Urteil des OLG Brandenburg vom 21.02.2006

OLG Brandenburg: gehweg, grundstück, eng, bestimmbarkeit, wohngebäude, entstehung, kaufpreis, dach, wand, bestimmtheit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 50/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 VerkFlBerG, § 4 Abs 1 Nr 2
VerkFlBerG, § 8 Abs 1
VerkFlBerG
Verkehrsflächenbereinigung: Ermittlung und Bestimmbarkeit
der vom Ankaufsrecht erfassten Funktionsfläche; Wahrung der
Ausschlussfrist für die Ausübung des Ankaufsrechts und
schuldrechtliche Wirksamkeit des Kaufangebots
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Februar 2006 verkündete Urteil der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam – 1 O 274/05 – wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass klargestellt wird, dass sich das notarielle Vertragsangebot der
Klägerin zum Abschluss eines Kaufvertrages nach dem
Verkehrsflächenbereinigungsgesetz (VerkFlBerG) vom 30. Oktober 2003 (UR-Nr.
2225/2003 des Notars … in B.) entsprechend der in diesem Angebot enthaltenen
Lageskizze auf das nunmehrige Flurstück 118 der Flur 73 der Gemarkung B. (mit einer
Größe von ca. 20 m²) und auf den hieran angrenzenden, etwa 23 m² großen und bis zur
Hauswand reichenden Teil des jetzigen Flurstücks 117 der Flur 73 der Gemarkung B.
bezieht.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Ankaufsanspruch nach § 3 Abs.1
Verkehrsflächenbereinigungsgesetz (VerkFlBerG) geltend.
Die Beklagte ist seit dem 6. Januar 1995 eingetragene Eigentümerin des im Grundbuch
von B. Blatt 13913 unter der lfd. Nr.1 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen
Flurstücks 38 der Flur 73 mit einer Größe von 379 m² und der Anschrift … Straße 61 in
B.. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut. Im Zuge des Ausbaus der teilweise
auf dem benachbarten Flurstück 37 der Flur 73 befindlichen … Straße zur vierspurigen
Straße im Jahre 1963 wurde ein Teil der vor dem Wohngebäude liegende
Grundstücksfläche (damals: Vorgarten) mit einer Größe von etwa 43 m² für die
Bebauung mit einem Gehweg in Anspruch genommen. Die Gehwegfläche wurde mit
kleinen Steinen gepflastert.
Mit Schreiben vom 9./16. April 2003 begehrte die Klägerin von der Beklagten unter
Hinweis auf die Regelungen des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes (VerkFlBerG) den
Verkauf einer ca. 19 m² großen, dem öffentlichen Verkehr als Gehweg dienenden
Teilfläche des Flurstücks 38. Nachdem die Beklagte hierauf nicht entgegnete, ließ die
Klägerin am 30. Oktober 2003 zur UR-Nr. 2225/2003 des Notars … in B. ein Angebot
zum Abschluss eines Kaufvertrages beurkunden. In dem Kaufvertragsangebot ist unter
anderem folgendes bestimmt:
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Mit Schreiben vom 10. November 2003 übersandte die Klägerin der Beklagten eine
Ausfertigung des notariellen Vertragsangebotes mit der Bitte um Beurkundung einer
Annahmeerklärung. Hierauf entgegnete die Beklagte nicht.
In der Zeit von 2002 bis 2004 führte die Klägerin an der … Straße Baumaßnahmen
durch. Hierbei wurde unter anderem ein Teil der alten Pflasterung mit kleinen Steinen
durch eine neue Pflasterung mit Verbundsteinen ersetzt. Mit Bescheid vom 22. Oktober
2004 verlangte die Klägerin von der Beklagten einen Straßenbaubeitrag von 748,15 €.
Im Jahre 2005 wurde die Grenze zwischen den Flurstücken 37 und 38 neu vermessen.
Am 10. August 2005 wurde das Flurstück 38 zerlegt in die neuen Flurstücke 117 (361
m²) und 118 (20 m²). Das neue Flurstück 118 entspricht demjenigen Teil des alten
Flurstücks 38, auf dem sich die neue Verbundpflasterung des Gehweges befindet. Auf
dem neuen Flurstück 117 befindet sich auf einer Fläche von etwa 23 m² die verbliebene
alte Pflasterung mit kleinen Steinen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr stehe gegen die Beklagte gemäß § 3 Abs.1
VerkFlBerG ein Ankaufsrecht für den als Gehweg genutzten Teil des Grundstücks zu. Das
notarielle Kaufvertragsangebot vom 30. Oktober 2003 genüge den Vorgaben des
VerkFlBerG. Bei der Abfassung des Vertragsangebotes sei zwar irrtümlich davon
ausgegangen worden, dass der als Gehwegfläche angelegte und genutzte Teil des alten
Flurstücks 38 nur einen Umfang von etwa 19 m² (mit Verbundsteinen neu gepflasterter
Bereich) habe; dies sei jedoch im Hinblick auf die in § 6 Absatz 4 des Angebotes
enthaltene Ausgleichsregelung unschädlich. Ein Ankaufsrecht der Klägerin bestehe für
den gesamten (etwa 43 m² großen) als Gehwegfläche genutzten Teil des alten
Flurstücks 38 (alte und neue Bepflasterung).
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, das notarielle Vertragsangebot der Klägerin zum
Abschluss eines Kaufvertrages nach dem VerkFlBerG vom 30. Oktober 2003 (UR-Nr.
2225/2003 des Notars … in B.) anzunehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat entgegnet, es liege kein ordnungsgemäßes Kaufvertragsangebot der
Klägerin vor, da der Kaufgegenstand nicht hinreichend bestimmt sei; allenfalls erstrecke
sich das Angebot auf das heutige Flurstück 118. Der Klägerin stehe kein Ankaufsrecht für
den Teil der streitigen Grundstücksfläche zu, der vom Dach des Wohngebäudes überragt
und von der Eingangsstufe zur Haustür überbaut sei; andernfalls ergäbe sich ein
Überbau. Zudem sei es treuwidrig, wenn die Klägerin die Zahlung des
Straßenbaubeitrags nach der gesamten Fläche des alten Flurstücks 38 berechnet habe,
andererseits aber einen Teil dieses Flurstücks für sich beanspruche.
Das Landgericht hat mit seinem Urteil vom 21. Februar 2006 die Beklagte
antragsgemäß zur Annahme des notariellen Vertragsangebotes der Klägerin vom 30.
Oktober 2003 verurteilt und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der
Klägerin stehe ein Anspruch aus § 3 Abs.1 VerkFlBerG zu. Die gepflasterte Fläche vor
dem Wohngebäude auf dem alten Flurstück 38 werde insgesamt als öffentlicher Gehweg
genutzt und sei eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne des VerkFlBerG. Das
Vertragsangebot der Klägerin sei ordnungsgemäß. Danach sei maßgeblich die
schraffierte und mit Buchstaben bezeichnete Fläche in der dem Vertragsangebot als
Anlage beigefügten Lageskizze (Katasterplan). Im Hinblick auf die Regelung in § 6 Absatz
4 des Vertragsangebotes und in § 7 Abs.4 VerkFlBerG sei die Angabe der
Grundstücksfläche mit „ca. 19 qm„ ohne Belang. Die Entstehung eines Überbaus stehe
dem Ankaufsrecht nicht entgegen. Die Berechnung des Straßenbaubeitrags rechtfertige
sich daraus, dass die Beklagte weiterhin Eigentümerin des gesamten alten Flurstücks 38
sei, und stehe in keinem Zusammenhang mit der Verkaufspflicht der Beklagten.
Gegen dieses ihr am 21. Februar 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Eingang
vom 6. März 2006 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 30. März
2006, eingegangen am selben Tage, begründet.
Die Beklagte wendet sich gegen die rechtliche Würdigung durch das Landgericht und
macht geltend, dass sich der Ankaufsanspruch der Klägerin nur auf die „erforderliche„
Fläche erstrecke; er beziehe sich nicht auf die durch das überragende Dach, die
überragenden Ziergesimse, die Eingangsstufe und den davor liegenden Lichtschacht
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überragenden Ziergesimse, die Eingangsstufe und den davor liegenden Lichtschacht
„überbauten„ Flächenbereiche. „Erforderlich„ sei allenfalls der Bereich des jetzigen
Flurstücks 118. Eben dieser Bereich sei im Schreiben der Klägerin vom 9./16. April 2003
und auch im Beitragsbescheid der Klägerin vom 22. Oktober 2004 zugrunde gelegt
worden. Das notarielle Vertragsangebot der Klägerin entspreche nicht den gesetzlichen
Anforderungen. Die schraffierte Fläche in der Anlage zum Vertragsangebot sei nicht
maßgeblich, da diese Fläche um mehr als 100% von der Größenangabe „ca. 19 qm„
abweiche. Auch sei die Skizze nicht maßstäblich. Der Vertragsgegenstand sei daher
nicht hinreichend bestimmt. Die hilfsweise Änderung des Klageantrags der Klägerin im
Schriftsatz vom 16. August 2007 hält die Beklagte für verspätet und im Hinblick auf die
Regelung in § 8 VerkFlBerG für verfristet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, das notarielle Vertragsangebot der Klägerin zum
Abschluss eines Kaufvertrages nach dem VerkFlBerG vom 30. Oktober 2003 (UR-Nr.
2225/2003 des Notars … in B.) mit der Maßgabe anzunehmen, dass die in den Anlagen
K 9 und K 10 dargestellten Flächen, nämlich die in der Anlage K 10 mit A bezeichnete
Teilfläche des Flurstücks 117 der Flur 73 der Gemarkung B. (Größe: 23 m²) und das
Flurstück 118 der Flur 73 mit einer Fläche von ca. 20 m² übertragen [werden].
Sie verteidigt das angefochtene landgerichtliche Urteil und entgegnet im übrigen: Das
Ankaufsrecht erstrecke sich auf die gesamte gepflasterte Gehwegfläche, umfasse also
auch den vor der Hauswand liegenden Teil des neuen Flurstücks 117 und beschränke
sich nicht auf das neue Flurstück 118. Dies entspreche der schraffierten Fläche in der
Anlage zum Kaufvertragsangebot. Diese Skizze sei eindeutig und maßgeblich. Die
Entstehung minimaler „Überbauten“ sei unschädlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
1. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere
form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs.1, Abs.2 Nr.1 und 2
und Abs.4 Satz 2, §§ 517, 519, 520 ZPO).
2. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die
Beklagte im Ergebnis zu Recht zur Annahme des Vertragsangebotes der Klägerin vom
30. Oktober 2003 verurteilt.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Gemäß § 14 Abs.1 Satz 1 VerkFlBerG ist der ordentliche Rechtsweg eröffnet. Gemäß §
14 Abs.1 Satz 3 VerkFlBerG i.V.m. § 103 Abs.1 Satz 1 SachenRBerG finden die
Vorschriften der ZPO Anwendung.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Ankaufsrecht an der
verfahrensgegenständlichen Fläche aus § 3 Abs.1 VerkFlBerG zu. Nach dieser Vorschrift
kann der öffentliche Nutzer von dem Grundstückseigentümer den Verkauf des
Grundstücks an sich verlangen und ist der Grundstückseigentümer zur Annahme des
notariellen Kaufangebotes des öffentlichen Nutzers verpflichtet, wenn der Inhalt des
Angebotes den Bestimmungen des VerkFlBerG entspricht. Gegen die
Verfassungsmäßigkeit des VerkFlBerG bestehen keine durchgreifenden Bedenken (s.
Senat, NJ 2007, S.477, 478). Die Voraussetzungen des Ankaufsrechtes liegen vor.
Bei der streitigen Fläche (nunmehr: Flurstück 118 und angrenzender, vor dem
Wohngebäude gelegener Teil des Flurstücks 117) handelt sich um ein im Beitrittsgebiet
belegenes Grundstück eines privaten Eigentümers, das in der Zeit zwischen dem 9. Mai
1945 und dem 3. Oktober 1990 (nämlich: 1963) für die Erfüllung einer
Verwaltungsaufgabe – nämlich als Straßenverkehrsfläche (Erweiterung/Ausbau der …
Straße) – tatsächlich in Anspruch genommen wurde und einer Verwaltungsaufgabe (hier:
öffentliche Straße) noch dient (§ 1 Abs.1 Satz 1 Nr.1, § 2 Abs.2 Nr.1 VerkFlBerG). Die
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öffentliche Straße) noch dient (§ 1 Abs.1 Satz 1 Nr.1, § 2 Abs.2 Nr.1 VerkFlBerG). Die
streitige Fläche gehört als Gehweg zur … Straße (§ 2 Abs.2 Nr.1 BrbgStraßenG) und
somit zum öffentlichen Straßenland. Unabhängig von der gemäß § 48 Abs.7 Satz 1, § 6
BrbgStraßenG anzunehmenden Widmung als öffentliche Straße genügt die tatsächliche
Inanspruchnahme der Fläche für den Zweck der Benutzung als öffentliche Straße (vgl.
dazu Senat, OLG-NL 2006, S.273, 274). Die Beklagte ist Eigentümerin der streitigen
Grundstücksfläche, und die Klägerin ist unstreitig für die … Straße als Träger der
Straßenbaulast unterhaltungspflichtig (§ 9 Abs.1 Satz 1 und Abs.4 BrbgStraßenG) und
somit „öffentlicher Nutzer„ im Sinne von § 2 Abs.3 Satz 1 VerkFlBerG. Ein
Verweigerungsrecht nach § 3 Abs.2 VerkFlBerG steht der Beklagten nicht zu, da kein
Grund für die Annahme ersichtlich ist, dass die öffentliche Nutzung der Grundstücke (als
Straßenverkehrsfläche) nicht länger als fünf Jahre fortdauern wird. Auch für ein
Verweigerungsrecht nach § 3 Abs.3 VerkFlBerG ist nichts ersichtlich, da kein Anhalt dafür
besteht, dass das hier betroffene Grundstück durch die Verkehrsfläche (Gehweg) nur in
einzelnen Beziehungen genutzt wird (s. § 1090 Abs.1 BGB).
Das Erwerbsrecht der Klägerin umfasst den gesamten Bereich der streitigen
Grundstücksfläche mit einer (nunmehr festgestellten und unstreitigen) Gesamtgröße
von etwa 43 m². Gemäß § 4 Abs.1 Nr.2 VerkFlBerG erstrecken sich Ansprüche nach
diesem Gesetz bei der Nutzung von Verkehrsflächen auf die zur bestimmungsgemäßen
Nutzung erforderliche Fläche (Funktionsfläche). Diese Vorschrift regelt den räumlichen
Umfang des Erwerbs nach § 3 Abs.1 VerkFlBerG, wenn von der Nutzung zu einem
öffentlichen Zweck nicht die gesamte Fläche eines Grundstücks im Rechtssinne erfasst
wird, sondern – wie auch hier – nur eine Teilfläche. Bei Verkehrsflächen sind die
Begriffsbestimmungen in den Straßengesetzen zu beachten (vgl. Kimme/Matthiesen,
Offene Vermögensfragen, Stand: 2007, § 4 VerkFlBerG Rdn.8). Nach § 2 Abs.2 Nr.1
BrbgStraßenG gehören zu den öffentlichen Straßen auch (selbständige oder
unselbständige) Gehwege. Danach ist hier die für die Nutzung als Gehweg erforderliche
Funktionsfläche zu bestimmen. Hierzu können die von den Parteien eingereichten Fotos
und Skizzen herangezogen werden. Hiernach zeigt sich, dass nicht nur das heutige
Flurstück 118, sondern auch der an das heutige Flurstück 118 angrenzende und vor dem
Wohngebäude liegende Teil des heutigen Flurstücks 117 zur Funktionsfläche gehören.
Dies spiegelt sich insbesondere auch in der Anordnung der Bepflasterung wider. Die
etwa mittig angeordnete neue Pflasterung mit Verbundsteinen wird beidseitig flankiert
von der alten Pflasterung mit kleinen Steinen, die auf der einen Seite bis an die Wand
des Wohngebäudes heran und auf der anderen Seite bis zum Bordstein der Fahrbahn
reicht. Der gesamte Gehwegbereich ist ohne jede Einschränkung für die öffentliche
Nutzung frei gegeben. Die vor der Hauswand des Wohngebäudes befindliche Fläche ist
insgesamt zur Nutzung als Gehweg vorgesehen und erforderlich. Die Klägerin hat daher
auch gemäß § 3 Abs.1 VerkFlBerG einen Anspruch gegen die Beklagte, ihr diesen
gesamten bis zur Hauswand reichenden Grundstücksteil (insgesamt ca. 43 m²) zu
verkaufen. Soweit hierdurch geringfügige Überbauten (Dachvorsprünge, überragende
Ziergesimse, Eingangsstufe zur Haustür, darunter liegender Lichtschacht) entstehen,
hat die Klägerin diese entsprechend § 912 Abs.1 BGB entschädigungslos zu dulden
(rechtmäßiger Überbau infolge einer Grundstückteilung; s. dazu etwa Palandt/Bassenge,
BGB, 67.Aufl.2008, § 912 Rdn.14 f. m.w.Nw.) und unterfallen diese dem
Anliegergebrauch im Sinne von § 14 Abs.4 BrbgStraßenG.
Die Ausschlussfrist nach § 8 Abs.1 VerkFlBerG ist gewahrt. Das Ankaufsrecht der
Klägerin wurde (wenn nicht schon mit der Beurkundung [= Abgabe] des
Vertragsangebots) – jedenfalls – mit Übersendung und Zugang des notariellen
Vertragsangebotes vom 30. Oktober 2003 rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist (30.
Juni 2007) „ausgeübt„ (§ 3 Abs.1 Satz 2 VerkFlBerG). Für die Fristwahrung genügt ein
notariell beurkundetes Angebot, das die Mindestanforderungen eines Kaufvertrages
erfüllt – und zwar auch dann, wenn das Angebot inhaltliche Mängel aufweist (arg. § 14
Abs.1 Satz 3 VerkFlBerG i.V.m. § 106 Abs.1 Satz 1 SachenRBerG; s. etwa
Kimme/Matthiessen, aaO., § 8 VerkFlBerG Rdn.5 f.; Eickmann/Purps,
Sachenrechtsbereinigung, Stand: 2006, § 8 VerkFlBerG Rdn.3; Trimbach/Matthiessen,
VIZ 2002, S.1, 5; Salzig, NotBZ 2007, S.164, 172).
Das notarielle Vertragsangebot vom 30. Oktober 2003 (UR-Nr. 2225/2003 des Notars …
in B.) entspricht den besonderen Anforderungen des VerkFlBerG, insbesondere an die
Bemessung des Kaufpreises (§ 5 VerkFlBerG) und an die erfasste Fläche (§ 4 Abs.1 Nr.2
VerkFlBerG).
Freilich muss das Vertragsangebot zudem noch den Anforderungen an die
schuldrechtliche Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages genügen. Hierzu zählt die
Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes, insbesondere bei der
Veräußerung einer noch unvermessenen Grundstücksteilfläche. Hierüber herrscht indes
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Veräußerung einer noch unvermessenen Grundstücksteilfläche. Hierüber herrscht indes
im Einzelnen Streit. Während eine Meinung eine bloße Bezugnahme auf § 4 Abs.1 Nr.1
bzw. Nr.2 VerkFlBerG für ausreichend ansieht (s. Eickmann/Stavorinus, aaO., § 4
VerkFlBerG Rdn.8 ff.; Stavorinus, NotBZ 2001, S.349, 362), hält es eine andere
Auffassung für erforderlich, dass die unvermessene Grundstücksteilfläche eindeutig und
unzweifelhaft bezeichnet wird; die Teilfläche müsse nach den vertraglichen Festlegungen
eindeutig ermittelbar sein (s. Kimme/Matthiessen, aaO., § 3 VerkFlBerG Rdn.10 f.; s.
auch Schmidt-Räntsch, ZfIR 2006, S.385, 391). Der Senat hält die letztgenannte –
„strengere„ – Ansicht für zutreffend, doch bedarf der Meinungsstreit hier letztlich keiner
Entscheidung, da auch den „strengeren„ Anforderungen der letztgenannten Ansicht hier
– noch – Genüge getan worden ist. Die zu veräußernde Teilfläche ist im notariellen
Vertragsangebot vom 30. Oktober 2003 hinreichend genau bezeichnet.
Nach wohl allgemeiner Ansicht genügt es für die hinreichende Bestimmtheit der
Bezeichnung noch unvermessener Teilflächen und die damit verbundene
schuldrechtliche Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages, wenn die Teilfläche in
einem maßstabgerechten Lageplan deutlich erkennbar und zweifelsfrei bestimmbar
eingezeichnet und dieser Plan ordnungsgemäß zum Bestandteil der Vertragsurkunde
genommen worden ist (vgl. BGHZ Bd.150, S.334, 339 f.; BGH WM 1980, S.1013, 1014;
NJW-RR 1999, S.1030; NJW-RR 2004, S.735; Palandt/Grüneberg, BGB, 67.Aufl.2008, §
311b Rdn.26 m.w.Nw.). Diesen Vorgaben dürfte hier nicht entsprochen sein. Denn die
Skizze zum Kaufvertragsangebot der Klägerin (Bl.13 d.A.) weist keinen Maßstab auf und
lässt einen solchen auch nicht unter Berücksichtigung des übrigen Urkundeninhaltes
erkennen. Dies schadet hier jedoch letztlich nicht. Entscheidend ist nämlich die
eindeutige „Bestimmbarkeit„ der unvermessenen Teilfläche, die Kaufgegenstand sein
soll (BGHZ Bd.150, S.334, 338). Hierzu genügt es, wenn die Vertragsparteien Einigkeit
über Größe, Lage und Zuschnitt der Teilfläche entsprechend einer zeichnerischen – nicht
notwendig maßstabsgerechten – Darstellung in einem der notariellen Vertragsurkunde
beigefügten Plan und über die spätere Konkretisierung der Fläche durch eine genaue
Grenzziehung erzielt haben und dieser Wille in der Urkunde seinen Niederschlag
gefunden hat (s. BGHZ Bd.150, S.334, 339 f.; BGH NJW-RR 2004, S.735;
Palandt/Grüneberg, aaO., § 311b Rdn.26). Maßgeblich ist sonach, ob die
vertragsgegenständliche Teilfläche eindeutig identifizierbar ist und dies in der Vertrags-
bzw. Angebotsurkunde hinreichend klar zum Ausdruck kommt. Diesem Erfordernis ist
vorliegend Genüge getan.
Bei der nicht maßstabsgerechten Skizze (Bl.13 d.A.), die als Anlage dem notariell
beurkundeten Kaufangebot beigefügt ist, handelt es sich laut der Angabe in § 1 Absatz 3
des Vertragsangebotes um einen „Katasterplan„, der Flurstücksbezeichnungen enthält
und die Lage des Gebäudes auf dem Grundstück der Beklagten (ehemaliges Flurstück
38) genau wiedergibt. Die für die Bemessung maßgeblichen Bezugspunkte sind mit den
Buchstaben A, B, C, D, E und F bezeichnet. Die Punkte C, D, E und F betreffen
zweifelsfrei die Wand bzw. die Ecken des auf dem damaligen Flurstück 38 (jetzt: Flurstück
117) stehenden Wohngebäudes. Die Punkte B und A liegen auf der Grenze zwischen den
Flurstücken 38 (alt) und 37. Der Punkt A liegt auf dem gemeinsamen Schnittpunkt der
Flurstücke 37, 38 (alt) und 39. Der Punkt B schließlich liegt auf der Höhe des Punktes C,
diesem genau gegenüber. Die von diesen Punkten eingegrenzte Fläche ist schraffiert.
Eine solche Bezeichnung genügt den Anforderungen an die schuldrechtliche Wirksamkeit
des Kaufvertragsangebotes. Es ist unzweifelhaft, dass die Klägerin den gesamten vor der
Bebauung befindlichen Bereich als Verkehrsfläche - Gehweg - in Anspruch nimmt, einen
diesbezüglichen Erwerb anstrebt und ein dahingehendes Kaufangebot unterbreitet.
Dass die sonach bezeichnete Fläche – wie sich nunmehr (unstreitig) herausgestellt hat –
eine Größe von etwa 43 m² hat, wohingegen in § 1 Absatz 3 des Kaufvertragsangebotes
von einer Größe von lediglich „ca. 19 qm„ die Rede ist, steht der hinreichenden
Bestimmbarkeit des Vertragsgegenstandes und somit auch der schuldrechtlichen
Wirksamkeit des Vertragsangebotes nicht entgegen. Bei einer Abweichung der ungefähr
bezeichneten Flächenmaßangabe von der tatsächlichen Größe einer in einem Plan
eingezeichneten Fläche gilt in der Regel die letztere als maßgebend (s. BGH WM 1980,
S.1013, 1014 = DNotZ 1981, S.235, 236; NJW-RR 2004, S.735; Palandt/Grüneberg, aaO.,
§ 311b Rdn.26 a.E.). Zwar können erhebliche Differenzen problematisch sein. Hier ist
allerdings der relativen Differenz von mehr als 100% (43 m² vs. 19 m²) die absolute
Differenz von – lediglich – 24 m² gegenüberzustellen, die für sich genommen eher
geringfügig erscheint. Hinsichtlich der Anpassung des Kaufpreises an die geänderte
Fläche kann ohne weiteres auf die Regelungen in § 6 Absatz 4 des Vertragsangebotes
und auf § 7 Abs.4 VerkFlBerG zurückgegriffen werden, wie das Landgericht zutreffend
dargelegt hat.
§ 242 BGB steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Wie das Landgericht
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§ 242 BGB steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Wie das Landgericht
zutreffend ausgeführt hat – und die Beklagte nicht beanstandet –, rechtfertigte sich die
Berechnung des Straßenbaubeitrags daraus, dass die Beklagte Eigentümerin des
gesamten alten Flurstücks 38 war und auch gegenwärtig noch ist.
3. Lediglich aus Gründen der Klarstellung und der Vorsorge sowie zur Erleichterung der
weiteren Vollziehung der Übereignung der streitigen Fläche an die Klägerin hat der Senat
im Urteilstenor – in Umsetzung der nicht maßstabsgerechten Skizze (Bl.13 d.A.), die als
Anlage dem notariell beurkundeten Kaufangebot beigefügt ist, und unter
Berücksichtigung der inzwischen geänderten Flurstücksbezeichnungen – weitere und
nähere (konkretisierende) Angaben zur betroffenen Grundstücksfläche aufgenommen.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs.1 ZPO sowie auf § 708
Nr.10, §§ 711, 713, §§ 542 ff. ZPO, § 26 Nr.8 EGZPO. Gründe für die Zulassung der
Revision zum Bundesgerichtshof nach § 543 Abs.2 Satz 1 ZPO sind weder vorgetragen
noch sonst ersichtlich.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 430,- € (arg. e § 14 Abs.3 Satz 1
VerkFlBerG).
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