zur Entsorgung
dortiger Baulichkeiten verurteilt und die weitergehende Klage des Klägers abgewiesen
(vgl. K2, 13 GA).
Mit Anwaltsschreiben vom 09.08.2005 ließen die Eltern des Klägers, dieser selbst und
Frau G… die Beklagte unter Fristsetzung zur Räumung und Herausgabe ihrer
Nutzungsfläche sowie zum Abriss dortiger Baulichkeiten auffordern (vgl. K4, 52 GA). Die
Beklagte gab die von ihr innegehaltene Fläche zum 16.09.2005 zurück.
Für den Abriss und die Entsorgung dort verbliebener Baulichkeiten und Gegenstände hat
der Kläger von der Beklagten 10.361,06 € beansprucht.
Diese hat im Hinblick auf den Räumungstitel Zulässigkeitsbedenken gegen die
Zahlungsklage geltend gemacht, hat die Aktivlegitimation des Klägers verneint, ist den
Ansprüchen nach Grund und Höhe entgegen getreten, hat die Verjährungseinrede
erhoben und mehrfach gestaffelte Hilfsaufrechnungen erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist
der Senat auf das angefochtene Urteil, mit dem das Landgericht der Klage nach
Beweisaufnahme nahezu vollständig stattgegeben hat. Die Vollstreckungsmöglichkeit
aus dem Räumungstitel stehe der Zahlungsklage nicht entgegen, zumal sie nicht für alle
streitgegenständlichen Räumungsgegenstände eröffnet sei. Der Kläger könne von der
Beklagten, die sich mit der Räumung in Verzug befunden habe, Schadensersatz für sich
beanspruchen, da er Vermieter sei und seine Eltern ihm ihre Ansprüche abgetreten
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beanspruchen, da er Vermieter sei und seine Eltern ihm ihre Ansprüche abgetreten
hätten. Zudem stünden ihm Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Der
Umfang seiner Beseitigungsarbeiten und die Höhe der hierfür anzusetzenden Kosten
stünden im Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Zeugenaussagen in
ausgeurteiltem Umfang fest. Eine Hilfsaufrechnung scheitere am Fehlen einer
Gegenforderung, die die Beklagte unzureichend ausgeführt habe. Der Ablauf der
sechsmonatigen Verjährungsfrist sei bei Rückgabe der Sache am 16.09.2005 und
Zustellung eines Mahnbescheides am 23.12.2005 rechtzeitig gehemmt worden.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr
Klageabweisungsbegehren im Umfang ihres Unterliegens uneingeschränkt weiter. Sie
erhebt umfangreich Sach- und Verfahrensrügen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils vollumfänglich
abzuweisen,
hilfsweise die Sache, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das
Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise mit der Maßgabe der Zahlung an sich, seine Eltern und an Frau K… G…
als Mitglieder einer Bruchteilsgemeinschaft
und weiter hilfsweise, die Sache, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens
an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes
verweist der Senat auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf
sein Terminsprotokoll vom 17.11.2010.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat vorläufig Erfolg insoweit, als
die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Landgericht
zurückzuverweisen ist, § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
1. Gegen die Zahlungsklage bestehen keine Zulässigkeitsbedenken.
Ob der Kläger im Hinblick auf die bereits zu seinen Gunsten ausgeurteilte
Räumungspflicht statt einer Vorschussklage das erheblich einfachere Antragsverfahren
nach § 887 Abs. 2 ZPO hätte wählen müssen, wofür einiges sprechen könnte, kann im
Ergebnis dahinstehen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
war keine vereinfachte vollstreckungsrechtliche Festsetzung mehr eröffnet. Das Haus
war abgerissen, wie die Parteien im Termin am 08.03.2007 unstreitig gestellt haben (vgl.
183 GA). Nach den Bekundungen der Zeugin K… im Termin am 10.12.2009, die sich der
Kläger zu eigen gemacht hat und denen die Beklagte auch nicht mehr entgegen
getreten ist, befindet sich auf dem Grundstück auch kein Müll mehr (vgl. 239 GA).
2. Der Anspruch des Klägers ist – jedenfalls nach dem zweitinstanzlichen Hilfsantrag und
zumindest dem Grunde nach – schlüssig für Schadensersatzansprüche wegen
Schlechterfüllung der Räumungspflicht aus §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1, 280, 281 BGB.
a) Der Kläger war Mitverpächter eines Pachtobjektes, das sich über zwei realgeteilte
Grundstücke (Flurstück 53/1 und 53/2) erstreckt hat. Die Mitverpächterstellung des
Klägers ist unstreitig.
Bei der Realteilung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks bleibt es auch bei
Veräußerung eines Grundstücksteils bei einem einheitlichen Miet-/Pachtverhältnis.
Mehrere Vermieter/Verpächter bilden bezüglich der gemeinsamen Mietzins-
/Pachtzinsforderung eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.v. §§ 741 ff. BGB (vgl. BGH, Urteil
vom 14. März 1983 - II ZR 102/82 = WM 1983, 604). Die Miet-/Pachtforderung mehrerer
Vermieter/Verpächter richtet sich auf eine im Rechtssinne unteilbare Leistung, so dass
ein einzelner Vermieter/Verpächter in derartigen Fällen ohne Ermächtigung der anderen
Teilhaber nicht berechtigt ist, die Miet-/ Pachtforderung auch nur anteilig geltend zu
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Teilhaber nicht berechtigt ist, die Miet-/ Pachtforderung auch nur anteilig geltend zu
machen (vgl. Senat Urteil vom 09.02.2005 - 3 U 69/04 = OLG-NL 2006, 153).
Nach derzeitigem Sach- und Streitstand geht der Senat allerdings von einer
Ermächtigung des Klägers durch die anderen Teilhaber und einer hinreichend
offengelegten Prozessstandschaft aus.
aa) Dem Kläger, der hinsichtlich des Flurstücks 53/2 neben seinen Eltern und hinsichtlich
des Flurstücks 53/1 neben Frau G… aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen
Vertrag berechtigt war, steht eine gesetzliche Prozessführungsbefugnis gemäß § 744
Abs. 2 BGB zu (vgl. BGHZ 51, 125, 128; BGHZ 94, 117). Diese Bestimmung ist im
Verhältnis zu seinen Eltern und zu Frau G… anwendbar. Seine Eltern sind nach § 571
Abs. 1 BGB aF aufgrund der Veräußerung und ihres Erwerbes des anteiligen
Miteigentums an dem abwicklungsgegenständlichen Flurstück im Jahre 2000 in das
pachtrechtliche Abwicklungsverhältnis eingetreten (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68.
Aufl., § 566, Rn. 8 m.w.N.) und damit neben dem Kläger Verpächter; Frau G… war - wie
der Kläger - aufgrund ihrer Eigentümerstellung unter erneuter Geltung des BGB
Mitverpächterin. Das Innenverhältnis der Vermieter/Verpächter bestimmt sich im
Regelfall nach den Eigentumsverhältnissen an der Miet/Pachtsache, bei Miteigentum
also nach den Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 741 – 758 BGB
(vgl. Straßberger, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl.,
II, Rn. 255 m.w.N).
Die Vorschrift des § 744 Abs. 2 BGB bezweckt, das Recht jedes Teilhabers auf
Werterhaltung zu sichern (K. Schmidt in MünchKomm, BGB, 5. Aufl., § 744 Rdn. 30 m. N.)
und berechtigt ihn, eine zur Gemeinschaft gehörende Forderung im eigenen Namen
einzuklagen, wenn es sich um eine zur Erhaltung eines der Gemeinschaft gehörenden
Gegenstandes notwendige Maßnahme handelt (vgl. BGHZ 39, 14, 20 m. N.; BGH NJW
1982, 641). Das vom Kläger eingeleitete Mahnverfahren war eine Maßnahme, die der
Erhaltung der der Gemeinschaft zustehenden Ansprüche diente, da deren Verjährung
drohte.
bb) Außerdem ist dem Kläger von seinen Eltern und Frau G… hinsichtlich der Ansprüche
betreffend das Pachtverhältnis über die Flurstück 53/2 und 53/3 auch die
Prozessführungsbefugnis übertragen worden, die eine Klage auf Leistung an ihn allein
einschließt.
Gewillkürte Prozessstandschaft liegt vor, wenn der Prozessführende ermächtigt ist, den
geltend gemachten Anspruch im eigenen Namen einzuklagen und er ein eigenes
rechtliches Interesse an der Prozessführung hat (BGHZ 78, 1, 4 m. N.). Darüber hinaus
muss er sich im Rechtsstreit auf die ihm erteilte Ermächtigung berufen und zum
Ausdruck bringen, wessen Recht er geltend macht (BGH NJW 1972, 1580), sofern nicht
für alle Beteiligten eindeutig klar ist, welches Recht eingeklagt wird (BGHZ 78, 1, 6).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Die entsprechende Ermächtigung des Klägers durch seine Eltern und Frau G… konnte
auch durch konkludentes Handeln vorgenommen werden. Aufgrund der gesamten
Umstände ist hier eine solche schlüssige Ermächtigung anzunehmen. Der Kläger war,
was die Abwicklung des Pachtverhältnisses mit der Beklagten betraf, auch für Frau G…
tätig, wie sich für alle Beteiligten spätestens aus dem Urteil des LG Potsdam vom
26.03.2002 – 6 S 29/99 – ergab, in dem dieses ausdrücklich auf die
(Mit)Verpächterstellung der Frau G… hingewiesen und abgestellt hatte (vgl. 21 GA).
Darüber hinaus haben Frau G… und dessen Eltern diesem die rechtliche Abwicklung des
Pachtverhältnisses – insbesondere soweit dieses konfliktbehaftet war und auf den
Widerstand der Beklagten traf, hier also insbesondere hinsichtlich der verweigerten
Räumung – auch tatsächlich überlassen. Bei lebensnaher Würdigung dieser Umstände,
drängt sich auf, dass Frau G… und seine Eltern es dem Kläger stillschweigend
überlassen haben, die Angelegenheit - soweit sie sich streitig gestaltet - rechtlich allein
abzuwickeln.
Das rechtliche Interesse des Klägers ergab sich aus seiner Mitverpächterstellung.
cc) Der Kläger brauchte im Mahnverfahren auch nicht besonders zum Ausdruck zu
bringen, dass er zugleich einen Anspruch seiner Eltern und der Frau G… geltend macht.
Dies war für die Beklagte aufgrund des vor dem Rechtsstreit geführten Schriftwechsels
ohne weiteres zu erkennen (vgl. BGHZ 78, 1, 6). Der Prozessbevollmächtigte des
Klägers wies in seinem Schreiben vom 09.08.2005, in dem er die Beklagte zur Räumung
aufforderte, darauf hin, dass die Räumung auch gegenüber den Eltern und Frau G…
geschuldete war, namens derer er ebenfalls auftrat (vgl. K4, 52 GA). Der Beklagten war
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geschuldete war, namens derer er ebenfalls auftrat (vgl. K4, 52 GA). Der Beklagten war
deshalb ohne weiteres erkennbar, dass der Kläger die Ansprüche der anderen
Mitverpächter mit verfolgt.
b) Die vormalige Pächterstellung der Beklagten ist unstreitig.
c) Die Rückgabepflicht der Beklagten ist hinsichtlich des Flurstücks 53/2 bereits
rechtskräftig ausgeurteilt und ergibt sich hinsichtlich des Flurstücks 53/1 aus der
Kündigung vom 19.01.1999 (vergleiche Urteil des Landgerichts Potsdam vom
26.03.2002 - 6 S 29/99) und wird von der Berufung auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
d) Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Schadensersatz statt der Leistung
gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB liegen vor. Das zwischen
den Parteien bestehende Schuldverhältnis ergibt sich aus § 546 Abs. 1 BGB (vgl. BGH,
Urteil vom 02.02.2006 - IX ZR 46/05, juris-Tz 16 m.w.N. = NZM 2006, 352). Die Beklagte
hat den daraus folgenden, dem Kläger teilweise bereits rechtskräftig zuerkannten
Anspruch verletzt, indem sie das Grundstück nicht räumte. Wie die Beklagte im Termin
vor dem Landgericht am 10.12.2009 zugestanden hat, befanden sich die Grundstücke
am 15.09.2005 in dem Zustand, wie ihn der Kläger anhand der zur Akte gereichten
Lichtbilder dargestellt hat (vgl. 267 GA).
e) Ihr Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dass die Beklagte ihre
Räumungspflicht schuldlos verletzt hätte, wofür sie darlegungs- und beweisbelastet ist,
lässt sich im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Der Zeuge H…, dessen
Bekundungen die für ihr fehlendes Verschulden beweisbelastete Beklagten sich allenfalls
hätte zu Eigen machen können, hat eine dauerhaft eine Räumung hindernde
Zutrittsbeschränkung der Beklagten nicht bestätigt
f) Das Rechtsanwaltschreiben vom 09.08.2005 enthält eine Fristsetzung nach § 281 Abs.
1 S 1 BGB, abgesehen davon, dass der Umfang der zurückgelassenen Gegenstände
bereits greifbar für eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung (§ 281 Abs. 2
BGB) spricht (vergleiche Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 281, Rn. 14 m.w.N.).
g) Der Klägervortrag zur Höhe des Schadensersatzanspruchs ist allerdings nur teilweise
schlüssig und insoweit ergänzungsbedürftig.
Der Kläger hat undifferenziert die Kosten der Beseitigung sämtlichen Mülls beansprucht.
aa) Eine Abriss- und Entsorgungsverpflichtung der Beklagten hinsichtlich des
Hundezwingers bestand nicht, nachdem das AG Brandenburg diesen Anspruch des
Klägers rechtskräftig verneint hat (vgl. 14, 16, 18 GA). Hieran ist der Senat nach § 322
ZPO gebunden (vgl. Musielak/Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 322, Rn. 10 m.w.N.).
bb) Nach den Bekundungen des Zeugen H… im Termin am 10.12.2009 befand sich Müll
zudem auch auf dem Grundstück 53/3. Dieses war nach unstreitigem Parteivortrag nicht
pachtgegenständlich und insoweit traf die Beklagte keine vertragliche Rückgabepflicht (§
546 BGB) gegenüber ihren Verpächtern.
cc) Der Schadensersatzanspruch des Vermieters ist als Geldanspruch (§§ 249 Abs. 1,
250 S 2 BGB) – nicht anders als bei unterlassenen Schönheitsreparaturen – auf den
Ersatz der für die Räumung erforderlichen Kosten gerichtet. Der Vermieter kann ihn – wie
hier unabhängig von seinen tatsächlichen Aufwendungen – abstrakt berechnen, wobei
die Umsatzsteuer vorliegend entsprechend § 249 Abs. 2 S 2 BGB nur bei tatsächlichem
Anfall erstattungsfähig ist. Als erforderlich sind insoweit nur die notwendigen Kosten
berücksichtigungsfähig, die zumindest nach Aufmaß und Massen hinreichend zu
spezifizieren sind (vgl. Pietz/Leo, in: Lindner-Figura, Geschäftsraummiete, 2. Auflage,
Kap. 16, Rn. 188 mwN).
Hinsichtlich der verbleibenden und jedenfalls anteilig zu berücksichtigenden
Räumungskosten für die Grundstücke 53/1 und 53/2 hat der Kläger den Umfang der
erforderlichen Maßnahmen unter Zeugenbeweis gestellt und für deren Erforderlichkeit
sowie die Ortsüblichkeit und Angemessenheit seiner insoweit geltend gemachten Kosten
Sachverständigenbeweis angeboten.
3. Ansprüche des Klägers aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB) lassen sich
nicht feststellen. Nach den Bekundungen der Zeugin K… und der Zeugin H… hat der
Zeuge K… „alles erledigt“, nicht aber der Kläger (vgl. 239, 240 GA).
4. Gegenüber dem zumindest teilweise dem Grunde nach schlüssigem Klägervorbringen
ist jedenfalls die Hilfsaufrechung (§§ 387 ff BGB) der Beklagten erheblich.
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Nach § 12 Abs. 5 SchuldRAnpG bleiben der Beklagten auch bei verschuldeter
Vertragsbeendigung jedenfalls Bereicherungsansprüche wegen werterhöhender
Maßnahmen. Ihr Vorbringen, sie habe mit ihrem Ehemann den Wert des Grundstücks in
Klageforderung übersteigender Höhe gesteigert, weil aufgrund ihrer Maßnahmen die
Nutzungsart von Ackerland über Erholungsfläche schließlich in Gebäude- und
Gebäudenebenfläche überführt worden sei (vgl. 91, 92 GA), ist zumindest insoweit
schlüssig aus § 12 Abs 5 SchuldRAnpG, als das ehemalige Ackergelände nunmehr
jedenfalls bautechnisch erschlossen ist.
Die Wertsteigerung ist unter Sachverständigenbeweis gestellt (91 GA) und das
Beweisthema erfasst im Ergebnis auch die Wertsteigerung durch bautechnische
Erschließung. Bereicherungsrechtlich ist das Beweisthema indessen zu präzisieren: Nach
allgemeinen Grundsätzen im Gebrauchsüberlassungsrecht richtet sich die Höhe des
Bereicherungsausgleichs des Mieters/Pächters für werterhöhende Maßnahmen bei
vorzeitigem Vertragsende weder nach den tatsächlichen noch nach den
abgeschriebenen Aufwendungen des Mieters, sondern nur nach der Erhöhung des
Ertragswertes des Grundstücks (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-,
Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 1248 m.w.N.).
5. Eine Verjährung der Schadensersatzansprüche (§ 214 BGB) lässt sich derzeit nicht
feststellen.
a) Die sechsmonatige Verjährungsfrist, die - nach Rückerhalt der Sache am 16.09.2005 -
gemäß § 548 Abs. 1 BGB noch nicht abgelaufen war, wurde durch die Zustellung des
Mahnbescheides am 23.12.2005 nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zunächst gehemmt. Der
Kläger war - was für die Hemmung der Verjährung ausreicht (vgl. BGHZ 78, 1, 4 m. N.) -
prozessführungsbefugt, wie bereits oben erörtert.
b) Die Verjährungsfrist war darüber hinaus seit dem 08.03.2007 durch Verhandlungen
der Parteien über den streitgegenständlichen Anspruch gehemmt (§ 203 BGB). Die
Hemmungswirkungen des § 203 BGB und des § 204 BGB bestehen nebeneinander
(Staudinger/Frank Peters/Florian Jacoby (2009), § 203 BGB, Rn. 3). Die Parteien haben im
Termin am 08.03.2007 im Anschluss an die dortigen Erörterungen einer gütlichen
Streitbeilegung keine Anträge gestellt und das Verfahren ruhen lassen, und zwar, wie
sich unabweisbar aufdrängt und wie der Kläger im Übrigen unwidersprochen vorgetragen
hat (vgl. 340 GA), um Verhandlungen über den Anspruch und eine vergleichsweise
Lösung herbeizuführen.
c) Ein Ende der Hemmung aufgrund dieser Verhandlung – etwa dass diese, wofür die
Beklagte als Schuldnerin darlegungs- und beweisbelastet ist, eingeschlafen oder
verschleppt worden wäre – und ein Ablauf der Verjährungsfrist lässt sich derzeit ohne
näheren Vortrag, zu dem die Parteien im zurückgewiesenen Verfahren Gelegenheit
haben werden, nicht feststellen, zumal dem Kläger die dreimonatige Schutzfrist des §
204 Abs. 2 S. 1 BGB zugute kommt, er durch Schriftsatz vom 10.07.2008 das Verfahren
durch Weiterbetreiben wieder aufgenommen (vgl. 188 GA) und hierdurch die Verjährung
abermals gehemmt hat, § 204 Abs. 2 S 3 BGB.
6. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache unter Aufhebung des
Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 S. 1
Nr. 1 ZPO), da das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet
und aufgrund dieses Mangels noch eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme
in Betracht kommt.
a) Das Landgericht hätte auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die
Aktivlegitimation des Klägers für die gesamte von ihm eingeklagte Forderung nicht
annehmen dürfen. Die Parteien haben im Termin am 18.03.2007 unstreitig gestellt, dass
die hier zu beurteilenden Abtretungserklärungen die Schadensersatzansprüche nicht
erfassen (vgl. 183 GA). Hierüber hat sich das Landgericht in seiner Entscheidung
zulasten der Beklagten ohne jede Begründung hinweggesetzt.
Ebenso hätte das Landgericht über Werterhöhungen durch Anpflanzungen und
Mutterbodenaufbringung Sachverständigenbeweis erheben müssen, wie in seinem
Hinweisbeschluss vom 02.04.2009 ausdrücklich angekündigt (vgl. 207 GA); auch insoweit
hat das Landgericht den Beweisantritt der Beklagten im Urteil überraschend und ohne
nachvollziehbare Begründung zu deren Lasten übergangen. Der gesamten Akte lässt
sich kein dokumentiertes Abrücken von der Einstufung des Beklagtenvorbringens als
erheblich entnehmen.
b) Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Sollten die
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b) Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Sollten die
Ansprüche des Klägers unverjährt sein, so dürfte über deren Höhe
Sachverständigenbeweis zu erheben seien, da für eine besondere Sachkunde des
Landgerichts im Urteil keine tragfähigen Umstände ausgeführt sind und die dort vom
Gericht für sich beanspruchten Erfahrungswerte nicht nachvollziehbar dargelegt sind.
Soweit möglicherweise pachtbetroffene Grundstücksteile in der Folgezeit an den Zeugen
H… veräußert wurden, kann dieser nach § 566 Abs. 1 BGB Gläubiger des
Schadensersatzanspruchs wegen Schlechterfüllung des Räumungsanspruches geworden
sein, wenn dieser Anspruch erst nach der Grundbucheintragung fällig geworden ist (BGH,
Beschluss vom 29.09.2004 - XII ZR 148/02, juris-Tz 11 mwN) . Insoweit wäre der Zeuge
H… als Grundstückserwerber in das noch laufende Abwicklungsverhältnis -
möglicherweise als weiterer Mitverpächter – miteingetreten. Die Partei werden, auch
wenn derzeit vieles dafür spricht, dass die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 3, 281 BGB
bereits bei einer Grundbucheintragung des Zeugen H… als Eigentümer möglicherweise
pachtbetroffener Grundstückteils vorgelegen haben, Gelegenheit haben, hierzu
erforderlichenfalls näher vorzutragen.
Die bereits entstandenen Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung der
Räumungskosten bleiben, da es sich bei ihnen um keinen Fall der Naturalrestitution nach
Sachbeschädigung handelt (vgl. hierzu etwa Senat, ZMR 2007, 955), von einer späterer
Veräußerung des vormals zu räumenden Grundstücks unberührt, worauf der Senat
vorsorglich hinweist.
7. Die Kostenentscheidung ist dem Landgericht vorzubehalten.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die
Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner
Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch unentschiedenen Frage abhängt. Sie
gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze
aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher
Rechtsprechung abzuweichen.
Der Gebührenstreitwert für die II. Instanz wird auf bis zu 13.000 € festgesetzt.
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