Urteil des OLG Brandenburg vom 29.05.2009
OLG Brandenburg: treu und glauben, geschäftsführung ohne auftrag, gegenleistung, missverhältnis, kaufpreis, erbengemeinschaft, erblasser, kaufvertrag, besonders verwerfliche gesinnung, minderung
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 117/08, 5 U 94/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 138 BGB, § 242 BGB, § 326
Abs 1aF BGB, § 677 BGB, § 683
BGB
Wucherähnliches Grundstücksgeschäft: grobes Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung; Darlegunglast hinsichtlich
der subjektiven Voraussetzungen
Tenor
Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 bis 7 werden – unter gleichzeitiger Zurückweisung
der Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Landgerichts Potsdam vom 29.
Mai 2009 – Az. 12 O 113/07 – das Teilurteil des Landgerichts Potsdam vom 5. Mai 2008
insgesamt und das Schlussurteil des Landgerichts Potsdam vom 29. Juni 2009 teilweise
abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1 bis 7 werden verurteilt als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.500,00
€ nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.
Januar 2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 642.287,25 €
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zu 1 bis 7 aus einem im Jahre
1994 geschlossenen Grundstückskaufvertrag noch vier verbleibende Grundstücke an die
Klägerin aufzulassen, um Zahlungsansprüche der Klägerin wegen Minderung des
Kaufpreises und Erstattung von Aufwendungen sowie um die Feststellung, dass die
Beklagten zum Ersatz aller Schäden verpflichtet sind, die aus der verspäteten
Auflassung resultieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen
in den angefochtenen Entscheidungen des Landgerichts Potsdam vom 5. Mai 2008
(Teilurteil) und 29. Mai 2009 (Schlussurteil) Bezug genommen.
Das Landgericht hat zunächst mit Teilurteil vom 5. Mai 2008 die Beklagten zu 1 bis 7
verurteilt, an der Auflassung des jeweiligen hälftigen Miteigentumsanteils der im
Grundbuch von … Blatt 309 eingetragenen Grundstücke der Flur 2, Flurstücke 320, 321,
323 und 325 (Klageantrag zu 1) neben der weiteren Miterbin und Streitverkündeten R…
H… mitzuwirken. Der Klageantrag, so das Landgericht, sei hinsichtlich des
Auflassungsbegehrens dahingehend auszulegen, dass die Klägerin, die die Klage nur
gegen diejenigen Miterben erhoben habe, die der Auflassung der Miteigentumshälften
an den streitgegenständlichen Grundstücken entgegengetreten seien, die Verurteilung
der Beklagten zur Mitwirkung bei der von allen Miterben vorzunehmenden Verfügung
erreichen wolle. Der unmittelbare Vollzug der Auflassung sei wegen § 2040 BGB eine
gemeinschaftliche Schuld, die nur von allen Miterben gemeinsam erfüllt werden könne.
Die Klägerin habe gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Mitwirkung bei der von
allen Miterben zu erklärenden Auflassung der Miteigentumsanteile. Die Voraussetzungen
gem. § 4 Ziffer 6 des Vertragsangebotes vom 4. August 1994 lägen vor. Unstreitig
befänden sich alle zur vertragsgerechten Eigentumsumschreibung erforderlichen
Unterlagen beim Notar und entgegen der Ansicht der Beklagten werde von Seiten der
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Unterlagen beim Notar und entgegen der Ansicht der Beklagten werde von Seiten der
Klägerin inzwischen mit der Zahlung von insgesamt 716.349,16 DM (= 366.263,51 €) der
vollständige Kaufpreis hinterlegt. Dabei gehe das Gericht davon aus, dass wegen der
Nichtübertragung des Flurstückes 317 eine Minderung in Höhe von 44.270 €
entsprechend dessen Grundstücksgröße im Verhältnis zur Gesamtkaufsumme von
800.000 DM für 9.831 m² gerechtfertigt sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne
nicht festgestellt werden, dass im Vorfeld der Übertragung des Flurstücks 313 eine vom
Kaufvertrag abweichende Vereinbarung getroffen worden sei, wonach für dieses
Grundstück ein höherer anteiliger Kaufpreis zu zahlen sei. Eine Zahlung des Kaufpreises
in Erfüllung des Vertrages durch die Klägerin sei entgegen der Ansicht der Beklagten
auch im November 2007 noch möglich gewesen. Dabei könne dahinstehen, ob das
Schreiben vom 19. Mai 2007 im Lichte des § 2040 BGB eine wirksame Fristsetzung
enthalte. Selbst wenn man mit den Beklagten davon ausginge, dass die vertraglich
vorgesehene Fristsetzung keine Gestaltungswirkung habe, so habe doch für die Klägerin
bis zur wirksamen Ausübung des Rücktrittsrechts, das als solches nur durch alle
Miterben erklärt werden könne, die Möglichkeit bestanden, durch Leistung des
Kaufpreises den etwaigen Verzug zu beenden, wodurch das zunächst bestehende
Rücktrittsrecht der Miterben nachträglich entfiele. Hieran ändere auch die einmal
erklärte Aufrechnung mit den von der Klägerin behaupteten Zahlungsansprüchen
(Umsiedlungskosten, Notarkosten, Kaufpreisminderung) nichts. Die Aufrechnung sei
zwar unwiderruflich und führe, soweit sie Erfolg habe, zum Erlöschen des
Gegenanspruches. Eine trotz Aufrechnung geleistete weitere Zahlung diene gleichwohl
der Erfüllung des Kaufpreisesanspruches. Wenn und soweit sich im Nachhinein eine
Überzahlung herausstelle, könnten Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden.
Mit Schlussurteil vom 29. Mai 2009 hat schließlich das Landgericht der weiteren Klage
teilweise entsprochen und die Beklagten als Gesamtschuldner unter Zurückweisung der
Zahlungsklage (Klageantrag zu 2) im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 1.500 € nebst
Zinsen seit dem 16. Januar 2008 zu zahlen. Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass
die Beklagten verpflichtet seien, der Klägerin als Gesamtschuldner sämtliche Kosten,
Schäden und Aufwendungen zu erstatten, die aus der unterlassenen Zustimmung zur
Auflassung der Flurstücke 320, 321, 323 und 325 künftig entstehen werden; die
weitergehende Feststellungsklage hat das Landgericht als unzulässig abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagten
als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz von 1.500 €, die sie zur
Lastenfreistellung aller kaufvertragsgegenständlichen Grundstücke an den Notar gezahlt
habe.
Ein Anspruch auf Erstattung verauslagter Kosten für die Absiedlung der Kleingärtner
stehe der Klägerin dagegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein solcher
Erstattungsanspruch ergebe sich insbesondere nicht aus den §§ 434, 440, 326 BGB a. F.
i. V. m. §§ 4 Ziffer 1 und 6 Ziffer 3 des Kaufvertrages. Zwar seien die Beklagten ihrer
kaufvertraglichen Verpflichtung zur Übergabe des Grundstückes frei von
Nutzungsberechtigten nicht nachgekommen, so dass ein Rechtsmangel bezüglich dieser
Grundstücke vorläge. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin sei gleichwohl nicht
gegeben, da die Voraussetzungen des § 326 BGB a. F. nicht vorlägen. Voraussetzung für
einen solchen Schadensersatzanspruch sei nämlich eine Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung hinsichtlich der geschuldeten Absiedlung. Eine solche könne nicht
festgestellt werden; es könne auch nicht festgestellt werden, dass die grundsätzlich
erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ausnahmsweise entbehrlich
gewesen sei. Zwar käme dies in Betracht, wenn die Beklagten die Erfüllung der ihnen
obliegenden Verpflichtungen vor der durch die Klägerin durchgeführten Absiedlung
ernsthaft und endgültig verweigert hätten. Eine solche endgültige Erfüllungsverweigerung
ergebe sich aber weder aus dem von der Klägerseite zitierten Schreiben vom 18. Januar
2000, noch aus dem weiteren klägerischen Vortrag bzw. dem prozessualen Verhalten
der Beklagten. Die Äußerung des Herrn R. im Schreiben vom 18. Januar 2000, worin er
erkläre, dass seiner Auffassung nach durch den Ergänzungs- und Präzisierungsvertrag
eine Lastenfreistellung durch die Klägerin vorzunehmen sei, sei letztlich als Äußerung
rechtlicher Zweifel einzuordnen. Als endgültige Erfüllungsverweigerung im Namen aller
Mitwirkenden könne dieses Schreiben nicht verstanden werden. Auch das weitere
Verhalten der Beklagten sowie die Stellung des Klageabweisungsantrages im
vorliegenden Verfahren könnten eine endgültige Erfüllungsverweigerung nicht
begründen.
Ansprüche der Klägerin auf Aufwendungsersatz aus §§ 626, 670 BGB bestünden
hinsichtlich der Absiedlungskosten nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei eine
Beauftragung zur Absiedlung der Kleingärtner auf Kosten der Beklagten weder dem
Schreiben vom 20. Oktober 1998 noch dem Schreiben vom 18. Januar 2000 zu
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Schreiben vom 20. Oktober 1998 noch dem Schreiben vom 18. Januar 2000 zu
entnehmen. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. § 812 BGB kämen nicht
in Betracht, weil die kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften als Sonderregelungen
insoweit abschließend seien.
Einen Kaufpreisminderungsanspruch aus § 6 Abs. 2 des notariellen
Grundstückskaufvertrages könne die Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen.
Ein solcher Anspruch sei jedenfalls nach § 162 BGB ausgeschlossen. Diese Vorschrift
enthalte den allgemeinen Rechtsgedanken, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig
herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten dürfe. Dies sei vorliegend der Fall. Durch die
von der Klägerin getroffene Vereinbarung mit den Kleingärtnern und den Abschluss des
städtebaulichen Vertrages habe die Klägerin es geschafft, die streitgegenständlichen
Flurstücke zumindest teilweise zu Bauland werden zu lassen. Dabei sei auch das
Flurstück 321 zu Bauland geworden, das nach der kaufvertraglichen Vereinbarung
Grünfläche gewesen sei. Eine Preiserhöhung habe dies nach der Parteivereinbarung
nicht zur Folge gehabt, so dass sich hieraus für die Klägerin erhebliche Vorteile ergäben.
Aus der weiter getroffenen Vereinbarung, dass dafür Teile der ursprünglich als Bauland
vorgesehenen Flurstücke 323 und 325 Kleingartenflächen werden sollten, könne die
Klägerin Minderungsansprüche nicht herleiten, weil dieser Umstand allein ihrer
Intervention geschuldet gewesen sei. Diese einseitige Vorteilsnahme führe nach
Abwägung der beiderseitigen Interessen zu einem Ausschluss des geltend gemachten
Minderungsanspruchs aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.
Der Feststellungsantrag sei hinsichtlich der Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz
künftig entstehender Schäden zulässig. Der Klägerin stehe ein besonderes
Feststellungsinteresse zu. Hier sei es insbesondere nicht möglich, zum jetzigen
Zeitpunkt die konkrete Höhe des aus der Weigerung der Beklagten, die Auflassung zu
erklären, noch entstehenden Schadens abschließend zu berechnen. Hinsichtlich bereits
entstandener Schäden sei der Feststellungsantrag hingegen unzulässig, da diese
Schäden hätten beziffert werden können und damit durch vorrangige Leistungsklage
verfolgbar gewesen seien. Der Feststellungsantrag der Klägerin sei hinsichtlich der
künftigen Schäden auch begründet, da zumindest nicht auszuschließen sei, dass ihr ein
Schaden in Form von entgangenem Gewinn entstehen werde.
Gegen das ihnen am 13. Mai 2008 zugestellte Teilurteil des Landgerichts Potsdam vom
5. Mai 2008 haben die Beklagten mit am 11. Juni 2008 bei dem Brandenburgischen
Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 8.
Juli 2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Gegen das ihnen am 5. Juni 2009 zugestellte Schlussurteil des Landgerichts Potsdam
vom 29. Mai 2009 haben die Beklagten mit am 29. Juni 2009 bei dem
Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt
und diese mit am 23. Juli 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 4. Juni 2009 zugestellte Schlussurteil des Landgerichts
Potsdam vom 29. Mai 2009 mit am 24. Juni 2009 bei dem Brandenburgischen
Oberlandesgerichts eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach
entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, mit am 3. September
2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Unter Ergänzung und Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens begehren die
Beklagten die vollständige Abänderung des Teilurteils sowie die teilweise Abänderung
des Schlussurteils. Ergänzend machen sie geltend, die verspätete Hinterlegung des
Kaufpreises nach erfolgter Fristsetzung habe nicht mehr zur Erfüllung der
Kaufpreissumme führen können. Es fehle insoweit bereits an einer hinreichenden
Begründung in dem angefochtenen Teilurteil, die Verweisung auf eine Kommentarstelle
im Münchner Kommentar genüge insoweit nicht, zumal die Frage, ob das nebeneinander
bestehende Recht des Gläubigers, Erfüllung zu verlangen oder vom Vertrag
zurückzutreten, durch eine nachträgliche Leistung des Schuldners beeinträchtigt werden
könne, in der Literatur umstritten sei. Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu fehle,
der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 20. Januar 2006 (NJW 2006,
1198) diese Frage gerade offen gelassen.
Der Klägerin sei die Marktlage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im
Jahre 1994 bestens bekannt gewesen. Von einer Angemessenheit des ausgehandelten
Kaufpreises in Höhe von 800.000 DM könne danach nicht ausgegangen werden, der
Bodenrichtwert habe nach den eigenen Angaben der Klägerin seinerzeit bei 900 DM pro
m² gelegen. Die veräußerten Flurstücke hätten danach einen Wert von 4 Millionen DM
zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages besessen. Die Beklagten fühlten sich
in mehrfacher Hinsicht hintergangen, für sie sei ein Festhalten an einer
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in mehrfacher Hinsicht hintergangen, für sie sei ein Festhalten an einer
Vertragsdurchführung wegen des zu Tage getretenen treuwidrigen Verhaltens der
Klägerin nicht mehr zumutbar. Die erhobene Feststellungsklage unterliege hinsichtlich
des Feststellungsinteresses bereits rechtlichen Bedenken. Die bloße Möglichkeit eines
Schadenseintrittes genüge nur bei der Verletzung eines absoluten Rechtes.
Demgegenüber hänge bei reinen Vermögensschäden, wie hier, bereits die Zulässigkeit
der Feststellungsklage von der substantiiert darzulegenden Wahrscheinlichkeit eines auf
die Vertragsverletzung zurückzuführenden Schadens ab (BGH NJW 2006, 830, 832). Es
sei auch zu beachten, dass zum Zeitpunkt der Hinterlegung eines weiteren
Kaufpreisanteils in Höhe von 96.951,30 € ein Anspruch gegen die Beklagten auf
Mitwirkung an der begehrten Auflassung mangels Fälligkeit noch gar nicht bestanden
habe.
Im Übrigen verteidigen die Beklagten die angefochtene Entscheidung.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 25. August 2010 haben die Beklagten nochmals
bestritten, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Verwertung des Flurstücks 313
Aufwendung für Planung und Umsetzung für das Erreichen der Baulandqualität gehabt
habe. Das Flurstück 313 habe vielmehr bereits bei Abschluss des notariellen
Kaufvertrages Baulandqualität besessen. Das Flurstück 313 sei bis auf eine Restfläche
von 800 m² zu einem Kaufpreis von 1,5 Millionen Euro veräußert worden. Hiervon habe
die Klägerin 750.000 € erhalten. Der Wert der Restgrundstücke 320, 321, 323 und 325
betrage rund 1 Million €. Diesen Betrag habe die Klägerin selbst so beziffert. In ihrem
Schriftsatz vom 22. April 2008 führe sie aus, der Gesamtwert allein des Flurstücks 323
mit einer Größe von 1.173 m² und des Flurstücks 325 mit einer Größe von 1.157 m²
habe im Jahre 1994 als Bauland mit einer GFZ von 0,4 1.071.800,00 Euro betragen.
Gleichzeitig versuche sie vorzurechnen, dass der tatsächliche Wert des hälftigen
Miteigentumsanteils an diesen Parzellen nur 3.004,86 € betragen habe. Es zeige sich
hieran, dass die Klägerin je nach Zusammenhang unterschiedliche Behauptungen über
den Grundstückswert aufstelle, je nachdem, ob es um die Darlegung eines
angemessenen Kaufpreises oder um die Berechnung von eigenen
Minderungsansprüchen gehe.
Das Vorbringen zu möglichen künftigen Schäden sei verspätet.
Die Beklagten zu 1 bis 7 beantragen,
unter Abänderung des Teilurteils vom 5. Mai 2008 die Klage hinsichtlich des
Klageantrages zu 1. abzuweisen,
unter teilweiser Abänderung des Schlussurteils des Landgerichts Potsdam vom
29. Mai 2009 die Feststellungsklage (Klageantrag zu 3.) insgesamt abzuweisen
und
die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Landgerichts Potsdam
vom 29. Mai 2009 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 1 bis 7 gegen das Teilurteil des Landgerichts
Potsdam vom 5. Mai 2008 und gegen das Schlussurteil vom 29. Mai 2009
zurückzuweisen und
unter teilweiser Abänderung des Schlussurteils des Landgerichts Potsdam vom
29. Mai 2009 die Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 183.358,25 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen
sowie festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
der Klägerin sämtliche Kosten, Schäden und Aufwendungen zu erstatten, die aus der
unterlassenen Zustimmung zur Auflassung der Flurstücke 320, 321, 323 und 325
entstanden sind und künftig entstehen werden,
hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Landgericht Potsdam zurückzuverweisen
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres Vorbringens macht die Klägerin geltend, das
Landgericht habe fehlerhaft einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 326 BGB a. F.
hinsichtlich der „Absiedlungskosten“ abgelehnt. Das Landgericht habe übersehen, dass
die Beklagten insoweit die Leistung endgültig verweigert hätten, eine Fristsetzung mit
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die Beklagten insoweit die Leistung endgültig verweigert hätten, eine Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung daher entbehrlich gewesen sei. Jedenfalls stehe der Klägerin ein
Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 667 BGB zu. In dem Schreiben vom 18.
Januar 2000 sei eine ausdrückliche Beauftragung durch die Beklagten zu sehen.
Das Landgericht verkenne weiterhin rechtsfehlerhaft, dass der Klägerin ein
Minderungsanspruch in Höhe von 95.151,30 € nach § 6 Abs. 2 des notariellen Vertrages
zustehe. Die Flurstücke 323 und 325 seien im Entwurf des Bebauungsplanes von 1994
als allgemeines Wohngebiet und damit als Bauland ausgewiesen gewesen. Nach dem
nunmehr bestandskräftigen Bebauungsplan seien beide Fläche als Kleingartenflächen
ausgewiesen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich insoweit nicht
um eine treuwidrige Herbeiführung eines Ereignisses. Nur durch die getroffene
Ausgleichszahlungs- und Umsiedlungsvereinbarung sei eine Einigung mit dem
Kleingärtnerverband und der Stadt … zu erzielen gewesen. Diese Einigung sei von der
Stadt … als zwingende Voraussetzung für den Erlass des Bebauungsplans Nr. 35-1
gefordert worden. Rechtsfehlerhaft sei weiter die Auffassung des Landgerichts,
hinsichtlich bereits entstandener Schäden sei ein Feststellungsantrag unzulässig. Sei bei
Erhebung der Klage ein Teil des Schadens bereits entstanden, die Entstehung weiterer
Schäden aber noch zu erwarten, so sei ein Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine
Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten. Im Übrigen habe es
zwischenzeitlich einen Kaufinteressenten gegeben, mit dem es sogar zum Abschluss
eines notariellen Kaufvertrages gekommen sei, dieser Vertrag habe jedoch wegen des
vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten nicht vollzogen werden können und wieder
aufgehoben werden müssen. Im Übrigen verteidigt die Klägerin die angefochtene
Entscheidung.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 30. August 2010 macht die Klägerin weiter geltend,
der Kaufvertrag aus dem Jahre 1994 sei nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
Abweichend von der Auffassung der Beklagten fehle es an einem grob auffälligen
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Hierbei sei insbesondere zu
berücksichtigen, dass es sich bei den veräußerten Flurstücken nicht um Bauland im
eigentlichen Sinn – mit den Parteien war in diesem Zusammenhang im Termin vom 24.
Juni 2010 erörtert worden, dass es für die Beurteilung, ob ein grob auffälliges
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliege, auf die nach dem Inhalt
des Vertrages geschuldete Leistung ankomme – gehandelt habe. Bauland liege nach § 5
der Immobilienwertverordnung nur und erst dann vor, sofern und soweit die veräußerten
Flurstücke im Zeitpunkt der Veräußerung vollständig, und zwar sowohl privatrechtlich als
auch öffentlich-rechtlich erschlossen seien und eine abschließende Bauleitplanung
vorliege. Sämtliche der vorstehenden Merkmale hätten im Zeitpunkt des
Kaufvertragsabschlusses nicht vorgelegen. Zum Stichtag 31. August 1994 hätten die
veräußerten Grundstücke den Beschränkungen des § 3 Abs. 3 Bundeskleingartengesetz
unterlegen, was auch aus den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 35-1 „N…“ zu
diesem Stichtag folge. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, die Parteien seien bei
Abschluss des Kaufvertrages davon ausgegangen, die Flurstücke würden künftig als
Bauland „überplant“ werden, könne es sich allenfalls um Bauerwartungsland gehandelt
haben. Der Wert für Bauerwartungsland habe im Jahre 1994 im Bezug auf die
streitgegenständlichen Flurstücke bei maximal 87 € pro m² gelegen. Da es danach
schon objektiv an einem grob auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung fehle, komme es auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin in Bezug
auf den Kaufvertrag nicht an. Der Erblasser habe seinerzeit seinen hälftigen
Miteigentumsanteil der Traditionsgemeinschaft … G… e.V. schenken wollen. Die Klägerin
habe zunächst im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen ein Angebot auf Zahlung
eines Kaufpreises von 250.000 DM unterbreitet, auf Wunsch des seinerzeit
Bevollmächtigten des Erblassers, Herrn Rechtsanwalt …, sei schließlich ein Kaufpreis in
Höhe von 800.000 DM mit dem notariellen Kaufvertragsangebot von dem Erblasser
angeboten worden, wobei die Zahlung des Kaufpreises in der Form ausgestaltet
gewesen sei, dass die Zahlung des vorgenannten Kaufpreises nur und erst in dem
Umfang erfolgen solle, wenn aus dem Gartenland Bauerwartungsland geworden sei. Es
verhalte sich also nicht so, dass die Klägerin einen Kaufpreis einseitig vorgegeben habe.
Auf dem Notaranderkonto des s… Notars … sei insgesamt ein Betrag von 151.692,25 €
hinterlegt. Durch die Klägerin sei im Jahre 2007 eine Hinterlegung in Höhe von
147.585,86 € erfolgt. Der weitergehende Betrag gehe auf die Verzinsung der Gelder
zurück.
In den Anlagen K 27 und K 34, die von dem Kleingartenverband erstellt worden seien,
seien nach Kenntnis der Klägerin die tatsächlich geleisteten Entschädigungszahlungen
an die Pächter aufgeführt.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 hat die Klägerin weiter vorgetragen, die
Addition der auf die streitgegenständlichen Grundstücke entfallenden Absiedlungskosten
betrage insgesamt 186.682,01 DM. Von den vorgenannten Absiedlungskosten entfalle
ein Betrag von 51.282 DM auf das Flurstück 317. Jedenfalls dieser Betrag sei als
Minderungsbetrag anzuerkennen.
Mit Beschluss vom 23. Juli 2009 hat der Senat die Verfahren 5 U 117/08 (Berufung gegen
das Teilurteil vom 5. Mai 2008) und 5 U 94/09 (wechselseitige Berufungen gegen das
Schlussurteil vom 29. Mai 2009) gemäß § 147 ZPO zum Zwecke gemeinsamer
Verhandlung und Entscheidung verbunden.
II.
Die Berufungen der Beklagten zu 1 bis 7 gegen das Teilurteil des Landgerichts Potsdam
vom 5. Mai 2008 und gegen das Schlussurteil des Landgerichts Potsdam vom 29. Mai
2009 sowie die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Landgerichts Potsdam
vom 29. Mai 2009 sind zulässig; die Rechtsmittel wurden insbesondere jeweils form- und
fristgerecht eingelegt und begründet.
In der Sache haben die Rechtsmittel der Beklagten zu 1 bis 7 insgesamt Erfolg, die
Berufung der Klägerin war dagegen zurückzuweisen.
Der auf der Grundlage des notariell beurkundeten Angebots des W… W… (im Folgenden:
Erblasser) vom 4. August 1994 (UR-Nr. 149/1994 des Notars … mit Amtssitz in G…)
über die im Grundbuch von … Blatt 309 verzeichneten Grundstücke der Flur 2,
Flurstücke 320, 321, 323 und 325 sowie über den Rückübertragungsanspruch hinsichtlich
der Flurstücke 313 und 317 der Flur 2 geschlossene Vertrag – auf das Rechtsverhältnis
der Parteien findet das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner bis zum 31. Dezember 2001
geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 S. 1 RGBGB) – ist als wucherähnliches
Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, so dass die Klägerin auf der Grundlage
dieses Vertrages weder die begehrte Auflassung, noch die Minderung des Kaufpreises
verlangen kann; ein Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz des aus
der verspäteten Auflassung entstandenen Schadens verpflichtet sind, besteht aus
diesem Grund gleichfalls nicht. Darüber hinaus sind die Beklagten unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, der Klägerin die geltend gemachten
„Absiedlungskosten“ zu ersetzen.
Die Parteien streiten in der Sache darüber, ob die Klägerin von den Beklagten zu 1 bis 7
die Mitwirkung an der Auflassung hinsichtlich der Flurstücke 320, 32, 323 und 325
verlangen kann, ob und in welchem Umfang gegebenenfalls hinsichtlich der Flurstücke
317 – das nicht restituiert wurde und folglich nicht übertragen werden konnte -, 323 und
325 eine Minderung des Kaufpreises verlangt werden kann sowie darüber, ob die Klägerin
insgesamt die Feststellung verlangen kann, dass die Beklagten zum Ersatz des aus der
verspäteten Auflassung entstandenen Schadens verpflichtet sind.
Soweit das Landgericht mit Schlussurteil vom 29. Mai 2009 die Beklagten zur Zahlung
von 1.500 € nebst Zinsen (Kosten der Lastenfreistellung) verurteilt hat, ist die
Entscheidung dagegen rechtskräftig.
A) Mitwirkung bei der Auflassung
Mit dem in dem Verfahren 5 U 117/08 ergangenen Teilurteil vom 5. Mai 2008 hat das
Landgericht die Beklagten verurteilt, an der Auflassung der Flurstücke 320, 321, 323 und
325 der Flur 2 (Klageantrag zu 1) mitzuwirken. Hiergegen richtet sich die Berufung der
Beklagten.
Ein solcher Anspruch auf Mitwirkung – die Auflassung selbst muss durch die gesamte
Erbengemeinschaft, also auch durch die nicht mit verklagte Miterbin R… H…, erklärt
werden – bestünde nur dann, wenn die Klägerin den Kaufpreis vollständig auf dem
Notaranderkonto hinterlegt hätte. Für die vollständige Erfüllung kommt es zum einen
darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin eine Minderung des
Kaufpreises geltend machen kann, von den Beklagten die Zahlung von
Verwendungsersatz verlangen kann bzw., ob durch die Einzahlung weiterer 96.951,30 €
am 26. November 2007 eine gegebenenfalls noch offene Kaufpreisforderung zu diesem
Zeitpunkt noch erfüllt werden konnte. Dies gilt aber nur dann, wenn auf der Grundlage
des notariellen Angebotes des Erblassers vom 4. August 1994 mit diesem überhaupt ein
wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist, in dessen Rechte und Pflichten dann die
Beklagten zu 1 bis 7 als Teil der Erbengemeinschaft eingetreten wären. Hieran fehlt es
indes im vorliegenden Fall, weil der auf der Grundlage dieses Angebotes zustande
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indes im vorliegenden Fall, weil der auf der Grundlage dieses Angebotes zustande
gekommene Kaufvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB als wucherähnliches Rechtsgeschäft
sittenwidrig und damit nicht ist.
1.
a) Die Beklagten haben sich zwar nicht – auch nicht in der Berufungsinstanz –
ausdrücklich auf die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit des Kaufvertrages nach §
138 Abs. 1 BGB berufen. Die Frage der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes nach § 138
BGB ist aber ein Umstand, mit dem sich der Senat – wie in der mündlichen Verhandlung
vom 24. Juni 2010 erörtert – von Amts wegen auseinandersetzen muss. Die
Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes begründet nicht bloß eine
Einrede, sondern ist von Amts wegen zu beachten, bedarf also nicht der ausdrücklichen
Geltendmachung (RGZ 78, 347, 354; 160, 52, 55 f.; BGH WM 1969, 1256, 1257; NJW
1981, 1439; Staudinger/Sack, 2003, § 138 BGB Rdnr. 91).
b) Am 4. August 1994 hatte der damals 96jährige Erblasser für insgesamt 6
Grundstücke (Flurstücke 313 – mittlerweile aufgelassen -, 317, 320, 321, 323 und 325
der Flur 2) der Klägerin ein Kaufangebot für seinen an diesen Grundstücken (bzw. den
Rückübertragungsansprüchen) bestehenden hälftigen Miteigentumsanteil unterbreitet,
nachdem zuvor die Erbengemeinschaft durch Erbauseinandersetzungsvertrag vom 17.
Mai 1994 (UR-Nr. 192/1994 des Notars … mit Amtssitz in D…) auseinandergesetzt
worden war. Die Grundstücke liegen alle in … in der B…, waren – auch zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses – zumindest teilweise Teil einer Kleingartenanlage und
befanden sich in einem Bereich, für den zum Zeitpunkt des Abschlusses des
Kaufvertrages der Entwurf eines Bebauungsplanes existierte. Der Kaufpreis für den
hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers betrug bei einer Gesamtfläche von 9.831 m²
800.000 DM (= 409.033,50 €). Dies entspricht einem Preis von 81,38 DM pro m² (bzw.
41,61 € pro m²) für den hälftigen Miteigentumsanteil. In dem Angebot, das die Klägerin
unstreitig durch notarielle Urkunde vom 6. Dezember 1994 (UR-Nr. 543/1994 des Notars
… in Bn… – die Urkunde selbst liegt nicht vor, worauf in der mündlichen Verhandlung
vom 24. Juni 2010 hingewiesen worden war -) angenommen hat, heißt es in § 6 Ziffer 2:
„
Die in § 6 Ziffer 2 des notariellen Angebotes genannte Anlage (Entwurf des
Bebauungsplanes) ist zwar von den Parteien, worauf der Senat in der mündlichen
Verhandlung vom 24. Juni 2010 ebenfalls hingewiesen hat, nicht vorgelegt worden, die
Klägerin hat insoweit aber mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 eine zeichnerische
Darstellung des seinerzeitigen Entwurfs des Bebauungsplanes vorgelegt (Anlage K 11,
Blatt 202 d. A.) und hierzu vorgetragen, die Parteien des Kaufvertrages seien bei der
Bemessung des Kaufpreises davon ausgegangen, dass das Grundeigentum wie aus
dem in Kopie beigefügten Entwurf des Bebauungsplanes, der noch nicht rechtskräftig
gewesen sei, genutzt werden könne. Wie dem als Anlage K 11 beigefügten Plan zu
entnehmen sei, seien die streitgegenständlichen Flurstücke, die in der Anlage K 11
entsprechend markiert seien, als allgemeines Wohngebiet (WA) ausgewiesen. Aus dieser
Anlage K 11 ergibt sich, dass die markierten Flurstücke 313, 317, 320, 323 und 325 mit
einer angegebenen Geschossflächenzahl von 0,4 als allgemeines Wohngebiet
ausgewiesen sind, während hingegen das Flurstück 321 als öffentliche Grünfläche –
Parkanlage – ausgewiesen ist.
Die Grundstücke liegen mittlerweile alle im Bereich des in Kraft getretenen
Bebauungsplans 35-1 „N…“ der Stadt ….
2.
Da hinreichende Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des im Jahre 1994 zustande
gekommenen Grundstückskaufvertrages nach § 138 Abs. 2 BGB – das Alter des
Erblassers zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebotes im Jahre 1994 (96 Jahre) reicht für
sich alleine, ohne Hinzutreten weiterer Umstände insoweit nicht aus – nicht ersichtlich
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sich alleine, ohne Hinzutreten weiterer Umstände insoweit nicht aus – nicht ersichtlich
sind, kommt eine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages allein als wucherähnliches
Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB in Betracht. Hierfür ist erforderlich, dass der von
einem groben Missverhältnis begünstigte Vertragsteil in verwerflicher Gesinnung
handelt. Dies setzt voraus, dass dem begünstigten Vertragsteil bewusst ist oder er sich
grob fahrlässig der Einsicht verschließt, dass der andere Vertragsteil nur unter dem
Zwang der Verhältnisse oder aus anderen, die freie Willensentschließung
beeinträchtigenden Umständen, wie etwa einem Mangel an Urteilsvermögen oder wegen
einer erheblichen Willensschwäche, sich auf den für ihn ungünstigen Vertrag einlässt
(BGHZ 146, 298, 302; BGH NJW 2002, 429, 432). Besteht ein grob auffälliges
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung – wovon bei Grundstücksgeschäften
bereits dann auszugehen ist, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie
der Wert der Gegenleistung –, so lässt bereits dieses Missverhältnis den Schluss auf eine
verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (BGHZ 146, 298, 305; BGH NJW 2007, 2841,
2842). Der Schluss von dem besonders groben Äquivalentsverhältnis auf eine
verwerfliche Gesinnung der davon begünstigten Partei beruht auf einer tatsächlichen,
nicht auf einer gesetzlichen Vermutung, denn dieser Schluss leitet sich von dem
Erfahrungssatz her, dass außergewöhnliche Leistungen in der Regel nicht ohne Not oder
einen anderen den Benachteiligenden hemmenden Umstand zugestanden werden und
der Begünstigte diese Erfahrung teilt (BGH NJW 2010, 363).
Weil es sich um eine tatsächliche Vermutung handelt, wird hierdurch die benachteiligte
Partei nicht davon entbunden, zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1
BGB vorzutragen. Allerdings wird deren Darlegung durch die tatsächliche Vermutung
wesentlich erleichtert. Der Hinweis auf das besonders grobe Missverhältnis von Leistung
und Gegenleistung reicht grundsätzlich aus, weil dies in der Regel einen Schluss auf die
besonders verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragsteils zulässt (BGH NJW
2002, 429, 430; 2007, 2842, 2842). Die benachteiligte Partei wird damit zwar nicht von
ihrer Behauptungslast für das Vorliegen des subjektiven Merkmals befreit, allerdings sind
an den Vortrag insoweit keine hohen Anforderungen zu stellen. Die benachteiligte Partei
muss die verwerfliche Gesinnung der anderen Vertragspartei nicht ausdrücklich
behaupten; es genügt, wenn aus dem Kontext mit dem Vortrag zu einem groben
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ersichtlich ist, dass die davon
benachteiligte Vertragspartei sich auf die darauf begründete Vermutung einer
verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (BGH NJW 2009, 1236, 1237;
NJW 2010, 363).
3.
a) Ausgehend hiervon bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
im Jahre 1994 schon nach dem eigenen, insoweit unstreitigen, Vortrag der Klägerin
objektiv ein grob auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung gemäß den
oben dargestellten Maßstäben.
Nach dem oben dargestellten Inhalt des Vertrages (§ 6 Ziffer 2) schuldete der Erblasser
als Veräußerer, sollte die von der Klägerin geschuldete Gegenleistung von 800.000 DM
fällig werden, zwar entgegen der Ansicht der Klägerin nicht hinsichtlich aller Grundstück,
die Gegenstand des Kaufvertrages waren, deren Baulandqualität, vielmehr eine Nutzung
gemäß dem in der Anlage zum Kaufvertrag beigefügten Entwurf des Bebauungsplanes,
und zwar frei von Mietern und Pächtern (§ 4 Ziffer 1 des Kaufvertrages). Nach der von
der Klägerin vorgelegten zeichnerischen Darstellung des Entwurfs des Bebauungsplanes
35-1, der Anlage des Kaufvertrages war, war allerdings – wie bereits ausgeführt – das
Flurstück 321 nicht als allgemeines Wohngebiet, sondern als öffentliche Grünfläche
ausgewiesen. Danach schuldete der Veräußerer bei einer insgesamt verkauften Fläche
von 9.831 m² Bauland (allgemeines Wohngebiet) in einer Größe von 8.499 m² und
öffentliche Grünflächen in einer Größe von 1.332 m². Dies stellt nach dem im Jahre 1994
geschlossenen Kaufvertrag die Leistung des Veräußerers dar, für die er die
Gegenleistung von 800.000,00 DM verlangen konnte, wobei noch hinzu kommt, dass die
Grundstücke frei von Mietern und Pächtern übergeben werden mussten. Dies ergibt sich
aus § 4 Ziffer 1 des Kaufvertrages, wonach das Kaufobjekt gem. § 6 dieses Vertrages
geliefert werden sollte, d. h., mit einer Bodenqualität, wie sie dem bei Vertragsabschluss
vorliegenden Entwurf des Bebauungsplanes entspricht. Dementsprechend sollte nach §
6 Ziffer 3 der Kaufpreis erst dann auf das Notaranderkonto eingezahlt werden, wenn ein
Bebauungsplan für das Grundeigentum rechtskräftig ist und das Grundstück frei von
Mietern und Pächtern sowie sonstigen Nutzungsberechtigten geliefert werden kann. In §
6 Ziffer 2 Abs. 2 enthält der Kaufvertrag weiter eine ausdrückliche Regelung, wonach für
den Fall, dass die Ausnutzung des Grundeigentums nicht wie vorstehend vereinbart
erfolgen kann, der Entwurf des Bebauungsplanes also noch geändert wird, und damit
eine geringere Ausnutzung des Grundeigentums verbunden ist, sich der Kaufpreis
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eine geringere Ausnutzung des Grundeigentums verbunden ist, sich der Kaufpreis
entsprechend der prozentualen Mindernutzung des Grundeigentums ermäßigen solle.
Bei einem Kaufpreis von insgesamt 800.000 DM (= 409.033,50 €) ergibt sich, lässt man
die Grünfläche völlig unberücksichtigt, ein Preis von 48,13 € pro m² für das hälftige
Miteigentum des Erblassers, insgesamt also ein Preis von 96,26 € pro m². Die Klägerin
selbst hat, nachdem sie zuvor den Bodenwert von Bauland im Jahr 1994 im Schriftsatz
vom 5. November 2007 pauschal bestritten hatte, nachfolgend in erster Instanz
(Schriftsatz vom 22. April 2008) – die Beklagten haben sich diesem Vortrag in zweiter
Instanz mit der Berufungsbegründung gegen das Teilurteil zu Eigen gemacht, aber auch
schon in I. Instanz mit Schriftsatz vom 28. August 2007 vorgetragen, der Preis für
Bauland habe in der entsprechenden Lage in … im Jahr 1994 mindestens 600 DM/qm
betragen – unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten des Sachverständigen M… vom
15. Januar 2008 (das sich zur Berechnung des von der Klägerin geltend gemachten
Minderungsanspruches auf den Verkehrswert der Flurstücke 322-325 bezieht)
vorgetragen, im Jahre 1994 habe der Bodenrichtwert für Bauland in der B… in … bei
einer GFZ von 0,4 460 €/m² betragen (Bl. 549/498 d.A.); dies ist das 4,7fache des
vereinbarten Kaufpreises. Selbst im Jahre 2007 betrug nach diesem Privatgutachten und
damit nach dem Vortrag der Klägerin der Preis für solches Bauland noch 300 €/m² und
ist dann im Folgejahr wieder auf 350 €/m² angestiegen. Diese Angaben des
Sachverständigen M… in seinem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten
entsprechen im Übrigen den Angaben im Grundstücksmarkbericht 1994 Brandenburg
für die Stadtlage … bzw. den Angaben in „Grundstückspreis Berlin/Brandenburg 1995“
für die B…, wonach sich der veröffentlichte Bodenrichtwert insoweit auf 900 DM/m² belief.
Damit besteht schon nach den eigenen, insoweit unstreitigen und durch die
veröffentlichten Bodenrichtwerte bestätigten Angaben der Klägerin bezogen auf den
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im zweiten Halbjahr 1994 ein grob auffälliges
Missverhältnis zwischen der vereinbarten Leistung, nämlich insgesamt 8.499 m² Bauland
(allgemeines Wohngebiet) in der B… von … und der vereinbarten Gegenleistung, einem
von der Klägerin zu zahlenden Kaufpreis von insgesamt 800.000 DM für einen hälftigen
Miteigentumsanteil an diesem Bauland.
Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages auch
wegen der zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch vorhandenen Kleingartenanlage
wussten, dass ein entsprechender Bebauungsplan lediglich im Entwurf existierte, also
noch nicht rechtskräftig beschlossen war, der Kaufvertrag mit dem vereinbarten Inhalt
nicht sofort würde vollzogen werden können, die Klägerin also hinsichtlich der künftigen
Preisentwicklung für Bauland ein – allerdings überschaubares - Risiko übernahm, ist
insgesamt angesichts der Lage der Grundstücke in … von einem grob auffälligem
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen. Das Risiko der
wirtschaftlichen Entwicklung war nämlich insoweit begrenzt, als die Klägerin nach § 8
Ziffer 1 des Kaufvertrages von dem Kaufvertrag zurücktreten durfte, wenn 3 Jahre nach
Erklärung der Annahme des Angebotes noch kein Bebauungsplan vorliegt. Die
unstreitige Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf den
vertragsgegenständlichen Grundstücken überwiegend – hinsichtlich des Flurstücks 313
ist diese Frage zwischen den Parteien streitig – tatsächlich noch eine Kleingartenanlage
vorhanden war, vermag hieran nichts zu ändern, denn der Veräußerer schuldete die
Überlassung der Grundstücke frei von Miet- und Pachtverträgen. Die Klägerin hat den
Vertrag auch durchaus in diesem Sinne verstanden, denn sie macht in diesem
Verfahren auch den Ersatz der Aufwendungen geltend, die ihr durch die Umsiedlung der
Kleingärtner entstanden sein sollen.
b) Die Klägerin kann dem Bestehen eines grob auffälligen Missverhältnisses zwischen
Leistung und Gegenleistung nicht mit Erfolg entgegenhalten, zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses habe es sich bei den veräußerten Flächen noch nicht um Bauland
sondern um Kleingartenland, allenfalls Bauerwartungsland gehandelt, und für Flächen
dieser Güte sei der vereinbarte Kaufpreis angemessen. Für die Beurteilung des grob
auffälligen Missverhältnisses bei § 138 Abs. 1 BGB kommt es auf das Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung an, wie sie nach dem zu beurteilenden Vertrag
geschuldet waren. Nach dem eindeutigen Wortlaut des notariellen Kaufvertrages aus
dem Jahre 1994 schuldete der Erblasser aber der Klägerin weder Kleingartenland noch
Bauerwartungsland, sondern Flächen in einer Qualität, wie sie dem bei Abgabe des
Kaufvertragsangebotes seinerzeit vorliegenden Entwurf des Bebauungsplanes
entspricht, also, abgesehen von dem Flurstück 321 Bauland gemäß der Festsetzung
Bauland (allgemeines Wohngebiet) mit einer Geschossflächenzahl von 0,4. Dass dies
auch der Sichtweise der Klägerin entsprochen hat und weiter entspricht, ergibt sich aus
ihrem eigenen Vorbringen bereits in der Klageschrift, mit der sie hinsichtlich der
Minderung des Kaufpreises vorgetragen hatte, unter Berücksichtigung des vereinbarten
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Minderung des Kaufpreises vorgetragen hatte, unter Berücksichtigung des vereinbarten
Preises von 41,61 €/m² Bauland und der insgesamt verkauften Fläche von 9.831 m²
ergebe sich ein Gesamtkaufpreis in Höhe von 409.033,50 €. Weil es sich bei den
Grundstücken Flurstücke 323 und 325 der Flur 2 mit einer Gesamtfläche von 2.330 m²
nicht um Bauland handele, müsse der Kaufpreis insoweit gem. § 6 Abs. 2 des notariellen
Angebotes um weitere 96.951,30 € gemindert werden. Die Klägerin nimmt damit die in
diesem Verfahren geltend gemachte Minderung gerade nicht auf der Grundlage von
nach dem Vertrag geschuldeten Kleingartenland oder Bauerwartungsland vor, sondern,
wie dies auch tatsächlich vereinbart war, auf der Grundlage des von dem Veräußerer
geschuldeten Baulandes, und zwar frei von Mietern und Pächtern sowie sonstigen
Nutzungsberechtigten.
Auf das weitere Vorbringen der Klägerin in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 30.
August 2010 zu den üblichen Preisen für Bauerwartungsland bzw. Kleingartenland im
Jahre 1994 kommt es danach nicht an, die dort angegebenen Werte können ohne
Weiteres zugunsten der Klägerin als zutreffend unterstellt werden. Es kann auch
zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass zum maßgeblichen Zeitraum in der
zweiten Hälfte des Jahres 1994 die veräußerten Flächen nach der
Immobilienwertverordnung allenfalls die Qualität von Bauerwartungsland oder
Kleingartenland hatten. Maßgeblich für die Beurteilung eines grob auffälligen
Missverhältnisses bleibt, was der Erblasser als Veräußerer nach dem im Jahr 1994
geschlossenen Kaufvertrag schuldete.
c) Da der Schluss von einem grob fahrlässigen Missverhältnis auf die verwerfliche
Gesinnung des Begünstigten auf einer tatsächlichen Vermutung beruht, führt dies dazu,
dass der Benachteiligte zwar nicht von der Darlegung der subjektiven Voraussetzungen
befreit wird, diese Darlegung aber wesentlich erleichtert wird; an den entsprechenden
Vortrag sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Die verwerfliche Gesinnung muss
nicht ausdrücklich behauptet werden, es genügt, wenn aus dem Kontext mit dem
Vortrag zu einem grob auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung
ersichtlich ist, dass die davon benachteiligte Vertragspartei sich auf die daraus
begründete Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft
(BGH NJW 2010, 363).
Diesen Anforderungen genügt, wie in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2010
eingehend erörtert, der Vortrag der Beklagten schon in erster Instanz. Zwar haben sich
die Beklagten nicht ausdrücklich auf die Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 138 Abs. 1
BGB berufen, sie haben aber bereits mit Schriftsatz vom 28. August 2007 (Bl. 258 ff. d.
A.) die Geschichte der Vertragsanbahnung dargelegt. Der Erblasser habe, so die
Beklagten, im Jahre 1992 zunächst die Absicht gehabt, den Grundbesitz dem Amt für
Denkmalpflege in Brandenburg zu schenken, wenn der ehemalige Familienbesitz zum
Heimatmuseum umgestaltet werde. Als dieses Vorhaben scheiterte, sei im Jahre 1993
der Notar …, Schwager des G… St… (der wiederum Ehemann des Mitglieds der weiteren
Erbengemeinschaft A… St… war) an den Erblasser mit Schreiben vom 13. August 1993
herangetreten und habe die Klägerin als Kaufinteressenten benannt. Zu diesem
Zeitpunkt war die ursprüngliche Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt. Der
Sohn der Miterbin R… H… sei Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft Bankhaus P…
& Co. GmbH, die durch die Landessparkasse Bn…, mit der wiederum die Klägerin eng
zusammenarbeite, übernommen worden sei. Klägerin und Bankhaus P… verfügten über
die gleiche Geschäftsadresse. Die Familie der Miterbin R… H… sei bis 1995 mit dem
Erblasser zutiefst zerstritten gewesen. Es sei schließlich davon auszugehen, dass der
Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages der wahre Wert der
Grundstücke mit einem Wert von mindestens 600 DM/m² bekannt gewesen sei. Auch die
Erhöhung des ursprünglichen Angebotes von 250.000 DM auf scheinbar großzügige
800.000 DM sei in Kenntnis der tatsächlichen Grundstückswerte erfolgt. In diesen
Kontext passe dann auch der von dem Notar … vorbereitete und von dem Notar … in
D… beurkundete Erbauseinandersetzungsvertrag vom 17. Mai 1994 und die
Weiterveräußerung einer Teilfläche des Flurstücks 313 durch die Klägerin im Jahre 2006
zu einem Gesamtkaufpreis von 1,5 Millionen Euro (Bl. 282 ff. d. A.). Zwar sei der
Umstand, dass die Klägerin das von dem Erblasser unterbreitete Angebot entworfen
habe an sich nicht unlauter. Anders verhalte es sich jedoch, wenn bestimmte
Vertragsinhalte zum Zuge kämen, welche eine Vertragspartei unangemessen
bevorteilten bzw. wenn bestimmte Umstände einseitig ausgenutzt würden.
Der Vorwurf des unlauteren Verhaltens ist damit zwar nicht allein, aber doch auch an ein
grob auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung geknüpft. Die
Beklagten, die dieses Vorbringen in zweiter Instanz in der Berufungsbegründung
wiederholen, und zwar unter Bezugnahme auf den von der Klägerin selbst vorgetragenen
Wert für Bauland von 460 €/m² im Jahre 1994 und in diesem Zusammenhang (Bl. 608 d.
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Wert für Bauland von 460 €/m² im Jahre 1994 und in diesem Zusammenhang (Bl. 608 d.
A.) ausdrücklich geltend machen, ein Festhalten am Vertrag sei nicht mehr zumutbar,
haben damit ihrer Darlegungslast hinsichtlich der subjektiven Voraussetzung des § 138
Abs. 1 BGB genüge getan und sich damit hinreichend auf die aus einem grob auffälligen
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hergeleitete tatsächliche Vermutung
einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei im Sinne der höchst
richterlichen Rechtsprechung berufen.
d) Umstände, die ausnahmsweise die aus dem grob auffälligen Missverhältnis von
Leistung und Gegenleistung hergeleitete tatsächliche Vermutung auf eine verwerfliche
Gesinnung entkräften könnten, sind nicht ersichtlich.
Weder haben sich die Vertragsparteien, insbesondere die Klägerin, in besonderer Weise,
etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, um die Ermittlung eines
angemessenen Kaufpreises bemüht, noch bestanden im Jahre 1994, als bereits
veröffentlichte Bodenrichtwerte vorlagen, besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung
eines solchen Kaufpreises, wie sie etwa zuvor im zeitlichen Zusammenhang mit der
Wiedervereinigung wegen des Fehlens eines geregelten Grundstücksmarktes bestanden
hatten.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der scheinbar Benachteiligte, der Erblasser
bewusst zu einer höheren Leistung verpflichtete, um gerade den anderen, also die
Klägerin, zu begünstigen. Darauf, dass ein Teil des Kaufpreises schenkweise der Stiftung
Pr…, der Streitverkündeten, übertragen worden war, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an.
Abgesehen davon, dass die Klägerin eine mögliche Kenntnis des Erblassers als des
Benachteiligten von den tatsächlichen Wertverhältnissen hinsichtlich der veräußerten
Flächen in der nach dem Vertrag geschuldeten Form schon nicht konkret behauptet,
stünde eine solche Kenntnis des Benachteiligten von dem Äquivalenzmissverhältnis der
Sittenwidrigkeit nicht zwingend entgegen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten,
wenn zusammen mit anderen Umständen im Einzelfall Anlass bestünde, die Vermutung
einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten als erschüttert anzusehen, etwa dann,
wenn dem Benachteiligten das Wertverhältnis gleichgültig war, weil er ein besonderes
Affektionsinteresse an dem Kaufgegenstand hatte (BGH NJW 2007, 2841, 2842; BGHZ
146, 298, 305).
Schließlich steht der von Amts wegen zu berücksichtigende Einwand aus Treu und
Glauben (§ 242 BGB) einem Berufen der Beklagten auf die Sittenwidrigkeit und damit die
Nichtigkeit des Kaufvertrages nicht entgegen. Zwar ist der Grundsatz von Treu und
Glauben auch im Rahmen nichtiger Rechtsgeschäfte zu beachten, die Berufung auf die
Nichtigkeit nach § 138 BGB kann sich ebenfalls ausnahmsweise als unzulässige
Rechtsausübung darstellen. Allerdings muss dies auf besonders gelagerte
Ausnahmefälle beschränkt bleiben, wenn nicht anderenfalls sittenwidrige Geschäfte auf
dem Umweg über den Grundsatz von Treu und Glauben im praktischen Ergebnis wieder
Wirksamkeit erlangen, es darf nicht dazu führen, ein sittenwidriges Geschäft für die
Zukunft aufrecht zu erhalten (BGH NJW 1981, 1439). Anhaltspunkte für einen solchen
Ausnahmefall, der ein Berufen auf die Nichtigkeit des Kaufvertrages seitens der
Beklagten als nicht mit den Grundsätzen von Treu und Glauben vereinbar erscheinen
lassen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere reicht hierfür nicht aus, dass für ein
Grundstück, nämlich das Flurstück 313, ein anteiliger Kaufpreis von der Klägerin bereits
gezahlt und von den Beklagten angenommen worden ist.
e) Damit kann die Klägerin von den Beklagten eine Mitwirkung bei der Auflassung der
Grundstücke nicht verlangen, weil wegen der Nichtigkeit des im Jahre 1994
geschlossenen Grundstückskaufvertrages ein Anspruch auf Auflassung der Grundstücke
nicht besteht.
B) Antrag auf Zahlung
1.
Die Klägerin kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 1.500 Euro
zuzüglich gesetzlicher Zinsen wegen der von ihr getätigten Aufwendung im
Zusammenhang mit der Lastenfreistellung der Grundstücke verlangen. Die Beklagten
haben ihre entsprechende Verurteilung im Schlussurteil des Landgerichts Potsdam vom
29. Mai 2009 mit der Berufung nicht angegriffen, die landgerichtliche Entscheidung ist
insoweit rechtskräftig.
2.
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Weil nach dem später in Kraft getretenen Bebauungsplan 35-1 „N…“ die Flurstücke 323
und 325 keine Baulandqualität haben, macht die Klägerin insoweit einen Anspruch auf
Minderung des Kaufpreises in Höhe von 94.223,20 € geltend.
Dieser Anspruch besteht bereits dem Grunde nach nicht, weil, wie unter A) ausgeführt,
der zwischen der Klägerin und dem Erblasser im Jahre 1994 geschlossene
Grundstückskaufvertrag sittenwidrig und damit nichtig ist. Ein Anspruch auf Minderung
kann sich danach weder aus dem – nichtigen – Vertrag selbst, noch aus gesetzlichen
Gewährleistungsvorschriften (§ 462, 465, 472 BGB a.F.) ergeben.
Auf die weiter in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2010 geäußerten Bedenken
hinsichtlich der schlüssigen Darlegung der Höhe der geltend gemachten Minderung, die
auch durch die nachgelassenen Schriftsätze vom 30. August 2010 und vom 29.
September 2010 (bei dem angegebenen Datum „29.10.2010“ handelt es sich ersichtlich
um einen Schreibfehler) nicht ausgeräumt worden sind, kommt es danach nicht mehr
an.
3.
Die Klägerin verlangt schließlich von den Beklagten 89.411,83 € als Aufwendungsersatz
für die Absiedlung der Kaufgrundstücke.
a) Die Klägerin stützt ihren Zahlungsantrag hinsichtlich dieses Teilbetrages auf
Aufwendungen, die ihr im Zusammenhang mit der Verlegung der in diesem Gebiet
vorhandenen Kleingartenanlage allein noch auf die Flurstücke 323 und 325 entstanden
sein sollen.
Die Klägerin (und 3 weitere Grundstückseigentümer) hatten in diesem Zusammenhang
mit dem Kreisverband der Garten- und Siedlerfreunde am 9./10. August 2005 einen
Vertrag über die teilweise Umsiedlung und teilweise Räumung der Kleingartenanlage
„B…“ geschlossen. Die Klägerin ist in diesem Vertrag allgemein als Eigentümerin zu 1
bezeichnet, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt lediglich eingetragene Eigentümerin des
Flurstückes 313 war. In der Präambel unter (2) haben sich dann die Klägerin als
Eigentümerin zu 1 und die weitere Erbengemeinschaft als Eigentümerin zu 2 verpflichtet,
hinsichtlich der Flurstücke 323 und 325 einen neuen Pachtvertrag mit dem Kreisverband
abzuschließen. In § 4 dieses Vertrages (dessen Anlagen von der Klägerin nicht vorgelegt
werden) verpflichten sich die Eigentümer zu 1 und 2, also die Klägerin und die weitere
Erbengemeinschaft als Miteigentümer, eine Entschädigung von 230.000 € zu zahlen,
wobei 180.000 € an die Unterpächter als Entschädigung für die Umsiedlung fließen sollen
und 50.000 € der Herstellung der neuen Infrastruktur dienen sollen (Bl. 30 d. A.).
b) Dieser geltend gemachte Anspruch besteht, wie in der mündlichen Verhandlung vom
24. Juni 2010 erörtert, bereits dem Grunde nach nicht.
aa) Die Klägerin stützt den Anspruch auf Ersatz der sog. „Absiedlungskosten“ in erster
Linie auf § 326 Abs.1 BGB a. F; sie geht dabei davon aus, dass die Beklagten als
Verkäufer zu einer solchen „Absiedlung“ nach dem geschlossenen Kaufvertrag
verpflichtet waren und – was die jahrelange Untätigkeit belege – die Erfüllung endgültig
verweigert hätten.
Diese Überlegungen, die auch das Landgericht eingestellt hat, übersehen zweierlei.
Eine explizite Pflicht, die Kleingärtner umzusiedeln, hat der Erblasser mit Abschluss des
Kaufvertrages nicht übernommen, sondern sich lediglich zur Lieferung frei von Mietern
und Pächtern verpflichtet (§ 4 Ziffer 1 des Kaufvertrages). Eine – selbständig einklagbare
– Pflicht, die Kleingärtner tatsächlich umzusiedeln, ist dies nach dem Inhalt des
Vertrages nicht.
Sieht man das Bestehen der Pachtverträge als Rechtsmangel im Sinne des § 434 BGB
a.F. an – obligatorische Rechte Dritte, die zum Besitz der Sache berechtigen und als
Zurückbehaltungsrecht dem Käufer entgegengehalten werden können, fallen hierunter
(Palandt/Putzo, 61. Aufl. 2002, § 434 BGB Rdnr. 5) –, so kann der Käufer wegen eines
solchen Rechtsmangels die Rechte nach § 440 BGB a.F. geltend machen. Dies ist zwar,
über § 440 Abs. 1 BGB a.F., auch der Anspruch aus § 326 BGB a.F. Das Landgericht und
mit ihm die Klägerin übersehen aber, dass die Geltendmachung der Rechte nach § 326
Abs. 1 BGB a.F. zu einer Liquidation des gesamten Vertrages führt (Palandt/Heinrichs,
61. Aufl. 2002, § 326 Rdnr. 22 m.w.N.), was seitens der Klägerin aber gerade nicht
gewollt ist, weil sie neben dem Schadensersatz weiterhin die Erfüllung des Vertrages
verlangt.
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Dem eigentlichen Inhalt des geltend gemachten Anspruches nach verlangt die Klägerin
auch gar nicht Schadensersatz, sondern den Ersatz ihrer Aufwendungen, die ihr durch
die Umsiedlung der Kleingärtner entstanden sein sollen.
bb) Ein solcher Aufwendungsersatzanspruch ergibt sich dem Grunde nach nicht aus
einem Auftrag der Veräußererseite. Weder der Erblasser noch die Erbengemeinschaft als
deren Rechtsnachfolger haben der Klägerin einen entsprechenden Auftrag erteilt. Die
Erteilung eines solchen Auftrages ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben des
Ehemanns der Beklagten zu 1 vom 18. Januar 2000 (Bl. 33 d. A.). Im zweiten Absatz
dieses Schreibens kommt lediglich zum Ausdruck, dass jedenfalls mit Abschluss des
weiteren Vertrages vom 10. Juli 1995 die Klägerin verpflichtet sei, die „Absiedlung“ zu
forcieren. Selbst wenn die Erbengemeinschaft durch den Ehemann der Beklagten bei
dieser Gelegenheit wirksam vertreten worden sein sollte, so kommt mit diesen
Ausführungen allenfalls eine entsprechende Rechtsansicht der Erbengemeinschaft zum
Ausdruck, nicht aber der rechtsgeschäftliche Wille, der Klägerin einen Auftrag zur
Absiedlung der Kleingärtner zu erteilen.
cc) Es verbleibt danach allein noch die Möglichkeit eines Anspruches aus
Geschäftsführung ohne Auftrag, wobei im Ausgangspunkt an §§ 677, 683 BGB in
Betracht kommen. Der Geltendmachung eines solchen Anspruches steht die Nichtigkeit
des im Jahre 1994 geschlossenen Kaufvertrages nicht entgegen, weil sich ein solcher
Anspruch, so seine Voraussetzungen vorlägen, aus einem davon unabhängigen,
gesonderten gesetzlichen Schuldverhältnis ergäbe.
In diesem Zusammenhang steht zunächst der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen
dieser Geschäftsführung im eigenen Namen und nicht im Namen der
Erbengemeinschaft, etwa bei Abschluss des Umsiedlungsvertrages vom August 2005
oder bei Abschluss des städtebaulichen Vertrages im Januar 2006 (Bl. 150 ff. d. A.)
gehandelt hat, nicht zwingend entgegen (vgl. Palandt/Sprau, 69. Aufl. 2010, § 677 BGB
Rdnr. 8). Objektiv handelt es sich bei der Umsiedlung der Kleingärtner aus Sicht der
Klägerin auch um ein objektiv fremdes Geschäft, bei dem der
Fremdgeschäftsführungswille grundsätzlich vermutet wird.
Einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag steht allerdings § 687 Abs. 2 Satz 1
BGB entgegen, weil die Klägerin nicht mit dem erforderlichen
Fremdgeschäftsführungswillen handelte. Erforderlich für die Anwendung dieser Vorschrift
ist, dass der Geschäftsführer um die Fremdheit des Geschäftes und seine fehlende
Berechtigung weiß, aber trotz dieses Bewusstseins das Geschäft nicht als Fremdes,
sondern in der Absicht führt, es als Eigenes zu behandeln.
Für eine solche angemaßte Eigengeschäftsführung der Klägerin spricht vorliegend, dass
die Klägerin die Verträge mit dem Kleingartenverband, den städtebaulichen Vertrag vom
Januar 2006 (Bl. 222 ff. d. A.), den Geschäftsbesorgungsvertrag vom Sommer 2004 (Bl.
627 ff. Aktendoppel) jeweils im eigenen Namen geschlossen hat, die Beklagten weder
über den Stand der konkreten Verhandlungen noch über den Inhalt dieser Verträge
zeitnah unterrichtet hat und die Verträge auch ihrem Inhalt nach nicht erkennen lassen,
dass die Klägerin die Interessen der Beklagten vertreten hätte. Im Gegenteil zeigen der
Geschäftsbesorgungsvertrag und der städtebauliche Vertrag, dass die Klägerin im
Hinblick auf die Art und Weise der Entwicklung der Grundstücke bereits unmittelbar
eigene Interessen verfolgt hat.
Die Klägerin hat damit ein fremdes Geschäft, um dessen Fremdheit sie wusste,
ersichtlich in der Absicht geführt, es als eigenes zu behandeln.
Ein Anspruch aus § 684 BGB könnte der Klägerin allenfalls dann zustehen, wenn die
Beklagten ihrerseits §§ 677, 678, 681, 682 BGB herrührende Ansprüche geltend
machen. Hierfür ist nichts ersichtlich.
dd) Dem Grunde nach bestehen weitere rechtliche Bedenken gegen einen Anspruch auf
Aufwendungsersatz. Der Sache nach hat die Klägerin durch die Umsiedlung der
Kleingärtner und ihrer Bemühungen im Zusammenhang mit der Aufstellung eines
Bebauungsplanes einen Nachbesserungsanspruch – der nach altem Recht nicht bestand
– gegen die Beklagten durchgesetzt, indem sie dadurch einen Rechtsmangel
(übergabefrei von Mietern und Pächtern) bzw. Sachmangel (fehlende Baulandqualität) –
teilweise – beseitigt hat.
Bereits nach dem seit dem 1. Januar 2002 geltenden Recht, das erstmals einen
Nachbesserungsanspruch des Käufers gegen den Verkäufer vorsieht, besteht ein
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Nachbesserungsanspruch des Käufers gegen den Verkäufer vorsieht, besteht ein
solcher Aufwendungsersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, wenn
nicht zuvor grundsätzlich eine Frist zur Nachbesserung gesetzt worden ist (BGH NJW
2005, 1348 und 3211). Das BGB in seiner bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Fassung kannte einen solchen Nachbesserungsanspruch überhaupt. Bei Vorliegen von
Sachmängeln bestand allein die Möglichkeit zur Wandelung oder Minderung, hinsichtlich
bestehender Rechtsmängel konnte über § 440 Abs. 1 BGB a. F. von den rechtlichen
Möglichkeiten der §§ 320 ff. BGB a. F. Gebrauch gemacht werden. Die Klägerin war also
nach altem Recht, wenn der Käufer zu einer mangelfreien Erfüllung des Kaufvertrages
nicht in der Lage oder Willens war, auf diese Rechte (Wandelung, Minderung, Rücktritt
oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung) beschränkt, keinesfalls war sie berechtigt,
auf Kosten des Verkäufers den Mangel zu beseitigen.
ee) Unabhängig davon, ob ein Anspruch dem Grunde nach besteht, ist ein solcher aber
auch der Höhe nach schon nicht schlüssig dargelegt.
Die Klägerin macht insoweit nur noch einen Betrag von 89.411.83 € geltend, wobei sie in
der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2010 klargestellt hat, dass es sich insoweit
nicht um eine Teilklage handelt, sie insgesamt nur diesen Betrag als Ersatz für
entstandene Absiedlungskosten von den Beklagten verlangt.
Dem Vortrag der Klägerin lässt sich aber schon nicht schlüssig entnehmen, welcher
Betrag wofür als Entschädigung an die Kleingärtner gezahlt worden ist. Im vorliegenden
Verfahren hat sich die Klägerin zunächst auf eine Planungsschätzung vom November
2001 – der Vertrag über die Umsiedlung stammt vom August 2005 – bezogen, die
hinsichtlich der einzelnen Parzellen nur pauschale Wertangaben für äußere und innere
Erschließung, Kulturen und Anpflanzungen sowie die Bebauung enthält (Bl. 356 d. A. bzw.
Anlage K 27;Bl. 388 d. A. - Anlage K 34). Nähere Angaben dazu, was mit diesen
Beträgen entschädigt werden sollte und ob diese Beträge vier Jahre später immer noch
den Wertverhältnissen entsprachen, fehlen. Zwar wird für die Angemessenheit Beweis
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Einem solchen
Beweisangebot könnte allerdings erst dann nachgegangen werden, wenn die Klägerin
zunächst einmal darlegt, was der Sachverständige überhaupt begutachten soll, da die
entschädigten Anlagen und Baulichkeiten der Kleingärtner ersichtlich in dieser Form
nicht mehr vorhanden sind.
Nachfolgend hat die Klägerin dann die behaupteten Entschädigungszahlungen zwar mit
der Anlage K 34 (Bl. 388 d. A.) nach den einzelnen Flurstücken aufgeschlüsselt, so dass
sich der Aufstellung immerhin entnehmen lässt, dass auf die Flurstücke, die Gegenstand
des Auflassungsanspruches sind, der Teilbetrag von 89.411,83 € entfällt. Da die
Beklagten aber in Erbengemeinschaft lediglich Miteigentümer zu ½ dieser Grundstücke
sind, könnte hiervon auf sie allenfalls der hälftige Betrag, also 44.705,92 €, entfallen.
Aber auch in diesem Zusammenhang fehlt es an einer hinreichenden Darlegung der
Höhe nach, wie im Termin vom 24. Juni 2010 erörtert. Aus der vorgelegten Anlage K 34
lässt sich nämlich weiter entnehmen, dass einzelne Parzellen, wie etwa die Parzellen 111
(…), 109 (…), 134 (…), 130 (…) auf mehreren Grundstücken verschiedener Eigentümer
gelegen waren. Zwar trennt die Aufstellung dann dahingehend, dass einzelne zu
entschädigende Maßnahmen, wie etwa Bebauung oder Anpflanzung immer einem
Grundstück zugerechnet werden. Nachvollziehbar wird die Aufstellung dadurch indes
nicht, weil nicht ersichtlich ist, dass seitens der Kleingärtner trennscharf nach den
einzelnen Grundstücken die zu entschädigenden Maßnahmen vorgenommen worden
sind. Da die Kleingärtner jeweils eine einheitliche Parzelle genutzt haben, bestand für sie
kein Anlass, sich an die für sie bedeutungslosen Grundstücksgrenzen zu halten, in der
Weise, dass sie etwa die Anpflanzung auf dem einen und die Bebauung auf dem anderen
vorgenommen haben. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich so nicht entnehmen, dass
sich die zu entschädigenden Maßnahmen der Kleingärtner bei den Parzellen, die sich
über die Grundstücke verschiedener Eigentümer erstreckten, gerade auf dem
Grundstück befanden, das Gegenstand des Kaufvertrages war.
Es kommt hinzu, dass sich die Entschädigungszahlungen für die einzelnen Kleingärtner
zusammen auf 245.506,51 € addieren, nach dem Absiedlungsvertrag entfielen aber nur
190.000 €, also rund 77 % dieses Betrages auf diese Entschädigungsleistung. Wie sich
letztlich diese Zahlung von 190.000 € auf die einzelnen Parzellen verteilen soll, ist
gleichfalls nicht ersichtlich.
Ebenfalls nicht dargelegt ist, dass die Zahlung von 115.000 € aus dem
Umsiedlungsvertrag vom 4. August 2005 die „Absiedlungspflicht“ der Beklagten betrifft.
Der Anlage K 34 lässt sich entnehmen, dass Kleingärtner auf weiteren Grundstücken, die
nicht mehr Gegenstand des Kaufvertrages sind, ebenfalls umgesiedelt und entschädigt
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nicht mehr Gegenstand des Kaufvertrages sind, ebenfalls umgesiedelt und entschädigt
worden sind. Dies sind die Kleingärtner auf den Flurstücken 299, 315, 317, 318 und 324.
Die Entschädigungszahlungen sollen aber allein von den Beklagten und der weiteren
Erbengemeinschaft gezahlt werden, die zudem noch die Eigentümer der Grundstücke
sind (Flurstücke 323 und 325), auf die die Kleingärtner im Wesentlichen umgesiedelt
worden sind. Es ist nicht vorstellbar, dass insoweit intern kein anderweitiger Ausgleich
zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet erfolgt ist, die Umsiedlung
letztlich also allein auf Kosten der hier verklagten Erbengemeinschaft und der weiteren
Erbengemeinschaft ist, die gegenwärtig gemeinsam Eigentümer der Flurstücke 323 und
325 sind und die ebenfalls begünstigten weiteren Eigentümer von Grundstücken im
Plangebiet, zu deren Gunsten ebenfalls die Umsiedlung der Kleingärtner erfolgte, hierzu
intern keinen Beitrag geleistet haben.
An der fehlenden schlüssigen Darlegung der entstandenen Aufwendungen hinsichtlich
der Absiedlung der Kleingärtner ändert auch die weitere Aufstellung, die mit Schriftsatz
vom 29. September 2009 vorgelegt worden ist und die inhaltlich der Anlage K 34
entspricht, nichts.
Ein Anspruch auf Ersatz der sogenannten „Absiedlungskosten“ besteht von daher
gleichfalls nicht.
C) Feststellungsantrag
Der Feststellungsantrag hat im Ergebnis gleichfalls keinen Erfolg.
Allerdings war die teilweise Abweisung des Feststellungsantrages für bereits entstandene
Schäden durch das Landgericht in der Begründung fehlerhaft, weil dann, wenn ein
Schadensersatzanspruch nur teilweise beziffert werden kann, der Gläubiger nicht
gehalten ist, teilweise Feststellungs- und teilweise Leistungsklage zu erheben, sondern
insgesamt Feststellungsklage erheben kann (m. w. N. Zöller/Greger, 28. Aufl. 2010, §
256 ZPO, Rn 7a).
Der Feststellungsantrag hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil wegen der Nichtigkeit
des im Jahre 1994 geschlossenen Grundstückskaufvertrages der Klägerin ein Schaden
wegen verspäteter Auflassung der Grundstücke bereits dem Grunde nach nicht
entstanden sein kann.
D) Nebenentscheidungen
Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind
nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 2 ZPO, 97 Abs. 1 ZPO. Soweit in
erster Instanz die Klage hinsichtlich eines Teilbetrages von 1.500 € Erfolg hatte, handelt
es sich um eine geringfügige Zuvielforderung, die keine höheren Kosten veranlasst hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711,
709 Satz 2 ZPO.
Der Streitwert war für den Klageantrag zu 1 auf 408.929,00 €, für den Klageantrag zu 2
auf 183.358,25 € und für den Klageantrag zu 3 auf 50.000,00 €, insgesamt also auf
642.287,25 € festzusetzen.
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