Urteil des OLG Brandenburg vom 15.08.2008

OLG Brandenburg: rente, aussetzung, auskunft, anwartschaft, wiederaufnahme, satzung, erwerbsfähigkeit, quelle, anmerkung, versorgung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UF 154/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 3 Abs 1 GG, § 148 ZPO, § 2
Abs 1 S 1 Nr 2 VAÜG, § 1 Abs 1
VAÜG
Versorgungsausgleich: Berücksichtigung der Unwirksamkeit
einer sogenannten Startgutschrift in einem
Wiederaufnahmeverfahren
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad
Liebenwerda vom 7. August 2007 – Az. 22 F 357/06 – teilweise abgeändert und wie folgt
neu gefasst:
Das Verfahren über den Versorgungsausgleich bleibt ausgesetzt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander
aufgehoben; Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gegen die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages nach § 2 Abs. 2 VAÜG und
damit gegen eine Zwischenentscheidung gerichtete, mithin gemäß § 19 FGG statthafte
und gemäß § 20 FGG in Verbindung mit §§ 621 a Abs. 1 Satz 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
auch im Übrigen zulässige einfache Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat im Ergebnis
keinen Erfolg, weil das Verfahren über den Versorgungsausgleich – allerdings aus einem
anderen als dem vom Amtsgericht angeführten Grund – weiterhin nicht durchgeführt
werden kann.
(1) Innerhalb der vom 1. Mai 1993 bis zum 30. November 2006 andauernden Ehezeit
haben die Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung monatliche
angleichungsdynamische Anwartschaften von 334,56 EUR (Antragsteller) bzw. 368,69
EUR (Antragsgegnerin) erworben. Die Antragsgegnerin hat daneben
nichtangleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung
von 1,13 EUR erworben (vgl. Bl. 17 ff. der Sonderakte VA für den Antragsteller und Bl. 36
ff. der Sonderakte VA für die Antragsgegnerin).
Der Antragsteller hat ferner bei der A. Lebensversicherung AG in der Ehezeit
Deckungskapital von 1.925,25 EUR (Bl. 12 der Sonderakte VA) erworben, die gemäß §
1587 a Abs. 4, Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit der BarwertVO in eine dynamische
Anwartschaft in Höhe von 8,80 EUR umzurechnen ist.
Schließlich hat der Antragsteller bei der Beteiligten zu 2. innerhalb der Ehezeit
Anwartschaften auf eine Betriebsrente erworben, die nach der Auskunft der Beteiligten
zu 2. vom 1. Februar 2007 (Bl. 27 ff. der Sonderakte VA) einer ehezeitlichen –
teildynamischen – Anwartschaft von 90,74 EUR monatlich entspricht und die in eine
dynamische Anwartschaft von monatlich 37,34 EUR umzurechnen ist. Diese Auskunft
der Beteiligten zu 2. beruht allerdings, worauf nachstehend unter (2c) noch gesondert
zurück zu kommen sein wird, unter anderem auf einer zugunsten des Antragstellers
erfolgten Startgutschrift.
Die Antragsgegnerin bezog bereits bei Ende der Ehezeit und erhält fortlaufend bis heute
eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die – so die Auskunft der Beteiligten zu
1. vom 19. April 2007 (Bl. 37 der Sonderakte VA) – zwar auf unbestimmte Zeit bewilligt
worden ist, deren Berechtigung aber in bestimmten Zeitabständen überprüft wird, so
dass nicht auszuschließen ist, dass die Rente wegen Wegfalls der
Anspruchsvoraussetzungen vor Vollendung des 65. Lebensjahres entzogen wird.
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(2) Im Grundsatz zu Recht beanstandet die Beteiligte zu 1., dass aufgrund des
zwischenzeitlichen Bezugs einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Seiten der – nach
Überzeugung des Amtsgerichts - ausgleichsberechtigten Ehefrau (Antragsgegnerin) der
Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG durchzuführen wäre.
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 VAÜG den
besonderen Vorschriften des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes (VAÜG), da
die Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB am 30. November 2006 vor der noch
ausstehenden Einkommensangleichung im Sinne des § 1 Abs. 4 VAÜG geendet hat und
beide Ehegatten während der Ehezeit angleichungsdynamische Anrechte gemäß § 1
Abs. 2 Nr. 1 VAÜG erworben haben. Vor der Einkommensangleichung konnte daher von
vornherein nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 VAÜG der
Versorgungsausgleich durchgeführt werden.
Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a VAÜG für die Durchführung des
Versorgungsausgleichs liegen nicht vor, weil nicht nur angleichungsdynamische, sondern
auch nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften im vorliegenden Falle
auszugleichen sind. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b VAÜG sind
nicht erfüllt, weil die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte und die
werthöheren nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften jeweils einem
anderen Ehegatten zustehen.
Der Versorgungsausgleich ist allerdings gleichwohl gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG
vor der Einkommensangleichung durchzuführen, wenn aus einem im
Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht aufgrund des
Versorgungsausgleichs bereits Leistungen zu erbringen sind. Das ist entgegen der
Auffassung des Amtsgerichts mit dem Rentenbezug der Antragsgegnerin (nunmehr)
grundsätzlich der Fall.
(a) Dabei ist es aus Sicht des Senates für die Frage des Vorliegens eines
Wiederaufnahmegrundes letztlich unerheblich, dass dieser Rentenbezug bereits im
Zeitpunkt der – nicht angefochtenen - Entscheidung über die Aussetzung des
Versorgungsausgleichs im Urteil des Amtsgerichts vom 23. Mai 2007 (Bl. 27 ff. d.A.)
erfolgt ist, also kein Grund zu einer „Wiederaufnahme„ im engeren Sinne vorliegen kann,
weil sich an der Sachlage im Vergleich zu dieser Ausgangsentscheidung gar nichts
Erhebliches geändert hat. Andererseits ist diese ursprüngliche
Aussetzungsentscheidung ebenso wie der jetzt von der Beteiligten zu 1. angefochtene
Beschluss vom 7. August 2007, mit dem dessen Wiederaufnahmeantrag
zurückgewiesen worden ist, als eine bloße Zwischenentscheidung mit der einfachen
Beschwerde unbefristet anfechtbar (vgl. BGH FamRZ 2003, 1005). Da die
Aussetzungsentscheidung aus dem Urteil vom 23. Mai 2007 folglich nicht formal in
Rechtskraft erwachsen kann, ist die Beteiligte zu 1. nicht gehindert, den von vornherein
bestehenden Umstand eines Leistungsfalles im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG
im Wege eines Wiederaufnahmeantrages geltend zu machen und – bei Zurückweisung
desselben – im Wege einer dagegen gerichteten Beschwerde zu verfolgen.
(b) Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1. ist davon auszugehen, dass die Ehefrau
aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf unbestimmte Zeit eine Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit erhält, die nach Maßgabe der §§ 76, 100 Abs. 1 SGB VI
aufgrund des Versorgungsausgleichs, sobald dieser rechtskräftig und wirksam ist, um
einen Zuschlag an entsprechenden Entgeltpunkten zu erhöhen ist. Dem steht nach
Auffassung des Senates nicht entgegen, dass nach der erteilten Auskunft der Beteiligten
zu 1. noch mit ihrer Entziehung zu rechnen ist. Leistungen sind alle dem
Versorgungsausgleich unterfallenden Versorgungen wegen Alters oder verminderter
Erwerbsfähigkeit (so i.E. auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2007, Az. 10 UF
85/06 – zitiert nach juris). Damit ist die gezahlte Rente zwar nicht bei der Ermittlung des
Wertes der der Antragsgegnerin zustehenden Versorgungsanrechte im Rahmen des §
1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB zu berücksichtigen, sondern mangels endgültigen Bestandes
jener Rente nach wie vor auf die fiktiv ermittelte Regelaltersrente abzustellen (BGH,
FamRZ 1984, 673). Anders als bei der Frage der Wertermittlung der erworbenen
Altersversorgungen knüpft § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG jedoch allein an die Tatsache
des Rentenbezuges an. Dies spricht dafür, dass auch eine solche Rente, deren
Bezugsdauer noch ungewiss ist, die Anforderungen des Leistungsbezuges nach § 2 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG erfüllt (vgl. erkennender Senat, Beschlüsse vom 13. Februar 2008,
Az. 9 UF 209/07, und vom 4. März 2008, Az. 9 UF 9/08; im Ergebnis auch OLG Naumburg
FamRZ 2005, 525).
Letztlich kann der Senat diese Frage aber aufgrund der nachstehenden Erwägungen
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Letztlich kann der Senat diese Frage aber aufgrund der nachstehenden Erwägungen
offen lassen.
(c) Allein das Vorliegen eines Leistungsfalles begründet nämlich noch keine
Wiederaufnahme. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 2 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 VAÜG erfordert daneben, dass sich die Durchführung des Versorgungsausgleichs
tatsächlich auf die erworbenen Anrechte auswirken muss. Dies ist zwar stets dann der
Fall, wenn der Ausgleichsberechtigte eine Leistung der Altersversorgung oder eine Rente
wegen Erwerbsminderung erhält (OLG Koblenz FamRZ 2006, 1455/1456). Im Streitfall
kann jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Ehefrau
letztlich ausgleichsberechtigt ist.
Die Ausgleichsbilanz stellt sich zwar aufgrund der hier erteilten Auskünfte prima facie als
der Antragsgegnerin günstig dar :
Danach verfügt der Antragsteller vermeintlich über die insgesamt werthöheren
Versorgungsanrechte und wäre deshalb ausgleichspflichtig. Tatsächlich aber enthält die
Anwartschaft des Antragstellers bei der ZVK deren Auskunft zufolge eine Startgutschrift
zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 55,10 EUR (Bl. 29 R der Sonderakte VA). Zur
Ermittlung dieser Startgutschriften wurden durch die Tarifvertragsparteien bestimmte
Festlegungen getroffen, die die einzelnen Zusatzversorgungseinrichtungen des
öffentlichen Dienstes, darunter auch die Beteiligte zu 2. umzusetzen hatten. Die insoweit
für die so genannten rentenfernen Versichertenjahrgänge auch in der Satzung der
Beteiligten zu 2. getroffene Regelung zur Ermittlung der Startgutschriften verstößt
wegen Ungleichbehandlung gegen Art. 3 Abs. 1 GG und ist damit unwirksam (BGH,
FamRZ 2008, 395 ff.). Da der Antragsteller zu den so genannten rentenfernen
Versichertenjahrgängen zählt (vgl. zum Begriff auch Borth, FamRZ 2008, 326 f.), kann
nach derzeitigem Stand die genaue Höhe der von ihm bei der Beteiligten zu 2.
erworbenen Anwartschaften nicht ermittelt werden. Hierfür bedarf es zunächst einer
verfassungskonformen Neuregelung der Tarifvertragsparteien und sodann ggf. einer
Satzungsänderung der Beteiligten zu 2., mit der allerdings vor dem Jahr 2009 nicht zu
rechnen sein wird, wie die Beteiligte zu 2. in ihrem Schreiben vom 8. April 2008 selbst
ausgeführt hat (Bl. 85 f. der Sonderakte VA).
1. Schon aufgrund dieser Ungewissheit darüber, wann die erforderliche Neuregelung
erfolgt, ist nach Auffassung des erkennenden Senates der Versorgungsausgleich –
unabhängig von dem Aussetzungsgrund des § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG - auszusetzen (vgl.
erkennender Senat, Beschluss vom 22. Mai 2008, Az. 9 UF 28/08; im Ergebnis auch OLG
Stuttgart, FamRZ 2008, 1086 und OLG Naumburg NJ 2008, 368 für die
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder; OLG Nürnberg, Beschluss vom 9. Mai
2008, Az. 7 UF 282/08 – zitiert nach juris – für die Zusatzversorgungskasse der
bayerischen Gemeinden). Die Aussetzung erfolgt analog § 148 ZPO. Diese Vorschrift ist
insbesondere dann anzuwenden, wenn Vorschriften, aufgrund derer die
Versorgungsträger ihre Auskünfte zum Versorgungsausgleich zu erteilen haben, durch
das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden sind (OLG Bamberg,
OLG-Report 1998, 323 f.; Fam-Verfahren/Schael, 2001, § 8, Rdnr. 95 m.w.Nw.). Mangels
spezialgesetzlicher Regelung der Aussetzung besteht insoweit auch eine die Analogie
rechtfertigende Gesetzeslücke.
Insbesondere ist § 53c FGG nicht anzuwenden, da diese Norm einen Streit zwischen den
Beteiligten – der vorliegend fehlt – voraussetzt. Grund der Aussetzung ist hier nicht ein
derartiger Beteiligtenstreit, sondern die Unwirksamkeit einer für die Ermittlung der
Versorgungsrechte zugrunde zu legenden Vorschrift.
Ebenso wenig kann die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG herangezogen werden
(OLG Brandenburg, NJ 2008, 373; a. A. OLG Stuttgart, a.a.O. = jurisPR-FamR 3/2008
Anm. 3 mit ablehnender Anmerkung von Götsche; OLG Naumburg, a.a.O.). Das VAÜG
regelt die Besonderheiten der Durchführung des Versorgungsausgleiches bei Beteiligung
von Anrechten auf dem Gebiet der neuen Bundesländer, d. h. den so genannten
angleichungsdynamischen Anrechten bzw. angleichungsdynamischen Anrechten
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angleichungsdynamischen Anrechten bzw. angleichungsdynamischen Anrechten
minderer Art (§ 1 Abs. 2 und 3 VAÜG). Sind solche Anrechte, die allein auf dem Gebiet
der neuen Bundesländer erworben werden können, vorhanden und treffen diese mit
sonstigen nichtangleichungsdynamischen Anrechten zusammen, erfolgt ggf. die
Aussetzung des Versorgungsausgleiches nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG. Diese Fälle sind
mit der hier vorliegenden Problematik der Wertermittlung einer Versorgung aber nicht
vergleichbar: Im Falle des § 2 Abs. 1 VAÜG ist der Wert der Versorgungen bereits
bekannt, wohingegen dieser Wert im zugrunde liegenden Fall gerade noch nicht
feststeht. Im Übrigen spricht gegen die analoge Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG,
dass ein nach dieser Vorschrift ausgesetzter Versorgungsausgleich allein unter den
besonderen Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 des § 2 VAÜG wieder aufgenommen
werden kann. Die dort aufgeführten Fallgestaltungen betreffen aber nicht Grund und
Ursache der im Streitfall in erster Linie aufgrund fehlender verbindlicher Feststellung des
Wertes der vom Antragsteller erworbenen Versorgungsanrechte erforderlichen
Aussetzung. Die Wiederaufnahme erfolgt deshalb sogleich dann, wenn die erforderliche
Neuregelung der Übergangs- bzw. Besitzstandsregelung für die so genannten
rentenfernen Jahrgänge und in der weiteren Folge ggf. eine neue (wirksame) Satzung der
Beteiligten zu 2. vorliegt.
Sobald eine neue wirksame Regelung getroffen worden ist, kann die Beteiligte zu 2. eine
korrekte Auskunft zum Ehezeitanteil der bei ihr durch den Antragsteller erworbenen
Anwartschaften erteilen. In diesem Fall kann das Amtsgericht ohne weiteres das
Verfahren wieder aufnehmen und sodann den Versorgungsausgleich durchführen.
2. Der erkennende Senat vermag sich schließlich nicht der Auffassung anzuschließen,
dass jedenfalls für den hier vorliegenden Fall, dass ein Ehegatte zum Zeitpunkt der
Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits Rente bezieht, der
Versorgungsausgleich auf der Basis der mitgeteilten Stargutschrift durchgeführt werden
kann und ggf. eine Änderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich gemäß § 10a
VAHRG erfolgen kann, wenn sich nach der Neuregelung der Satzung aufgrund des
Verhandlungsergebnisses der Tarifparteien eine wesentliche Änderung ergeben sollte
(so aber OLG Nürnberg, FamRZ 2008, 1087). Dem steht allerdings entgegen, dass einer
abstrakt grundsätzlich möglichen Abänderung der Entscheidung nach Korrektur des
verfassungswidrigen Zustandes in vielen Fällen die Wesentlichkeitsgrenze des § 10 a
Abs. 2 Nr. 1 VAHRG entgegenstehen dürfte (vgl. Borth, FamRZ 2008, 326/327), dessen
Anwendbarkeit insoweit nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG nur für die Zeit
Einkommensangleichung eingeschränkt ist. Nachdem aber nach Kenntnis des Senates
gegen die die Unwirksamkeit der sog. Startgutschriften feststellenden Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vom 14. November 2007 Verfassungsbeschwerde eingelegt
worden ist, könnte mit einer Berichtigung der Startgutschrift – so auch die Beteiligte zu
2. in ihrem bereits zitierten Schreiben vom 8. April 2008 – ggf. auch erst in mehreren
Jahren gerechnet werden.
Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung über die
Unwirksamkeit der die rentenfernen Versichertenjahrgänge betreffenden Übergangs-
und Besitzstandsregelungen ausdrücklich festgestellt, „dass den Tarifvertragsparteien
zahlreiche Wege offen stehen, den Beanstandungen des Senates Rechnung zu tragen„.
Das schließt neben einem veränderten Prozentsatz (statt dem Wert von 2,25 pro
Versicherungsjahr) die Möglichkeit der Festlegung eines anderen (Unverfallbarkeits-
)Faktors in der Formel und reicht bis zu einer „Veränderung der gesamten
Berechnungsformel (und nicht nur die Korrektur ihrer Faktoren)„ (vgl. Rdnr. 149 der
Entscheidung vom 14. November 2007 bei juris). Dieses breite Spektrum an
Möglichkeiten der Korrektur der für verfassungswidrig erkannten Regelung lässt
wiederum den Familiengerichten kaum Spielraum festzustellen, in welcher Weise sich die
neu zu schaffenden Bestimmungen im Einzelfall auswirken, zumal nicht auszuschließen
ist, dass diese vor allem unter dem Gesichtspunkt der Kostenneutralität der neu zu
fassenden Übergangs- und Besitzstandsregelungen zu einer Veränderung anderer
Bereiche zur Berechnung des bei Systemumstellung zum 1. Januar 2002 erlangten
Anrechts führen (vgl. Borth, FamRZ 2008, 1085/1086).
Deshalb kann das Anrecht aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes auch
nicht mit einem „sicheren (Mindest-)Bestand„ ermittelt und in den Ausgleich einbezogen
werden. Dies gilt jedenfalls uneingeschränkt für den hier vorliegenden Fall, dass bei
Ausklammerung der Anrechte des Antragstellers bei der ZVK eine Ausgleichspflicht auf
seiner Seite wegen der im Übrigen werthöheren Versorgungsrechte der Antragsgegnerin
gar nicht festgestellt werden kann. Eine Teilentscheidung, wie sie von Borth (a.a.O.) zur
Vermeidung im Einzelfall auftretender schwerwiegender wirtschaftlicher Nachteile wegen
der durch die Aussetzung des Verfahrens eintretenden Verluste an Anrechten aus dem
Versorgungsausgleich, der nicht nachträglich korrigiert werden kann, weil die um den
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Versorgungsausgleich, der nicht nachträglich korrigiert werden kann, weil die um den
Zuschlag nach § 76 SGB VI erhöhte Rente erst vom Beginn des Kalendermonats zu
zahlen ist, in dem die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wirksam wird,
kommt schon aus diesem Grunde im Streitfall nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall
steht und fällt nämlich mit der Ermittlung des Wertes der Anrechte des Antragstellers bei
der Beteiligten zu 2. die Ausgleichsrichtung insgesamt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13a Abs. 1 FGG, 21 GKG, die Entscheidung zum
Beschwerdewert beruht auf § 49 Nr. 3 GKG.
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