Urteil des OLG Brandenburg vom 11.02.2010

OLG Brandenburg: dokumentation, vermessung, start, umkehr der beweislast, stadt, besteller, unternehmer, erdreich, unternehmen, verfügung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
13. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 U 16/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 633 Abs 2 S 2 Nr 1 BGB, § 633
Abs 2 S 2 Nr 2 BGB
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Februar 2010 verkündete Urteil des
Landgerichts Potsdam, Az.: 3 O 113/08, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.244,62 € nebst Zinsen in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2008 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 50 % aller
Schäden zu ersetzen, die ihr infolge des gegenständlichen Schadensereignisses vom
10.04.2007 künftig entstehen werden.
3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin wegen der aufgewandten
außergerichtlichen Gebührenansprüche der Rechtsanwälte …, insgesamt 1.530,58 € zu
zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Vermessung und Dokumentation
eines Elektrodükers (im Folgenden Elt Düker) im Bereich des Ausbaus der …straße/L …
in P… u. a. auf Schadensersatz in Höhe der Kosten für dessen Neuherstellung in
Anspruch, nachdem der von ihr aufgrund Vertrages vom 22. Februar 2007 mit der Stadt
P… hergestellte erste Düker im Zuge von gelegentlich von Folgegewerken
durchzuführenden Rammarbeiten beschädigt worden war.
Gegenstand des der Klägerin erteilten Auftrags war neben der Herstellung des Elt-
Dükers, diesen nach Fertigstellung einzumessen und dessen Lage zu dokumentieren.
Mit der Vermessung und Dokumentation betraute die Klägerin die Beklagte. Nachdem
diese Ende Februar 2007 die zu diesem Zeitpunkt fertig gestellte Start- und Zielgrube
des von der Klägerin verlegten Elt-Dükers vermessen hatte, hat sie in der letzten
Märzwoche nach Fertigstellung des gesamten Elt-Dükers auch die Vermessung und
Dokumentation für den Verlauf des Rohrleitungsdükers vorgenommen. Die in deren
Ergebnis erstellten Bestandspläne hat sie in Absprache mit der Klägerin zunächst
unmittelbar dem mit der Erstellung des Rammplanes für Folgegewerke von der Stadt P…
beauftragten Drittunternehmen, am 26.03.2007 auch der Klägerin überlassen. Am
10.04.2007 kam es bei Rammarbeiten - Einbringung einer Spundwand in das Erdreich -
zu einer Havarie, bei der der von der Klägerin verlegte Elt-Düker getroffen wurde. Die
Beschädigung des Dükers verursachte eine Unterbrechung der Stromversorgung im
Stadtteil P…. Auf Verlangen ihrer Auftraggeberin, der Stadt P…, verlegte die Klägerin
einen neuen Düker, wofür wegen des geringeren Umfanges gegenüber der Herstellung
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einen neuen Düker, wofür wegen des geringeren Umfanges gegenüber der Herstellung
des ersten Dükers um 6.807,05 € geringere Kosten in Höhe von 82.489,23 €
entstanden. Nachdem die Stadt P… der Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2007
mitgeteilt hatte, die Kosten für die Neuherstellung des Dükers seien mit der Zahlung der
Vergütung gemäß der Rechnung der Klägerin für die Herstellung des später
beschädigten Dükers abgegolten, hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der Kosten
für die Neuherstellung des Dükers, Feststellung von deren Haftung für etwaige
Folgeschäden und Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch
genommen.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte mit der Vermessung und Dokumentation des
horizontalen Verlaufs des Rohrleitungsdükers anhand der diesen kennzeichnenden, im
Zuge der Bohrung angebrachten Farbmarkierungen beauftragt zu haben. Dazu seien
dem Mitarbeiter der Beklagten Start- und Zielgrube sowie die oberirdisch gesetzten
Farbmarkierungen zwischen Start- und Zielgrube gezeigt worden.
Sie hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 82.489,23 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.01.2008 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle Schäden zu ersetzen,
die ihr infolge des gegenständlichen Schadensereignisses vom 10.04.2007 künftig
entstehen;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der aufgewandten außergerichtlichen
Gebührenansprüche der Rechtsanwälte …, insgesamt 1.999,32 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, von der Klägerin lediglich mit der Vermessung und Dokumentation
einer idealisierten Verbindung zwischen Start- und Zielgrube beauftragt worden zu sein.
Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen S…, V…, Sc…, P… und
W… zu der zwischen den Parteien streitigen Frage nach dem konkreten Inhalt des
Vertrages, ob der Düker auf der gesamten Länge einzumessen und mit Hilfe von von
der Klägerin im Zuge der Bohrungen angebrachten Farbmarkierungen in seinem
tatsächlichen Verlauf zu dokumentieren gewesen oder ob aus Zeitgründen lediglich eine
idealisierte Verbindung der zuvor eingemessenen Start- und Zielgrube verabredet
worden sei, abgewiesen. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil sei der
Klägerin der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte die Einmessung
des Dükers anhand der den Dükerverlauf kennzeichnenden Farbmarkierungen
geschuldet habe. Die Bekundungen der Zeugen S…, V… und P… seien nicht ergiebig;
demgegenüber habe das Gericht gestützt auf die Bekundung des von der Beklagten
gegenbeweislich benannten Zeugen Sc… die Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte
lediglich mit der Einmessung der Start- und Zielgrube beauftragt gewesen sei.
Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie hält
daran fest, dass die Leistung der Beklagten schon deshalb mangelhaft gewesen sei, weil
die vertraglich geschuldete Funktionstauglichkeit nicht erreicht worden sei. Die
Vermessung habe unstreitig der Erstellung eines Rammplanes gedient. Als Grundlage
dafür werde aber gerade nicht eine lediglich idealisierte geradlinige Verbindung zwischen
Start- und Zielgrube benötigt, sondern die Vermessung des tatsächlichen Verlaufs.
Soweit das Gericht im Zuge der Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt sei, dass
die Bekundungen der von ihr benannten Zeugen S… und V… unergiebig seien, habe
sich das Gericht in überraschender Weise in Widerspruch zu der im Termin zur
mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Auffassung gesetzt, dass die Klägerin
den ihr obliegenden Hauptbeweis erbracht habe. Zumindest hinsichtlich der Bekundung
des Zeugen V…, dessen Bekundung im angefochtenen Urteil zwar zutreffend
wiedergegeben, aber wenig lebensnah bewertet worden sei, sei die Feststellung
mangelnder Ergiebigkeit fehlerhaft.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 82.489,23 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.01.2008 zu zahlen;
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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle Schäden zu ersetzen,
die ihr infolge des gegenständlichen Schadensereignisses vom 10.04.2007 künftig
entstehen;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der aufgewandten außergerichtlichen
Gebührenansprüche der Rechtsanwälte …, insgesamt 1.999,32 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und behauptet, der Zeuge Sc… habe den
Geschäftsführer der Klägerin ausdrücklich auf die Risiken einer idealisierten Darstellung
des Dükerverlaufs hingewiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstande wird Bezug genommen auf den
Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und der Protokolle der mündlichen
Verhandlungen.
II.
Die gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und
begründete Berufung hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das
Landgericht hat die Klägerin zu Unrecht als beweisfällig für das Vorliegen eines Mangels
in Gestalt der Abweichung von der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. §
633 Abs. 2 S. 1 BGB erachtet.
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz wegen
fehlerhafter Vermessung und Dokumentation des von ihr verbauten Elt-Dükers gemäß
§§ 633Abs. 2, 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 BGB in der ausgeurteilten Höhe.
a.
Unstreitig ist die Leistung der Beklagten wegen ihrer fehlenden Eignung als Grundlage
für Rammpläne für Folgegewerke objektiv nicht frei von einem Sachmangel i.S.d. § 633
BGB. Ein Werk ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn es entweder die
vereinbarte Beschaffenheit aufweist (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB) oder bei Fehlen einer
Beschaffenheitsvereinbarung das Werk sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte (§
633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB) oder gewöhnliche Verwendung (§ 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB)
eignet und die Beschaffenheit aufweist, die bei Werken gleicher Art üblich ist und die der
Besteller nach der Art des Werkes erwarten konnte.
Vereinbart in dem v. g. Sinne ist eine im Vertrag festgelegte Beschaffenheit. Welche
Beschaffenheit vereinbart worden ist, ergibt sich durch Auslegung des Vertrages als
sinnvolles Ganzes. Dazu gehören die Eigenschaften des Werkes, die den nach dem
Vertrag geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen, für den auch die beabsichtigte Funktion
des Werkes von Bedeutung ist. Dementsprechend ist die Funktionstauglichkeit nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Regel Bestandteil der
Beschaffenheitsvereinbarung (BGH NJW 2008, 511).
aa.
Davon ausgehend ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien die von
der Beklagten vorgenommene Vermessung und Dokumentation in Gestalt einer
idealisierten Lage des Dükers mit geradlinigem Verlauf zwischen Start- und Zielgrube für
die von beiden Vertragsschließenden ebenfalls übereinstimmend vorausgesetzte
Verwendung der Leistung der Beklagten, nämlich als Grundlage für von einem
Drittunternehmer zu erstellende Rammpläne für Folgegewerke im Erdreich zu dienen,
ungeeignet. Als Grundlage für Rammpläne für Folgegewerke im Bereich des Erdreichs, in
dem auch der Düker verlegt ist, ist nur eine solche Vermessung und Dokumentation
tauglich, die den tatsächlichen Verlauf des Dükers zwischen Anfangs- und Endpunkt
(Start- und Zielgrube) so präzise wie möglich, und zwar sowohl in Bezug auf die vertikale
als auch hinsichtlich der horizontalen Lage des Dükerverlaufs, wiedergibt. Allein eine
präzise Einmessung des Verlaufes des Dükers bietet die Gewähr dafür, dass Rammpläne
erstellt werden, bei deren Beachtung der Düker auch bei Folgegewerken im Erdreich
unversehrt bleibt. Eine Dokumentation, die - wie von der Beklagten erstellt - einen nur
idealisierten Dükerverlauf ausweist, berücksichtigt dagegen weder Versetzungen des
Dükers infolge von Hindernissen im Erdreich noch die Flexibilität der Leitungen. Darüber
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Dükers infolge von Hindernissen im Erdreich noch die Flexibilität der Leitungen. Darüber
besteht zwischen den Parteien Einigkeit.
bb.
Bei dieser Sachlage kommt dem streitigen Vorbringen der Parteien zum genauen Inhalt
der getroffenen Vereinbarung, insbesondere dem Vorbringen der Beklagten, wonach die
Klägerin ihr eine Vermessung und Dokumentation in Auftrag gegeben habe, die von
vornherein für die übereinstimmend vorausgesetzte Verwendung ungeeignet war, nicht
die ihr im angefochtenen Urteil beigemessene Bedeutung des Gegenbeweises zu.
Allerdings geht eine Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich den übrigen, an
objektiven Qualitätsstandards orientierten Mangelbegriffen gemäß § 633 Abs. 2 S. 2 Nr.
1 und 2 BGB vor. Demgemäß ist - jedenfalls im Kaufrecht - ein Rückgriff auf § 433 Abs. 1
S. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, wenn eine vertragswidrige Beschaffenheit vereinbart
wurde (Palandt-Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 434 Rn 20). Da sich der Mangelbegriff des §
633 Abs. 2 BGB im Grundsatz mit dem des Kaufrechts deckt (Palandt-Sprau, a.a.O., §
633 Rn 2) liegt es nahe, auch im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht einer
Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich Vorrang
gegenüber den übrigen Fällen des Mangels gemäß § 633 Abs. 2 S. 2 BGB einzuräumen.
Für ein derartiges Verständnis spricht auch die einleitende Formulierung des Satz 2. Die
Wendung „soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist“ deutet an, dass es auf die in
Abs. 2 Satz 2 BGB aufgeführten Qualitätsstandards wie bereits nach bisherigem Recht
lediglich hilfsweise bei - gegebenenfalls auch teilweisem - Fehlen einer
Beschaffenheitsvereinbarung ankommt. Ausgehend von den Grundzügen der
Neuregelung des § 633 BGB, wonach der Mangel als Abweichung von dem dem
Unternehmer auferlegten Pflichtenprogramm als Unterfall der Nichterfüllung verstanden
wird, sowie dem Grundsatz der Privatautonomie, bietet sich ein solches Verständnis an.
Grundsätzlich steht es den Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit frei, etwa aus
Kostengründen geringere qualitative Anforderungen an das bestellte Werk zu stellen, als
sie üblich sind. Gibt der Besteller ein minderwertiges oder minderbrauchbares Werk in
Auftrag, hat er die Folgen zu tragen (OLG Saarbrücken, NZBau 2001, 329, 330;
Staudinger-Haas, Stand 2008, § 633 Rn. 174). Allerdings sind an eine
Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ wegen des damit einhergehenden Verzichts
auf eine übliche Beschaffenheit strenge Anforderungen zu stellen (Staudinger-Haas,
a.a.O., § 633 Rn. 174).
(1)
In dem zur Entscheidung stehenden Fall ist bereits fraglich, ob das Vorbringen der
Beklagten den strengen Anforderungen an die Darlegung einer
Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ genügt. Soweit die Beklagte ihr
entsprechendes Vorbringen u.a. darauf gestützt hat, dass ihr die für eine präzise
Vermessung und Dokumentation erforderlichen Bohrprotokolle seitens der Klägerin nicht
zur Verfügung gestellt worden seien und die Vermessung und Dokumentation
eilbedürftig gewesen sei, genügen die von ihr dargestellten Umstände allein nicht, einen
Verzicht der Klägerin auf die Herstellung eines funktionstauglichen Werks plausibel
erscheinen zu lassen. Dafür wäre angesichts der beiden Vertragsschließenden
bekannten Gefahren einer nur idealisierten Dokumentation des Dükerverlaufs weiter
Voraussetzung, dass gleichzeitig sichergestellt war bzw. werden konnte, dass von Seiten
der Klägerin Vorkehrungen zur Abwehr drohender Gefahren für den Düker getroffen
werden. Ausgehend vom eigenen Vorbringen der Beklagten zur Eilbedürftigkeit ist nicht
ersichtlich, ob und gegebenenfalls welche Möglichkeiten aus Sicht der
Vertragschließenden für die Klägerin bestanden haben, entweder vor Erstellung der
Rammpläne korrigierend auf die von der Beklagten erstellte Dokumentation einzuwirken
oder der fehlenden Präzision der Dokumentation bei Erstellung der Rammpläne
Rechnung zu tragen.
Darüber hinaus rechtfertigt das Vorbringen der Beklagten zur Erforderlichkeit von
Bohrprotokollen zur Erbringung der ihr übertragenen Leistung keineswegs zwingend die
Annahme eines Verzichts. Auf der Grundlage der ihr von der Klägerin gelegentlich der
Auftragserteilung übermittelten Tiefenmessung einerseits und der den horizontalen
Verlauf des Leitungsdükers kennzeichnenden Farbmarkierungen, erschließt sich die
behauptete Notwendigkeit von Bohrprotokollen zur Herstellung funktionstauglicher
Bestandspläne für die bevorstehenden Rammarbeiten allenfalls im Zusammenhang mit
der - allerdings von der Klägerin - bestrittenen Eilbedürftigkeit der Vermessung und
Dokumentation. Nachdem das Vorbringen der Beklagten zur Eilbedürftigkeit jedoch
durch die zeitlichen Abläufe nicht gestützt wird - die Havarie ereignete sich erst gut 2
Wochen nach Erstellung ihrer Dokumentation - ergeben sich Zweifel, jedenfalls an der
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Wochen nach Erstellung ihrer Dokumentation - ergeben sich Zweifel, jedenfalls an der
objektiven Eilbedürftigkeit. Mit Blick darauf, dass die Beklagte Start- und Zielgrube
bereits Ende Februar 2007 vermessen hatte, stellt sich zudem die Frage, worin - außer
Einbeziehung der im Zeitpunkt der ersten Vermessung von Start- und Zielgrube noch
nicht vorhanden gewesenen Parameter für die Tiefenmessung - aus Sicht der Beklagten
die weitergehende mit Auftrag vom 22./23. März 2007 beauftragte Leistung bestanden
haben soll.
(2)
Letztlich kann die Frage der hinreichenden Substanziiertheit des Vorbringens der
Beklagten jedoch offen bleiben. Die Vereinbarung der von der Beklagten behaupteten
Qualitätsabweichung „nach unten“ ist ebenso wenig bewiesen wie die von der Klägerin
behauptete Vereinbarung einer funktionstauglichen Vermessung und Dokumentation.
Im Einzelnen:
(a)
An der Feststellung mangelnden Beweises einer Qualitätsvereinbarung „nach unten“ ist
der Senat durch das angefochtene Urteil nicht gehindert, § 529 ZPO. Das Landgericht
hat in dem angefochtenen Urteil lediglich Feststellungen dazu getroffen, dass die
Klägerin den Nachweis der von ihr behaupteten Beschaffenheitsvereinbarung nicht
erbracht habe und dies gestützt auf fehlende Ergiebigkeit der Bekundungen der Zeugen
S… und V… verneint. Nicht hingegen hat das Landgericht weitergehend und mit
bindender Wirkung für den Senat die positive Feststellung des Gegenteils in Gestalt des
Nachweises einer Qualitätsvereinbarung „nach unten“ getroffen.
Die Feststellung mangelnden Beweises der Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“
konnte der Senat ausschließlich auf der Grundlage der vor dem Landgericht
durchgeführten und ausführlich protokollierten Beweisaufnahme treffen; insbesondere
bedurfte es einer Wiederholung der Beweisaufnahme nicht. Grundsätzlich ist die
Vernehmungsniederschrift der 1. Instanz heranzuziehen (Zöller-Gummer/Heßler, a.a.O.,
§ 529 Rn. 7). Die wiederholte Vernehmung eines Zeugen liegt im Ermessen des Gerichts
(§ 398 Abs. 1 ZPO). Dieses Ermessen kann sich allerdings im Einzelfall, insbesondere bei
Zweifeln an der Vollständigkeit und Richtigkeit der protokollierten Aussage (BGH NJW
1993, 64), zu einer Rechtspflicht verdichten (BGH Urteil vom 17.7.2002, VIII ZR 151/01).
Zumindest unter diesem Gesichtspunkt ist weder Anlass noch erst recht eine
Rechtspflicht zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme erkennbar. Weder haben die
Parteien durchgreifende Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts geltend
gemacht noch ergeben sich konkrete Zweifel an der Vollständigkeit der
entscheidungserheblichen Feststellungen. Das Landgericht hat die zwischen den
Parteien streitige Frage nach dem genauen Inhalt der getroffenen
Beschaffenheitsvereinbarung erschöpfend aufgeklärt. Es hat sowohl die von der Klägerin
für die von ihr behauptete Beschaffenheitsvereinbarung als auch die von der Beklagten
benannten Zeugen für eine davon abweichende Vereinbarung vernommen und deren
Bekundungen ausführlich protokolliert. Dass es die Bekundungen der von der Klägerin
benannten Zeugen als unergiebig erachtet und aus diesem Grund als untauglich zum
Beweis des klägerischen Vorbringens erachtet hat, ist eine Frage der Wertung, welche
die Möglichkeit einer abweichenden Würdigung eröffnet, ohne zugleich eine Pflicht zur
Rekonstruktion des Sachverhalts zu begründen (Zöller-Heßler/Gummer, a.a.O., § 529
Rn. 7; BGH Urteil vom 17.7.2002, VIII ZR 151/01).
(b)
Ebenso wenig begründet der Umstand, dass der Senat - wie nachfolgend auszuführen
sein wird - die Bekundung des Zeugen V… anders als das Landgericht als ergiebig
erachtet, eine Rechtspflicht zur erneuten Tatsachenfeststellung durch Wiederholung der
erstinstanzlichen Beweisaufnahme. Allerdings ist nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung eine erneute Vernehmung des Zeugen geboten, wenn das
Berufungsgericht der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine
vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten
Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (BGH ebd.; Urteil vom
22.5.2002, VIII ZR 337/00). Einen solchen Fall nimmt die höchstrichterliche
Rechtsprechung dann an, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage anders
verstehen will als die Richter der Vorinstanz, insbesondere dann, wenn die Aussage des
Zeugen widersprüchlich oder mehrdeutig ist und es für die Auffassung des Erstrichters
nicht an jedem Anhaltspunkt in der protokollierten Aussage fehlt. Ausgehend davon wäre
eine von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung abweichende Wertung der Beweislage
einschließlich der Angaben der Zeugen ohne deren nochmalige Vernehmung unzulässig
(BGH, Urteil vom 22.5.2002).
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Eine solche Konstellation liegt hier indessen nicht vor. Im zur Entscheidung stehenden
Fall bewertet das Berufungsgericht auf der Grundlage einer ausführlich protokollierten in
sich widerspruchsfreien und eindeutigen Aussage nicht die Beweislage insgesamt,
sondern lediglich hinsichtlich der Ergiebigkeit der Bekundung des Zeugen V…
abweichend von der Würdigung der erkennenden Kammer des Landgerichts. Dass der
Senat auf der Grundlage der erhobenen Beweise zu einem abweichenden Ergebnis
gelangt, ist ausschließlich der abweichenden Beurteilung der Beweislast geschuldet, vgl.
dazu unten.
(c)
Auf der Grundlage der danach für die Tatsachenfeststellung durch den Senat
maßgeblichen Niederschrift der Sitzung vom 17. Dezember 2009 geht der Senat mit
dem Landgericht davon aus, dass der Zeuge Sc… das Vorbringen der Beklagten zum
Inhalt der in Auftrag gegebenen Vermessung vollumfänglich bestätigt hat. Er hat
detailliert und unterschieden nach Angaben aus eigener Wahrnehmung und solchen vom
Hören-Sagen der Mitarbeiter die Abläufe vor Ort geschildert.
Seinen Bekundungen stehen indessen diejenigen des Zeugen V… gegenüber. Entgegen
der rechtlichen Würdigung im angefochtenen Urteil erachtet der Senat seine
Bekundungen als hinreichend ergiebig, um die Überzeugungskraft der vom Zeugen Sc…
bestätigten Behauptung der Beklagten in Frage zu stellen. Auch wenn der Zeuge V… bei
der Erteilung des Auftrages an die Beklagte nicht zugegen war, mithin aus eigener
Wahrnehmung keine unmittelbaren Angaben zum Inhalt des Gesprächs, in welchem der
Auftrag erteilt worden sein soll, machen konnte, lassen seine Angaben zu den
Ereignissen vor Ort einen hinreichend sicheren Schluss darauf zu, dass eine Vermessung
des Dükerverlaufes an Hand der bei der Verlegung gesetzten Farbmarkierungen und
damit entsprechend dessen tatsächlichem Verlauf erfolgen sollte. Für den nach seinen
Angaben dem Mitarbeiter der Beklagten vor Ort erteilten Hinweis auf die den
horizontalen Dükerverlauf kennzeichnenden Farbmarkierungen hätte - eine
Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ als wahr unterstellt - weder Anlass noch erst
recht eine Notwendigkeit bestanden. Eine Dokumentation des lediglich idealisierten
Dükerverlaufs hätte ohne jegliche Kenntnisnahme vom tatsächlichen durch Farbpunkte
markierten horizontalen Verlauf auf der Grundlage der von der Beklagten zuvor
vorgenommen Vermessung von Start- und Zielgrube sowie der ihr für die weiteren
Arbeiten von der Klägerin zur Verfügung gestellten Tiefenmessung vorgenommen
werden können. Auch die im Übrigen zum Teil unstreitigen, zum Teil vom Zeugen Sc…
geschilderten Umstände geben zu Skepsis an den Bekundungen des Zeugen Sc…
Anlass. Nach den übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen S…, V… und Sc… hat
es zum Verlauf der Trasse des Elt-Dükers zwischen Start- und Zielgrube
Farbmarkierungen gegeben. Abweichungen in den jeweiligen Angaben bestehen lediglich
hinsichtlich des Zeitpunktes, zu dem die Farbmarkierungen vorgelegen haben sollen. Es
sprechen indessen nicht nur die insoweit übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen
S… und V… als auch die insoweit eher ausweichenden Bekundungen der Zeugen P…
und W…, sondern auch die zeitlichen Abläufe eher dafür, dass die Farbmarkierungen
bereits mit der Verlegung des Elt-Dükers gesetzt worden waren. Zu welchem späteren
Zeitpunkt und aus welchem Anlass, wenn nicht aus Anlass der Verlegung des ersten Elt-
Dükers durch die Klägerin, und von wem die nach Angaben des Zeugen Sc… im
Nachgang, d.h. nach Zerstörung des Dükers aufgefundenen Farbmarkierungen
aufgebracht worden sein sollen, bleibt offen. Unstreitig hatte die Beklagte Ende Februar
2007 zunächst die jeweiligen Enden des Dükers, nämlich Start- und Zielgrube
vermessen. Selbst wenn - was zwischen den Parteien streitig ist - der Düker erst in der
Folgezeit von der Klägerin verbaut/verlegt worden ist und die farblichen Markierungen zur
Kennzeichnung von dessen Verlauf erst bei dieser Gelegenheit angebracht worden sind,
wären zwar noch nicht Ende Februar 2007, wohl aber bei „Vermessung des
Trassenverlaufs“ Farbmarkierungen wahrnehmbar gewesen.
Auch die unstreitig erfolgte Übersendung der Tiefenmessung an die Beklagte spricht
gegen eine Vermessung und Dokumentation in Gestalt einer idealisierten Verbindung
von Start- und Zielgrube des Dükers. Die Bedeutung der ihr zur Verfügung gestellten
Tiefenmessung für die nach seinen Angaben beauftragte geradlinige Verbindung
zwischen Start- und Zielgrube, insbesondere deren Erforderlichkeit dafür, bleibt offen.
Die nach seinen Bekundungen für die Angabe der Tiefenlage des Dükers benötigte
Tiefenmessung macht ohne gleichzeitige Angabe zum horizontalen Verlauf des Dükers
angesichts des Verwendungszwecks der Dokumentation, nämlich als Grundlage für
Rammpläne zu dienen, allenfalls dann Sinn, wenn die Folgegewerke eine bestimmte
Tiefe nicht überschreiten und der Düker nach der Tiefenmessung – unabhängig von
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Tiefe nicht überschreiten und der Düker nach der Tiefenmessung – unabhängig von
seiner horizontalen Lage – unterhalb dieser Tiefe liegt. Andernfalls, d.h. bei bekannter
Überschreitung der Dükertiefe durch die Folgegewerke oder bei bloßer Gefahr derselben,
kann allein mit Hilfe der Angaben zur Tiefenlage des Dükers eine ordnungsgemäße
Grundlage für Rammpläne nicht erstellt werden. Dies war dem Zeugen Sc… nach seinen
Angaben ebenso wie der Klägerin, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich eingeräumt hat, klar. Soweit die Beklagte
Eilbedürftigkeit als Grund für die beauftragte idealisierte Verbindung zwischen Start- und
Zielgrube anführt und dazu vorbringt, die Klägerin habe es mit der Weiterleitung der
Bestandspläne an das Drittunternehmen zur Erstellung der Rammpläne eilig gehabt, ist
dies zwar in Bezug auf die unmittelbare Weitergabe der Bestandspläne an das
Drittunternehmen in Absprache mit der Klägerin unstreitig, im Übrigen jedoch mit den
zeitlichen Abläufen nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen. Die Havarie erfolgte am
10.4.2007, also knapp 2 Wochen nach Übermittlung der Pläne an den Drittunternehmer.
Während die Absprache zwischen den Parteien, die Pläne unmittelbar dem für die
Erstellung der Rammpläne zuständigen Planungsbüro zuzuleiten, die Version der
Beklagten nahe legt, spricht der übrige Ablauf eher für den die angebliche
Eilbedürftigkeit bestreitenden Vortrag der Klägerin.
Da der Zeuge V… angegeben hat, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Vermesser
der Beklagten eingewiesen und ihnen neben Start- und Zielgrube auch den
Trassenverlauf gezeigt habe, stehen jedenfalls die Bekundungen der Zeugen V… und
Sc… einander gegenüber, ohne dass der Aussage des einen Zeugen eine stärkere
Überzeugungskraft beizumessen wäre als der des anderen. Dem steht auch die
Tatsache, dass der Zeuge Sc… seine Aussage beeidigt hat, nicht entgegen. Die
Beeidigung macht seine Aussage nicht automatisch gewichtiger als die Aussagen der
übrigen unbeeidigt gebliebenen Zeugen. Zwar hat das Landgericht den Zeugen Sc… auf
Antrag des Beklagtenvertreters zu seiner Bekundung, dass eine geradlinige Verbindung
in Auftrag gegeben worden sei, beeidigt. Damit hat es dessen Bekundung in diesem
Punkt die Entscheidungserheblichkeit beigemessen, die ihr auch nach Ansicht des
Senats zukommt, und gegebenenfalls Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit ausgeräumt.
Soweit der Senat seine Bekundung indessen weder als unglaubhaft noch als
unglaubwürdig, sondern mit Blick auf die zum Teil abweichend von der Würdigung des
Landgerichts bewerteten Angaben der übrigen Zeugen und die weiteren unstreitigen
Umstände als nicht erwiesen erachtet, hält er sich im Ergebnis im Rahmen der
Feststellungen im angefochtenen Urteil.
(3)
Die Nichterweislichkeit der von der Beklagten behaupteten Qualitätsabweichung „nach
unten“ geht zu Lasten der Beklagten.
Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei vom Unternehmer behaupteter
Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ ist umstritten. Nach einer vom OLG
Saarbrücken und im Schrifttum vertretenen Auffassung bleibt der Besteller auch bei
einer vom Unternehmer behaupteten Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“
darlegungs- und beweispflichtig für den Inhalt der von ihm behaupteten Vereinbarung
(OLG Saarbrücken, NZBau 2001, 329, 330; Staudinger-Haas, Stand 2008, § 633 Rn.
191). Selbst und erst dann, wenn der Unternehmer substantiiert darlegt, dass eine
solche, den üblichen Standard unterschreitende Beschaffenheit verabredet worden ist,
muss der Besteller die diesbezügliche Behauptung des Unternehmers widerlegen ( OLG
Saarbrücken, ebd. ). An diesen Nachweis sollen indessen keine strengen Anforderungen
zu stellen sein (Staudinger-Haas, a.a.O., § 633 Rn. 191). Nach anderer Ansicht führt die
Behauptung einer Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ zu einer Umkehr der
Beweislast (Nierwetberg, NJW 1993, 1745 ff).
Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung. Die Begründung für die Annahme
fortbestehender Darlegungs- und Beweislast des Bestellers in Form der Widerlegung bei
vom Unternehmer behaupteter Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ überzeugt
aus mehreren Gründen nicht.
Einer Widerlegung im Rechtssinne bedarf es nur, wenn die zwischen den Parteien
streitige Tatsache nicht nur behauptet, sondern von demjenigen, der sich auf sie beruft,
bewiesen ist. Ausgehend davon müsste zunächst der Unternehmer den Nachweis für die
von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ erbringen. Gelingt ihm
dieser Nachweis durch Bekundungen eines sein Vorbringen bestätigenden Zeugen, fällt
eine Widerlegung im engeren Sinne in der Gestalt des Hauptbeweises schwer. Selbst bei
einer das streitige Vorbringen des Bestellers bestätigenden Zeugenaussage wäre die
Folge häufig ein non liquet. Dem Besteller würde so der ihm obliegende Nachweis der
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Folge häufig ein non liquet. Dem Besteller würde so der ihm obliegende Nachweis der
von ihm behaupteten Beschaffenheitsvereinbarung gegenüber der „normalen“
Beweisführung gegebenenfalls sogar erschwert. Eine derartige Erschwernis der
Beweisführung, insbesondere die Konsequenz bei Nichterweislichkeit der streitigen
Beschaffenheitsvereinbarung, ist mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
der Gewährleistung im Werkvertragsrecht jedoch nicht in Einklang zu bringen und durch
„geringere Anforderungen an die Widerlegung“ (vgl. Staudinger-Haas, a.a.O., § 633 Rn.
191) nach Auffassung des Senats schon wegen der sich daraus ergebenden
Rechtsunsicherheit zu dem anzulegenden Maßstab für eine gelungene Widerlegung im
Einzelfall nicht zu kompensieren. Nach dem Gesetzeswortlaut entspricht es dem
Regelfall, dass das Werk für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet ist und
die übliche Beschaffenheit aufweist. Dementsprechend werden die in Satz 2 Nr. 1 und 2
aufgeführten objektiven Qualitätskriterien im Rahmen der Auslegung des Vertrages
betreffend die Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB zu
dessen Konkretisierung herangezogen. Ausgehend davon, dass ein objektiv dem
Qualitätsstandard entsprechendes Werk den Regelfall einer geschuldeten Leistung
bildet, wäre es systemwidrig, dem Besteller die Darlegungs- und Beweislast für die
Widerlegung einer angeblichen Qualitätsvereinbarung „nach unten“ aufzubürden. Die
behauptete Vereinbarung eines objektiv minderwertigen, funktionsuntauglichen Werkes
bildet ausgehend von der gesetzlichen Konstruktion des § 633 Abs. 2 BGB eine
Ausnahme. Für diese trägt nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln
grundsätzlich derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich auf den
Ausnahmetatbestand beruft. Der Gesetzgeber bringt in vielen Fällen durch positive oder
negative Formulierung von Tatbestandsmerkmalen und durch Konstruktion von Regel-
und Ausnahmetatbeständen zum Ausdruck, wer nach besagter Grundregel das Risiko
der Beweislosigkeit tragen soll (Zöller-Greger, a.a.O. Vor § 284 Rn. 17; Musielak-Foerste,
ZPO, 7. Aufl., § 286 Rn. 36). Eine andere Betrachtungsweise würde auch dem Sinn und
Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen. Bei Annahme fortbestehender Darlegungs- und
Beweislast des Bestellers bei Behauptung einer objektiv unbrauchbaren Leistung würde
der Besteller, der den Nachweis für eine von ihm behauptete, vom Unternehmer
bestrittene Beschaffenheitsvereinbarung nicht beweisen kann, schlechter gestellt als der
Besteller, der von vornherein das Fehlen einer den objektiven Qualitätsanforderungen
gemäß § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung
behauptet. Das erscheint mit Blick darauf, dass sich aus der durch das
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz getroffenen Neuregelung des werkvertraglichen
Gewährleistungsrechts gegenüber dem bisherigen Recht in Bezug auf die Feststellung
der Fehlerhaftigkeit kaum Abweichungen, insbesondere nicht zu Lasten des Bestellers,
ergeben und nach bisherigem Recht ein funktionsuntüchtiges Werk fehlerhaft war, sofern
nicht der Unternehmer eine ihm günstige Abweichung beweist (OLG München, NJW-RR
92, 1523; OLG Hamm, NJW-RR 95, 17), nicht gerechtfertigt.
Nachdem mithin der Nachweis einer dem gesetzlichen Regelfall des § 633 Abs. 2 S. 2
Nrn. 1 und 2 BGB widersprechenden Beschaffenheitsvereinbarung nicht geführt ist und
die Klägerin nichts mehr und nichts anderes als die Bestellung einer funktionstauglichen
Leistung beansprucht, begründet bereits die mangelnde Funktionstauglichkeit die
Mangelhaftigkeit der Leistung der Beklagten im Sinne des § 633 Abs, 2 S. 2 BGB.
b.
Die Kausalität dieses Mangels für den eingetretenen Schaden, die Havarie am 10. April
2007, bei der im Zuge von Folgegewerken eine Spundwand in den von der Klägerin
verlegten Düker gerammt worden ist und diesen beschädigt hat, bestreitet die Beklagte.
Ihr Bestreiten ist aber nicht hinreichend substantiiert. Bei Erstellung eines
ordnungsgemäßen Bestandsplanes zum Verlauf des Dükers hätte zwar bei Erstellung
des Rammplanes ein Fehler auftreten können oder hätte das mit den Rammarbeiten
beauftragte Unternehmen abweichend von den Vorgaben des Rammplanes vorgehen
und so die Havarie verursachen können. Dabei handelt es sich indessen um bloß
theoretische andere Schadensursachen, für deren Vorliegen es keinen konkreten
Anknüpfungspunkt gibt. Im Gegenteil hat die Klägerin durch Darstellung der
Vorgehensweise im Einzelnen dargelegt, dass Fehler bei der Übertragung der
Koordinaten vom Bestands- auf den Rammplan auszuschließen seien. Entsprechendes
gilt für Fehler des Unternehmers bei Ausführung der Arbeiten.
c.
In der Rechtsfolge hat die Beklagte der Klägerin den entstandenen Schaden zu ersetzen.
Diesen hat die Klägerin hinreichend substanziiert auf 82.489,23 € beziffert.
Hinsichtlich des Umfanges der von der Klägerin für die im Auftrag der Stadt P…
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Hinsichtlich des Umfanges der von der Klägerin für die im Auftrag der Stadt P…
vorgenommene Neuherstellung des Dükers abgerechneten Kosten ergeben sich keine
Bedenken gegen die hinreichende Substanziiertheit des Vortrags der Klägerin.
Die Neuherstellung des Dükers hat geringere Kosten verursacht als die Erstellung des
ersten, bei Folgearbeiten beschädigten Dükers, für den ausweislich des Schreibens der
Stadt P… Kosten in Höhe von 89.286,28 € angefallen waren. Den Grund dafür hat die
Klägerin unter Hinweis auf einen etwas geringeren Leistungsumfang als für die
Erstherstellung des Dükers plausibel dargelegt. Nachdem die Stadt P… als Auftraggeber
der Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007 die Herstellung des 2. Dükers
als mit ihrer Zahlung auf die Rechnung für den ersten Düker abgegolten bezeichnet,
mithin die Zahlung des 1. beschädigten Dükers verweigert hat, ist der Klägerin ein
Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden, indem sie für ihre
ordnungsgemäß erbrachte Leistung eine Vergütung nicht erhalten hat.
d.
Da eine klageweise Durchsetzung ihres Vergütungsanspruchs gegen ihre Auftraggeberin
angesichts dessen, dass die von der Beklagten erstellte Dokumentation auf der
Grundlage eines idealisierten Dükerverlaufs den Anforderungen der von der Stadt P…
bei der Klägerin beauftragten Vermessung und Dokumentation zweifelsfrei nicht
entspricht, keine Aussicht auf Erfolg gehabt, sondern lediglich unnötige Mehrkosten
verursacht hätte, ist der Klägerin ein Mitverschulden, § 254 Abs. 1 BGB, durch
unterlassene vorrangiger Rechtsbehelfe nicht anzulasten.
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für die Neuherstellung des Elt-Dükers
ist auch nicht etwa deshalb zu kürzen, weil sie mit der Neuherstellung des Dükers gegen
ihre Pflicht zur Schadensgeringhaltung, § 254 Abs. 2 BGB, verstoßen hätte.
Soweit die Beklagte der von der Klägerin vorgenommenen Neuherstellung des Dükers
die kostengünstigere Möglichkeit einer Reparatur des beschädigten Dükers entgegen
hält, rechtfertigt dies die Annahme fehlender Notwendigkeit der Neuherstellung des
Dükers nicht. Insoweit hat die Klägerin hinreichend substantiiert auf die tatsächliche und
rechtliche Unmöglichkeit einer zudem eher kostenintensiveren Reparatur des
beschädigten Dükers verwiesen. Da die Enden des Dükers infolge Aufschlagens der
Rammplatte tief in das Erdreich hineingepresst und durchtrennt worden seien, seien sie
nicht sichtbar gewesen. Zudem habe eine Weisung der Stadt P… zur Wiederherstellung
der Versorgung des Stadtteils … mit Strom ein schnelles Handeln erfordert, das nur
durch eine Neuherstellung des Dükers gewährleistet gewesen sei. Dem ist die Beklagte
nicht in rechtserheblicher Weise entgegen getreten.
Allerdings ist der Klägerin ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB anzulasten, weil
sie die von der Beklagten erstellten Bestandspläne unmittelbar dem Drittunternehmen
als Grundlage für die Rammpläne zukommen ließ, ohne sie zuvor zu prüfen.
Die unterlassene Prüfung der von der Beklagten erstellten und unmittelbar an den
Drittunternehmer weiter geleiteten Dokumentation ist zumindest (mit-)ursächlich für
den Schadenseintritt gewesen. Bei ordnungsgemäßer Prüfung der Bestandspläne durch
sie wäre für diese ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass die Beklagte lediglich Start-
und Zielgrube linear miteinander verbunden hatte. Soweit die Klägerin dem entgegen
tritt unter Hinweis darauf, dass auf der Verbindungslinie zwischen Start- und Zielgrube
auf eine ordnungsgemäße Vermessung und Dokumentation hindeutende Koordinaten
eingetragen gewesen seien, ist das unbeachtlich. Die Klägerin ist ein auf dem Gebiet des
Tiefbaues erfahrenes Unternehmen, welches die Dokumentation nach EWP-Norm selbst
angeboten hat. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass sie in der Lage ist, eine
fehlerhafte Vermessung, bestehend aus einer lediglich geradlinigen Verbindung von
Start- und Zielgrube von einer ordnungsgemäßen Vermessung und Dokumentation zu
unterscheiden. In Bezug auf die unterlassene Prüfung der Dokumentation ist der
Klägerin ein Sorgfaltsverstoß anzulasten. Mit der Beklagten hat die Klägerin ein ihr zwar
nicht aus eigener Zusammenarbeit, wohl aber aus der Zusammenarbeit mit
Energieversorgungsunternehmen als zuverlässig und kompetent bekanntes
Unternehmen beauftragt. Die Auftragserteilung als solche begründet mithin noch kein
schuldhaftes Verhalten im Sinne des § 254 BGB (vgl. BGH NJW-RR 05, 265/267).
Gleichwohl lässt die Auswahl eines kompetenten Unternehmens nicht jegliche
Sorgfaltspflicht, insbesondere eine Nachprüfungs- und Kontrollobliegenheit des
Unternehmers entfallen. Im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber, der Stadt P…, hatte die
Klägerin die ordnungsgemäße Vermessung und Dokumentation des von ihr verlegten
Dükers, mithin in diesem Verhältnis die Verantwortung für die fehlerfreie Herstellung
übernommen. Mit Blick auf die von den Folgegewerken ausgehenden Risiken für den
Bestand des von ihr verlegten Dükers lag es mithin zur Vermeidung eigener Haftung
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Bestand des von ihr verlegten Dükers lag es mithin zur Vermeidung eigener Haftung
gegenüber dem Auftraggeber in ihrem Interesse, von der Beklagten eine Leistung zu
erhalten, die den Anforderungen gemäß dem Vertrag mit ihrer Auftraggeberin
entsprach, insbesondere ihre eigene Hauptleistung, den Elt-Düker, nicht wegen
fehlerhafter Dokumentation zunichte zu machen drohte. In Verbindung mit dem der
Klägerin bekannten Fehlen von Bohrprotokollen zum horizontalen Dükerverlauf bestand
auch Anlass für eine besondere Kontrolle. Dass ausgehend von ihrem - von Seiten der
Beklagten bestrittenen - Vorbringen zwei Mitarbeiter der Beklagten vor Ort gewesen
seien, denen sie den Verlauf der Dükertrasse zwischen Start- und Zielgrube an Hand der
im Zuge der Bohrung angebrachten Farbmarkierungen gezeigt haben will, entbindet sie
von ihrer Pflicht zur Kontrolle der ihr noch rechtzeitig vor Erstellung der Rammpläne bzw.
zumindest vor Beginn der Rammarbeiten von Seiten der Beklagten zugeleiteten
Bestandspläne nicht. Die Anwesenheit zweier Mitarbeiter der Beklagten vor Ort wäre als
Kompensation für das unstreitige Fehlen von Bohrprotokollen zum horizontalen
Dükerverlauf allenfalls geeignet, wenn die Klägerin darauf vertrauen durfte, dass die
Mitarbeiter die Vermessung entsprechend dem ihnen gezeigten Trassenverlauf auch
vorgenommen und deren Ergebnisse in der Dokumentation Eingang gefunden hätten.
Dafür gibt es jedoch weder eine Vermutung noch sonst objektive Anhaltspunkte, auf
Grund derer der Klägerin eine Kontrolle überflüssig erscheinen konnte und durfte.
Nach Abwägung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge hält der Senat
eine Haftungsquote von jeweils 50 % für angemessen. Keines der beiderseitigen
Fehlverhalten erweist sich als überwiegend ursächlich. Hätte die Beklagte eine
funktionstaugliche, mithin eine am tatsächlichen Verlauf des Dükers orientierte
Vermessung und Dokumentation vorgenommen, wäre der Schaden ebenso wenig
eingetreten wie bei der der Klägerin obliegenden Überprüfung der von der Beklagten
erstellten Dokumentation. Soweit sie erst im Zuge der Berufungsinstanz geltend
gemacht hat, die Dokumentation der Beklagten habe wegen der Beschriftung mit
Koordinaten zwischen Start- und Zielgrube eine ordnungsgemäße Vermessung
suggeriert, hindert das die Annahme ihrer Mitursächlichkeit nicht. Zum einen haben die
Daten der Klägerin bereits in erster Instanz vorgelegen, ohne dass sie dazu Stellung
genommen hätte. Unabhängig davon, ob ihr diesbezügliches Vorbringen nicht schon
gemäß § 531 ZPO unberücksichtigt bleiben müsste, ist es jedenfalls nicht schlüssig. Die
Beklagte hat nachvollziehbar aufgezeigt, dass es sich bei den genannten Koordinaten
um die aus der Tiefenmessung entnommenen Daten zur vertikalen Lage des Dükers
handelt und die zur horizontalen Lage auch anders gekennzeichnet werden. Dem ist die
Klägerin nicht mehr entgegen getreten. Ebenso wenig ist einer der beiden Seiten ein
höheres Maß an Verschulden vorzuwerfen, weshalb auch aus diesem Grund die
Annahme einer überwiegenden Haftungsquote der einen oder anderen Partei nicht
angemessen erscheint.
2.
Schon wegen der Gefahr einer Inanspruchnahme der Klägerin durch ihre Auftraggeberin
auf Rückzahlung des auf die Rechnung der Klägerin für den ersten Düker geleisteten
Mehrbetrages gegenüber den Kosten für die Neuherstellung des Dükers ist ein
Feststellungsinteresse der Klägerin für den Antrag zu 2. anzuerkennen, § 256 ZPO. In
der Sache hat sie indessen nach dem Vorstehenden lediglich einen Anspruch auf
Feststellung einer Haftung der Beklagten in Höhe von 50 %.
3.
Letztlich kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen
Verzuges gemäß § 286 BGB Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten,
allerdings lediglich für einen Gegenstandswert von 44.648,14 €, das sind 1.530,58 €
(1.266,20 € Geschäftsgebühr 974,00 € x 1,3 + Pauschale 20,00 € + 19 % Umsatzsteuer
244,38 €) beanspruchen.
4.
Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286 Abs. 1, 288
Abs. 2 BGB gerechtfertigt.
5.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
6.
Die Zulassung der Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer
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einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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