Urteil des OLG Brandenburg vom 15.02.2008

OLG Brandenburg: grunddienstbarkeit, stadt, eigentümer, einvernehmliche regelung, grundstück, ddr, zugang, einverständnis, grünfläche, rente

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 70/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 116 Abs 1 SachenRBerG, § 118
Abs 1 S 1 SachenRBerG, § 118
Abs 2 Nr 2 SachenRBerG, § 263
BGB
Mitbenutzung eines Grundstücks nach dem
Sachenrechtsbereinigungsgesetz: Ausschluss eines Entgelts nur
bei eindeutigem Einverständnis mit der unentgeltlichen Nutzung
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerinnen und der Beklagten wird das am 15. Februar 2008
verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam – 10 O 297/05 –
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung …
eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks
20/2 der Flur 5 der Gemarkung … das Recht zusteht, den auf dem belasteten
Grundstück (Flurstück 90) befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit
Kopfsteinpflaster befestigten Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten
Lichtbildern ersichtlich) als Zugang und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur
öffentlichen Straße) zu nutzen (Wege- und Überfahrtsrecht), Zug um Zug gegen
Zahlung eines Betrages in Höhe von 15.000,- €.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben,
wobei etwa entstandene Mehrkosten im Zusammenhang mit der Anrufung des sachlich
unzuständigen Amtsgerichts Brandenburg an der Havel die Klägerinnen allein zu tragen
haben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerinnen begehren von der Beklagten auf Grundlage von § 116 des
Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) die Bewilligung einer
Grunddienstbarkeit (Wege- und Überfahrtsrecht).
Die Klägerinnen sind Eigentümer des 3.022 m² großen Flurstücks 20/2 der Flur 5 der
Gemarkung … mit der postalischen Anschrift …-Straße 3. Hierbei handelt es sich um ein
Hinterliegergrundstück, das an seiner östlichen Seite an den … Stadtkanal (Gewässer)
und an seiner westlichen Seite überwiegend an die denkmalgeschützte alte Stadtmauer
der Stadt … grenzt und über keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßenland
verfügt. Das Flurstück 20/2 ist mit einem Wirtschaftsgebäude, einem Schuppen sowie
einer größeren Zahl von Garagen bebaut, die in den 1970er Jahren errichtet wurden. Die
Zuwegung zum Flurstück 20/2 erfolgt von der …-Straße her über einen befestigten Weg
auf dem 215 m² großen Flurstück 90 der Flur 5, das sich im Eigentum der Beklagten
befindet.
Das Flurstück 90 geht auf das 227 m² große frühere Flurstück 20/1 der Flur 5 zurück.
Dieses stand gemeinsam mit dem Flurstück 20/2 im (Mit-)Eigentum des Vaters der
Klägerinnen, W… W…. Auf dem Flurstück 20/1 befand sich ein Wohngebäude, das durch
Einwirkungen des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Auf dem Flurstück 20/2 betrieb
W… W… ein Fuhrgeschäft. Im Zuge der Unternehmungen zum Wiederaufbau der durch
den Zweiten Weltkrieg zerstörten Wohngebäude an der …-Straße (damals: F…straße)
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den Zweiten Weltkrieg zerstörten Wohngebäude an der …-Straße (damals: F…straße)
trat die Stadt … im Jahre 1956 an W… W… mit dem Begehren heran, das Flurstück 20/1
(damals ein Ruinengrundstück) als Grünfläche für die geplante Wohnanlage in Anspruch
zu nehmen. Im Jahre 1963 wurde das Flurstück 20/1 gegen eine Entschädigungszahlung
von 5.790,- M nach dem Aufbaugesetz der DDR zugunsten des Rates der Stadt … in
Anspruch genommen und in Volkseigentum überführt. Im Zusammenhang mit der
Errichtung der Wohnanlage wurde das Flurstück 20/1 gemeinsam mit anderen
Flurstücken zum Flurstück 30/1 vereinigt. In jüngster Zeit wurde im Wege der Teilung des
Flurstücks 30/1 das Flurstück 90 gebildet. Die Fläche des heutigen Flurstücks 90 diente
seit 1963 als Grünfläche für den Wohnungsneubaukomplex. Auf dieser Grünfläche wurde
ein mit Kopfsteinpflaster befestigter, etwa 3 m breiter und etwa 15 m langer Weg
angelegt, der als Zufahrt und Zugang zum Flurstück 20/2 von der …-Straße (ehedem:
F…straße) her dient und benutzt wird.
Nach der Herstellung der deutschen Einheit bemühte sich der Vater der Klägerinnen
erfolglos um die Rückübereignung des heutigen Flurstücks 90 im Wege der Restitution
nach dem Vermögensgesetz (ablehnender – bestandskräftiger – Widerspruchsbescheid
des LARoV vom 18. Februar 1998). Versuche der Parteien, vorgerichtlich eine
einvernehmliche Regelung in Bezug auf das jetzige Flurstück 90 zu erreichen, blieben
ohne Erfolg. Die Klägerinnen bieten das Flurstück 20/2 seit dem Jahre 2005 über die
Maklerfirma M…. für einen Preis von 350.000,- € zum Verkauf an. In dem Maklerexposé
heißt es, dass auf dem Grundstück (20/2) „mehrere abrisswürdige Gebäude [stehen], zu
diesen zählen Garagen, Schuppen und ein ehemaliges Stall- und Wirtschaftsgebäude“.
Die Klägerinnen haben geltend gemacht, die Beklagte sei gemäß § 116
Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) verpflichtet, für den Weg über das
jetzige Flurstück 90 eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen. Bei dem Weg über das jetzige
Flurstück 90 handele es sich um die einzige Erschließungsmöglichkeit für das Flurstück
20/2. Die auf dem Flurstück 20/2 befindlichen Garagen würden auch gegenwärtig noch
von ihnen, den Klägerinnen, selbst sowie von Mietern genutzt. Ein
Entschädigungsanspruch nach § 118 SachenRBerG stehe der Beklagten nicht zu, da die
Stadt … als Rechtsvorgängerin der Beklagten konkludent die dauernde unentgeltliche
Nutzung des Weges gestattet habe. Ein Entschädigungsanspruch der Beklagten belaufe
sich allenfalls auf einen Betrag von 2.835,- € (bzw. 142,- € Rente pro Jahr), da das jetzige
Flurstück 90 wegen seiner geringen Größe und seiner Lage ohnehin nicht bebaubar sei.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Bestellung einer Dienstbarkeit dergestalt zu
bewilligen, dass den Klägerinnen gemäß § 116 SachenRBerG ein Wege- und
Überfahrtsrecht in einer Breite von etwa 3 m und in einer Tiefe von etwa 15 m zum
Erreichen des hinterliegenden Grundstücks mit den aufstehenden hofseitigen Garagen
auf dem Grundstück in …, eingetragen im Grundbuch von …, Gemarkung …, Flur 5,
Flurstück 20/2 zu Lasten des Grundstücks der Beklagten in …, eingetragen im
Grundbuch von …, Gemarkung …, Flur 5, Flurstück 90, zusteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat entgegnet, den Klägerinnen stehe kein Anspruch aus § 116 SachenRBerG zu, da
es an den hierfür nötigen Voraussetzungen fehle. Die auf dem Flurstück 20/2 stehenden
Gebäude und Garagen seien sämtlich abrissreif und würden nicht genutzt; es liege eine
dauernde Nutzungsaufgabe vor und die Klägerinnen wollten das Flurstück 20/2 als
Bauland veräußern, so dass ein Verweigerungsrecht nach § 29 SachenRBerG begründet
sei. Zudem sei ein Anspruch aus § 116 SachenRBerG wegen des bestehenden
Notwegerechts gemäß § 917 BGB, § 119 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen. Jedenfalls
müssten sich die Klägerinnen die Einrede der Entschädigungspflicht nach § 118
SachenRBerG entgegenhalten lassen. Die Bewilligung der Grunddienstbarkeit könnten
die Klägerinnen allenfalls gegen Zahlung eines Entschädigungsbetrages von 15.000,- €
verlangen. Ein nötiges ausdrückliches Einverständnis mit einer dauernden
unentgeltlichen Nutzung des Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 sei nicht erteilt
worden.
Nach Beweiserhebung zur Frage des Umfangs eines Entschädigungsanspruchs nach §
118 Abs.1 SachenRBerG durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-
Ing. U… S… (schriftliches Gutachten vom 17. September 2007 und ergänzende
Befragung im Termin vom 10. Januar 2008) hat das Landgericht Potsdam mit seinem
am 15. Februar 2008 verkündeten Urteil die Beklagte unter Abweisung der
weitergehenden Klage verurteilt, die begehrte Grunddienstbarkeit zu bewilligen Zug um
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weitergehenden Klage verurteilt, die begehrte Grunddienstbarkeit zu bewilligen Zug um
Zug gegen Zahlung einer monatlichen Rente von 75,- € oder eines einmaligen Betrages
von 15.000,- €. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Den Klägerinnen stehe ein Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG zu. Die Nutzung des
befestigten Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 als Überfahrt und Zuweg zum Flurstück
20/2 sei vor dem 2. Oktober 1990 begründet worden. Der Weg sei für die Erschließung
des „gefangenen“ Flurstücks 20/2 erforderlich. Der Anspruch aus § 116 SachenRBerG
komme auch dem Rechtsnachfolger des Stichtagsnutzers zugute. Einreden nach § 29
oder § 117 SachenRBerG kämen nicht zum Zuge. Der Beklagten stehe allerdings die
Einrede der Entschädigungspflicht nach § 118 Abs.1 Satz 1 und 2 Nr.2 SachenRBerG zu.
Hiernach könne die volle Höhe des üblichen Entgeltes verlangt werden, weil die
Klägerinnen das Flurstück 20/2 nunmehr als Bauland verkaufen wollten. Ein
ausdrückliches Einverständnis des jeweiligen Eigentümers des jetzigen Flurstücks 90 mit
einer dauernden unentgeltlichen Nutzung des Weges sei nicht festzustellen, so dass die
Entschädigungspflicht nicht nach § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen sei.
Die Höhe der Entschädigung belaufe sich auf die vom Sachverständigen S… plausibel
dargelegte Höhe von 15.000,- € Einmalbetrag bzw. 75,- € monatliche Rente. Die
hiergegen vorgebrachten Einwände der Klägerinnen im nicht nachgelassenen Schriftsatz
vom 31. Januar 2008 nebst beigefügtem Privatgutachten des Sachverständigen A…
Sch… vom 28. Januar 2008 seien gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren jeweils rechtzeitig eingelegten
und begründeten Berufungen.
Die Klägerinnen halten die vom Landgericht ausgesprochene Entschädigungspflicht nach
§ 118 SachenRBerG für unberechtigt. Sie tragen vor, eine Entschädigungspflicht sei nach
§ 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen, weil die Stadt … und die Beklagte mit
der dauerhaften unentgeltlichen Nutzung des Weges auf dem jetzigen Flurstück 90
einverstanden gewesen seien. Dieser Weg sei auf Kosten der Stadt … angelegt worden
als (weiterer) Ausgleich für die Inanspruchnahme des damaligen Flurstücks 20/1 als
Grünfläche und Sichtfreiheit für den von ihr errichteten Wohngebäudekomplex, damit
W… W… das Flurstück 20/2 weiterhin für seinen Fuhrbetrieb habe nutzen können.
Jedenfalls sei der vom Landgericht zuerkannte Entschädigungsbetrag deutlich überhöht.
Das jetzige Flurstück 90 könne durch Überbauung des befestigten Zuweges fast
vollumfänglich baulich genutzt werden, tatsächlich aber plane die Beklagte ohnehin
keine bauliche Nutzung des jetzigen Flurstücks 90, so dass die Wertminderung dieses
Flurstücks allenfalls mit einem Einmalbetrag von 2.835,- € bzw. einer Jahresrente von
142,- € (bzw. einer Monatsrente von 11,83 €) zu bemessen sei. Das Gutachten des
Sachverständigen S… gehe von falschen Tatsachen aus und sei insgesamt fehlerhaft
und nicht überzeugend.
Die Klägerinnen beantragen,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung … eine Grunddienstbarkeit zu
bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 der
Gemarkung … das Recht zusteht, den auf dem belasteten Grundstück (Flurstück 90)
befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit Kopfsteinpflaster befestigten
Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich) als Zugang
und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur öffentlichen Straße) zu nutzen
(Wege- und Überfahrtsrecht);
hilfsweise,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung … eine Grunddienstbarkeit zu
bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 der
Gemarkung … das Recht zusteht, den auf dem belasteten Grundstück (Flurstück 90)
befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit Kopfsteinpflaster befestigten
Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich) als Zugang
und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur öffentlichen Straße) zu nutzen
(Wege- und Überfahrtsrecht) Zug um Zug gegen Zahlung einer monatlichen Rente von
11,83 € bzw. einer Einmalzahlung in Höhe von 2.835,- €; die Zahlung der ersten
Monatsrente hat dabei Zug um Zug gegen Abgabe der Bewilligung der
Grunddienstbarkeit zu erfolgen; im Übrigen sind die Ausübung des Rechtes und der
Fortbestand der Grunddienstbarkeit aufschiebend bedingt durch die monatliche Zahlung
des Betrages an dem Tage des jeweiligen Folgemonates, der nach dem Tag dem Tag
der ersten Zahlung entspricht, spätestens jedoch jeweils am Letzten des jeweiligen
Monats.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen;
sowie
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage (insgesamt)
abzuweisen;
hilfsweise hierzu,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
zugunsten der Klägerinnen als Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 (Größe: 3.022
m²), Gemarkung …, Grundbuch von …, zu Lasten des Grundstücks der Beklagten in …,
eingetragen im Grundbuch von …, Gemarkung …, Flur 5, Flurstück 90 (Größe: 215 m²),
eine Grunddienstbarkeit in Form eines Wege- und Überfahrtrechts zum Erreichen ihres
hinterliegenden Grundstücks mit den hofseitigen Garagen in einer Breite von 3 m und in
einer Tiefe von etwa 15 m, auf der mit Kopfsteinpflaster befestigten Zuwegung, letztere
verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich, Zug um Zug
gegen Zahlung einer Einmalzahlung in Höhe von 15.000,- € zu bewilligen.
Die Beklagte meint, den Klägerinnen stehe kein Anspruch aus § 116 SachenRBerG zu,
da die auf dem Flurstück 20/2 stehenden Gebäude und Garagen abrissreif seien und die
Klägerinnen das Flurstück 20/2 als Bauland verkaufen wollten. Jedenfalls könne sie, die
Beklagte, dem Klagebegehren den vom Landgericht zuerkannten
Entschädigungsanspruch nach § 118 Abs.1 SachenRBerG entgegenhalten. Der
Ausschlussgrund nach § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG greife nicht durch, weil keine dazu
nötige ausdrückliche Einwilligung in eine dauernde unentgeltliche Nutzung des Weges
erteilt worden sei; hiergegen spreche insbesondere auch die Entschädigung von 5.790,-
M, die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des damaligen Flurstücks 20/1
nach dem Aufbaugesetz der DDR an W… W… gezahlt worden sei. Die Einwände der
Klägerinnen gegen die überzeugende Darlegung des Sachverständigen S… seien gemäß
§§ 296a, 531 Abs.2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Allerdings habe das Landgericht nicht
beachtet, dass sie, die Beklagte, ihr nach § 118 Abs.1 SachenRBerG eröffnetes
Wahlrecht dahin ausgeübt habe, dass sie eine Einmalzahlung von 15.000,- € begehre.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben zur Frage des Umfangs eines Entschädigungsanspruchs
nach § 118 Abs.1 SachenRBerG durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des
Sachverständigen Dipl.-Ing. U… S…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf die schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen S… vom 19. Januar 2009 sowie
auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Juni 2009 Bezug genommen.
II.
1. Die Berufungen der Parteien sind jeweils statthaft und auch im Übrigen zulässig,
insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs.1 und
Abs. 2 Nr.1, §§ 517, 519, 520, § 222 Abs.2 ZPO).
2. Beide Rechtsmittel bleiben in der Sache selbst jedoch weitgehend ohne Erfolg. Das
landgerichtliche Urteil ist lediglich hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur
Bewilligung der verlangten Grunddienstbarkeit – aus Klarstellungsgründen – redaktionell
neu zu fassen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihr Wahlrecht nach §
118 Abs.1 SachenRBerG mit Schriftsatz vom 13. November 2007 dahin ausgeübt hat,
dass sie die Zahlung eines einmaligen Entgeltbetrages begehrt (§ 263 BGB), was das
Landgericht in seinem Urteil nicht beachtet hat.
a) Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Dies gilt
insbesondere für den nach § 13 GVG eröffneten Zivilrechtsweg (s. auch Rechtsgedanke
in § 103 Abs.1 Satz 1 SachenRBerG), der vom Berufungsgericht im Hinblick auf § 17a
Abs.5 GVG freilich ohnehin nicht mehr zu prüfen ist, wenn das erstinstanzliche Gericht –
wie hier – die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges konkludent bejaht hat und der
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten von keiner Partei gerügt worden ist (s. BGH
NJW 2008, S.3572, 3573).
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NJW 2008, S.3572, 3573).
Zwar ist die Fassung des erstinstanzlichen Klageantrags (sowie des Tenors des
landgerichtlichen Urteils) insofern ungenau geraten, als hieraus nicht ganz klar geworden
ist, ob eine Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB) oder eine beschränkte persönliche
Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB) bewilligt werden soll (einerseits: „Grunddienstbarkeit“,
andererseits: „den Klägerinnen“ bzw. „zugunsten der Kläger“). Diese Unklarheit haben
die Klägerinnen mit ihrer vom Senat angeregten Neufassung des Klageantrags durch
Schriftsatz vom 6. Januar 2009 indes behoben; zweifelsohne haben die Klägerinnen von
Beginn an die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit begehrt.
b) Die Klage ist auch begründet, allerdings mit der Maßgabe, dass die Klägerinnen an die
Beklagte im Gegenzuge eine Einmalzahlung von 15.000,- € zu leisten haben. Den
Klägerinnen steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bestellung der begehrten
Grunddienstbarkeit nach § 116 Abs.1 SachenRBerG zu, jedoch nur gegen Zahlung eines
Entgeltes nach § 118 Abs.1 Nr.2 SachenRBerG in Gestalt einer Einmalzahlung (§ 263
BGB) in Höhe von 15.000,00 €.
aa) Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, haben die Klägerinnen gegen die
Beklagte einen Anspruch auf Bestellung (Bewilligung) der begehrten Grunddienstbarkeit
(Wege- und Überfahrtrecht) gemäß § 116 Abs.1 SachenRBerG.
Die Voraussetzungen dieses Anspruchs liegen vor:
Der Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG erfordert nicht, dass der Nutzer eine
bauliche Investition vorgenommen hat; vielmehr kann die Mitbenutzung eines (auch:
unbefestigten) Weges als solche genügen (s. BGHZ Bd.144, S.25, 27 f.; BGH VIZ 2003,
S.385, 386, VIZ 2004, S.193, 194; ZOV 2006, S.119, 121; OLG Naumburg, VIZ 2002,
S.108; s. für einen ähnlichen Fall auch BGH NJW-RR 2008, S.325, 326; vgl. ferner
Toussaint, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, 2007, § 116 SachenRBerG Rdn.7; a.A.
OLG Dresden, VIZ 2000, S.428, 429). Nötig und ausreichend ist eine vor dem 2. Oktober
1990 begründete Mitbenutzung eines fremden Grundstücks, die zwar der zivilrechtlichen
Absicherung entbehrte, aber nach der Verwaltungspraxis oder den typischen
Gegebenheiten in der ehemaligen DDR als rechtmäßig angesehen wurde, so dass die
Mitbenutzung „de facto respektiert“ wurde und ihr ein „faktischer Schutz“ zukam (s.
BGH VIZ 2003, S.385 f.; ZOV 2005, S.29; ZOV 2006, S.119, 120, 121; ZOV 2006, S.129,
130 = NJW-RR 2006, S.960, 962; NJ 2007, S.220 = NJW-RR 2007, S.526; NJW-RR 2008,
S.325, 326; Toussaint, aaO., § 116 SachenRBerG Rdn.10; Münch.Komm.-Smid, BGB,
Bd.6, 4.Aufl.2004, § 116 SachenRBerG Rdn.6). So liegt es auch hier. Die Nutzung des
streitigen Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 wurde unstreitig vor dem 2. Oktober
1990 begründet, und zwar in der 1960er Jahren. Da sich der für die Verbindung des
Flurstücks 20/2 zur öffentlichen Straße genutzte Weg seit 1963 auf einem Grundstück im
Volkseigentum befand, war die zivilrechtliche Absicherung der Mitbenutzung dieses
Weges nicht möglich; der Eintragung eines Wegerechts zu Lasten eines Grundstücks im
Volkseigentum stand § 20 Abs.3 Satz 2 ZGB/DDR strikt entgegen (s. etwa Kommentar
zum ZGB, 1983, § 322 Anm. 1.1.). Gleichwohl war die Benutzung dieses Weges zur
Erreichung des Flurstücks 20/2 nicht nur geduldet, sondern als „rechtmäßig“ angesehen
worden, wie sich schon aus der nachgewiesenen Tatsache ergibt, dass die Stadt … 1973
bis 1975 eine Mehrzahl von Baugenehmigungen für die Errichtung von Garagen auf dem
„gefangenen“ Flurstück 20/2 erteilte; dies hat zwingend die Erreichbarkeit des Flurstücks
20/2 über den hier streitigen Weg vorausgesetzt, da die Garagen sonst sinnlos gewesen
wären. Der Zugang und die Zufahrt zum Flurstück 20/2 über den streitigen Weg auf dem
heutigen Flurstück 90 wurde von den staatlichen Stellen wie selbstverständlich
vorausgesetzt; mehr ist für eine Anerkennung als „rechtmäßig“ nicht erforderlich (s. –
für einen ähnlichen Fall – BGH NJW-RR 2008, S.325, 326).
Die Benutzung des streitigen Weges ist für die Erschließung des im Eigentum der
Klägerinnen stehenden – „gefangenen“ und anderweitig nicht erreichbaren – Flurstücks
20/2 erforderlich im Sinne von § 116 Abs.1 Nr.2 SachenRBerG, und es ist (im Hinblick auf
das damals bestehende Volkseigentum, § 20 Abs.3 Satz 2 ZGB/DDR) unstreitig auch
kein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB/DDR begründet worden (§ 116 Abs.1
Nr.3 SachenRBerG).
Inhaber des Anspruchs nach § 116 Abs.1 SachenRBerG ist nicht nur der Stichtagsnutzer
(hier: der Vater der Klägerinnen), sondern auch sein Rechtsnachfolger oder ein späterer
Erwerber des begünstigten Grundstücks (s. BGH VIZ 2004, S.193, 194; ZOV 2006,
S.119, 120 = NJW-RR 2006, S.958, 959; Toussaint, aaO., § 116 SachenRBerG Rdn.13), im
vorliegenden Fall also (auch) die Klägerinnen.
Ohne Belang für den Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG sind der aktuelle bauliche
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Ohne Belang für den Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG sind der aktuelle bauliche
Zustand der auf dem Flurstück 20/2 befindlichen Bauwerke („abrisswürdig“) und die
geplante Änderung der baulichen Nutzung dieses Grundstücks (Verkauf und
Neubebauung). Da das Flurstück 20/2 weiterhin über den streitigen Weg befahren und
begangen wird, ist dem Erfordernis des Fortbestehens der Mitbenutzung zum Zeitpunkt
der Geltendmachung des Anspruchs (s. dazu Toussaint, aaO., § 116 SachenRBerG
Rdn.12) Genüge getan. Eine Änderung der Nutzung des Flurstücks 20/2 nach dem 2.
Oktober 1990 hindert – wie der Blick auf § 118 Abs.1 Nr.2 SachenRBerG zeigt – den
Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG (dem Grunde nach) nicht. Inhalt und Umfang
der Grunddienstbarkeit bestimmen sich allerdings nach der am 2. Oktober 1990
praktizierten und geduldeten Nutzung, wobei Bedarfssteigerungen unter gewissen
Voraussetzungen berücksichtigt werden können (s. BGH NJW-RR 2008, S.325, 327; s.
auch BGH VIZ 2004, S.193, 194; ZOV 2006, S.119, 121). Unabhängig davon, welche
Gebäude auf dem Flurstück 20/2 noch errichtet werden, wird der streitige Weg
fortdauernd als (einzige) Zuwegung und Verbindung zur öffentlichen Straße genutzt und
auch künftig genutzt werden. Eine „Nutzungsaufgabe“ oder wesentliche
Nutzungsänderung steht demnach nicht in Rede.
Das Verweigerungsrecht nach § 29 SachenRBerG (nicht mehr nutzbare oder genutzte
Gebäude oder bauliche Anlage) gilt, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, nicht
für den Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG. Der Regelung in § 29 SachenRBerG
liegt der Gedanke des Investitionsschutzes zugrunde (s. Smid, aaO., § 29 SachenRBerG
Rdn.2; Vossius, SachenRBerG, 2.Aufl.1996, § 29 Rdn.1; Sannwald, in:
Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht Ost, 2003, § 29 SachenRBerG Rdn.1;
Wilhelms, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, 2005, § 29 Rdn.1);
demgegenüber setzt der Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG keine bauliche
Investition des Nutzers voraus.
Der Anspruch nach § 116 Abs.1 SachenRBerG ist auch nicht gemäß § 119 SachenRBerG
ausgeschlossen; das Notwegerecht nach § 917 BGB reicht für eine anderweitige
rechtliche Gestattung der Mitbenutzung nicht aus (s. BGH NJ 2007, S.220 = NJW-RR
2007, S.526 f.; Toussaint, aaO., § 119 SachenRBerG Rdn.4).
Gründe für ein Verweigerungsrecht nach § 117 SachenRBerG sind weder vorgetragen
noch sonst ersichtlich.
bb) Allerdings kann die Beklagte den Klägerinnen einen Entgeltanspruch nach § 118
SachenRBerG, gerichtet auf Zahlung eines Einmalbetrages von 15.000,- €,
entgegenhalten.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Entgeltpflicht der
Klägerinnen nach § 118 Abs.1 SachenRBerG dem Grunde nach besteht und nicht gemäß
§ 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen ist. Hierzu bedürfte es nämlich im
Hinblick auf die damit verbundene wirtschaftliche Bedeutung und Tragweite eines
ausdrücklichen Einverständnisses des Eigentümers des belasteten Grundstücks mit der
dauernden unentgeltlichen Mitbenutzung seines Grundstücks (so die bislang wohl
überwiegende Ansicht; s. LG Berlin, VIZ 2002, S.586, 588; Toussaint, aaO., § 118
SachenRBerG Rdn.5; Smid, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.10; Eickmann,
Sachenrechtsbereinigung, 2008, § 118 SachenRBerG Rdn.6; a.A. Vossius, aaO., § 118
Rdn.10, 11, der ein schlüssiges Einverständnis mit unentgeltlicher Mitbenutzung
genügen lässt; unklar insoweit: BGH NJ 2007, S.220, 221). Jedenfalls muss ein
Einverständnis mit einer dauernden unentgeltlichen Nutzung nach Ansicht des Senats
eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sein. Ein solches eindeutiges Einverständnis
der Stadt … bzw. der Beklagten mit der dauernden unentgeltlichen Mitbenutzung des
jetzigen Flurstücks 90 durch die Eigentümer und Nutzer des Flurstücks 20/2 ist indes
nicht festzustellen. Der unstreitige Umstand, dass für die Inanspruchnahme des
damaligen Flurstücks 20/1 (227 m²) im Jahre 1963 eine Entschädigung von immerhin
5.790,- M gezahlt wurde, und die Behauptung der Klägerinnen, dass der streitige Weg
auf Kosten der Stadt … angelegt und mit Pflastersteinen befestigt worden sei, sprechen
dagegen, dass der Eigentümer des jetzigen Flurstücks 90 dauerhaft ohne jeglichen
Anspruch auf Entschädigung für die Nutzung seines Grundstücks bleiben sollte und
wollte. Denn danach hat der Eigentümer des jetzigen Flurstücks 90 für den Erwerb dieses
Grundstücks und die Wegbefestigung erhebliche finanzielle Mittel aufgewandt, obgleich
dieses Grundstück nur als Grünfläche und Sichtfreiheit genutzt worden ist und (wohl bis
auf weiteres) weiterhin genutzt werden wird, und es entspräche danach nicht seinem
wirtschaftlichen Interesse, die – bei derzeitiger Lage einzige wirtschaftlich relevante –
Nutzung des jetzigen Flurstücks 90 als Verbindung des Flurstücks 20/2 mit der
öffentlichen Straße für jede Zukunft entgeltlos hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund
kommt der Tatsache allein, dass in der Vergangenheit keine Nutzungsentgelte gefordert
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kommt der Tatsache allein, dass in der Vergangenheit keine Nutzungsentgelte gefordert
worden sind und die entgeltlose Nutzung des streitigen Weges geduldet wurde, kein
Gewicht zu, das für die Erfordernisse des Anspruchsausschlusses nach § 118 Abs.2 Nr.2
SachenRBerG genügen würde. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der
Entgeltanspruch nach § 118 Abs.1 SachenRBerG erst mit der Bestellung der
Dienstbarkeit fällig wird und folglich auch erst dann – und nicht zu einem früheren
Zeitpunkt – eine Zahlungspflicht des Nutzers begründet wird.
Die Entgeltpflicht nach § 118 Abs.1 SachenRBerG besteht gemäß § 118 Abs.1 Satz 2
Nr.2 SachenRBerG in der vollen Höhe des üblichen Entgelts, da die Klägerinnen das
Flurstück 20/2 nicht mehr als Garagen- und Gewerbegrundstück nutzen, sondern als
Bauland zum Zwecke der Neubebauung verkaufen wollen. Dies hat das Landgericht
dargelegt und haben die Parteien nicht beanstandet.
Die Höhe des üblichen Entgelts bestimmt sich nach der Minderung des Ertrags- bzw.
Verkehrswertes, die das betroffene Grundstück durch die Bestellung der Dienstbarkeit zu
eben diesem Zeitpunkt erfährt (s. OLG Dresden, VIZ 2000, S.428, 430; Toussaint, aaO.,
§ 118 SachenRBerG Rdn.9; Smid, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.5; Vossius, aaO., § 118
Rdn.8; Heller, in: Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht Ost, 2003, § 118
SachenRBerG Rdn.6, 11). Dabei steht dem Eigentümer des zu belastenden Grundstücks
ein Wahlrecht im Sinne der §§ 262 ff. BGB zu, ob das Entgelt als monatliche Rente oder
als Einmalzahlung geleistet werden soll (s. Toussaint, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.10;
Vossius, aaO., § 118 Rdn.4). Die Beklagte hat mit ihrer Berufung zu Recht darauf
hingewiesen, dass sie dieses Wahlrecht mit Schriftsatz vom 13. November 2007 dahin
ausgeübt hat, dass sie die Zahlung eines einmaligen Entgeltes begehrt (§ 263 BGB);
dies hat das Landgericht nicht beachtet und ist daher nunmehr im Urteilsausspruch zum
Ausdruck zu bringen.
Nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen S… beläuft sich die mit der
Bestellung der Grunddienstbarkeit verbundene Minderung des Wertes des jetzigen
Flurstücks 90 – und damit auch: die Höhe der von den Klägerinnen zu leistenden
Einmalzahlung an die Beklagte – auf einen Betrag von 15.000,- € (§ 286 ZPO).
Der Sachverständige S… hat den Betrag von 15.000,- € unter Annahme eines –
unstreitigen – Bodenverkehrswertes von 180,- €/m² (insgesamt also: 39.000,- € = 215
m² x 180,- €/m²) und einer Wertminderung von insgesamt 37,5% ermittelt; diese
Wertminderung hat er differenziert und gewichtet nach den Aspekten der Bebaubarkeit,
der Lage, der Nutzung der Außenanlagen und des Geltungswertes des Flurstücks 90
vorgenommen. Der Sachverständige hat eine Beeinträchtigung der möglichen baulichen
Nutzbarkeit des jetzigen Flurstücks 90 dargelegt und dies insbesondere in seiner
persönlichen Anhörung und Befragung vor dem Senat am 4. Juni 2009 näher erläutert.
Danach handelt es sich bei dem Flurstück 90 – nach Auskunft des Stadtplanungsamtes
der Stadt … – um Wohnbauland im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB), das
rechtlich und tatsächlich trotz der geringen Größe von 215 m² einer Wohnbebauung
zugänglich ist. Die sonach mögliche Bebaubarkeit wird nach den plausiblen
Ausführungen des Sachverständigen durch das verlangte Wegerecht
(Grunddienstbarkeit) erheblich beeinträchtigt, insbesondere hinsichtlich der –
wirtschaftlich gewichtigen – Erdgeschossbebauung. Die derzeit fehlende
Bebauungsabsicht der Beklagten habe keinen Einfluss auf die Ermittlung der Minderung
des (aktuellen) Verkehrswertes, da es hierfür allein auf die mögliche und zulässige
Bebaubarkeit des Grundstücks ankomme. Unter Mitberücksichtigung der ergänzenden
Erläuterungen des Sachverständigen S… vermögen die Einwände der Klägerinnen, die
sie auf die – sehr knapp gehaltenen – Ausführungen im Privatgutachten des
Sachverständigen A… Sch… vom 28. Januar 2008 stützen, die Überzeugungskraft der
Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erschüttern. Dabei ist auch zu
berücksichtigen, dass der Sachverständige S… nur einen Teil der von ihm ermittelten
Wertminderung (15%/37,5%) aus der Beeinträchtigung der Bebaubarkeit des Flurstücks
90 herleitet und den weiteren – überwiegenden – Teil der Wertminderung (22,5%/37,5%)
aus anderen, unterschiedlich gewichteten Gesichtspunkten (Lage, Nutzung für
Außenanlagen, Geltungswert), wohingegen das Privatgutachten des Sachverständigen
Sch… allein auf den Aspekt der (Beeinträchtigung der) Bebaubarkeit eingeht.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs.1, § 281 Abs.3
Satz 2, § 100 Abs.1 ZPO sowie auf § 708 Nr.10 ZPO. Von der Anordnung einer
Abwendungsbefugnis nach § 711 Satz 1 ZPO hat der Senat abgesehenen, weil dieses
Urteil vor Eintritt seiner Rechtskraft keiner der Parteien die Zwangsvollstreckung gegen
die jeweils andere Partei eröffnet (§ 894 Abs.1, § 726 Abs.1 und 2 ZPO; § 92 Abs.1 ZPO).
Angesichts der nach dem Erkenntnisstand des Senates höchstrichterlich nicht geklärten
50 Angesichts der nach dem Erkenntnisstand des Senates höchstrichterlich nicht geklärten
Rechtsfrage, welche Anforderungen für die Annahme eines Einverständnisses des
Eigentümers mit einer (unentgeltlichen) Mitbenutzung seines Grundstücks im Sinne von
§ 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG zu beachten sind, lässt der Senat die Revision zum
Bundesgerichtshof zu; zu dieser – grundsätzlich bedeutsamen – Rechtsfrage erscheint
eine Entscheidung des Revisionsgerichts zum Zwecke der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs.2 Satz 1 Nr.1 und 2 ZPO).
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