Urteil des OLG Brandenburg vom 12.02.2007

OLG Brandenburg: rechtliches gehör, aussetzung, strafverfahren, verdacht, straftat, hauptsache, strafanzeige, bestandteil, quelle, sammlung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 W 9/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 149 ZPO, § 252 ZPO, § 123
BGB, § 164 StGB
Aussetzung eines Zivilprozesses wegen des Verdachts einer
Straftat
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam -
Einzelrichter - vom 12.02.2007, Az.: 8 O 491/06, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthafte und zulässige sofortige
Beschwerde bleibt in der Sache aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses vom 14.03.2007 ohne Erfolg.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist der Aussetzungsbeschluss lediglich auf
Verfahrensfehler, das formelle Vorliegen eines Aussetzungsgrundes und
Ermessensfehler zu überprüfen (Musielak-Stadler, ZPO, 5. Aufl., § 252 Rn 4). Das
Beschwerdegericht ist demgegenüber nicht befugt, die für die Aussetzung maßgebliche
materiellrechtliche Würdigung des Gerichts der ersten Instanz zu prüfen (Thüringer
Oberlandesgericht, OLG-NL 2001, 238 m.w.N.; OLG Düsseldorf, OLGR 1998, 83; OLG
Hamm, MDR 1977, 761; Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 252 Rn 3). Danach sind im
Streitfall Fehler bei der Aussetzung der Verhandlung nach § 149 ZPO nicht ersichtlich.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Verdacht einer Straftat
vorliegt. Es genügt, dass die Ermittlung im Strafverfahren von tatsächlichem Einfluss auf
die zivilrechtliche Entscheidung ist; diesen Zusammenhang hat das Landgericht in
Bezug auf die von der Beklagten behaupteten Voraussetzungen einer Anfechtung nach
§ 123 Abs. 1 BGB zu Recht bejaht. Soweit der Kläger die Beklagte für unglaubwürdig und
ihren Vortrag für unwahrscheinlich hält, handelt es sich um Fragen, die erst im Rahmen
einer Beweisaufnahme Bedeutung erlangen können. Dass die Aufnahme von
Ermittlungen nicht die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten belegt, liegt auf der Hand;
die Ermittlungen sollen die - auch für das Zivilverfahren erheblichen - Tatsachen
vielmehr gerade erst klären.
Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht deshalb in verfahrensfehlerhafter Weise
ergangen, weil die vom Landgericht angeforderten Ermittlungsakten nicht vorlagen. Für
die Aussetzung nach § 149 ZPO reicht es aus, dass sich der Verdacht einer Straftat
ergibt; dieser Verdacht ist durch die unstreitig aufgenommenen Ermittlungen
dokumentiert. Worauf die Ermittlungen zurückgehen, insbesondere ob sie nur aufgrund
der Angaben des vorgeblich Geschädigten aufgenommen wurden, ist im Rahmen von §
149 ZPO nicht maßgeblich.
Das erstinstanzliche Gericht hat von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei
Gebrauch gemacht, indem es die besseren Erkenntnismöglichkeiten und Vorteile bei der
Beweiserhebung im Strafverfahren gegen die bei Aussetzung zu erwartende
Verfahrensverzögerung abgewogen hat.
Dass dem Kläger mit der Aussetzung der Verhandlung seine Rechtsdurchsetzung in
unvertretbarer Weise erschwert würde, ist nicht erkennbar. Die mit der Aussetzung
eventuell verbundene - und durch § 149 Abs. 2 ZPO zeitlich begrenzte - Verzögerung
wird regelmäßig durch bessere Erkenntnismöglichkeiten des Strafverfahrens
aufgewogen. Soweit der Kläger geltend macht, die Durchsetzung seiner zivilrechtlichen
Ansprüche hänge nunmehr von einem Strafverfahren ab, an dem er nicht beteiligt ist,
führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Unabhängig von der Frage, ob und unter
welchen Umständen der Kläger in dem Strafverfahren Akteneinsicht nehmen könnte,
ändert die Verfahrensaussetzung nichts daran, dass ihm in Bezug auf
entscheidungserhebliche Fragen rechtliches Gehör zu gewähren ist. Seine Annahme, es
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entscheidungserhebliche Fragen rechtliches Gehör zu gewähren ist. Seine Annahme, es
könnte generell erfolgversprechend sein, sich gegen vertragliche Ansprüche unter
Hinweis auf angebliche Drohungen Dritter zu verteidigen und nachträglich Strafanzeige
zu erstatten, berücksichtigt nicht, dass damit u.a. der Straftatbestand der falschen
Verdächtigung, § 164 StGB, verwirklicht würde.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt, weil die Ausgangsentscheidung des Landgerichts
als Teil der Hauptsache keine Kostenentscheidung enthalten durfte und das
Beschwerdeverfahren deshalb nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens darstellt (BGH
MDR 2006, 704; Zöller-Greger aaO).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde i.S.v. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1,
Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
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