Urteil des OLG Brandenburg vom 29.06.2007
OLG Brandenburg: rückabwicklung, maschine, rückgabe, beendigung, mangelhaftigkeit, abrede, lieferung, erwerb, leasingvertrag, link
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 158/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 437 Nr 3 BGB, § 280 Abs 1
BGB, § 281 BGB, § 275 BGB, §
313 Abs 3 S 1 BGB
Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts
Potsdam vom 29. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Mangelhaftigkeit einer Softeismaschine in
Anspruch, die von der Beklagten verkauft worden und Gegenstand eines zwischen der
Klägerin und der …-Leasing GmbH geschlossenen Leasingvertrags war.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. an die …-Leasing GmbH, … Konto-Nr. ..., BLZ ... der … Bank AG W., 17.251,74
€ nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 22.2.2007 zu zahlen;
2. an sie 546,49 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 22.2.2007 zu
zahlen;
3. an sie weitere 413,90 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab
22.2.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat durch Urteil des Einzelrichters vom 29.6.2007 die Beklagte
antragsgemäß verurteilt.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 13.7.2007 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am
13.8.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis 10.10.2007 am 9.10.2007 begründet.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 29.6.2007 die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1
ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte zur
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte zur
Erbringung der mit der Klage geltend gemachten Zahlungen verurteilt.
1. Die Beklagte schuldet die Auskehrung des Kaufpreises für die Softeismaschine in
Höhe von 15.689 € aus der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung über die
Rückabwicklung des Kaufvertrages.
a) Es ist als unstreitig anzusehen, dass die Parteien sich über die Rückabwicklung des
Kaufvertrages geeinigt haben. Das hat die Klägerin schon in der Klageschrift vom
5.2.2007 und erneut im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 3.5.2007 vorgetragen. Dabei
erschließt sich aus der von ihr dargelegten Chronologie der Ereignisse, dass die
Vereinbarung im August 2005, und zwar nach dem 17.8.2005, stattgefunden hat. Die
Klägerin führt auf Seite 4 der Klageschrift zunächst zum Gutachten der
Landesuntersuchungsanstalt für … vom 17.8.2005 aus und trägt vor, dass "daraufhin"
die Beklagte sich zur Rücknahme der Maschine und Rückabwicklung des Kaufvertrages
bereit erklärt habe. Aus dem nächsten Satz über den Ablauf von "fast vier" Monaten bis
zum Rücktrittsschreiben vom 12.12.2005 erschließt sich zwingend, dass die Abrede noch
im August 2005 getroffen worden ist.
Das so zu verstehende Vorbringen der Klägerin hat die Beklagte nicht bestritten, sodass
es nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt und es einer näheren Substantiierung
nicht bedarf. Dem Vortrag der Beklagten lässt sich - worauf in der mündlichen
Verhandlung auch hingewiesen worden ist - das Bestreiten der Rückabwicklungsabrede
im August 2005 nicht entnehmen. Soweit sie zur Begründung eines
Verwahrverhältnisses vorträgt, liegt - entgegen ihren Ausführungen in der mündlichen
Verhandlung - darin kein erhebliches Bestreiten. Denn die Beklagte trägt, wie sich aus
ihrem Schriftsatz vom 5.4.2007 und auch aus der Berufungsbegründung vom 9.10.2007
erschließt, ein Verwahr- oder Kommissionsverhältnis für die Rückgabe der Maschine und
das dazu gefertigte Übergabeprotokoll im Mai 2006 vor; im Schriftsatz vom 5.4.2007
führt sie ausdrücklich aus, dass „nachträglich ein Verwahrverhältnis auf sogenannter
Kommissionsbasis … begründet„ worden sei. Damit bezieht sich das Vorbringen nicht
auf Geschehnisse im August 2005, weshalb entgegen der in der mündlichen
Verhandlung für die Beklagte vertretenen Sichtweise darin ein Bestreiten der Abrede
über die Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht erblickt werden kann.
b) Infolge dieser Vereinbarung ist die Beklagte zur Rückgewähr des Kaufpreises für die
Softeismaschine verpflichtet. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin, die
nicht deren Käuferin gewesen ist, die Auskehrung an sich selbst verlangen kann. Denn
sie hat ausdrücklich und bereits in der Klageschrift die Zahlung an die Leasinggeberin
verlangt, wozu das Landgericht die Beklagte auch verurteilt hat. Ihre Stellung als
Leasingnehmerin steht der Aktivlegitimation der Klägerin ohnehin nicht entgegen,
nachdem in § 6 Abs. 2 der Leasingbedingungen die Leasinggeberin die Ansprüche wegen
nicht vertragsgemäßer Leistungen einschließlich des Rechts zum Rücktritt an sie
abgetreten hat.
c) Die Klägerin hat sich des Rechts auf Rückabwicklung des Kaufvertrags auch nicht im
Rahmen der Rückgabe der Eismaschine im Mai 2006 nachträglich begeben. Aus der
Bemerkung in dem Übergabeprotokoll, dass die Maschine zum Weiterverkauf bzw. die
Vermittlung an die Beklagte überführt werde, kann entgegen der Ansicht der Beklagten
nicht die nachträgliche Vereinbarung eines Verwahrungsverhältnisses auf
Kommissionsbasis hergeleitet werden. Denn auch im Rahmen einer Rückabwicklung des
Kaufgeschäfts erfolgt die Rückführung der Kaufsache an den Verkäufer, dem deren
Weiterveräußerung unbenommen ist. Vor diesem Hintergrund kann gemäß §§ 133, 157
BGB der Unterzeichnung des Übergabeprotokolls durch die Klägerin nicht ihre Erklärung
entnommen werden, dass sie im Einvernehmen mit der Beklagten von der zuvor
vereinbarten Rückabwicklung des Vertrags Abstand nehme.
2. Die Beklagte schuldet die Zahlung weiterer 1.562,74 € an die …-Leasing GmbH aus §§
437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB.
a) Der Verkauf der Softeismaschine durch die Beklagte und die Mangelhaftigkeit des
Geräts stehen zwischen den Parteien außer Streit. Die Mangelhaftigkeit hat die Beklagte
in der Berufung zugestanden, indem sie auf Seite 2 der Berufungsbegründung
ausgeführt hat, dass sie das Vorliegen eines Sachmangels nicht in Abrede stellen will.
b) Die Klägerin ist infolge der Abtretung der kaufvertraglichen Ansprüche in § 6 Abs. 2
der Leasingbedingungen zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches
legitimiert. Auch hier stellt sich nicht die Frage, ob sie die Zahlung nur an die
Leasinggeberin oder - auch - an sich selbst verlangen kann, da sie ausschließlich die
Zahlung an die Leasinggeberin geltend macht.
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c) Mit der Lieferung der mangelbehafteten Maschine hat die Beklagte ihre Pflichten aus
dem Schuldverhältnis gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB verletzt, da sie zur Lieferung
eines mangelfreien Geräts verpflichtet gewesen ist.
d) Das Unterbleiben einer Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB ist unschädlich.
Denn es liegt keine nach dieser Vorschrift zu behandelnde Fallgestaltung vor.
§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Anspruch des Gläubigers auf die nicht
gehörig erbrachte Leistung voll wirksam und durchsetzbar besteht (Staudinger/Otto,
BGB, 13. Bearb. 2004, § 281, Rn. B 3). Das ist hier nicht der Fall. Denn die Vereinbarung
der Rückabwicklung des Kaufvertrags hat dazu geführt, dass der Beklagten die
Leistungspflichten aus dem Kaufvertrag nicht mehr abverlangt werden konnten.
Ungeachtet dessen ist die Beklagte nach § 275 Abs. 1 BGB leistungsfrei gewesen,
weshalb es gemäß §§ 275 Abs. 4, 283 BGB einer Fristsetzung nicht bedurft hat (vgl.
Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 283, Rn. 1). Das Unvermögen der Beklagten zur
Erbringung der kaufvertraglich geschuldeten Leistung folgt aus ihrem eigenen
erstinstanzlichen Vorbringen, dass die fehlende Eignung des Desinfektionsmittels U. als
Grund für die Verunreinigung des Speiseeises erst im Nachgang festgestellt worden ist;
das bedeutet umgekehrt, dass nach dem fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch am
10.8.2005 die Beklagte zur Erbringung der gehörigen Leistung nicht in der Lage gewesen
ist, da sie die Ursache für die aufgetretenen Verunreinigungen nicht erkannt hatte und
deshalb den mangelfreien Zustand der Maschine nicht hat herstellen können. Das gilt
auch, soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit eines
Austauschs der Eismaschine angesprochen hat; denn auch ein baugleiches
Austauschgerät hätte im Geschäft der Klägerin mit dem ungeeigneten
Desinfektionsmittel nicht störungsfrei betrieben werden können.
e) Dem Vorbringen der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass sie die
Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu vertreten hat. Es ist unstreitig,
dass sie das ungeeignete Desinfektionsmittel U. zur Verwendung beim Betrieb der
streitgegenständlichen Softeismaschine an die Klägerin veräußert hat. Dass sie dabei
unter Aufbringung der gehörigen Sorgfalt die fehlende Eignung des Mittels nicht
rechtzeitig hätte erkennen können, erschließt sich aus ihrem Vorbringen nicht.
f) Infolge der Pflichtverletzung ist der …-Leasing GmbH ein Schaden in Höhe von
1.562,74 € entstanden, da infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrags auch der
Leasingvertrag nicht fortgeführt werden konnte. Den Schaden aus der vorzeitigen
Beendigung des Leasingvertrags hat die Klägerin bereits in der Klageschrift schlüssig
dargetan, ohne dass die Beklagte dagegen Einwendungen erhoben hat.
3. Darüber hinaus steht der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von
546,99 € aus §§ 313 Abs. 3 Satz 1, 346 Abs. 2 BGB im Hinblick auf das erworbene
Eispulver zu.
a) Der Kauf des Eispulvers zu diesem Preis steht zwischen den Parteien außer Streit.
b) Durch die Rückabwicklung des Kaufvertrags über die Eismaschine und die damit
einher gehende vorzeitige Beendigung des von der Klägerin geschlossenen
Leasingvertrages ist gemäß § 313 Abs. 1 BGB die Geschäftsgrundlage für den Erwerb
des Eispulvers entfallen. Es ist unstreitig, dass die Klägerin das Eispulver zur Verwendung
beim Betrieb der Eismaschine erworben hat. Diese Verwendung kann nach der Rückgabe
des Geräts nicht mehr stattfinden.
c) Eine Anpassung des Vertrags über den Kauf des Eispulvers an die geänderten
Verhältnisse nach der Rückgabe der Eismaschine und der Beendigung der dazu
geschlossenen Verträge ist nicht möglich, sodass der Klägerin gemäß § 313 Abs. 3 Satz
1 BGB ein Rücktrittsrecht zugestanden hat, das sie durch das Schreiben vom
12.12.2005, jedenfalls aber durch die Klageerhebung, ausgeübt hat.
d) Demzufolge ist die Beklagte gemäß § 346 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des
Kaufpreises in Höhe von 546,99 € verpflichtet. Ob die Klägerin im Gegenzug das
Eispulver herauszugeben hat, bedarf keiner Entscheidung, da die Beklagte ein
diesbezügliches Zurückbehaltungsrecht nicht geltend macht.
4. Der Anspruch der Klägerin auf die Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten
beruht auf §§ 280 Abs. 1, 286 BGB.
Die Zinsansprüche bestehen gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543
Abs. 2 ZPO.
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